Feis Ile 2020

Das Feis Ile Whiskyfestival auf Islay. Ein fester Anker im Whiskykalender. Und dann kommt ein Virus und du weißt es gibt einfach ganz andere Dinge die jetzt wichtig sind.
Auf der anderen Seite hängen da genauso Jobs dran. Der Tourismus und die verkauften Flaschen, das Marketing. Alles wichtig. Und der kulturelle Wert ist sicherlich auch nicht zu groß einzuschätzen.
Ich finde die Insel hat gute Lösungen gefunden. Onlinetastings, Videoauftritte lokaler Gruppen. Onlineverkauf von Festivalbottlings. Bis hin zum Charity BBQ-Saucen-Verkauf. Viele gute Dinge sind umgesetzt worden. Ich drücke die Daumen für alle die persönlich an diesem Zirkus hängen, dass sie das Beste daraus machen können.

Selbst bin ich in diesem Jahr, bezogen auf die Feis Ile Bottlings, privilegiert wie nie zuvor. Ganze acht Stück konnte ich verkosten, rechnet man das Ardbeg Committee Release dazu sogar neun. Das ist für mich absoluter Rekord und ich bin sehr dankbar dafür. Hier ist was ich über die Bottlings denke.

Ardbeg 2007 SMWS 33.139

You would not believe! Man möchte es nicht glauben! Ein unabhängig abgefüllter Ardbeg. So nennt die SMWS eines ihrer diesjährigen Festivalbottlings. Und ein Für die Society hat sich ja am Modus nichts geändert. Die Flaschen wurden im Windhundverfahren online verkauft, so wie jedes Jahr. Ein Ardbeg ist dabei natürlich immer von besonderem Interesse. Das offizielle Bottling hatte ich ja hier schon als Committee Release verkostet. Dann kommt der hier doch gerade recht. 12 Jahre alt, aus dem Oloroso Sherry Butt. 603 Flaschen mit 61,3%. Link zur Whiskybase

Nase: Erstaunlich fruchtig! Vor allem getrocknete Aprikosen. Da sind aber natürlich auch Torf, Menthol, Kohle und Lagerfeuer. Dazu kommen Gletschereis-Bonbons und Vanille. Das ist schon ein wenig wild. Aber auch lecker…

Mund: Deutlich Lakritze. Das ist der erste Eindruck. Sehr deutlich. Dazu Kohle und Asche. Dann kommen die Aprikosen wieder. Diesmal getrocknete Aprikosen.

Abgang: Erstmal relativ bitter. Dann leicht süß. Die Lakritze ist immer noch da. Die Vanille wird zu Gebäck. Vanillekipferl. Außerdem ist er echt wärmend.

Fazit: Er ist irgendwie schon speziell. Aber ich hatte auch wirklich Spaß damit. Also… 89/100, vorerst. Zum Glück hab ich da sicher noch mal die Gelegenheit.

P.S.: Die Sekundärmarktpreise. Also Leute jetzt mal ernsthaft. Der ist 12 Jahre alt und gerade rausgekommen. Wieso sollte der denn bitte 400€+ kosten? Ich kann nur Kopf kratzen und schütteln. Ihr sollt das Zeug trinken… wenn ihr das nie vor hattet dann kauft es nicht andren vor der Nase weg!

Bunnahabhain 2002

Bunna hat insgesamt drei Bottlings zu Feis Ile 2020 online verkauft. Eines davon ist ein 17 Jahre altes Madeira Cask Finish. 1164 Flaschen wurden abgefüllt mit 53,0%. Link zur Whiskybase

Nase: Malz, Honig, Getreide, Äpfel, Aprikose, Mirabelle, Traube, Minze, Thymian, feuchtes Holz, Laub,

Mund: Frische und auch leicht gärende Früchte. Das lässt ihn auch prickeln. Die Textur ist cremig bis ölig. Kräuterhonig oder eher Sirup. Traubenkerne. Marzipan, Nüsse, etwas Schokolade

Abgang: Zartbitterschokolade, Zitrusfrischestäbchen, trockene Hölzer, getrocknete Kräuter. Süßer Wein oder Honigwein. Später dann Chilischokolade.

Fazit: Absolut lecker mit spannenden Abwechslungen. Ob man den Preis zahlen muss… aber gut das ist ein anderes Thema. Immerhin konnte man ihn kaufen. Das ist mehr als bei anderen Destillerien. 88/100

Bunnahabhain 2010 Mòine

Wenn Mòine drauf steht ist bei Bunna Torf drin. Ausserdem war irgendwo ein Sherryfass involviert. In diesem Fall Amontillado, also irgendwas zwischen Fino und Oloroso. Die 1658 Flaschen sind 56,9% stark. Link zur Whiskybase

Nase: Nussige und rauchige Noten. Geröstete Nüsse. Mild getrockneter Schinken, deutscher Landschinken. Das Ganze in Leder gebunden. Ein paar in Alkohol eingelegte Beeren. Von Zeit zu Zeit kommt dann immer wieder ein Beutel mit patschnassem Tabak vorbei.

Mund: Feigen, Zimt, Pflaumen, Ingwer, metallische Noten, Honigsüße, frischer Coppa

Abgang: Eine leichte Süße bleibt, Torf und Rauch sind eher fein (für einen Moine). Der Landschinken kommt wieder. Ein paar dunkle, getrocknete Früchte dazu. Es bleibt etwas Asche und verkohltes Holz.

Fazit: Sehr lecker, wenn auch für einen Mòine noch relativ verhalten. Das Amontillado Finish zeigt sich für mich am deutlichsten in der Nase. Da ist er für mich auch wirklich überragend. Nach erneuter Sichtung hat er aber leider noch mal ein wenig verloren. Aber natürlich auf sehr hohem Niveau. 88/100

Caol Ila 16-year-old

Das einzige offizielle Bottling an das ich nicht wirklich rangekommen bin. Das lag mitunter auch daran, dass Diageo es nicht schafft nach Festlandeuropa zu verschicken. Brexit hin oder her. Das ist peinlich für den international agierenden Riesenkonzern. An ein Sample konnte ich dank Whiskycommunity aber doch kommen. Danke an dieser Stelle. Nun zu den Fakten: 16 Jahre alt, 3000 Flaschen und 53,9%. Die Fässer sind Amoroso-treated Hogsheads. Also Fässer die für die Whiskylagerung mit Oloroso Sherry belegt wurden. Der Sherry wurde dann wahrscheinlich weggeschüttet. Link zur Whiskybase

Nase: Süße Weine und Beeren. Kalter Rauch und Asche. Ein brennendes Potpourri. Rosinen und Karamell. Apfelscheiben, frisch aufgeschnitten. Ein wenig Torf ist auch dabei.

Mund: Eine Schüssel mit Apfelstücken, Nüssen, Karamell und Hagelsalz. Deutliche Süße, aber auch Pfeffernoten und Ingwer. Zitrone, Asche und Kohlenstaub.

Abgang: Starke Kräuternoten, tiefe Torfnoten, Seetang und Bitterstoffe. Zitrus und Asche kommen noch mal hinterher. Und auch eine phenolische Note mit Tinktur und Jod. Hat da jemand Laphi mit rein gemischt? Er wird irgendwann immer trockener und trockener.

Fazit: Ein wirklich leckerer Malt mit einer großen Tiefe. Beim Abgang bin ich mir nicht ganz sicher ob ich auf Dauer damit warm werde. Aber das ist wahrscheinlich eine Frage der Tagesform. 87/100

Kilchoman 12-year-old

Einer der ältesten Kilchoman bisher. Auch wenn sich die Destillerie im ersten Anlauf schwer getan hat, immerhin haben sie es auch geschafft das Release online zu vertreiben. Dazu gab es dann auch entsprechende Events. Das Bottling ist 54,2% stark und es gab 2630 Flaschen. Link zur Whiskybase

Nase: Torfrauch und Seetang. Salziger Küstenstrand. Muscheln in einem süßlichen Kräutersud. Künstliche Zitrusnoten. Vanillekipferl.

Mund: Huiuiui. Selten so eine krasse Kombination an Teer und Rauch vernommen. Die leichte Süße versucht dagegen zu halten, aber das ist wirklich schwer. Da sind auch noch Zitronen und Limetten.

Abgang: Leicht bitter und immer noch sehr teerig. Verbrannte Kräuter, Zitrone und jetzt auch Grapefruit und Pfeffer. Vanille und Torf bleiben für immer.

Fazit: Lecker, wirklich lecker. Zuweilen etwas herausfordernd. Aber das mag man manchmal ja. Ich freu mich schon wenn Kilchoman volljährig wird. Ich denke das wird wirklich gut. 87/100

Lagavulin 20-year-old

Auch aus der unsäglichen Aktion von Diageo stammt auch dieser Lagavulin. Der war etwas leichter zu kriegen, da es mehr Flaschen gab und er teurer war. Den Versand über einen Postforwarder hätte ich mir (bzw. Christian) trotzdem gerne erspart. Für die 6000 Flaschen des 20-jährigen, 54% starken Whisky wurden PX- und Oloroso (wieder treated) Hogsheads verwendet. Link zur Whiskybase

Nase: Kekse und Orangencreme. Moment… ist das der richtige Whisky im Glas? Nach ein paar Drehungen im Glas sind dann alte Bücher und angestaubte Holzkisten stattdessen da. Irgendwann steigt dann so langsam etwas Seegras empor und bringt ganz leichten Rauch und Torf mit sich. Das ist aber schon sehr nuanciert. Und auch das zieht vorbei. Dann kommt vielleicht noch etwas Frucht dazu. Ein längst verflogenes kräftiges Parfüm. Trockene Äste und Blätter.

Mund: Viele Früchte im Pendel zwischen schwarz, rot und gelb. Rosinen, Feigen, Pflaumen, Johannisbeere, gelbe Pflaumen, Aprikose. Dazu Tabaknoten, Waldboden und auch Leder. Auch leichte Anklänge von Torf, Rauch und ein wenig Barbecue-Sauce finde ich auch. Hier ist er schon kräftiger, aber er schreit einen nicht an.

Abgang: Er wieder immer trockener und bleibt vor allem auf den Bitterrezeptoren haften. Dazu kommt ein Mentholhauch und ein paar Weintrauben und auch Trockenfrüchte dürfen auch bleiben. Asche und Torf sind jetzt erstmal stärker wahrnehmbar.

Fazit: Das ist für mich kein “normaler” Lagavulin. Die fragile und delikate Komposition auf leichteren Aromen bis hin zur extremen Fruchtigkeit in Nase und Mund ist eher ungewöhnlich. Der Abgang ist dagegen fast schon ein Gewaltakt. Ich Zweifle ein wenig ob hier dann die Summe der Teile mehr als das Ganze ergeben. Nur wirklich abwerten kann man ihn auch nicht. Dafür ist er einfach zu gut. Am besten passt es zusammen, wenn man ihn sehr lang im Mund behält und erst dann schluckt. Das lässt die Bitterkeit schon im Mund langsam aufsteigen. 90/100

Laphroaig Cáirdeas

Keinerlei Altersangabe, aber dafür wissen wir dass Bourbon Casks, Port Wine Casks und Red Wine Casks involviert waren. Über eine Auflage schweigt man sich aus. Aber zu wenige können es nicht gewesen sein, im Gegensatz zu den anderen Festivalbottllings ist dieses noch erhältlich. Link zur Whiskybase

Nase: Medizinische Noten, Bandagen, Tinktur und darunter Brombeeren, Heidelbeeren und schwarze Johannisbeeren. Erdbeersträucher in trockener Erde. Das leere Glas riecht auch nach Rotbuschtee.

Mund: Die Nase setzt sich fort. Vielleicht etwas (mehr?) Torf und auch Vanille. Wie wenn man in einen Waldbeerensaft etwas Laphroaig kippt. Oder umgekehrt.

Abgang: Menthol, Rosinen und Backpflaumen. Dazu Bitterstoffe, Zedernholz, Tabak. Vielleicht ein kleiner Ticken Schwefel oder Kupfer.

Fazit: Portweinfässer können ja mitunter ein schwieriger Begleiter für Whisky sein. Hier funktioniert es für mich tatsächlich gut. Spannend finde ich, dass abwechselnd immer wieder die Laphinoten dominieren und dann wieder Port- und Weinfass die erste Geige spielen. 89/100

Port Charlotte 16-year-old

Auch hier wieder eine der ältesten Abfüllungen seiner Art. Für Bruichladdich selbst ist es meines Wissens nach der erste 16 jährige Port Charlotte der abgefüllt wurde. Für die insgesamt 3000 Flaschen wurden eine ganze Menge unterschiedliche Fässer zusammengebracht: Refill Hogsheads, die in 2012 first-fill Bourbon Barrels umgefüllt wurden. Dazu first-fill Bourbon Barrels die 2013 in Ex-Sauternes Casks umgefüllt wurden. Dazu eine komplexe Assemblage aus Ex-Sherry, Ex-Bourbon und Virgin Oak Casks. Ob man das alles schmeck ist fraglich, aber die Transparenz sucht seines Gleichen! Fast vergessen: 55,8% stark ist er. Der Verkauf erfolgte übrigens ausschließlich online über eine Verlosung. Link zur Whiskybase

Nase: Eine wunderbare Mischung aus maritimen Noten. Gischt, Strand, Seetang. Dazu Schinken, der nur sehr kurz im Rauch hing. Irgendwo drängt sich dann noch Frucht durch die Aromen. Birne, Apfel, Zitrone, Orange. Helle Schokoladen und Kaffeenoten. Salz und am Teesieb festgetrockneter Kräutertee.

Mund: Erst kurz sehr heiß und pfeffrig. Dann kommt etwas Rauch und Asche. Danach kommt eine Schicht mit Zitrusnoten. Lässt man ihn länger kreisen, so erreicht man irgendwann erdige, torfige Noten. Ein paar rote Früchte blitzen an der Zungenspitze vorbei. Der Tee wird eher zum Rauchtee.

Abgang: Schönes Spiel aus Süße und Bitterkeit. Die hellen Früchte sind auch zurück. Diesmal vielleicht eher ein wenig Richtung Aprikose oder Pfirsich. Der Tee ist auch immer wieder präsent, genauso wie Salz und generell die maritimen Noten.

Fazit: Wunderbarer Stoff. Komplex – für die Entdecker. Trinkbar – für den Dram mit Freunden. So soll das! 90/100

Festival jetzt immer digital?

Na wohl eher nicht. Da geht sicher vieles verloren. Aber ich denke die Verteilung der Flaschen über Onlinekanäle und die Veranstaltung von Onlinetastingsessions könnte schon Einfluss auf zukünftige Iterationen haben. Dabei können sich einige wohl noch ein wenig ins Zeug legen, andere haben das schon wirklich gut gemacht.

Ein Satz zur Fassauswahl noch. Ich bin positiv gestimmt wie groß die Bandbreite ist und wie unterschiedlich und lecker dabei das Ergebnis ist. Ich finde die Transparenz auch positiv. Selbst die Aussage “treated” ist für mich ein Schritt in die richtige Richtung. Denn es ist nun mal so: Die Fassvorbelegung bei Sherryfässern erfolgt meistens nur um den Whisky zu versorgen. Die Flüssigkeit darin wird nicht getrunken.
Ich bin aber auch genauso froh, dass eine ausschließliche Bourbon-Cask-Lagerungen dabei ist. Diese Kunst scheint zuweilen in Vergessenheit zu geraten. Sherry hier, Portwein da…

Die Abfüllungen, um jetzt noch mal zum Kern der Sache zurück zu kommen, waren wirklich von extrem hoher Qualität. Die sind zwar auch nicht billig, aber es war meiner Sensorik und meinem Geschmack nach nichts dabei, was nicht mindestens gut ist. Die meisten sind sogar sehr gut. Meine absoluten Favoriten drücken sich dabei nur über die Punkte aus. Schlußendlich ist das aber wohl eher eine technische Bewertung. Ich bin mir sicher an verschiedenen Tagen kann ich jeder Abfüllung den ersten Platz überlassen. Warum sich auch entscheiden, wenn man das Glück hat alle probieren zu dürfen?

Bilder: Eigene Anfertigung und freundliche Bereitstellung von Daniel L., Samples: Eigene Flaschen und ein privat gekauftes Sample