Alter erkennen…
In einem der Foren, in dem ich unterwegs bin, wurde ein lustiges Experiment gestartet. Eine Flaschenteilung mit gemeinsamer Verkostung. Der Twist daran: Das Ganze erfolgt im Wesentlichen blind und die Teilnehmer versuchen das Alter und die Alkoholstärke zu erraten. Da wollte ich natürlich mitmachen. Zuerst ging es um Glenrothes aus dem Sherryfass, in der zweiten Runde dann um Caol Ila aus dem Bourbonfass. Für die Rothes war das Alter bekannt, nur die Zuordnung musste selbst gemacht werden. Bei den Caol Ila war nur die Range bekannt (3-10, 11-20, 21-30). Im Folgenden findet ihr meine Eindrücke aus dem Blindtasting und wie ich die Drams einschätze und unter „Die Auflösung“ jeweils die gewohnten Infos, inkl. Bild und dem gewohnten Link zur Whiskybase.
Glenrothes 1
Nase: Alkoholisch, leicht süßlich. Vanille. Leicht floral und auch Orangen sind da. Leicht erdig, etwas Tabak. Der Alkohol geht über in deutlich scharfe Noten. Ein Ingwer-Menthol-Gemisch.
Mund: Vanilleplunder mit künstlichem Fruchtaroma (Orange). Dann kommt eine Sherryschwere und Zuckersirup. Ein paar erste Bitterstoffe zeigen sich. Im Gegensatz zur alkoholgeschwängerten Nase ist das eher mild.
Abgang: Und schwups ist er weg. Da bleibt nicht viel übrig. Ein Hauch von dem was er vorher schon angezeigt hat noch. Nach einiger Zeit kommt etwas Wärme zurück. In der zweiten Runde war das schon deutlich besser. Da kommt eine spannende Gummi-Schwefel-Note im Abgang raus und die Säure von den Orangen lässt die Zunge nachhaltig bitzeln..
Fazit: Nicht fürchterlich gut, nicht fürchterlich schlecht. Die Nase macht es am Anfang schwer, der Abgang zum teils irgendwie auch. 85/100
Mein Tipp: Eher einer der beiden jüngeren und die Alkoholstärke würde ich nicht zu hoch sehen, auch wenn einen die Nase anspringt. -> 51,5% und 13 Jahre
Glenrothes 2008 Alambique Classique
Wahres Alter: 13
Wahre Alkoholstärke: 61,8%
Sherry Barrel
Link zur Whiskybase
Glenrothes 2
Nase: Reife rote Beeren, leicht geschwefelt. Nach einem Moment dann Eukalyptus und Minze. Zedernrinde. Orangenwasser.
Mund: Vanille, ein helles Fruchtmus mit Chili, Orangen, dazwischen ein wenig leichter Tabak und helle Schokolade.
Abgang: Ein Ingwer-Orange-Salz-Keks zum Milchkaffee. Dann wird er wunderbar trocken. Vanille ist auch noch da und ein paar Rosinen dazu.
Fazit: Besser. Ich finde den Alkohol gut eingebunden, die Aromen sind zwar teilweise wild, es gibt aber ein gutes Bild. Der Abgang macht mir Spaß. 88/100
Mein Tipp: Die Alkoholstärke scheint mir höher, wenn auch besser eingebunden. Ich denke das ist einer der beiden älteren -> 54,3% und 19 Jahre
Glenrothes 1996 The Vintage Malt Whisky Co Ltd.
Wahres Alter: 19
Wahre Alkoholstärke: 53,3%
American Oak, Sherry Cask Finish
Link zur Whiskybase
Glenrothes 3
Nase: Erstkontakt: Der schreit mich an: Jung, aufbrausend, alkoholisch. Da darf er einen kurzen Moment im Glas warten. Ich lass mich nicht gerne anschreien 😉 New Make Birne vermischt sich langsam mit Vanille und dezenten Sherryaromen. Der Alkohol bleibt die Dominante. Nach weiteren 5 Minuten wird es besser, aber immer noch nicht gut. Ein wenig Schwefel durchzieht das Gemisch.
Mund: Eine deutliche Süße, ein fettes Gebäck würde ich sagen. Dazu Orange und ganz wenig Sherry. Zwischendrin immer wieder mal einiges an Holz.
Abgang: Süß und salzig. Das Gebäck ist auch wieder da. Die Länge ist nicht überragend, aber es kommt doch immer wieder mal ein wenig Sherry ums Eck. Das fand ich nett.
Fazit: Sehr komisch. Die Nase war am Anfang fürchterlich und später dann nicht gut. im Mund ist das hingegen durchaus schön, der Abgang irgendwie Durchschnitt. Ein Wechselbad. 86/100
Mein Tipp: Wenn die Nase New Make schreit und der Taste gereift. Steht man dann in der Mitte? Auf jeden Fall ist da Alk am Start. -> 60,7% und 9 Jahre
Glenrothes 2012 Duncan Taylor
Wahres Alter: 9
Wahre Alkoholstärke: 54,8%
Sherry Cask
Link zur Whiskybase
Glenrothes 4
Nase: Auch hier wieder viel Alkohol und eine gewisse Schärfe. Pfeffer, Nelken und auch etwas Rauch. Wenn sich das alles gelegt hat, dann geht es langsam Richtung Sherry. Mit Schokolade und einer deutlichen Süße.
Mund: Eine brutale Süße mit Vanillekipfler, Kirschwasser und ganz leichten Holz- und Erde-Zwischennoten.
Abgang: Die kirschige Süße geht jetzt eher in eine bittere Variante über. Mon Chéri Style. Nur mit leckerem Schnaps drin. Dazu auch etwas Malzbonbons und Orangenschale.
Fazit: Wenn die zeitweise Off-Note in der Nase nicht wäre, dann hätten wir hier einen klaren Sieger! Das war aber leider nicht wegriechbar. 88/100
Mein Tipp: Ich denke das ist der älteste. Die Aromengruppen wollen mich irgendwie davon überzeugen. -> 56,2%, und 23 Jahre
Glenrothes 1997 Whiskybroker
Wahres Alter: 23
Wahre Alkoholstärke: 54,8%
Sherry Butt und Oloroso Sherry Butt
Link zur Whiskybase
Caol Ila 1: Kafka am Strand
Nase: Dampfender Torf, Seetang, Alkohol ist durch einen leichten Stich und der Nase merkbar. Muscheln mit etwas Zitronensaft darüber. Nach einiger Zeit ohne Abdeckung auf dem Glas wird es sehr viel weniger intensiv. Geht dann eher in Richtung Kuhstall.
Mund: Salz und Zitronen, Muscheln, Seetang. Ein Hauch Bananen, Kokos und Ananas. Rauch und Torf sind da aber zurückhaltend. Ein wenig Pfeffer und viel Wärme deuten den Alkohol an.
Abgang: Sehr viel Torf, weit mehr als ich bei CI normalerweise erwarten würde. Salz, Zitrone und Vanille sind dabei. Süßlich und trocken geht es dann dem Ende zu. Bitterstoffe sind eher im Zaum, wenn was kommt dann in Richtung Milchkaffee.
Fazit: Das ist lecker und es gibt nichts auszusetzen. Den Strand kann ich bei der Namensgebung des Teilers. Was Kafka damit zu tun hat… hm? Der Verschollene? Muss zugeben, ich bin nicht so der Kafka-Profi. 88/100
Mein Tipp: Sicher nicht der Jüngste im Bund, aber auch nicht der älteste. Der Alkohol ist zwar gut integriert aber nicht wenig. -> 57,8% und 17 Jahre
Caol Ila 1982 A.D. Rattray
Wahres Alter: 25
Wahre Alkoholstärke: 62,5%
Bourbon Cask
Link zur Whiskybase
Caol Ila 2: After Dark
Nase: Süßlicher und junger Torf kommt angeflogen. Dazu Seetang und Tonkabohnen. Alkohol ist eher zurückhaltend. Vanille wird mit der Zeit dominant.
Mund: Salz und Pfeffer, Ingwer. Alkohol durchzieht den Mund. Bringt Birne mit sich. Der Torf wird komplett unterdrückt. Der Mund wird taub, wenn man ihn lang genug kreisen lässt.
Abgang: Verschiedene Pfeffer (auch Szechuan), Minze, Sägespäne und Gewürze bilden den Abschluss. Relativ trocken ist er dabei und kann kaum von der leichten Honigsüße gekontert werden. Der junge Peat ist noch da, aber nicht mehr mit großer Präsenz.
Fazit: Das ist nicht so meins. Tumult im Glas und im Mund. Der Abgang ist dann eher Krieg. Was daran „After Dark“ ist erschießt sich mir nicht. Sollte man vielleicht nicht im Hellen trinken, weil er ziemlich knallt? 82/100
Mein Tipp: Der kommt mir jünger vor und mit hohem Alkoholgehalt. Nicht gerade New Make, aber in der jüngsten Kategorie. -> 62,4% und 9 Jahre.
Caol Ila 2002 Gordon & MacPhail
Wahres Alter: 16
Wahre Alkoholstärke: 53,6%
1st Fill Bourbon Barrel
Link zur Whiskybase
Caol Ila 3: Mr. Aufziehvogel
Nase: Intensive Noten von Seetang und Torf stehen ziemlich alleine da. Etwas Erde oder Lehm vielleicht noch, aber das war es.
Mund: Schärfe und Süße, zusammen mit etwas Menthol. Salz und Zitronen sind auch am Start. Ein Hauch Vanille. Der Torf ist irgendwie weg.
Abgang: Nussig, süßlich und mit Birne geht es dem Ende zu. Salz ist auch noch dazwischen. Torf oder Rauch eher nicht.
Fazit: Auch der ist für mich nicht top, aber dennoch deutlich schöner. Auch hier hab ich wieder keine Ahnung was der Name mit dem Whisky zu tun hat. 86/100
Mein Tipp: Schwierig. Ich finde ein paar sehr junge Eindrücke, aber einer gewissen Logik folgend müsste das der älteste Caol Ila sein. Was dafür spricht: Die Torf- und Rauchnoten sind bei Taste und Abgang ziemlich weit weg. Das könnte durch lange Lagerung erzeugt werden. -> 52% und 24 Jahre.
Caol Ila 2011 Elixir Distillers
Wahres Alter: 9
Wahre Alkoholstärke: 59,5%
Bourbon Hogshead
Link zur Whiskybase
Kein Plan und trotzdem viel Spaß
Natürlich hatte ich einige Dinge Richtung und in passende Richtungen gedacht. Ich will aber nicht behaupten, dass es nicht viel Zufall und gefährliches Halbwissen war. Eine tolle Erfahrung und ein Antrieb noch mehr und noch tiefer einzutauchen. Lieben Dank an die Organisatoren und Beteiligten. Das war großartig!
Mehr zu: Glenrothes und Caol Ila
Bilder: Titel: Photo by Josh Calabrese on Unsplash Flaschen: Freundliche Überlassung der Whiskybase
Samples: Privat gekauft
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.