90er Speyside

Nachdem mein geplanter Trip in die Speyside leider spontan ausgefallen ist, hab ich mir zur Aufmunterung ein schönes Line-Up gebastelt. Das Angebot aus dieser Ecke ist immerhin mehr als ausreichend, mit ein paar alten Speysidern, allesamt aus den 90ern, ist hoffentlich ein wenig Trost möglich.

Flasche und Blechdose zum Imperial aus dem Fass Nummer 50253.

Imperial 1995 SV – Cask 50253

Hogshead 18.09.1995 bis 03.10.2017 / 53,1%Vol. / Link zur Whiskybase

Eine von zahlreichen 1995er Imperial aus der The Un-Chillfiltered Collection, Signatory Vintage scheint da gehörig zugeschlagen zu haben. Dieses Fass ergab 219 Flaschen, welche für den belgischen Markt abgefüllt wurden.

Nose: Wachsige Bienenwaben an Mandarine auf würzigem Eichenholz – ein superber Bourboneinfluss! Die weichen Honignoten werden von Quittengelee und Karamell flankiert. Nach etwas Wartezeit wird er grasig und leicht herb, mit Lime Juice und Haselnüssen. Wäre da nur nicht der störende Alkohol, der überdies ein wenig Lösemittel beisteuert. (88)

Taste: Von Beginn an prickelnd, herb und würzig, das Eichenholz hat da eine sehr eindeutige Handschrift. Nelkenpulver, Nüsse und Sandelholz schlagen in dieselbe, bittere Kerbe. Wachs und Honig benötigen viel Zeit, um sich zu entwickeln, haben dann neben fruchtigen auch kunstharzige Anwandlungen. (83)

Finish: Auch hier sehr holzig und trocken, Schwefel trübt das Erlebnis. Immerhin das Wachs ist nicht schüchtern und sogar ein wenig salzig. Zurück bleiben Nüsse und ein herbes Gefühl. (83)

Fazit: Lässt sich gut riechen, danach bekommt man allerdings den Eindruck, dass er wohl zu lange in einem nicht ganz einwandfreien Fass gewesen ist. Mehr Frucht wäre wünschenswert gewesen, auch die Bourbonreste scheinen nicht sehr integrationswillig.

Eine Flasche Glentauchers, der Inhalt befand sich zuvor in Elixir Distillers Fass Nummer 401.

Glentauchers 1997 ElD – Cask 401

Barrel 22.10.1997 bis 29.07.2021 / 53,2%Vol. / Link zur Whiskybase

Glentauchers ist eine der Brennereien, die uns hauptsächlich durch die Bottlings von unabhängigen Abfüllern – in diesem Fall von Elixir Distillers – bekannt sind. Dadurch immer noch so etwas wie ein Geheimtipp. Stand September 2022 sind von den 157 Flaschen aus diesem Barrel immer noch welche im freien Verkauf verfügbar.

Nose: Genau so ein Honigbrot wünscht man sich zum Frühstück – aromatisch, dick belegt und mit perfekter Konsistenz. Etwas Geduld ist vonnöten, aber dann führen Orangenschalen, Gewürze und gebrannte Mandeln diesen warmen und reichhaltigen Auftritt weiter. Haselnussbrownies und Waffeln mit Erdbeermarmelade ergänzen wunderbar. (89)

Taste: Kräftige Eindrücke, mit gemahlenen Gewürzen und auf hohem Niveau geht es in die nächste Runde. Ölig und leicht herb, ganze Mandeln und gesalzene Haselnüsse werden da flankiert von grünen Orange Pekoe-Tönen und Honigwaffeln. (87)

Finish: Der Nachklang wird von Eichenholz getragen, es wird nochmal würzig und auch leicht salzig. Die Nussmischung setzt sich am Gaumen fest, der Honig weckt Assoziationen an BBQ-Marinade. (88)

Fazit: Eine tolle Bourbonfassreifung! Wenn doch nur die Früchte immer so präsent wären, wie in der Nase… Beim Trinken etwas unausgewogen; ohne Wasser fast zu trocken, mit Wasser kommt die Säure für meinen Geschmack etwas zu sehr zur Geltung.

Eine Flasche 23-jähriger Dailuaine von Wilson & Morgan.

Dailuaine 1997 WM – Casks 15584 & 15585

23 Jahre bis 30.11.2020, 2nd Fill Oloroso Sherry Finish für fast 6 Jahre / 55,4%Vol. / Link zur Whiskybase

Diesem Dailuaine hat der Abfüller Wilson & Morgan ein mehrjähriges Finish in einem wiederbefüllten Sherryfass verpasst. Das Ergebnis sind 493 Flaschen, erfreulicherweise sogar in Fassstärke.

Nose: Sehr zart, auf Honig und Sherry folgen Nougat und Nüsse. Neben den typischen Trockenfrüchten wie Pflaume, ragt auch gelb-roter Apfel heraus. Die Gewürze arbeiten sich langsam in den Fokus, gemahlen und fast schon staubig. Ein speckiger Touch wabert im Hintergrund. (89)

Taste: Das Fassholz sorgt mit kräftigen, aber vielschichtigen Gewürzen für ordentlich Power. Sherry und Honig reiten auf dieser Welle mit. Die Nüsse unterstützen die Würze, wo sie nur können. Einige Äpfel und Pfirsiche bringen sanfte Frucht ins Spiel. Diese speckigen BBQ-Anklänge werde ich auch hier nicht los. (90)

Finish: Ein Sammelsurium aus der Welt des Holzes, trocken und zartbitter, mit immer wieder neuen Gewürzen, Nüssen und auch Tabak. Pfirsich und Honig vereinen sich zu einer gelben, wachsigen Facette. Öliges Gefühl bleibt zurück (90)

Fazit: Wenn ich es bisher noch nicht hervorgehoben hab: Die Eiche hat hier einen wirklich guten Job gemacht! Ergänzt sich an vielen Stellen auch mit dem nussigen Oloroso. Bin froh, dass der in Fassstärke abgefüllt worden ist.

Eine Flasche aus einer geheimen Speyside-Brennerei - man munkelt Glenfarclas - mit 26-jährigem Inhalt. In den Verkehr gebracht von Mancarella.

Secret Speyside Distillery 1993 Ma – Cask 46

Sherry Hogshead 10.1993 bis 09.2020 / 49,7%Vol. / Link zur Whiskybase

Ein Einzelfass aus einer nicht genannten Destillerie. Abgefüllt worden sind 336 Flaschen von Mancarella, einem Abfüller aus Deutschland.

Nose: Zwar ist der Sherry tonangebend und lebendig, trotzdem hat man (und frau) immer noch das Gefühl, einen Whisky im Glas zu haben und keinen Süßwein. Den Waldbeeren und der Banane liefert das Eichenholz eine mehr als solide und würzige Basis, während Zwetschgenmarmelade und reife Orangen sich in Bienenwachs wickeln. Haselnüsse und ein Tupfer Schuhpolitur runden den Malt ab. (91)

Taste: Das Eichenholz läuft dem Sherry den Rang ab. Die gemahlenen Gewürze machen richtig Spaß, das Alter des Malts wird sehr deutlich. Nüsse baden in Waldhonig. Leder und Kakao verleihen Robustheit. Die Konsistenz trägt die Handschrift von Sirup, ich denke da an Pflaume, Orange und Kirsche. (90)

Finish: Das Eichenholz hat einen Schwefeltwist, allerdings zur Abwechslung mal einen, den ich mag. Das trockene Holz leitet auch perfekt über zu Gewürzen, Nüssen und Kakao. Dann wird es eine Spur ölig mit feuchtem Tabak und immer mehr Wachs. (91)

Fazit: Da zwickt nix, alles hervorragend aufeinander abgestimmt. Es ist offensichtlich, dass dieses Fass kein billiges Sherryderivat abbekommen hat, sondern erfrischenderweise einen Sherry, den man durchaus auch pur im Glas haben möchte. Abgefüllt wurde auch zur passenden Zeit, der Malt hat Kraft und das Holz hat noch nicht Überhand genommen. Chapeau!

Flasche Nummer 3 von 612 aus dem Manager's Choice-Fass von Knockando.

Knockando 1996 The Managers’ Choice – Cask 800790

Spanish Oak Sherry Cask 11.07.1996 bis 18.03.2009 / 58,5%Vol. / Link zur Whiskybase

In 2009 hat Diageo von 26 ihrer Brennereien jeweils ein einzelnes Fass abfüllen lassen. Das war dann die Managers’ Choice-Reihe. Auch Knockando war mit dabei. 612 Flaschen in Fassstärke, war wohl ein großes Sherryfass.

Nose: Der dunkelsüße Sherry klebt da richtig am Fassholz, ein sehr eng verwobenes Duett. Getrocknete Datteln und Orangen sowie Sultaninen fügen der Süße die notwendige Frucht hinzu. Ölige Lederpolitur und Nüsse zementieren den Old School-Charakter. Gelegentlich schauen Banane, Milchkaffee und Lakritz vorbei. (88)

Taste: Ölige Textur, ein Sammelplatz für Schokolade und Trockenfrüchte, Nüsse und feuchtem Tabak. Die prägnante Eiche stellt einen deutlichen Gegenpol dar: Trocken, samtig und würzig – vor allem Kardamom und Sandelholz – bemächtigt sie sich immer mehr des Malts. Espresso, Leder und Kakao rücken die Welt der Tannine in den Fokus. (87)

Finish: Nüsse, Tabak und Politur leiten den Abschied ein. Der dunkle, ölige Sherry geht erneut Hand in Hand mit dem Fassholz. Letzteres ist jedoch nicht so heftig ausgeprägt wie beim Trinken, das ist gut so, das Profil bleibt minimal auf der süßen Seite. Unverdünnt finde ich auch Schwefel. (88)

Fazit: Okay, für einen 12-Jährigen schonmal eine Hausnummer, aber es ist offensichtlich, dass das Fass hier der Star ist. Noch zwei Jahre und das Destillat wäre vollends unter der Last des Holzes eingeknickt. Ein paar große Tropfen Wasser helfen beim Öffnen, beim Zähmen der Eiche und der Alkohol tritt dann auch mehr in den Hintergrund.

Eine von 348 Flaschen Linkwood aus dem Fass Nummer 6961 von Gordon & MacPhail

Linkwood 1990 GM – Cask 6961

1st Fill Sherry Butt 19.09.1990 bis 13.10.2020 / 48,6%Vol. / Link zur Whiskybase

Zum Abschluss noch was von Gordon & MacPhail, aus der Connoisseurs Choice-Serie einen 30-jährigen Linkwood. Von diesem waren 348 Flaschen zu haben. Der Farbe des Malts nach war hier ziemlich viel Sherry beteiligt.

Nose: Von Lederpolitur über Nüsse bis hin zu dunklen Trockenfrüchten ist da alles dabei, was einen Malt schwer, ölig und sirupartig macht. Aufdringlich ist er dabei aber nicht. Langsam setzen sich schokoladige Kaffeebohnen gegen die Datteln, Schwarzkirschen und Aroniabeeren durch. Das Eichenholz hält sich eher im Hintergrund auf, Röstaromen und feine Gewürze inklusive. (85)

Taste: Melasse und prickelnde Gewürze rollen über die Zunge. Während das Eichenholz versucht, die Stimmung ins Trockene zu ziehen, kommen vom Sherry eher samtige Säuretöne, Brombeeren haben da ihre Finger im Spiel. Wie zu erwarten erzeugt der Malt ein schweres, öliges Mundgefühl. Neben Honig und Tabak breiten sich später noch ledrige, aber auch nussige und schokoladige Bitterstoffe aus. (87)

Finish: Antike Ledermöbel werden poliert, Tabak und Espressopulver werden ausgestreut. Das Eichenholz wirkt anfangs harsch, wird aber raffinierter dank einiger wohlplatzierter Gewürze und Nüsse. Der ölige Sherry ist hier tatsächlich am besten eingebunden. (88)

Fazit: Reißt einen jetzt nicht vom Hocker, insbesondere die Nase wirkt recht statisch. Blind hätte ich aufgrund der durchschnittlichen Sherryqualität eher ein halbherziges Nassfassfinish vermutet, das Flaschenetikett ist da allerdings auch nicht ganz eindeutig.

Mit dem Mancarella und dem Dailuaine waren zwei echte Highlights dabei, doch auch die anderen Malts waren ganz gut trinkbar. Somit verbuche ich diese Session als Erfolg und werde frisch motiviert einen neuen Versuch für einen Besuch der Speyside starten.

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Samples privat gekauft, der Dailuaine war eine kostenfreie Zugabe von Benjamin – vielen Dank dafür | Bilder mit freundlicher Genehmigung von Matthias (Knockando) bzw. der Whiskybase