Drams in der Tram

Der Nürnberger Whiskystammtisch lädt nicht nur regelmässig zu Tastings im Turm des Spittlertorzwingers in der Nürnberger Burgmauer ein. Auch Open Air Tastings oder auch Fahrten in der historischen Tram stehen auf dem Programm. Am vergangenen Samstag (28.05.2022) war eine solche Fahrt dran. Bei bestem Wetter sind Christian und ich nach Nürnberg geradelt und haben uns im historischen Straßenbahndepot in das Abenteuer gestürzt. Da ich mich natürlich vor allem der Fahrt und den Gesprächen mit den anderen Gästen gewidmet habe sind die Notes heute etwas kürzer. Dafür gibt es etwas mehr Bilder.

Glenmorangie 13-year-old Barrel Select Release 

Eine Flasche Glenmorangie 13-year-old Cognac Cask Finish

Nach einer kleinen Runde über den Hauptbahnhof und zum Plärrer geht es los mit der ersten Verkostung. Ein Barrel Select Release von Glenmorangie. 46% stark mit einem Finish in Cognac Fässern. Die Flaschenzahl ist dabei unbekannt. Link zur Whiskybase

Nase: Eine weiche vollreife Birne. Ein Stück Kuchen noch warm. Dazu ein Calvados. Es kommt eine süße Variante von Senfgurken mit Dill dazu.

Mund: Lemoncurd wird über einen Ingwerkuchen gepinselt. Recht intensiv für diese Alkoholstärke. Dann kommt doch einiges an Fass und Holz.

Abgang: Cashewmehl, leicht metallisch, süßlich in Richtung Sirup. Holz kommt auch zurück und dann wird es trocken.

Fazit: Selten finde ich eine Originalabfüllung besser als die Base das so sieht. In diesem Fall sogar deutlich. Das mag verschiedene Gründe haben. Ich vermute es liegt auch daran, dass ich den ersten Dram aus der Flasche eingeschenkte bekommen habe. Direkt nach deren Öffnung. Die Holznoten, die und er Base stark kritisiert werden habe ich damit noch nicht voll abbekommen. Und so war der Mix an Aromen wirklich schön! 88/100

Glen Moray 2006

Eine Flasche Glen Moray 2006handabgefüllt in der Destillerie

Bei einem kurzen Zwischenstop kommt dann der zweite Dram ins Glas. Bei der ganzen Schaukelei und aus Sicherheitsgründen geht das natürlich nur wenn die Bahn steht. Diesmal ist ein Glen Moray dran. 2006 ins Fass und dann 2018 handabgefüllt in der Destillerie wieder raus. Die Reifung erfolgte in einem Chenin Blanc Fass und abgefüllt wurde in fassstarken 51,0%. Link zur Whiskybase

Nase: Eine wunderschöne süße Nase mit Plätzchen und Toffee und Werthers Echte. Dazu ein kleines Glas Traubensaft

Mund: Würzig und trocken geht es weiter. Hier kommt dann deutlich Vanille dazu, das bringt die Süßigkeiten dann eher in Richtung Gebäck. Dazu grüne Früchte und die fleischigen Aromen, die man von Glen Moray ja kennt.

Abgang: Die Trauben sind wieder da. Jetzt eher Schalen oder fast schon Trester. Es wird dabei auch nochmal trockener. Grapefruit kommt dazu. Kekse ersetzen das Gebäck. Auch wenn er noch zu den höchsten Alkoholstärken gehört, der Mund ist leicht betäubt.

Fazit: Auch sehr lecker. Ein Griff ins Süßigkeitenfach in Kombination mit etwas herberen Fruchtnoten. Was mich auch noch fasziniert hat ist die Farbe. Für ein Weißweinfass ist das schon sehr dunkel. 87/100

Undisclosed Distillery (Orkney) 2003 – Alistair Walker Whisky Company

Eine Flasche Highland Park 18 von Alistair Walker

Bei unserem etwas längeren Stop am Wegfeld kam der nächste Dram ins Glas. Ein wenig sperrig ist der Titel. Man kann es vereinfachen: Ein Highland Park aus Alistair Walkers Serie Infrequent Flyers. Abgefüllt nach 18 Jahren mit einem Finish im Ruby Port Cask. 312 Flaschen mit 53,4% gibt es. Link zur Whiskybase

Nase: Süße dunkle und rote Früchte, die sicher das Portfass in den Whisky eingebracht hat. Für mich dominant sind vor allem Johannisbeeren und Brombeeren. Dazu kommt, etwas überraschen, eine laktische Note. Ich würde sagen Richtung Quark.

Mund: Zusammen mit den Früchten, die gefühlt in dickem süßen Sirup ertränkt wurden, kommen jetzt Kräuter dazu. Beziehungsweise eher Kräuterbonbon. Der Moment wenn man das angelutschte Bonbon dann durchbeißt und die Füllung langsam rausquillt

Abgang; Es änder sich nicht nicht mehr viel. Rote Früchte, Beeren, viel Süße.

Fazit: In der Base schreibt jemand “zum Glück dominiert das Portfass nicht”. Dem kann ich mich nicht anschließen. Der HP ist Trägermasse für ein Port Finish. Es ist bis auf die Kräuter ist da nichts mehr vorhanden. Und auch diese sind nicht typisch, sondern eher süßlich. 85/100

Glenfarclas 2011

Eine Flasche Glenfarclas 2011

Weiter gehts und wir stoppen im Nürnberger Norden um einen Glenfarclas aus 2011 ins Glas zu bekommen. Abgefüllt mit 60,2% für Kirsch Import in 2021 aus einer unbekannten Zahl an Oloroso Sherry Casks. Link zur Whiskybase

Nase: Deutlich alkoholisch, sehr deutlich. Das ist kein Wunder bei der Alkoholstärke. Dazu kommt Suppe und Brühe. Wenn ich es positiv formulieren würde: Er ist sehr würzig.

Mund: So geht es dann auch weiter: Wärmend, würzig, säuerlich. Dazu kommt noch etwas Kraut. Ungewöhnlich, aber weniger schlimm als es sich vielleicht anhört. 

Abgang: Der Mundraum ist mittlerweile taub. Der Alkohol ist nicht gut genug eingebunden. Dazu kommt wieder die Suppe. Erstmalig kommen fruchtigere Sherrynoten dazu. Vor allem Schwarzbeeren.

Fazit: Das ist nicht wirklich meine Welt. Kein schlechter Whisky, aber die Art der Würze ist eher nichts für mich. Wasser macht ihn übrigens sehr süß. 84/100

Caol Ila 2012 – The Whisky Cellar

Eine Flasche Caol Ila 8-year-old von The Whisky Cellar

Wie das so üblich ist bei Tastings: Zum Ende hin kommen die torfigen Gesellen. Hier in der Tram war es nicht anders. Ein Caol Ila von The Whisky Cellar. Über acht Jahre gereift im Bourbon und Madeirafass. Abgefüllt wurde mit 56,2% in 201 Flaschen. Link zur Whiskybase

Nase: Sehr viel Teer. Eher schon Teeeeeer! Dazu noch ein dicker, fast schon stoffiger Rauch und eine endlose Sirupsüße. Während andere die Nase rümpften und ein wenig überrascht waren hab ich mich gefreut. Die Abwechslung ist gelungen. 

Mund: Es geht weiter wie durch die Nase erwartet. Rauch, Teer und es kommt, für Caol Ila nicht ganz untypisch, auch noch Asche dazu. Die schwere Süße bekommt einen fruchtigen Unterton.

Abgang; Es geht vor allem Süß weiter. Torf ersetzt jetzt Rauch und Teer. Dann ist da noch etwas ungewöhnliches. Tomate. Oder sogar Ketchup. Spannend.

Fazit: Ja ich gebe zu, der ist schon eher fordernd. Ich find ihn aber schön. Hat mir sehr viel Spaß gemacht. Mehr als anderen Teilnehmern der Fahrt, dafür war der Glenfarclas nix für mich. So ist es eben manchmal. 87/100

Port Charlotte 2004 – Cumbrae Supply Company

Eine Flasche Port Charlotte 2004 von Cumbrae Supply

Passend zum laufenden Feis Ile Festival ist der letzte Dram auf dem Weg zum Plärrer auf noch auf Islay beheimatet. Ein Port Charlotte Private Cask abgefüllt durch Cumbrae Supply für einen 18ten Geburtstag. Scheint so ein Ding zu sein, ich hatte auch schonmal ein Schwesterfass zur Abiturprüfung im Glas. Wenn mich nicht alles täuscht ging auch noch der Rest von diesem Fass in ein Sherry Octave und wurde dann von den Whiskyfreunden Essenheim abgefüllt. Ok, genug generded: 10 Jahre, fresh Bourbon Barrel, 58,3%, 166 Flaschen. Link zur Whiskybase

Nase: Nach dem Monster von CI ist hier erstmal Konzentration gefragt. Die Noten sind weit weniger intensiv. Wildblumen, Rauch und Kuhstall verbinden sich über Öle mit hellen Früchten. 

Mund: Honigsüß umspült es Blumen und helle Früchte. Das ist fast intensiver als die rauchigen und würzigen Aromen.  

Abgang: Ein paar Bitterstoffe geben den Startschuss nach dem Schlucken. Dann kommt erstmalig dass typische PC Aroma, das ich immer als “Gummi” bezeichne. Die gelben Früchte werden jetzt alle zu Birnen.

Fazit: Sehr gute Balance. Ich glaube der wäre perfekt, wenn man bis zum 22 Geburtstag von Annika gewartet hätte. 88/100

Gute Fahrt!

Eine wirklich gute Fahrt. Am Plärrer sind dann viele ausgestiegen, um noch weiter in ein Irish Pub zu ziehen. Wir haben uns wieder zum Depot bringen lassen und auch das war nochmal ein spannender Abschluss der Fahrt. Wir mussten mehrfach den Wagen wechseln, es wurde rückwärts rangiert und das ganze mit wirklich wenig technischen Helferlein. Wirklich ausserordentlich diesen anspruchsvollen Job mal live zu erleben.
Und die Whisky? Nun, da war viel schönes dabei. Vielleicht kein Überflieger, das wäre aber auch unpassend gewesen. Das Highlight war ja die Fahrt und die Drams “nur” eine tolle Begleitung. Eine sehr schöne Idee von Christian hier mitzufahren. Ein besonderer Dank geht auch an Dirk, der die gesamte Organisation und Verkostung in der Tram gemacht hat.

Mehr zu: Whiskystammtisch Nürnberg, Historisches Straßenbahndepot Nürnberg, Glenmorangie, Glen Moray, Undisclosed Islands, Highland Park, Glenfarclas, Caol Ila, Bruichladdich & Port Charlotte
Bilder: Eigene Anfertigung
Samples: Kostenpflichtiges Tasting des Whiskystammtisch

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