Evolution of… Glendronach

Das östlich der Speyside im Aberdeenshire gelegene Glendronach wurde 1826 unter der Leitung von James Allardice erbaut, welcher die Marke bald in Edinburgh und London bekannt und beliebt machte. Doch bereits 1837 sorgte ein Brand der Brennerei für einen erheblichen Rückschlag. Nach dem Wiederaufbau geriet Allardice in finanzielle Schwierigkeiten und Walter Scott, der damalige Eigentümer von Teaninich, kaufte Glendronach auf. Nach Besitzerwechseln in 1887 (ein Konsortium), 1916 (die englische Krone) und 1920 (Charles Grant, der jüngste Sohn von William Grant aus der Glenfiddich-Familie) landete die Brennerei im Portfolio von Willam Teachers & Sons, welche den Malt in der hauseigenen Blendmarke verwendete. Erst als Glendronach in 2008 Teil der Benriach Distillery Co. Ldt. wurde, begann man unter der Federführung von Billy Walker, der zuvor bereits Benriach zu neuem Leben erweckt hatte, das Potential von Glendronach als Single Malt zu entfalten. In 2016 übernahm Brown-Foreman (u.a. Jack Daniel’s) Glendronach zusammen mit Benriach und Glenglassaugh gegen eine Zahlung von 281 Mio. Pfund.

Dann mal ab ins ‘Tal der Brombeeren’, wie der Brennereiname übersetzt bedeutet:

Eine von zahlreichen Einzelfassabfüllungen, die wir Glendronach zu verdanken haben. Umverpackung, Etiketten und Label sind dabei stets braun gehalten.

Glendronach 2002 – Cask 2751

Oloroso Sherry Butt von 30.05.2002 bis 12.2013 / 57,2%Vol. / Link zur Whiskybase

Seinen heutigen Ruf hat Glendronach vor allem seiner Sherryfassabfüllungen zu verdanken. Billy Walker hatte seinerzeit viel Geld in den Kauf von Sherryfässern investiert und auch viele zuvor in Bourbonfässern gelagerte Whiskys in die neuen Sherryfässer umgelagert. So auch hier? Die große Ausbeute von 701 Flaschen in Fassstärke nach 11 Jahren Lagerzeit können das durchaus vermuten lassen. Diese Abfüllung war für den niederländischen Markt bestimmt.

Nose: Haselnusslikör und ein Schuss alter Weinbrand lassen die Rosinen und Kirschen ziemlich beschwippst zurück. Nougat, Keksteig und Blütenhonig gestalten die Angelegenheit ganz schön süß, Himbeermarmelade ebenso. Wasser offenbart einen Banane-Maracuja-Shake sowie einen Hauch von Mango und Kupfer. (87)

Taste: Das Kupfer bekräftigt seine Anwesenheit. Liegt recht ölig und dicht auf der Zunge. Wesentlich nussiger und schokoladiger, als in der Nase. Anfangs kaum Frucht, ein wenig rosinig und gelblich wird’s dann aber doch. Außerdem ist eine gute Portion Möbelpolitur und Eichenholzwürze im Mix enthalten. (85)

Finish: Intensive Nusscreme- und Schokoladenschichten legen sich über das würzige Eichenholz. Schwere, ölige Aromenstrukturen von erdigem Kaffee und Leder breiten sich aus. Sherry gibt sich in Ansätzen zu erkennen und auch Mango-Maracuja auf Kupfer. (87)

Fazit: So dick, wie dieser cremig-fette Oloroso sich auch auf diesen Glendronach draufgewälzt hat, so offensichtlich ist auch, dass das Destillat sich nicht vollends hat aufhübschen lassen. Zugegeben, der Oloroso scheint von guter Qualität zu sein und ein gutes Maß an gemeinsamer Reife hat bis zum Zeitpunkt der Abfüllung stattgefunden, doch einige Hinweise auf Jugend und gewollter Architektur gibt dieser Malt dann doch Preis. Wer das ignorieren kann, was bei dieser aktiven Aromenschleuder schnell mal passiert, bekommt einen süffigen Trinkwhisky.

Mal testen, ob Glendronach auch Nicht-Sherry-Abfüllungen "kann". Diese Abfüllung entstammt frischen, zuvor noch nie befüllten Eichenfässern.

Glendronach 14 Jahre – Virgin Oak Finish

Finish in American Virgin Oak bis 2010 / 46%Vol. / Link zur Whiskybase

Auch bei Glendronach muss es nicht immer Sherry sein. Hier ein Experiment mit frischen Eichenfässern, keine Vollreifung sondern ein Finish. Insgesamt 5.760 Flaschen wurden abgefüllt.

Nose: Süßer Honig und Bienenwachs ebnen den Weg für Shortbread, Holz und letztendlich auch für Früchte. Allen voran grüne Mango, Bratapfel und Banane, dazu ein buntes Allerlei aus tropischen Gebieten. Gebrannte Mandeln, gelegentlicher Kräutertee und fluktuierende Zartbitterschokolade machen, dass nicht langweilig wird. (87)

Taste: Gerstenmalz, Honigwaben und Eichenholz sind eng miteinander vernetzt und punkten mit wechselnden Spielarten. Mindestens genauso komplexe Gewürze klammern sich an süßliches Obst, während Nüsse an den Gaumen branden. (85)

Finish: Das bittere Eichenholz hinterlässt kräftige Fußspuren, welche von Nüssen, Gewürzen und Bienenwachs aufgefüllt werden. Ein grünes Schimmern kündigt blanchierte Mandeln und die Tropenfrüchte an. (85)

Fazit: Schon erstaunlich, was ein Glendronach ohne Sherrykrücken so alles zu bieten hat, in der Nase zumindest. Im Antritt ein bisschen zu viel Alkohol, aber wenn man ihn mal rund bekommen hat, wahlweise durch Zeit oder mit Wasser, dann sind weder Alkohol noch die tanninreiche Eiche weiter schlimm.

1995 wurde der deutsche Markt mit diesen Miniaturen geflutet.

Glendronach 1995 – 20 Jahre

Finish in PX Sherry Fässern bis 2015 / 43%Vol. / Link zur Whiskybase

Diese Abfüllung gibt es nur als Miniatur, Auftraggeber war für ein großer deutscher Onlinehändler. Die verwendeten Pedro Ximénez-Fässer lassen ein eher süßes Geschmacksprofil erwarten.

Nose: Klassische PX-Nase mit getrockneten Datteln, Rosinen und Backpflaumen. Nach einigen eingelegten Kirschen und Banane lenkt gelbes Bienenwachs den Fokus weg aus dem fruchtigen Milieu hin zu Haselnuss, Zartbitterschokolade und Cookies. Anklänge von Leder und Kakao runden ab. (84)

Taste: Wässriger Schoko-Sirup und blasses Karamell gepaart mit Haselnüssen und Eichenholz. Angenehme Bitterstoffe vermengen sich mit Gewürzen und alkoholgetränktem Tabak. Erst dann fangen die Datteln, Kirschen und Backpflaumen an, sich bemerkbar zu machen. (83)

Finish: Nougat und Kirschen machen den Anfang und können auch gleich überzeugen. Mandeln, Haselnüsse und würziges Eichenholz ziehen nach. Die Balance aus Süße und Trockenheit wirkt gekonnt. Im weiteren Verlauf noch ein bisschen Tabak und leider auch Schießpulver… (84)

Fazit: Keine Ahnung, wie viele Monate oder Jahre das Finish im PX-Fass gedauert hat, aber der Sherry hat dem Destillat ziemlich seinen Stempel aufgedrückt. Trotz der Verdünnung auf magere 43% bleibt das offensichtlich bis aufdringlich. Im Vergleich zu den Single Casks von Glendronach kommt diese Edition zudem dünn und vor allem im Mittelteil uninspiriert rüber.

Tube, Etiketten und Kapsel der 18-jährigen Standardabfüllung werden in mattblauem Design gehalten - goldene Schrift inklusive.

Glendronach Allardice – 18 Jahre

Spanische Oloroso Sherry Fässer bis 18.12.2018 / 46%Vol. / Link zur Whiskybase

Die 18-jährige Standardabfüllung trägt den Brennereigründer im Beinamen. Dieses spezielle Batch kam in 2018 aus den Fässern in die Flaschen und da Glendronach vom Frühjahr 1996 bis Mitte Mai 2002 eingemottet war, ist der darin enthaltene Malt wohl deutlich älter als 20 Jahre.

Nose: Aus anfänglichem Rosinensirup entstehen Datteln und Pflaumenmarmelade, welche sich zu dicken Bienenwaben weiterentwickeln. Mit Mango, Dosenpfirsich und Banane wird es noch fruchtiger, bevor Zimt und Nussschokolade neue Gefilde erschließen. Dann und wann Anflüge von Wash und Fleisch. (88)

Taste: Öliger Sherry mit schokoladigem Nougat, feiner Säure und gelber Frucht. Würziges Eichenholz mit samtigen Tanninen, Tabak und Haselnüssen als Komplementär. Dieser Malt zeichnet sich mit voluminösem Körper und stabilen Strukturen aus. Maracuja, Maracuja. (88)

Finish: Vollmilchschokolade hat Zitrone, Orange und Mango abbekommen. Trockene Eichenholzplanken mit Pfeffer unterm Hintern, der Tabak ist eher harsch. Zimt und Haselnüsse treffen auf dunklen Kakao und fleischiges Schießpulver. (88)

Fazit: Während der ersten Stunde kann man diesen Allardice als Sherrybombe bezeichnen, erst später gewinnt er an Tiefe dazu. Da warte ich gerne. Das Holz beansprucht einen guten Teil an Aufmerksamkeit, aber das ist ebenfalls ganz okay.

Eine Flasche Grandeur: Abgerundete Kanten, ein dicker Glasboden und die Kapsel wurde mit goldenem Wachs versiegelt.

Glendronach Grandeur – 25 Jahre

Oloroso Sherry Fässer bis 2016 / 50,3%Vol. / Link zur Whiskybase

Grandeur – die ‘Herrlichkeit’, die ‘Erhabenheit’ – stellt das Flaggschiff von Glendronach dar. Mein Sample stammt aus Batch 8, konkret der Flasche Nummer 630 von insgesamt 1.505 Stück.

Nose: Erst einmal viel Biskuit, die Marmelade folgt nach: Kirsch-, Erdbeer- und auch Pflaumenmus. Karamell mit Zimt- und Eichenholzinfusionen. Eine Mischung aus Bienenwachs und Marzipan ist im stetigen Kommen und Gehen. Im Kakao verbergen sich Hinweise auf Apfel und Maracuja. (91)

Taste: Polierter Sherry und fruchtige Eiche… oder so ähnlich. Mahagoni, Zimt, Nelke und Mokka auf der einen Seite; Pflaumen, Nüsse und Tabak auf der anderen. Liegt ölig und schwer auf der Zunge, dabei ist er minimal erdig mit etwas Bienenwachs. Gelbe Facetten von Frucht stoßen hinzu. (91)

Finish: Cremiger Sherry und Karamell in öliger Umgebung. Das Eichenholz wirkt leicht trocken, plus feiner Zimt und Kakaopulver. Fette Mandeln übernehmen das Ruder, doch auch Tabak versucht, ans Steuer zu gelangen. Die Honigwaben, Mangos und Orangen gehen dagegen gemächlicher zu Werke. (91)

Fazit: Nicht schlecht für einen Likör! Sehr rund, ausgewogen und gefällig. Ergo süffig. Wahnsinnig süffig. Der Sherryeinfluss ist signifikant, aber nicht übertrieben.

sieht schon edel aus, so eine Flasche Grandeur. macht sich bestimmt gut im Regal.

Glendronach Grandeur – 27 Jahre

Sherryfässer bis 10.09.2018 / 50,1%Vol. / Link zur Whiskybase

Da der vorherige Grandeur so gut geschmeckt hat, wird noch einer hinterhergeschoben. Diesmal aus Batch 10, welches 2.293 Flaschen groß war.

Nose: Deutlich mehr Honigwaben als beim 2016er Grandeur, der Sherry ist von hellen Rosinen und Datteln geprägt und weniger intensiv. Noten von Mango und Maracuja tanzen zaghaft, Unterstützung kommt in Form von Brombeeren und Kirschmarmelade. Nach einiger Zeit übernehmen Möbelpolitur, Eiche und Kakao. (91)

Taste: Das Eichenholz punktet mit schönen, trockenen Aromen von Zimt und Kakaostaub. Die gelben, wunderbar säuerlichen Tropenfrüchte sind jetzt präsenter. Der Sherry gibt sich cremig, fruchtig und süß. Feuchter Tabak mit einem Hauch von Wachs versucht, von den Früchten abzulenken. (89)

Finish: Gewürze und gelbe Früchte baden in cremigem, fast schon schaumigem Karamell. Beim Eichenholz wurde genau die richtige Dosis getroffen, zwei Jahre länger hätten die Fässer nicht ruhen dürfen – tolle Tannine. Eine einzelne Haselnuss rollt durch’s Geschehen und bleibt an einem einzelnen Zündholz hängen. (90)

Fazit: Die 27 Jahre merkt man, es gibt viele große und komplexe Momente, allerdings zeigt er die nicht immer. Gerade am Anfang, und zwischendurch immer wieder, ist er sehr verschlossen und uneins mit sich selbst und es braucht Geduld, um an seiner zögerlichen Entfaltung teilzunehmen. Aber dann belohnt er.

Der Kauf dürfte sich für Brown-Foreman rentiert haben. Der Hype ist ungebrochen, weshalb nochmal 30 Mio. Pfund investiert werden, um die Produktionskapazität auf 4 Mio. Liter/Jahr zu verdoppeln. Inzwischen gibt es sogar eine rauchige Version, um neue Zielgruppen zu erschließen. Bin gespannt, wie sich die Ausrichtung und die Qualität der Standards und der Einzelfassabfüllungen in den kommenden Jahren entwickeln wird. Bislang bin ich bei Glendronach aber immer noch fündig geworden, die anziehenden Preise muss man halt ignorieren können.

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Samples privat gekauft | Bilder mit freundlicher Genehmigung der Whiskybase