Campbeltown, view-from the ocean bright daylight, sun is shining, style of Rubens by DALL·E

Campbeltowning (3)

Ein Ausflug an die Küste im Süden Schottlands in die Stadt mit dem aktuell größten Whisky-Hype: Campbeltown. Die Preise sind und bleiben weiterhin verrückt, wobei ich das Gefühl habe langsam stabilisiert sich der überhitzte Markt. Egal, darum soll es nicht gehen, sondern um den guten Stoff im Glas. Heute je drei recht aktuelle Springbank und Kilkerran.

Springbank 10-year-old Local Barley 2021

Eine Flasche Springbank 10-year-old
 Local Barley von 2021

Weihnachten 2021 gab es eine weitere Abfüllung der berühmten Local Barley Reihe. Diese sollte eigentlich längst beendet sein, nimmt aber tatsächlich kein Ende. Ist auch eine Gelddruckmaschine, wenn man so will. Die Mitarbeiter bei Springbank sind angeblich nicht so begeistert über die Abfüllung, denn die Belgravia Gerste von der Glencraigs Farm scheint schwer zu verarbeiten. Diese Instanz ist ausschließlich in Bourbon Casks gereift und wurde mit 51,6% in 15000 (!) Flaschen abgefüllt. Link zur Whiskybase

Nase: Eine hohe Mineralität, begleitet von Wachs und Zitrusfrüchten. Vor allem Grapefruit, Orange und Zitrone. Dazu kommt eine Note von welken Blumen, mit salzigen und brackigen Noten. Echter Rauch oder dergleichen ist für mich nicht zu vernehmen.

Mund: Eine cremige Textur, mit etwas Vanille und Honig macht den Start. Dann wird es etwas würziger, leicht pfeffrig und mit viel Säure. Dann kommen fruchtige Zitronen und Salz. Irgendwie auch Trauben. Etwas Milchkaffee.

Abgang: Mit dem geht es dann auch gleich weiter, etwas Milchschokolade kommt dazu. Das Wachs und die Zitronen sind wieder da. Die Bitterstoffe werden mehr. Die Länge ist ok.

Fazit: Nicht verkehrt, allerdings mit wenig Springbank Funk. Die Nase ist zuweilen recht speziell. Insgesamt ein sehr solider Dram aber nichts was wirklichen Hype rechtfertig. 87/100

Springbank 11-year-old Local Barley 2022

Eine Flasche Springbank 10-year-old
 Local Barley von 2022

Die Local Barley Iteration von 2022. Bzw. 2023, wenn man den Aufschlag im Markt betrachten möchte. Er ist elf Jahre alt und weilte in 55% Sherry, 35 % Bourbon und 10 % Rum Casks. 15000 (!) Flaschen wurden mit 55,1% abgefüllt. Die Verfügbarkeit im Markt wurde durch die Masse an Flaschen aber irgendwie nicht besser. Link zur Whiskybase

Nase: Melasse, Rübenzucker und vergorene Ananas. Ein Salatkopf und frisch gemahlener Pfeffer. Erde und Staub mit Vanille dazwischen. Mit der Zeit wird es zitrusfruchtig. Auch ein paar Apfelspalten schmuggeln sich dazwischen. Sie sind in Kokosbutter ausgelassen.

Mund: Der erste Eindruck ist fruchtig. Südfrüchte, vor allem Orange. Kurz blitzt Tabak und Rosine auf. Dann kommt ein wenig Schärfe dazu, bevor es dann erstmalig ein wenig Campbeltownfunk in den Vordergrund schafft. Gleichzeitig kommt Schokolade, eher dunkel, Getreidekaffee und etwas Eiche dazu.

Abgang: Das ist dann auch das erste Thema im Abgang. Cremige Schokolade, ein paar vereinzelte Kaffeebohnen und arabische Gewürze. Dazu kommt dann Salz und generell etwas Mineralität. Auch Kokosspäne sind dabei. Mit der Zeit sind wieder Zitrusnoten da. Was bleibt ist ein leichtes Zwicken zwischen Gaumen und Nase und ein cremiges Mundgefühl. Schwer zu beschreiben.

Fazit: Ein wirklich leckerer Whisky, alleine etwas zu wenig Springbank. Ohne Vorwissen hätte ich hin und her gerätselt und wäre wahrscheinlich letztlich nicht beim Local Barley gelandet. Im Gegensatz zum 2021er würde ich sagen: Besser Dram aber noch weniger Springbank. Gleiche Punkte. 87/100

Hazelburn 2010

Eine Flasche Hazelburn 2010

Wenn wir uns schon in den Springbank Sepcial Releases ergehen, dann darf gerne auch ein Hazelburn dabei sein. Dieses Jahr, also wieder abgefüllt Ende 2022, gibt es einen 12 Jahre alten Oloroso gereiften. Der Batch mit knapp 50% hat 9000 Flaschen umfasst. Link zur Whiskybase

Nase: Im ersten Moment ist die süße Würze des Olorosofasses präsent. Doch es dauert nur einen Moment, da ist dann plötzlich mehr Campbeltown-Funk da als bei den letzten beiden Local Barley Abfüllungen zusammen. Lustig, denn dafür ist Hazelburn wohl als letztes bekannt. Dazu ein Spiegel aus flüssigem Puderzucker. Dazwischen eine Zimtstange und eine Vanilleschote. Auch Pflaumen, Trauben, Feigen.

Mund: Würzig geht auch im Taste los. Da ist Brühe und Tabak und auch Leder. Koriander, Maggiekraut, Estragon. Dann wieder eine Süße, gezähmt durch die Würze aber sicher nicht versteckt. Bitterstoffe kommen auf. Etwas Kaffee, Trauben und Kerne, eine schokolierte Waffel. Ein Hauch Apfel.

Abgang: Kaffee und Brühe sind noch da, jetzt deutlich milder. Süßliche Fruchtreduktionen und gleichzeitig Tabak und Leder. Das ist wie immer eine schöne Kombination. In der Länge sind zermahlene Fruchtkerne und ein wenig Honig übrig.

Fazit: Auch wenn ich immer noch die Bourbon Hazelburn am meisten mag: Das hier ist wirklich gut. Ich freue mich, dass ich eine Flasche davon teilen konnte. Und ehrlich gesagt: Der hat mehr Hype verdient als die Local Barley. Aber besser noch: Trinkt das Zeug, ihr habt es euch verdient! 89/100

Kilkerran 2009 – Cadenhead

Eine Flasche Kilkerran 2009 von Cadenhead

Ein 11 Jahre alter Kilkerran abgefüllt 2021 von Cadenhead in der Authentic Collection. Die Flasche hat damals 75 Euro gekostet. Nur grob ein Jahr später undenkbar. Das Bourbon Barrel enthielt 204 Flaschen mit 56,5% Link zur Whiskybase

Nase: Kurz zwickt es in der Nase. Dann kommt eine schöne Kombination aus Kiesel, Kalk und Kamille. Außerdem Vanille und mit der Zeit wabert die obligatorische etwas dreckige Note aus dem Glas. Von manchen auch genannt “Motoröl”. Insgesamt verbindet sich das zu einer medizinischen Note. Sehr spezielle Medizin.

Mund: Wieder Kamille. Lässt sich gut kauen. Außerdem unendliche Zitronen, gut eingebundener Torf. Muschelkalk, auch Fisch vom Grill. Dazwischen auch mal ein paar andere Fruchtnoten, eher undefiniert aber eine schöne Abwechslung.

Abgang: Die dezente Vanille auf der Zitrone ist einfach geil. Dazu Salz und wieder Fisch. Auch wieder Kamille, es wird aber dezenter. Und ich finde etwas Wachs. Er verbleibt eine Zeit lang und ist dabei auch ein wenig betäubend im Mundraum.

Fazit: Ich weiß das ist mitunter ein wilder Ritt, Kilkerran ist vielleicht nicht für jede*n. Aber definitiv für mich. Der bleibende Eindruck, die klar Struktur und die einzigartigen Noten sind genau mein Ding. 89/100

Kilkerran 08-year-old Batch 8

Eine Flasche Kilkerran 08-year-old Batch 8

Der achte Batch Kilkerran 08-year-old. Diesmal wieder aus Bourbon Casks. Abgefüllt wurde mit 55,8%, eine Batchgröße gibt uns die Glengyle Distillery leider nicht. Link zur Whiskybase

Nase: Direkt eine Nase voll Funk. Diverse Öle, von der Traube bis zum Motor, alles dabei. Dazu Mineralität, gelbe und auch grüne Früchte. Kiwi, Äpfel, Trauben, Birnen, Pfirsich. Das ganze umwickelt mit Seetang. Irgendwo im Hintergrund wird Vanillegebäck vorbereitet um die Früchte aufzunehmen.

Mund: Die Früchte wurden zermatscht und aufgesprittet. Danach eingedickt und in das Gebäck gefüllt. Zerriebene Kerne bringen Bitterstoffe. Alles fühlt sich sehr grün an. Das führt dann bis hin zu frisch gepresstem Olivenöl, mit Limettenabrieb über Austern und Gurke.

Abgang: Am Ende ist es eine süßliche Melange aus Motoröl und Fruchtkompott garniert mit etwas Vanille. Auch fleischige Noten sind am Start. Dabei ist es weit weniger verrückt als das jetzt vielleicht klingt.

Fazit: Das ist ein verrückter Whisky. Aber ich liebe das. Für mich ein Showcase was schottischer Whisky auch sein kann und dabei voll auf meiner Linie. Schönes Ding! 90/100

Kilkerran 08-year-old Batch 9

Eine Flasche Kilkerran 08-year-old Batch 8

Zum Schluß dann noch Batch 9 der Kilkerran 08-year-old, welches gleichzeitig mit dem Batch 8 rauskam. Das Bottling wurde in Sherry Casks gereift und ist 57,5% stark. Eine Anzahl gibt es auch hier nicht. Link zur Whiskybase

Nase: Eine hohe Intensität und viel “Ungewöhnliches” und ungewöhnliche Kompositionen. Gurke, Dill, Erde, Vanille, Weizenkorn. Generell viel New Make Feeling. Nach einiger Zeit wird die Süße dichter und gleichzeitig kommt eine gewisse Schärfe auf.

Mund: Weiterhin salzig und süß. Zum Gurkenwasser gesellt sich nun der Sherry. Würzig, trocken, mit Dörrobst, ein wenig Jod und hochwertige Pflanzenöle. Damit kommen dann auch ein paar dezente Bitterstoffe. Dann kommen auch noch einige grüne Früchte mit dazu.

Abgang: Würzig und leicht schwefelig. Gleichzeitig mit Honig und etwas Salz. Spricht viele bis alle Geschmacksnerven auf der Zunge an. Auch ein wenig Vanille ist noch mit dabei, zusammen mit etwas Espresso und Salzwasser aus einer Auster. Gespickt mit Rosinen und anderem Dörrobst.

Fazit: Es ist wirklich faszinierend. Wo die Bourbon-Abfüllung alle meine Knöpfe drückt ist hier wirklich ein wenig Abwehr in mir. Dabei ist das qualitativ sicher um keinen Deut schlechter als der Batch 8. Ich komme aber deutlich schlechter damit klar (auf einem sehr hohen Niveau) 86/100

Für alle was dabei

Ein schöner Flight mit sehr unterschiedlichen und qualitativ hochwertigen Drams. Ich bin mir ziemlich sicher, so wie die beiden Kilkerran aus den Bourbon Casks alle meine Knöpfe drücken findet sich bei jeder der Abfüllungen jemand. Hoffentlich werden möglichst viele davon wirklich geöffnet, es wäre schade drum wenn nicht.

Mehr zu: Glengyle, Springbank
Bilder: Titel: Generated by DALL·E, Prompt: Campbeltown, view-from the ocean bright daylight, sun is shining, style of Rubens by | Flaschen: Eigene Anfertigung und freundliche Überlassung der Whiskybase
Samples: Eigene Flaschen und privat gekauft