Evolution of… Bowmore

Die erste Erwähnung der Bowmore Brennerei auf Islay geht zurück in 1779, wodurch Bowmore als älteste noch aktive schottische Whiskybrennerei nach Glenturret gilt. David Simson, Farmer und Händler, war wohl der Gründer und die Destillerie blieb im Besitz seiner Familie, bis 1837 die Familie Mutter die Anlage erwarb und vergrößerte, der Marke zu überregionaler Bekanntheit verhalf und auch aus kommerzieller Sicht Erfolge verzeichnete. Im 2. Weltkrieg dienten die Brennereigebäude als Stützpunkt für Flugboote zur Bekämpfung deutscher U-Boote. In den 1960er Jahren erfolgten grundlegende Modernisierungsmaßnahmen, initiiert vom Broker Stanley Morrison, der Bowmore 1963 übernommen hatte und ein goldenes Zeitalter einläutete – die Bowmores aus der Mitte der 60er und den darauffolgenden Jahren sind mit das Beste, was die Welt der Single Malts zu bieten hat. In 1994 kaufte Suntory die Brennerei vollständig auf, seit 2014 gehört Bowmore zum Portfolio des Beam Suntory-Konzerns.

Wir tasten uns mit einer Originalabfüllung an diese Brennerei heran. Konkret der 15-jährige mit dem Beinamen 'Golden & Elegant'.

Bowmore 15 Jahre – Golden & Elegant

1st Fill Bourbon Casks & Hogsheads / 43%Vol. / Link zur Whiskybase

Zwar lagert bei Bowmore heutzutage etwa 30% des produzierten Destillats in Sherryfässern, doch selbstverständlich kommen auch Bourbonfässer zum Einsatz. So wie bei dieser für den Travel Retail bestimmten Abfüllung.

Nose: ‚Golden‘ trifft’s ziemlich gut. Die Bourboneinflüsse sind reich, honigsüß und fruchtig. Neben der rußigen Schinkenasche kann auch die leicht würzige, vanillige Eiche Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Apfelstrudel in flüssiger, cremiger Form, verfeinert mit Ananasstückchen und Aprikose. Später noch Anis. (84)

Taste: Mit Vanille und nur leicht fruchtig geht es weiter, dafür aber mit einem höheren Anteil an Ruß und auch Gerstenmalz. Schnell stößt stark verkohltes Eichenholz dazu, wodurch erdige Töne entstehen. Bislang wirkt das Ganze etwas unrund, erst die aufkommende Süße im Verbund mit Salz gestalten den Malt stimmiger. (82)

Finish: Ruß und Eichenholzscheite aus dem Lagerfeuer verbreiten eine aromatische, würzige Stimmung. In diese intensive Erdigkeit hinein gelangen Salz und Mandeln. Restsüße und Restfrüchte fügen eine weitere Dimension hinzu. (84)

Fazit: Ein ansprechender Standard, der ein wenig unter der Verdünnung auf Trinkstärke leidet. Stellenweise etwas flach und kurzlebig. Ansonsten aber ein ordentlicher Mix aus Frucht, Eiche und Torf. Auch die maritimen Anklänge sind gut dosiert.

Laut Bottlecode - L162045 08:17 049 - wurde diese Mini eines 18-jährigen Bowmore in 2016 abgefüllt

Bowmore 18 Jahre

Eichenfässer bis 2016 / 43%Vol. / Link zur Whiskybase

Am Design des Etiketts lässt sich bei den Standards ein wenig eingrenzen, aus welchem Zeitraum eine Abfüllung stammt. Das Label dieser Miniatur war von 2007 bis 2016 in Gebrauch.

Nose: Der Rauch zeigt sich sanft, aschig und rußig, mit speckigen bis salzigen Akzenten und getränkt mit geräucherten Früchten; Apfel, Banane, Aprikose, Datteln, Limette an Bienenwaben. Zimt und Pfeffer deuten auf ein wenig Eiche hin. (86)

Taste: Der Nase sehr ähnlich, ergänzt um Sternfrucht. Außerdem ist der Rauch ist prominenter, erdiger und leicht medizinisch. Dadurch kommen die anderen Früchte bis auf den lebendigen, säuerlichen Touch nicht ganz so zur Geltung. Das Malz bekommt neben der würzigen Eiche ausreichend Raum, insgesamt eine anregende Komposition. (87)

Finish: Erdiges, aschiges Holz, direkt aus dem Lagerfeuer, noch glühend und schwelend. Frucht und Süße können sich nur langsam durchsetzen, das Salz ist da schon schneller. Dann ist er aber doch da, der Honig. Dazu Andeutungen von Kakao. (85)

Fazit: Ein hervorragender Fassmix! Das Profil dieses Bowmore strahlt eine gewisse Einfachheit aus, ohne wirklich einfach zu sein – es fällt einfach vieles an seinen richtigen Platz, wie wenn jemand sein Handwerk versteht. Eine überdurchschnittlich gut gelungene Standardabfüllung, die nur unter der niedrigen Trinkstärke leidet.

Dieser 21-jährige Bowmore hat es nicht in die dauerhafte Range geschafft, lediglich ein größeres Batch kam 2021 in die Verkaufsregale.

Bowmore 21 Jahre – Château Lagrange

1st Fill French Oak Barriques bis 09.06.2021 / 48,4%Vol. / Link zur Whiskybase

Das Château Lagrange ist ein Weingut im Bordeaux, angebaut wird dort hauptsächlich Cabernet Sauvignon und Merlot. Seit 1983 befindet es sich im Besitz von Suntory und dadurch war es für Bowmore möglich, an deren Weinfässer zu gelangen.

Nose: Der Rauch zeigt sich sanft, aschig bis rußig und mit einem leichten Räucherschinkenduft. Frische Datteln passen da gut dazu. Die Frucht ist schön cremig, wachsig und orange und gibt nur minimale Hinweise auf die Weinfässer ab. Süße Banane-Mango und Salzteig werden nach einigen Minuten von einer dezenten und ansprechenden Streichholz-Umami-Note begleitet. (86)

Taste: Mein erster Gedanke: Ein alter Grain. Banane, Milchschokolade, Kokos, Kleber. Und dann kickt der rußige Rauch ein. Trotz einer großflächigen Aschigkeit à la Lagerfeuer wird auch eine beerige Frucht freigesetzt – der Wein blüht also auf. Eine verrostete Eisenstange liegt quer. (83)

Finish: Einigermaßen schmackhaft und voluminös mit Metall, Streichholz und Umami. Süß-säuerliche Beeren als fruchtiger Konterpunkt. Das Lagerfeuer ist voll da, in Form von Asche und glühenden Holzscheiten. (85)

Fazit: So gemächlich, wie dieser Bowmore in der Nase dahinplätschert, so unrund wirkt er beim Trinken. Da wechseln sich Höhen und Tiefen ab, wofür nach meinem Empfinden die verwendeten Fässer verantwortlich sind. Stellenweise ist er schon ein Geschmackserlebnis, aber als Gesamtpaket halt recht ungewöhnlich und überhaupt nicht mein Fall.

Die Bowmore aus den frühen Nullerjahren haben - richtig gelagert - durchaus was auf dem Kasten.

Bowmore 2001 DL – Cask 16464

21 Jahre im Refill Sherry Butt bis 12.2022 / 51,6%Vol. / Link zur Whiskybase

Dieses Einzelfass aus den Beständen von Douglas Laing wurde exklusiv für einen englischen Onlineshop für Whisky abgefüllt. Mit 514 Flaschen in Fassstärke ist die Ausbeute doch recht ordentlich.

Nose: Nach 21 Jahren ist kaum noch Asche übrig, höchstens ein Schinkenscheibchen und ein Quäntchen rostiger Ruß. Brauner Rohrzucker ist getränkt mit einigen Spritzern Sherry (frische Dattel + getrocknete Birne) und Limettensaft. Melone, Mango und Sternfrucht gestalten den Malt wunderbar tropisch. Toffifee und Käsekuchen zum Naschen. Eine maritime Ecke ist auch vorhanden. Durch seine (maschinen-)ölige Art wirkt er sehr integrativ, das können auch Tabak, Leder und die polierte Eiche bestätigen. (91)

Taste: Unglaublich ölig. Und reichhaltig. Der Sherry hat ganze Arbeit geleistet. Leder und Tabak freunden sich mit gelben und grünen tropischen Früchten an, welche im übrigen eine lebendige Säure aufweisen. Eichenholz und dunkles Schokoladenmousse schwimmen in Maschinenöl. Erdige Asche und Kupfer sind nur eine weitere von vielen Ebenen. (92)

Finish: Ist immer noch sehr ölig, aber auch von samtener Würze. Die erdige, trockene Eiche hat eine Messerspitze Schießpulver abbekommen. Tropenfrüchte und Kupfer entsteigen einer fluffigen Aschewolke. Erneut lässt der Sherry Aromen von Tabak und Leder springen. (90)

Fazit: Es geht doch nix über ein ordentliches Refill Sherryfass! Destillat, Fassholz und Sherry können friedlich nebeneinander koexistieren, sich miteinander verbinden wenn es ihnen gefällt, Finessenreichtum entwickeln, kurz: sie helfen sich gegenseitig, das Beste aus sich herauszuholen. Ein Komplexitätsmonster ist entstanden!

Eine Originalabfüllung aus den 90ern - unfassbar gut

Bowmore 1972

21 Jahre im Sherry Butt bis 22.07.1993 / 49,1%Vol. / Link zur Whiskybase

Und noch ein 21-jähriger Bowmore, allerdings deutlich früher destilliert und abgefüllt. Die Flaschenzahl ist mir nicht bekannt, aber mein Sample stammte aus der Nummer 465.

Nose: Göttlich! Bienenwachs und tropische Früchte in Gelb und Grün, dazu dieser rußige Rauch, welcher in dreckiger Asche und Gewürzstaub ausmäandert. Shortbread wird mit Orangengelee und Sherry serviert. Vor allem das Obst tobt sich exzessiv aus, namentlich beispielsweise Mango, Maracuja, Banane und Limette. Haselnüsse deuten sich an. (94)

Taste: Haselnüsse in Asche, zugerußtes Bienenwachs. Der Sherry ist auch hier vorhanden, aber stets subtil wie zuvor auch schon. Die Früchte performen ein Crescendo, ein Wahnsinnswirbel aus Banane, Mango, Maracuja und Papaya. Einige grüne Reflektionen ebenfalls. Die Eiche und ihre Gewürze sind gut eingearbeitet. Feuchter Tabak mit einer Meeresbrise weht obendrüber. (94)

Finish: Perfekt ausbalanciert zwischen Süße, Würze, Asche, Tanninen, Säure und Frucht. Bienenwachs tropft auf Nüsse. Die Eiche kommt etwas orientalisch rüber, so currymäßig. Kupfer mischt sich unter die exotischen Früchte. (94)

Fazit: Wow! Der beeindruckt mal so richtig. Die einzelnen Aromen sind phänomenal aufeinander abgestimmt, eng verwoben und erhaben wie ein Naturschauspiel. Elegant wie ein Vogelschwarm, fesselnd wie ein Sonnenuntergang und atemberaubend wie der Ausblick von einem Berggipfel.

Gott sei Duncan Taylor hat uns diesen 40-jährigen Bowmore beschert.

Bowmore 1966 DT – Cask 3316

40 Jahre im Eichenfass von 05.1966 bis 05.2006 / 43,4%Vol. / Link zur Whiskybase

Dem Fasslager von Duncan Taylor verdanken wir diesen alten Schatz. Wahrhaftig ein ‚Rare Auld‘ mit einer Auflage von nur 151 Stück.

Nose: Von Beginn an ist klar: So was bekommt man nicht alle Tage. Sternfrucht führt die Riege der Südfrüchte an, es folgen Banane, Papaya, Maracuja, Mango, Melone, Kumquat… Eine Kleinigkeit salziges Bienenwachs lässt die Früchte verschmelzen. Nougat, Schokolade und würziges Eichenholz stammen aus einem Sternerestaurant. Dazu einen Klecks Milchshake. (93)

Taste: Extremst fruchtig, vor allem Sternfrucht und Maracuja tun sich hervor. Bienenwachs und Salz wirken auch hier harmonisierend, während das würzige Eichenholz wieder von der Schokolade und dem Bananenmilchshake heimgesucht wird. In den öligen Strukturen sind mineralische Töne zu finden. (93)

Finish: Cremig. Trotz der vier Jahrzehnten ist das Eichenholz nicht übertrieben, sondern angenehm in den Wabenhonig und die tropischen Früchte eingebunden. Ziemlich gelb, das Obst. Und erneut eine Prise Salz. (93)

Fazit: Ähnlich spektakulär fruchtig wie die 72er Originalabfüllung, jedoch gänzlich ohne Rauch und insgesamt sanfter. Immer wieder faszinierend, welches (Alterungs-)Potential das Destillat vom Bowmore damals hatte!

8 Jahre alt, aber oho! Ein alter Bowmore aus den 50ern mit ikonischem Segelboot im Design.

Bowmore 8 Jahre – Sherriff’s

im Eichenfass bis 1965 / 75 U.K. Proof (86 U.S. proof) / Link zur Whiskybase

Sherriff’s Bowmore Distillery Ltd. steht auf dem Etikett dieser Flasche und verweist damit auf die Familie Sherriff, welche die Brennerei von 1887 bis 1890, sowie 1925 bis 1950 besaß. Der darin enthaltene Bowmore ist mindestens 8 Jahre alt, also 1957 und früher destilliert worden. Abgefüllt wurde er mit knapp 43 Volumenprozenten.

Nose: Süßer Rauch mit gelben Früchten streichelt sanft die Nase. Pfirsichspalten, Bananenscheiben und Mangowürfel aus dem Smoker, mit etwas Honig mariniert. Unter der Schirmherrschaft von Salz und Anklängen von Maschinenöl wird der Malt grüner, Sternfrucht und unreife Ananas. (91)

Taste: Aschiger und rußiger als in der Nase, sogar ein wenig Teer klopft an, aber immer noch mit diesen wunderbaren gelben Früchten. Honig und würziges Eichenholz wirken überraschend frisch und leicht. Salzig und staubig, ölig und antik wie ein Tau von dem alten Segelschiff auf der Verpackung. (91)

Finish: Erdig und ölig, die Asche ist angereichert mit Salz und Teerpappe. Angekokeltes Eichenholz legt einen würzigen Teppich aus. Tendenziell trocken, Frucht und Süße sind nur rudimentär wahrzunehmen, lediglich ein grün angehauchter Schatten. (90)

Fazit: Die Flasche scheint die Jahrzehnte gut überdauert zu haben, nur einige vergilbte Pergamentfragmente sind hängen geblieben. Der Alkoholgehalt ist vielleicht ein bisschen zu niedrig gewählt, dennoch ist das ein herausragender, feiner Bowmore, in den selbstverständlich einige Fässer hineingeraten sind, die deutlich älter als die deklarierten acht Jahre gewesen sind.

Als eine der ganz wenigen Destillerien in Schottland und trotz des damit verbundenen Aufwands betreibt Bowmore noch heute eine eigene Mälzerei. Sie ist auf diese Weise in der Lage bis zu 40% des Eigenbedarfs zu decken – beachtlich, wenn man bedenkt, dass Bowmore jährlich bis zu 2 Mio. Liter reinen Alkohol produzieren kann. Mir haben es vor allem die Einzelfassabfüllungen angetan und davon waren bei diesem Flight wirklich Hochkaräter dabei.

Mehr zu: Bowmore

Evolution of: Ardbeg, Bunnahabhain, Glendronach, Lagavulin, Laphroaig, Talisker, Tomatin

Samples privat gekauft | Bilder mit freundlicher Genehmigung der Whiskybase