Relicts of St. Magdalene
Die Brennerei St. Magdalene wurde in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhundert in Linlithgow gegründet, einem Städtchen zwischen Edinburgh und Glasgow. Der Standort war strategisch günstig gewählt, lag er doch direkt neben einer Eisenbahnlinie und auch die Wasserversorgung war durch den Union Canal und eine eigene, künstliche Quelle gesichert. Bis ins 20. Jahrhundert hinein war St. Magdalene in Familienbesitz, doch nach dem Konkurs in 1912 folgte der Verkauf an die Distillers Company Ltd.. Diese war es dann auch, welche die Brennerei in 1983 für immer schlossen. Höchste Zeit, herauszufinden, weshalb Tobias diese St. Magdalene so gerne mag!
Old Mull Fine Scotch Whisky JHCL
Eichenfässer / ?%Vol. / Link zur Whiskybase
Tatsächlich war fast die gesamte Produktion für die Blending-Industrie gedacht. Dementsprechend gibt’s zum Einstieg einen alten Blend, welcher laut Etikett Whisky von St. Magdalene enthält. In den Verkehr gebracht wohl irgendwann in den 1960ern von der John Hopkins & Co. Ltd..
Nose: Mild, fast delikat. Vanille(-gebäck), Honig und Eichenholzwürze wechseln sich ab. Staubiges Wachs, Nüsse und Anflüge von Trockenfrucht bezeugen, dass es sich um eine wirklich sehr alte Abfüllung handelt. Apfel und Blütenpollen verstärken diesen Eindruck. (86)
Taste: Geschmeidiger Honig, sehr facettenreich, geht von wachsig über vollmundig süß und sämig bis hin zu grasig. Gerstenhalme und würziges, tanninbehaftetes Eichenholz bilden ein stabiles Fundament. Vanille und Nüsse bauen das Ganze noch ein wenig aus. (86)
Finish: Trocken, würzig, nussig, grasig und vanillig – das Eichenholz hinterlässt vielfältige Nuancen. Die Tannine fügen sich ebenfalls sehr gut ein, süßer Honig fungiert als Gegenpart. Zum Ende hin wird es wieder angenehm wachsig. (86)
Fazit: Konstant lecker, nix zwickt. Einer dieser Old School-Whiskys, die man in rauen Mengen wegschlabbern könnte. Ein paar zusätzliche Akzente hätten ihm sicherlich gut zu Gesicht gestanden, aber nach über 50 Jahren in der Flasche wirkt wahrscheinlich jeder ein bisschen mitgenommen.
St. Magdalene 1982 BR Cask 2199
26 Jahre im Eichenfass bis 2008 / 46,0%Vol. / Link zur Whiskybase
Einige unabhängige Abfüller haben es geschafft Fässer von St. Magdalene abzuzweigen. Gut so, denn ansonsten wäre es noch schwieriger, einen Dram aus dieser Brennerei probieren zu können. Dieser hier geht auf’s Haus von Berry Bros. & Rudd.
Nose: Eine harmonische Komposition aus Vanille, Apfeltaschen und dickem Wachs. Anklänge von Gras und Salz kündigen den Auftritt von Eiche und sanftem Zimt an. Vom Wachs ist inzwischen Honig abgetropft und mit ihm tropische Früchte. (88)
Taste: Genauso geht es weiter, mit Honig, Vanille und exotischer Frucht. Dabei hat der Malt auch einiges an Gewicht und Volumen. Ausgeprägte Gewürze und Nüsse wurden mit einer Prise Salz verfeinert. Mit dem Eichenholz kommen auch wieder eine knackige Grasigkeit sowie zartes Wachs. (89)
Finish: Warm und würzig, lebendig und kantig. Nüsse vermengen sich mit mineralischen und grasigen Tönen. Die trockene Eiche wird von honigartigen Elementen flankiert. Viel Wachs und ganz wenig Salz winken zum Abschied. (90)
Fazit: Ein fantastisches Profil, unterhaltsam und sehr vielseitig, aber alles passt zusammen. Spätestens jetzt weiß ich, warum Tobias diesen Abfüllungen so hinterherjagt.
Linlithgow 1982 SV Cask 2202
Wine treated Butt, 05.10.1982 bis 15.06.2011 / 63,1%Vol. / Link zur Whiskybase
Zu Beginn ihrer Geschichte war St. Magdalene noch als Linlithgow bekannt. Dieser Name findet sich zwei Jahrhunderte später noch auf den Etiketten einiger Abfüllungen. Inwiefern Namensrechte hier eine Rolle spielen, ist mir nicht bekannt. Im Rahmen ihrer Cask Strength Collection hat Signatory Vintage dieses Einzelfass in 351 Flaschen gefüllt.
Nose: Präsentes Eichenfass, das Holz treibt reiche Gewürze, Vanille-Biskuit und etwas Wachs vor sich her. Langsam arbeitet sich eine süßliche, rotbeerige Frucht heraus und setzt sich fest; Johannis-, Preisel- & Erdbeere. Orange auch. Tannennadeln versetzen in eine würzige-harzige Stimmung. (87)
Taste: Kräftig, die 63% sind gut aushaltbar. Erneut schiebt das Eichenholz die Aromen vor sich her, vielschichtige Gewürze – vor allem Kardamom und Zimt sind herausragend – und Vanille. In der fruchtigen Ebene merkt man das Erbe des tanninhaltigen Rotweines. Dann wird es wieder grüner, Nadelblätter und Nüsse breiten sich aus. Ölig-salzige Viskosität bietet ein zusätzliches Element. (88)
Finish: Der Gaumen ist jetzt schon ein bisschen betäubt. Gewürze und Eiche toben sich aus. Nüsse und angenehme Tannine werden von etwas Honig flankiert. Nach einer Minute wird es wachsig. (86)
Fazit: Den Einfluss des Weines würde ich durchaus als positiv bewerten, nichts umwerfendes, aber solide. Der hohe Alkoholgehalt hat kraftvolle Aromen zur Folge, bringt den Malt auch nicht aus dem Gleichgewicht.
St. Magdalene 1981 GM
Eichenfässer bis 1999 / 40%Vol. / Link zur Whiskybase
Auch Gordon & MacPhail konnten einige Fässer ergattern. Anders als bei SV schien jedoch die Reduktion auf Trinkstärke das Mittel der Wahl zu sein, um diese Malts in Szene zu setzen.
Nose: Vanille und Biskuit, die Gewürze kommen sehr fein daher – waren wohl Refillfässer. Daher hat das Destillat auch viel Spielraum, neben Wachs kommen auch grasige Facetten zur Geltung. Ölig-mineralische Schwaden steigen auf. Allmählich spitzen dann auch Birnen und andere helle Früchte heraus. (85)
Taste: Weiches, wachsiges Mundgefühl, typisch für diese alten Map Label-Abfüllungen. Zimt, Ingwer und Kardamom zeigen die Mitarbeit des Fasses an. Eine belebende Frische fällt auf, es wird auch wieder grasig und mineralisch. Fast ein bisschen wie Diesel. (85)
Finish: Nicht sehr intensiv aber vielfältig. Gras und Nüsse haben viele Anteile, während Gewürze und schokoladige Tannine ineinander übergehen. Darüber liegen Mineralien und Nuancen von Rauch. (85)
Fazit: Da wäre mehr drin gewesen, die Trinkstärke verhindert größeres. Charakter ist trotzdem vorhanden, darüber hinaus ist er gut trinkbar, an der Grenze zu Süffigkeit.
St. Magdalene 1980 GM Centenary Reserve
Eichenfässer bis 1996 / 40%Vol. / Link zur Whiskybase
Sein hundertjähriges Bestehen feierte Gordon & MacPhail unter anderem mit dieser Abfüllung. Den hausinternen Bottlecodes nach wurden einige Flaschen bereits 1995 abgefüllt, andere erst in 1996.
Nose: Frisch und grasig, das wandert von Schafgarbe über Zitronengras bis hin zu Zitronenabrieb. Mit etwas Vanille und Hefeteig, sowie Honig und schokoüberzogenen Nüsse geht’s ab in die Backstube. Nach einigen Mineralien und Salzen melden sich auch weiße Klaräpfel. (85)
Taste: Auch hier ausgesprochen grasig erstmal. Nüsse, die Mineralien und der Hefeteig unterstützen diesen Eindruck, erst der süße Honig bringt da einen Kontrapunkt rein. Das Eichenholz zeigt sich am Rande, bei den Äpfeln und Zitronen ist es genauso. (84)
Finish: Diverse Nüsse, die Eichenholzwürze kommt jetzt mal etwas mehr aus sich heraus. Hinterlässt ein grasiges, leicht süßlich wachsiges Mundgefühl. Darin tummeln sich Salz, Mineralien und wieder die Frühäpfel. (85)
Fazit: Aufgrund der Trinkstärke spielt sich vieles auf einer subtilen Ebene ab, dennoch kann der milde Malt durch Vielschichtigkeit punkten. Es empfiehlt sich, große Schlucke zu nehmen.
Linlithgow 1975 SV Cask 96/3/37
Eichenfass 02.06.1975 bis 12.01.2004 / 48,1%Vol. / Link zur Whiskybase
Zu guter Letzt noch eine Edition von Signatory Vintage. Ein Einzelfass in Fassstärke, der Output betrug 308 Flaschen.
Nose: Die Aromen präsentieren sich nuancenreich, sind aber schwer zu fassen. Pendelt von Salz zu Honig, von Mineralien zu Zitronen, zwischen Diesel und Apfel. Das Eichenholz entfaltet sich, bringt außer einer spannenden Gewürzmischung auch Nüsse und Vanille. Von Zeit zu Zeit wachsig, tropisch. (89)
Taste: Ordentlich würzig, die Eiche zeigt, was sie kann. Nüsse, Vanille und feine Tannine inklusive. Dazu schwingen Bienenwachs, Salz und ein exotischer Fruchtkorb zu einer vieltönigen Harmonie aus. Gras und Diesel fügen Facetten von lebendiger Frische hinzu. (90)
Finish: Nüsse, Gras und Kräuter verharren zwischen Zimt und zartbitterem Eichenholz. Orangen wirken im Hintergrund, das Salz drängt sich eher nach vorne. Zum Schluss wartet Wachs. (90)
Fazit: In der Nase ist der Alkohol tendenziell noch etwas forsch, im weiteren Verlauf zeigt er sich dann besser eingebunden. Definitiv ein einprägsames Erlebnis, dank einiger Kanten wird es nie langweilig. Mehr davon!
Zum Zeitpunkt der Schließung waren je zwei Spirit und Wash Stills in Betrieb, die Produktionskapazität konnte je nach Auslastung über eine Millionen Liter pro Jahr betragen. Wirklich schade, dass uns so wenig davon erhalten geblieben ist. Einige der alten Brennereigebäude stehen noch, sie wurden in den 1990ern in Wohnungen umrenoviert. Man erkennt sie heute nach wie vor an den charakteristischen Pagodendächern.
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Samples privat gekauft | Bilder mit freundlicher Genehmigung der Whiskybase
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