Newcomer (D)

Vorhang auf für ein paar neue Player am schottischen Whiskyhimmel! Die Branche lebt und es ist ja auch immer schön, wenn sich was tut. Mal sehen, welche Richtungen eingeschlagen werden, welche Entwicklungen ihren Lauf nehmen.

Eine Flasche Kingsbarns Doocot.

Kingsbarns Doocot

zu 90% in Bourbon Casks & zu 10% in STR Wine Barriques / 46%Vol. / Link zur Whiskybase

2014 schaffte sich der unabhängige Abfüller Wemyss mit der Kingsbarns Distillery in den Lowlands ein zweites Standbein. Deren bisherige Core-Range-Abfüllung ‘Dream to Dram’ soll durch den ‘Doocot’ ersetzt werden, die dafür verwendeten Fässer enthielten mindestens sieben Jahre alten Whisky.

Nose: Die Bourbonfässer wirken ziemlich frisch und mit Honig angereichert. Recht bald übernimmt eine Mischung aus Banane, hellem Eichenholz und Schokowaffeln das Kommando, Apfelkompott klammert sich fest. Der Wein macht sich durch einen rotbeerigen Unterton bemerkbar. (84)

Taste: Fruchtiger als in der Nase, vor allem gelbes Obst entfaltet sich. Daneben finden sich kräftige Aromen von Honig, schokoladigem Gerstenmalz und würzigem Eichenholz. Gaaanz leicht jung ist er noch. (83)

Finish: Lebendiges Eichenholz setzt Gewürze, Nüsse und Politur frei. Honig und süßes Malz auf der einen Seite, die Tannine auf der anderen, verbinden sich recht gut miteinander. Angenehm grasig ist er auch. (84)

Fazit: Auch, wenn ich den Eindruck habe, dass die Aromen hauptsächlich von den Fässern und deren Vorbelegung stammen und weniger vom Destillat selbst, so fühlt sich doch vieles ziemlich richtig an, bei diesem Malt. Stimmige und harmonische Aromenkonstellationen, sowie für sieben Jahre Reifezeit eine phänomenale Eiche. Eine signifikante Weiterentwicklung vom Dream to Dram, Kingsbarns darf man in Zukunft auf dem Schirm haben.

Ein 12-jähriger Ailsa Bay, abgefüllt von der Villa Konthor, einem deutschen Whiskyrestaurant.

Ailsa Bay 2010 VK

12 Jahre im 1st Fill Bourbon Barrel bis 2022 / 52,5%Vol. / kein Eintrag in der Whiskybase

Ebenfalls in den Lowlands liegt die Brennerei Ailsa Bay und das schon seit 2007. Als Standort wurde von Eigentümer William Grant & Sons (u.a. Glenfiddich, Balvenie, Girvan) der Platz unweit des Girvan-Komplexes ausgewählt, an dem sich vor langer Zeit die Ladyburn-Brennerei befunden hat. Gebaut wurde Ailsa Bay, unter anderem um dem hohen Bedarf an Balvenie zu begegnen, daher wurde die Form der acht Brennblasenpaare der der Pot Stills bei Balvenie nachempfunden. Trotz einer jährlichen Produktionskapazität von 12 Mio. Litern Rohbrand gibt es bislang nur wenige Single Malts auf dem Markt zu finden. Die Limburger Whisky Bar Villa Konthor hatte jedoch eine 12-jährige Abfüllung an ihrem Stand auf der Village-Messe 2023 in Nürnberg.

Nose: Ein leichter, unaufgeregter Lowlander. Heller Honig verweist in süßliche Gefilde, während sich im Hintergrund langsam kandierte Zitrusfrüchte herausschälen. Dank Karamell und grünem Apfel bleibt es auch lieblich, lediglich einige Haselnusskekse streuen würzigere Elemente ein. (83)

Taste: An dieser Stelle ist er nicht mehr so leicht. Da ist ordentlich Druck drauf, einerseits vom Alkohol, andererseits von Eichenholz und Gerstenmalz. Relativ bitter und würzig, in der Tat. Aber auch leicht schokoladig. Ein Apfel und gelber Zitrus gucken frech und fruchtig um die Ecke. Erneut die Nüsse. (80)

Finish: Angenehme Tannine und fein gemahlene Nelken kündigen das Eichenholz an. Ziemlich trocken und würzig, vor allem wenn man den Auftritt in der Nase zum Vergleich heranzieht. Ein paar getrocknete Apfelspalten dringen dann doch durch. Geschälte Mandeln versetzen zum Schluss noch in die grasigen Lowlands. (83)

Fazit: Die Erstbefüllung hat Eindruck hinterlassen, das Fassholz ebenfalls, stellenweise sogar einen Ticken zu viel. Die ganzen zwölf Jahre nimmt man ihm irgendwie nicht so ganz ab, dennoch handelt es sich um einen soliden Lowlander mit vielversprechenden Ansätzen.

Eine von 4.998 Flaschen aus dem ersten Finglassie-Batch von Rest & be Thankful

Finglassie 2017 RBTW

seit 01.2017 in Islay Whisky Casks mit einem Finish in Oloroso Sherry Butts bis 09.2022 / 46%Vol. / Link zur Whiskybase

Noch eine Destillerie aus den Lowlands: InchDairnie. Seit Ende 2015 sind die Brennblasen in Betrieb, man zeigt sich sehr experimentierfreudig, nutzt viele verschiedene Gerstensorten, außerdem Roggen und Hafer. Der Abfüller Rest & be Thankful Whisky Company konnte offenbar einige Fässer Single Malt ergattern und brachte diese unter dem Phantasienamen Finglassie auf den Markt. Für das vorliegende erste Batch reifte der Whisky zuerst in Fässern, die zuvor Whisky aus Islay enthielten, dann erfolgte ein Finish in sechs Sherry Butts.

Nose: Der Rauch enthält speckige und buttrige Noten, die sich kurz zu einem Karamellklecks im Nadelwald auftürmen, um dann in Kräuter und Pflaster zusammenzufallen. Der Oloroso hat einen dezenten, aber überaus ansprechenden Eindruck hinterlassen. Gibt man ihm etwas Zeit, belohnt er das mit Limette, Blütenhonig und Kaffee. (83)

Taste: Ein dichter Ascheteppich, permeabel nur für Kräuter und Gewürze, rußig wie in einer Räucherkammer. Vanille in rauen Mengen, dazu ist er leicht salzig und leicht speckig. Abgesehen davon spürt man nur noch eine süßliche Note. (80)

Finish: Es wird noch eindimensionaler. Außer erkaltender Holzkohle ist da nicht viel erwähnenswertes. Lediglich das ölige, vegetative Mundgefühl überrascht dann doch. (79)

Fazit: Hier sind seltsame Aromenkombinationen am Werk, leider nicht immer ganz konsistent. Immerhin kommt sein geringes Alter nicht so raus, er wirkt zum Beispiel nicht so jung wie der Wee Beastie von Ardbeg. Trotzdem benötigt dieses schwere Destillat noch einige Jahre, um bekömmlicher zu werden, aber ich bin sicher, dass das Potential dazu vorhanden ist.

Die beiden Brennblasen von Strathearn: Unten eine große Kugel, auf der ein kurzer Zylinder und darauf eine Zwiebelform sitzt. Von der Spitze der Zwiebel führt der geschwungene Lyne-Arm das Destillat in einen Kondensator.
Die beiden Stills von Strathearn
Eine Flasche Strathearn vom deutschen Abfüller Anam na h-Alba

Strathearn 2014 ANHA – Cask 58

10.06.2014 bis 10.2020 in einem French Oak Cask / 55,9%Vol. / Link zur Whiskybase

Von den Lowlands geht’s in die südlichen Higlands, zur Mikrobrennerei Strathearn. Seit 2013 in Betrieb und bereits 2019 von Douglas Laing aufgekauft. Wash Still und Spirit Still sind 800 Liter bzw. 400 Liter klein und haben eine Form, die man eher in der Champagne verorten würde: Alambic. Auch die Fässer sind klein, denn das Quarter Cask Nr. 58 ergab nur 48 Flaschen. Abgefüllt wurde es von Anam na h-Alba.

Nose: Keks und polierte Eiche versprühen einen Hauch von gebrannter Mandel. Eine zarte Mischung aus Cognac und Rotwein zieht eine Menge beschwipster Früchte nach sich, Pfirsich, Orange, Aprikose, Pflaume… zwischen Vanille und Gewürzen finden sich Hinweise auf Rauch. Nougat, yesss! (87)

Taste: Ein faszinierendes Tauziehen zwischen staubtrockenem Eichenholz und saftigen, in Alkohol eingelegten Obststückchen. Zimt und gemahlene Nelke auf der einen Seite, triefende Aprikose und leicht säuerliches Pflaumenfleisch auf der anderen. Mittendrin Walnuss und Nougat. Ein Windstoß fegt kalte Asche aus dem Kamin, raus auf die grob behauenen Steinfließen. (85)

Finish: Fest im Griff des trockenen Eichenholzes, ein Grenzgang im gerade noch angenehmen Bereich. Gewürze und alte Nüsse fachen das Revival von Nougat und Rauch an. Die Früchte sind fast verschwunden, dennoch wirkt alles recht ausgewogen. (87)

Fazit: Viel Zeit und ein paar Tropfen Wasser – et voilà! Was für ein Spirit, was für ein Fass! Auch, wenn das Gesamtpaket stellenweise noch etwas künstlich und jugendlich rüberkommt, bin ich mega gespannt, was wir von dieser Brennerei in Zukunft noch zu sehen und trinken bekommen. Btw, gibt’s dieses Jahr ‘nen 10-Jährigen?

Eine Flasche schottischer Rye von Arbikie, dieses Batch wurde in 2022 abgefüllt.
Flasche Nummer 808 von 2.490. Laut Label wurden die Getreidesorten Bono Rye, Leeds Wheat sowie Concerto Malted Barley verwendet

Arbikie Batch:22

New Charred American Oak bis 2022 / 48%Vol. / Link zur Whiskybase

Eine junge Farmbrennerei in den östlichen Highlands, die Gin Wodka, Single Malt und Rye produziert. Dieses Batch wurde aus selbst angebautem Roggen, Weizen und gemälzter Gerste auf einer Column Still gebrannt, auf der Flasche steht ‘Single Grain Scotch Whisky’, da sich die SWA mit dem Begriff ‘Rye’ noch schwer tut. Den ersten Single Malt von Arbikie dürfen wir im Übrigen nicht vor 2029 erwarten.

Nose: Roggenflocken stehen fest, aber nicht aufdringlich im Glas. Honig und schwarzer Tee sind von brotigen Gewürzen durchwirkt, namentlich Koriander, Nelke und Piment. Muscovado und Vanillezucker geben verlockende Akzente zum Besten. (83)

Taste: Roggen und brauner Zucker halten Würze und süße in Balance. Zimt und Honig verhalten sich ähnlich. Der Weizen blitzt kurz auf. Volumen hat er und für sein junges Alter ist der Alkohol bereits relativ gut eingebunden. (81)

Finish: Trotz des aromatischen Honigs recht trocken, was an den gut entwickelten Roggenaromen liegt. Auch hier kommt ein wenig Weizen an die Oberfläche. Mit seiner süffigen und harmonischen Art weckt er Durst auf einen zweiten Schluck. (82)

Fazit: Völlig überteuert, aus Übersee bekommt man einen vergleichbar guten Rye für nicht mal die Hälfte des Preises. Trotzdem hat dieser Arbikie auch vielversprechende Ansätze und wer weiß, was in zehn bis fünfzehn Jahren aus dieser Farm kommen wird.

Mit zunehmenden Alter werden die Neulinge immer besser, ist mein Eindruck. Dann wird hoffentlich auch immer seltener auf farb- und geschmackinjizierende Finishes verzichtet. Strathearn macht das in diesem Zusammenhang ganz geschickt, denn in den kleinen Fässer reift der Whisky schneller. Brennereien wie Arbikie, InchDairnie und Bruichladdich werden mit ihrem Rye zwar die Grain-Ecke bereichern, aber für mich persönlich werden die Ausflüge dorthin selten bleiben.

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Samples privat gekauft, vielen Dank an Michael für den fantastischen Strathearn | Bilder eigenangefertigt bzw. mit freundlicher Genehmigung der Whiskybase