Evolution of… Ardbeg

Brennerei mit Kultstatus und seit 2004 Gelddruckerei im Dienste des Luxuskonzerns Louis Vuitton Moët Hennessy. Bei ein paar Standards von Ardbeg stimmt meiner Meinung nach das Preis-Leistungs-Verhältnis noch, der Rest ist entweder kulinarisch gesehen uninteressant oder schlichtweg nicht erschwinglich. Die Konkurrenz bietet besseres bzw. zu besseren Preisen. Trotzdem kommt er bei mir relativ häufig ins Glas; zum einen, weil Uigeadail und der 10er zu meinen ersten Malts gehören und immer noch mit positiven Assoziationen belegt sind, zum anderen, weil ich dem Hype phasenweise erlegen bin und sich einige Samples angesammelt haben.

Eine Flasche Ardbeg An Oa (sprich An Oh). Wie für Ardbeg typisch in grünem Glas, das schwarze Etikett mit goldenen Akzenten.

Ardbeg An Oa

Charred New Oak, PX Sherry, 1st Fill Bourbon / 46,6%Vol. / Link zur Whiskybase

In 2017 wurde die Standardrange um den An Oa erweitert, einem No-Age-Statement, an dem unterschiedliche Fassarten beteiligt sind. Die drei marketingtechnisch wertvollsten werden auf dem Etikett erwähnt. Oa ist die Halbinsel westlich der Brennerei.

Nose: Weicher Rauch und salzige Holzasche werden um einen Ticken pfeffriger Würze ergänzt. Ölige Honigmarinade schafft die Überleitung zu fruchtigen Elementen, wie Limette, Banane oder Aprikose. Dahinter ein paar Datteln und eine schöne Karamell-Vanille-Kombi. (86)

Taste: Verkohltes Holz in kalter Asche, dazu Gerstenmalz auf Asphalt. Ölig-salzige Textur mit erdigen Gewürzen, insgesamt kraftvoll aber nicht vollmundig. Der PX macht mit gelegentlichen, orangigen Anklängen auf sich aufmerksam. (84)

Finish: Vanille und Gerstenmalz setzen sich erfolgreich gegen eine gute Dosis Asche und verkohlte Eiche (Zündhölzer) durch. Erdig und schokoladig belegt Kakaopulver sanft den Gaumen. Gewürze sind anwesend, aber ein wenig Pfeffer und Durchhaltevermögen fehlen. (84)

Fazit: Keineswegs jung und wild, wie ich es im Vorfeld bei diesem No-Age-Statement erwartet hatte. Das Durchschnittsalter der Fässer könnte sogar über zehn Jahren liegen, da ist schon viel rundes und reifes dabei. Nicht ganz so fruchtig, wie der Uigeadail (und bei weitem nicht so vollmundig), aber aus Ardbegs Standardrange wohl am ehesten für Einsteiger zu empfehlen.

Eine Flasche zum Diskutieren: Der 8-jährige Ardbeg.

Ardbeg 8 Jahre For Discussion

Sherry Casks bis 17.03.2021 / 50,8%Vol. / Link zur Whiskybase

Der 2021 eingeführte ‘For Discussion’ trägt eine Altersangabe und scheint dauerhaft verfügbar zu sein, das kommt bei den Committee-Abfüllungen von Ardbeg nicht häufig vor.

Nose: Trockene Asche und als Ausgleich ausgesprochen spritzige Zitrusfrüchte obendrauf. Eine Prise Salz als Überbrückung, bis der Sherry endlich durchscheint; nicht sehr ausgeprägt, aber vielschichtig mit roten Beeren und Kakao. (85)

Taste: Hier gibt die Asche den Ton an. Kurzzeitig meine ich, gelbes und tropisches Obst durchblitzen zu sehen, doch die Asche schaufelt alles dicht. Die Wucht ist da, aber nicht viel dahinter. Die Textur wird von einer schönen, salzigen Öligkeit bestimmt. (83)

Finish: Verkohltes Feuerholz all over again. Salzkristalle an einer Asphaltstraße am Ufer eines Ozeans. Hintenraus erscheint ein vegetativer Touch, nussiges Gerstenmalz verweilt lange in der aschigen Umgebung. (83)

Fazit: Meine Nase findet einige erquickliche Ansätze, aber insgesamt ist es ein sehr typischer junger Ardbeg im Sinne der Committee-Releases: Kraft hat er, dünn wirkt er trotzdem. Oder liegt das gar nicht am geringen Alter, sondern am Spirit selbst?

Eine Flasche Ardbeg Renaissance.

Ardbeg Renaissance

Eichenfässer 1998 bis 2008 / 55,9%Vol. / Link zur Whiskybase

Nach der langen Schließung während der 1980er Jahre und einer halbherzigen Wiedereröffnung durch Allied Distillers, drohte der nächste Dornröschenschlaf. Doch die Glenmorangie Company erkannte die Chance und starte die Herstellung in 1997 nach mehrmonatigen Renovierungsarbeiten. In 2008 konnte dann mit der vorliegenden Edition der erste 10-Jährige aus der neuen Produktion präsentiert werden. 21.000 Flaschen waren es damals.

Nose: So kennt man Ardbeg: Salziger Rauch und würzige Asche, die Frucht zwischen Zitrone und Orange. Ergänzt werden die Standardaromen von Nougat und auskristallisierendem Blütenhonig. Zusätzlich entwickeln sich Stachelbeeren, Himbeermarmelade und Banane. Die Holzfässer scheinen von guter Qualität zu sein. (88)

Taste: Körniger Rauch und Salz, hinter dem Ruß lauern Zitrus und Himbeeren. Die Eiche versorgt mit ausreichend Gewürzen (Zimt!), kein Wunder bei dieser Alkoholstärke, und auch mit erdigen Tanninen. Viele Details, wie die dezente Banane und ein wenig Karamell, lassen es glücklicherweise nicht zu einem reinen Aschenbecher-Ardbeg werden. (86)

Finish: Erstmal recht viel kalte Asche auf trockenem, pfeffrigem Holz. Die charakteristische Fruchtkombination zieht sich auch bis hierhin, sehr lecker. Salz mit intensiven, erdigen Tönen stellen eine weitere tolle Komponente dar. (85)

Fazit: In der Nase sehr ausgewogen, danach wird es zu einseitig rauchig für meinen Geschmack. Dennoch eine der besseren, eigenständigeren Sondereditionen von Ardbeg. Volumen ist vorhanden und – auch das ist im Hinblick auf viele Abfüllungen aus diesem Hause – erfrischenderweise kein Schwefel.

Die 21-jährige Originalabfüllung.

Ardbeg Twenty One

Bourbon Casks bis 05.05.2016 / 46,0%Vol. / Link zur Whiskybase

In 2016 wurde eine 21-jährige Version veröffentlicht. Destilliert wurde dieser Whisky demnach noch von Allied Distillers. Der Output betrug 8.268 Flaschen.

Nose: Der sanfte Rauch kombiniert sich mit cremiger Asche und samtigem Tabak. Zimt, Salz und Pfeffer – schöner Eichenholzeinfluss, das Alter merkt man ihm an. Himbeeren und Rosinen in Butter, dazu reife Zitrusnoten in Honig. Dahinter warten viele Nuancen, die aber flüchtig und daher schwer greifbar sind. Dennoch, er entwickelt sich hervorragend (90)

Taste: Initial relativ dünn, schnell treten jedoch pfeffrige Gewürze und grasig grüne Fruchttöne auf den Plan, sehr ansprechend. Mit der Zeit werden die Früchte gelber, auch das ist ein gelunger Twist. Die Asche ist wirklich gut integriert, der salzig-speckige Touch macht’s noch interessanter. (88)

Finish: Kernige Holzkohle in feiner Asche, das Salz gibt einen kräftigen Kick. Das Grüne bringt etwas Frische, die Palette reicht von Sternfrucht bis Zitronengras. Fällt recht bald ab, nur die Gewürzpalette bemüht sich um Länge. (86)

Fazit: Tolle Nase, so viele Schichten bin ich von einem Standard-Ardbeg nicht gewohnt. Beim Trinken kommt die Reife gut raus, allerdings werden hier wieder viele Details unter dem Rauch begraben. Ähnlich verhält es sich beim Ausklang.

Eine Flasche 25-jährigen Ardbegs, in dunklem schwarz gehalten, Schrift und Verschluss in Silber.

Ardbeg 25 Jahre

Eichenfässer bis 19.08.2020 / 46,0%Vol. / Link zur Whiskybase

Rechnerisch im selben Jahr wie der 21-Jährige gebrannt, dafür aber vier Jahre länger im Fass. Mal sehen, was die zusätzliche Reifezeit bewirkt hat. Dieses erste Batch war 6.500 Flaschen groß.

Nose: Sehr sanft, die Asche ist komplex mit Akzenten von Räucherspeck, Salz und Mineralien. Die Früchte – Apfel, Quittengelee, Sternfrucht – sind ebenfalls fragil und leicht. Der wachsige Honig hat da schon ein wenig mehr Gewicht, er macht auch den Weg frei für zimtige Eichenholzgewürze. Ein buttriger Hauch von Vanille, Tabak und Kaffee runden den Malt ab. (90)

Taste: Ähnlich wie der 21-Jährige, recht dünn, hauptsächlich Vanille und Butter. Bis dann die Gewürze kommen und mit ihnen tropische, gelbe Früchte, welche mit der Zeit grüner werden – genau anders herum wie beim 21er. Asche, Salz und Räucherspeck hangeln sich langsam, aber nachhaltig am Obst hoch. (89)

Finish: Gelbe Tropen, die Maracujas und Melonen können sich gegen den watteweichen Ascheteppich durchsetzen. Ölig, die Butter ist wieder da. Kurzzeitig wird er grün. Das Salz und auch würziges Eichenholz haben einen langen Atem, ansonsten verblasst er recht bald. (88)

Fazit: Da lassen sich doch einige geschmackliche Parallelen zum 21-Jährigen ziehen. Der Quarter Century hat eine exquisitere Frucht, entwickeltere Raucheinflüsse und hintenraus mehr zu bieten. Bei dem Preis kann ich allerdings verstehen, weshalb er zwei Jahre später noch problemlos zu haben ist.

Ein in 1975 destillierter Original-Ardbeg samt Umverpackung.

Ardbeg 1975

Eichenfässer bis 1999 / 43,0%Vol. / Link zur Whiskybase

In 1975 waren noch die hauseigenen Maltings in Betrieb, aber es wurde auch schon Malz aus Port Ellen bezogen. Die Destillerie war im Besitz mehrerer Shareholder, unter anderem Hiram Walker, die 1979 alle Anteile zusammenkauften. Ob es sich bei dieser Abfüllung um ein Einzelfass handelt, ist unklar, ebenso die Art der Fässer.

Nose: Ähnlich sanft wie der 25er, aber voller und fruchtiger, könnte Refill Sherry beteiligt sein. Kaum Rauch, der hat sich zu ultrafeinen Ascheflocken abgebaut. Aprikosen, Blutorange und Banane (und das ist nur ein Bruchteil der Fruchtpalette) werden von Salzkristallen und Karamell umringt. Eichenholzwürze, Teer und Nüsse spinnen ihren Zauber im Hintergrund. (92)

Taste: Sofort präsent, wärmend und dabei mit einem Kontrast aus Geschmeidigkeit und Würze. Die Asche bleibt bei ihrer Rolle des vielschichtigen Hintergrundrauschens, ein bisschen Kohle ist mit dabei. Das Salz mimt erneut den Gegenpart zur Süße des Karamells und der intensiven, recht exotisch anmutenden Frucht. Ölig und erdig. (90)

Finish: Leicht würziges Eichenholz und einige Rußpartikel – etwas Frucht (Banane und Papaya) sorgt dafür, dass es nicht zu trocken wird. Ein Ascheteppich legt sich über die Szenerie. Salzkörner setzen sich an Gaumen, Lippen und Zungenspitze fest. (88)

Fazit: The softer side of Ardbeg. In der Nase top, darin kann man sich verlieren. Beim Trinken immer noch auf hohem Niveau, aber es fehlt ein bisschen die Magie. Der Nachklang dürfte gerne etwas länger sein und mehr Obst enthalten.

Wenn man auf den Blick auf die Preisschilder verzichtet, kann man sich auch mit Ardbeg ein schönes Line-Up zusammenstellen. Ob man unbedingt jedem Erguss aus dieser goldenen Gans hinterherläuft, muss jeder für sich selbst entscheiden. Für manche funktioniert es. Und damit es auch in Zukunft genügend Nachschub gibt, den man künstlich verknappen kann, sind seit 2021 vier Brennblasen in Betrieb, statt der bisherigen zwei, die die Jahresproduktionskapazität um eine Millionen Liter auf nunmehr 2,4 Millionen hochschrauben. Nur noch ein bisschen warten.

Mehr zu Ardbeg

Samples privat gekauft | Bilder mit freundlicher Genehmigung der Whiskybase