Newcomer (E)

Es haben sich wieder ein paar Frischlinge in meinem Regal angesammelt, die werden jetzt durch’s Dorf getrieben. Zwei aus der Speyside, zwei Insulaner und ein Hochländer.

Eine Buddel vom 2023er Roseisle

Roseisle 12 Jahre – Special Releases 2023

1st Fill Bourbon & Refill Fässer bis 28.02.2023 / 56,5%Vol. / Link zur Whiskybase

Roseisle ist ein für Single Malt-Verhältnisse Megaprojekt des Konzerns Diageo. Vierzehn Brennblasen können seit 2010 jährlich 10 Mio. Liter Alkohol produzieren und dabei so ziemlich jeden Stil von Diageos Destillerien imitieren, außer Talisker und Clynelish vielleicht. Dass es erst nach zwölf Jahren den ersten Output gibt, finde ich irgendwie löblich.

Nose: Frische Eichenfässer mit Vanille, hellen Äpfeln und Birnen machen den Anfang. Ein einzelner Karamell-Cookie wird von Pflaumenmus überschwemmt. Im Anschluss macht sich polierte Cognac-Stimmung breit. Auch gelber Pfirsich, Zitrone und Mango sind im Mix enthalten. (85)

Taste: Das fruchtige, kräftige Destillat hat viel vom Fassholz mitgenommen, frische Zitronen und treffen auf gestandene Tannine und ordentliche Gewürze. Vanille, feines Marzipan und Apfelstücke verteilen sich in der Backstube. (85)

Finish: Pfeffer und lebendiges Eichenholz begleiten eine gelungene Bourbonfassreifung auf ihren letzten Metern. Blanchierte Mandeln überall. Leicht grasig. (84)

Fazit: Ein solider Erstling. Zwar modern und clean bis konstruiert, das war von Diageo auch irgendwie zu erwarten. Aber ich bin heilfroh, dass man bei „normalen“ Bourbonfässern geblieben ist und sich sonstigen „besonderen“ Schnickschnack gespart hat.

Der Brennereikomplex Roseisle von der Straße aus gesehen
Ein Single Cask-Bottling von Ballindalloch

Ballindalloch 2016 – Cask 225

1st Fill Bourbon Barrel 28.04.2016 bis 20.05.2024 / 60,6%Vol. / Link zur Whiskybase

Mit nur 1% der Produktionskapazität von Roseisle stellt Ballindalloch einen Gegenentwurf zur Gigantomanie dar. Craft Whisky quasi, pro Woche werden etwa 15 Fässer mit New Make befüllt. Ein deutscher Onlineshop ließ eines dieser Fässer exklusiv abfüllen, 258 Flaschen waren das Ergebnis.

Nose: Eine angenehme Mischung aus Früchten, hauptsächlich Äpfel, und Bienenwachs empfängt einen. Eichenholz, Vanille und Karamell wirken hochwertig und hervorragend integriert. Etwas Wartezeit bringt diverse gelbe Früchte und verschiedene Melonensorten hervor. (86)

Taste: Das Aromenprofil ähnelt dem in der Nase sehr; Vanille und Bienenwachs haben einen stabilen Stand, die Eiche ist kräftiger und würziger, die Früchte erneut sehr gelb, jedoch auch leicht grün und weiß und sind außerdem mit einer belebenden Säure ausgestattet. (87)

Finish: Das Eichenholz hat den Malt immer mehr im Griff, Gewürze und Mandeln unterstützen. Ein Marzipangebäck und reichlich Wachs haften am Gaumen. Die Früchte halten sich eher dezent zurück, sind aber hie und da zu erspähen. (86)

Fazit: Am Besten gefällt mir dieser Ballindalloch nach ca. zwei Stunden im Glas, wenn der Alkohol schon etwas verdunstet ist, dann kommt er reifer rüber auf der Zunge und weniger offensiv. Die Zeit bis dahin lässt sich mit der zugänglichen, zugegeben nicht übermäßig komplexen aber dafür wohltuenden Nase gut überbrücken. Vielversprechend, diese Brennerei darf man zukünftig auf dem Schirm haben.

Die Harris-Brennerei verwendet eine charakteristische bauchig-klobige Flaschenform

The Hearach – First Release – Batch 6

85% American Oak + 11% Oloroso + 4% Fino Sherry Casks bis 2023 / 46%Vol. / Link zur Whiskybase

Auf der Isle of Harris destilliert seit 2015 die gleichnamige Brennerei. Diese Abfüllung besteht aus 5 bis 8 Jahre alten Whisky. Heaven Hill und Buffalo Trace haben die Fässer für den bourbonfassgelagerten Anteil dieses 12.026 Flaschen starken Batches beigesteuert.

Nose: Intensive Süße, der Sherry hat da natürlich seine Finger im Spiel, aber hauptsächlich sind es die ehemaligen Bourbonfässer, die mit Bananenmus und Honigeis um sich werfen. Das schottische Concerto-Malz wurde laut Brennerei im Schnitt auf 13,3 ppm geräuchert – kommt hin, schön dezent und ganz leicht speckig. Nach einigen Minuten mit Zitronengelee, Apfelkompott und Mango wird es ruhiger. (82)

Taste: Bananenoverkill mit vereinzelten Mangospots dazwischen. Asche und Gerstenmalz, geröstet und geräuchert, setzen sich fest. Ansonsten ist noch nicht viel los. Er wirkt unreif und jugendlich metallisch, aber immerhin der Alkohol ist angemessen integriert. (80)

Finish: Hier reihen sich Banane und Mango hinter dem Eichenholz und dem sanft aschig bis speckigen Gerstenmalz ein. Mandeln verbreiten ihren grasigen Flair. Insgesamt recht ausgewogen. (82)

Fazit: Die vielversprechende Frucht weckt Hoffnungen auf die zukünftigen Editionen von der Isle of Harris. Auch der Rauch wird mit fortschreitender Lagerzeit sein Potential immer mehr entfalten. In Sachen Trinkbarkeit löst diese Erstausgabe jedoch keinesfalls Freudensprünge aus.

Das Debütalbum von Ardnahoe kommt als Inhalt einer Glasflasche

Ardnahoe 5 Jahre – Inaugural Release

Bourbon- & Oloroso Sherryfässer bis 2024 / 50%Vol. / Link zur Whiskybase

Zwischen Bunnahabhain und Caol Ila hatte noch eine Brennerei Platz, also hat der unabhängige Abfüller Hunter Laing mal eben eine hingestellt. Seit 2018 wird gebrannt, natürlich mit einigem Peat-Influence. Hier das Erstlingswerk:

Nose: Räucherspeck und Ruß werden von süßem Sherry umhüllt. Datteln, Wachs und Gummi erscheinen auf der Bildfläche. Gelegentlich tropische Frucht, dann wird’s schön aromatisch mit Maracuja, Banane, Mango und Papaya. Sweet BBQ und viel mehr Salz als Rauch. (84)

Taste: Deutlich jünger als in der Nase, was sich vor allem an der leicht sprittigen Note als auch an der ungestümen Asche festmachen lässt. Sherry, Frucht und Salz versuchen, an ihrer Leistung anzuknüpfen was nicht ganz gelingt. Einzig der Sweet BBQ macht einen unerschütterlichen Eindruck. Die Eiche hat’s drauf, die trockenen Heftpflaster lösen bei mir wenig Begeisterung aus. (82)

Finish: Intensiv und wärmend, Rauch und Süße arbeiten hier wieder gut zusammen. Verkohltes Eichenholz mit weichem Ascherand. Hat einen maritimen Touch. (83)

Fazit: Nicht schlecht, wirklich nicht schlecht. Für einen so jungen Malt. Die Aromenstruktur ist mehr als solide, in ihrer Machart vielleicht etwas zu sehr gewollt, sprich konstruiert, doch man kann das Know-How erkennen, das dahintersteckt. Da reift was Interessantes heran auf Islay.

Ein kleiner Teil von Dornoch's Fass Nr. 35 ist da drin.

Dornoch 2017 – Cask 35

1st Fill Bourbon Octave 06.10.2017 bis 10.2023 / 55,8%Vol. / Link zur Whiskybase

Noch ein Bonus, den Tobias mir zugesteckt hat, hier geht’s zu seinem Review. Mittlerweile ist den Thompson-Brüdern die Garagenbrennerei zu klein geworden, daher wird derzeit ein größerer Nachfolger im Ort gebaut. 77 Halbliterflaschen konnten nach 6 Jahren aus dem Achtelfass gezogen werden.

Nose: Süßes Wachs und amerikanisches Eichenholz ergeben ein harmonisches Pärchen. Durch das kleine Octave kommt der Malt tatsächlich reifer rüber als vergleichbar alte Vertreter aus größeren Fässern. Viel Vanille und Karamell, aber auch Erdbeeren und gelbfleischiger Pfirsich und Maracuja. Hin und wieder Asche. (86)

Ein Blick ins Stillhouse von Dornoch

Taste: Pur gut trinkbar, was für eine Klasse von dem Jungspund. Kokosnüsse in rauen Mengen, dazu Eiche – das wirkt doch stellenweise wie ein alter Grain. Wachs, Erdbeeren und gelbes Obst, das alles findet sich wieder. Es schwenkt um in Richtung Mandeln und ein Aspekt, der mir bereits beim New Make aufgefallen ist: Die Farbe Grün; hier in Gestalt von Blättern und säuerlichen Früchten. (86)

Finish: Eine gute Dosis Eiche, versehen mit sanftem Rauch und grünen Früchten macht sich breit. Eine Blumenwiese im Sommerwind wird von Mandeln geflutet. (85)

Fazit: Schönes Ding. Die Reifung im Achtelfass zeigt seine Wirkung, das Destillat kann sich sich fruchtig und vielseitig präsentieren. Es kann sich durchaus lohnen, die Abfüllungen dieser Brennerei auf dem Radar zu haben.

Da ist mir jetzt vor allem der Ballindalloch im Geschmacksgedächtnis hängen geblieben. Der Dornoch hat auch wirklich was drauf, allerdings sind bei ersterem deutlich einfacher Einzelfassabfüllungen zu bekommen. Bin gespannt auf die Entwicklung von Roseisle, was wir da in Zukunft noch alles zu sehen bekommen. Die beiden Inselwhiskys konnten momentan noch keinen allzu positiven Eindruck hinterlassen, vielleicht läuft mir da aber in den nächsten Jahren noch eine interessante Edition über den Weg.

Mehr zu: Ardnahoe, Ballindalloch, Dornoch, Isle of Harris, Roseisle

Noch mehr Newcomer: A, B, C, D

Samples privat gekauft | Bilder eigenangefertigt (Brennereien) bzw. mit freundlicher Genehmigung der Whiskybase (Flaschen)