Cognac meets Malts
Die Whiskyindustrie lechzt ja nach geradezu nach Holzfässern, um ihren New Make darin zur Reife gelangen zu lassen. Und wir Genießer können froh sein, dass dem amerikanischen Bourbon per Gesetz auferlegt ist, dass er ausschließlich in neuen, zuvor unbelegten, Eichenholzfässern heranreifen muss. Denn der Löwenanteil der Bourbonproduktion wird gleich nach den vorgeschriebenen zwei Jahren Lagerzeit in Flaschen umgefüllt, wodurch haufenweise leere, für die Bourbonherstellung unbrauchbare, Fässer frei werden und die Schotten erweisen sich da als dankbare Abnehmer. Denn es ist schwierig, Fässer kostengünstiger zu bekommen. Zwar wird bei anderen Spirituosen ebenfalls auf eine Holzfassreifung gesetzt – etwa bei Rum, Cognac oder Armagnac – jedoch spricht hier nichts gegen eine Mehrfachnutzung der Fässer, bis diese irgendwann ausgelaugt oder defekt sind. Deswegen finden nur wenige Rumfässer etc. den Weg nach Schottland. Und deswegen feiert die Seasoning-Methode, bei der Fässer z.B. mit Pseudosherry gepimpt werden, Hochkonjunktur; weil es eine wirtschaftliche Möglichkeit darstellt, die vom Markt geforderten Fässer in ausreichender Menge zu beschaffen. Gelegentlich, sei es durch gute Geschäftsbeziehungen, durch Synergien in einem Spirituosengroßkonzern oder eben durch Seasoning, kann eine Whiskybrennerei ihren New Make doch auch in ehemalige Cognacfässer füllen. Die Zahl der von Cognac assistierten Single Malts ist überschaubar, vier davon habe ich mir zu Gemüte geführt:
Glen Moray 2014 Cask 5107
6 Jahre im Cognac Cask bis 2021 / 58,9%Vol. / Link zur Whiskybase
Den Anfang macht eine mutmaßliche Vollreifung, sechs Jahre lang konnte der Cognac auf den Malt wirken. Wurde in der Brennerei von Hand abgefüllt.
Nose: Extrem cremiger Blütenhonig und… Apfelmost. Passt, auf schräge Art; eine Balanceakt zwischen Süße und Säure. Erstaunlich geschmeidig für nur sechs Jahre und knapp sechzig Umdrehungen. Dann und wann ein Hauch Anis, Salz oder auch Hefe. (84)
Taste: Eine Weiterführung des Geruchs. Nur würziger, das Eichenholz kommt deutlicher raus; dazu ein metallischer Touch. Der Honig tritt zugunsten des traubenfruchtigen Cognacs ein wenig zurück. (82)
Finish: Auch hier geben sich Honig und Apfel die Klinke in die Hand. Nussiges Eichenholz, Mineralien und Hefe bemühen sich um Auflockerung der unreifen Umgebung. Es bleibt ein fleischiges Mundgefühl, welches Lust auf mehr auslöst. (84)
Fazit: Ein bemerkenswerter, untypischer Bursche. Erst war ich versucht, ihn als eindimensional abzustempeln, als lustlose Kombination aus jungem Malt, der mit jungem Cognac nicht so recht zusammenpassen will. Doch je länger die Aromen „dastehen“, desto mehr Facetten entdeckt man und auf einmal… ist er richtig lecker.
Tomatin 2008 French Collection No. 4
Gebrannt am 16.05.2008, von 11.2018 bis 29.03.2021 in Cognac Casks / 46,0%Vol. / Link zur Whiskybase
In 2021 brachte Tomatin die ‚French Collection‘ heraus, vier 12-jährige Malts, welche in vier verschiedenen Fassarten französischen Ursprungs gefinished worden sind. Die vierte Edition hat die Cognacfässer verpasst bekommen, für ca. 28 Monate.
Nose: Süß, bienenwabig und gelb, hier vermischen sich typische Bourbon- und frische Cognacnoten. Für gewisse Zeit wird man von Apfel-Ananas-Kuchen und Zimt unterhalten, dann jedoch intervenieren unharmonische Malz- und Eichenholzaromen. (80)
Taste: Sprittig, flaches Gerstenmalz und billiger Vanilleersatz; auch viel flüssiger Honig vermag das nicht zu überdecken. Die Gewürze machen eine gute Figur, doch bittere und saure Akzente machen weniger Spaß. (76)
Finish: Vanille, Honig und Banane – auch hier haben gelbe, Bourbon-stämmige Aromen einen Auftritt, wirken allerdings künstlich. Der Sprit verfolgt einen. Das Malz macht seine Sache keineswegs besser und auch das süße Wachs kann nicht mehr so punkten. Würzige Nüsse stellen einen Lichtblick dar. (74)
Fazit: Oje, Satz mit x. Ich habe den Eindruck, dass versucht worden ist, einen schlecht entwickelten Malt „gesund zu finishen“. Das Cognacfass war mit dieser Aufgabe überfordert, daher sollte man als Genießer das Ergebnis links liegenlassen.
The Singleton of Glendullan 19 Jahre Diageo SR 2021
Refill American Oak seit 2001, Cognac Finish bis 2021 / 54,6%Vol. / Link zur Whiskybase
Aus der 2021er Special Release-Serie von Diageo stammt dieser Glendullan. Die Dauer des Finishes ist (mir) nicht bekannt.
Nose: Dem Tomatin sehr ähnlich, was das Zusammenspiel von Bourbon- und Cognacreifung betrifft. Nur der höhere Alkoholgehalt macht sich bemerkbar; dafür macht das Eichenholz seine Sache besser. Die Frucht hat auch hier viele gelbe Facetten, wie Ananas und Banane, aber auch Holunder kann man entdecken. (85)
Taste: Blütenhonig mit reichlich Gewürzen, Vanille und malzigem Biskuit. Poliertes Eichenholz wird von Banane und Ananas begleitet. Saure und herbe Akzente sind auch hier vorhanden. (83)
Finish: Eichenholz steuert viele Gewürze bei, die Stimmung ist trocken, aber leider auch recht herb. Neben dem Wachs ringen noch gelbe und grüne Fruchtaromen um Aufmerksamkeit. (84)
Fazit: Auch der Glendullan hat mit dem Finish zu kämpfen, hat es aber deutlich besser vertragen, als der Tomatin. Das Gelbe vom Ei ist es trotzdem nicht. Die vereinzelten grünen Töne lassen schöne Erinnerungen an Littlemill wach werden.
Fettercairn 23 Jahre
Bourbon & Coganc Casks bis 2020 / 48,5%Vol. / Link zur Whiskybase
Alte Fettercairn sind bei mir immer gern gesehen. Wie lange und auf welche Weise die Cognacfässer beteiligt waren, konnte ich nicht herausfinden.
Nose: Orange, Aprikose und Apfel strömen aus dem Glas und schafft eine fruchtig-süße Atmosphäre. Würziges Eichenholz lässt das Alter zu Tragen kommen, dazu etwas Schokolade. Vanille, wachsiger Honig und Marzipan – dieser Malt versetzt einen in eine Pâtisserie. (86)
Taste: Äpfel und viel würziges Gerstenmalz, dicht gefolgt von grasgrünen Littlemill-Aromen par excellence. Wachs und Bitterschokolade schwärmen aus, dann wird’s nussig mit Kokos und Mandeln. (87)
Finish: Herb, warm und würzig. Das Wachs hat einen letzten, aber langen Auftritt. Einige Mandeln und ein gelber Bourbonhauch melden sich. Dann wächst Gras über die Sache. (87)
Fazit: 23 Jahre zeigen Wirkung; man merkt deutlich, wie – im Gegensatz zu den vorhergehenden, jüngeren Malts – die Einflüsse des Cognacs sich mit dem Whisky harmonisiert haben. Das Ergebnis ist wesentlich vielseitiger und runder.
Bertrand Heritage Serie N° 001
Ein Single Estate Cognac aus dem Hause Bertrand in der Petite Champagne. Die Bestandteile sind mindestens 50 Jahre alt und kamen mit 49,2%Vol. in die Flasche.
Nose: Kristalline Süße von Wabenhonig, dazu fette Frucht: helle Rosinen, getrocknete Aprikosen und Birnen, Pflaumenmus. Kaffee- und Schokobohnen formen das Fundament, das alles zusammenhält. Garniert mit feinen, nussigen Gewürzen, mündet der Weinbrand in Zirbenlikör. (87)
Taste: Die Trockenfrüchte tummeln sich in Hülle und Fülle. Vanillesauce und Schokolade forcieren die Cremigkeit, doch auch das würzige Eichenholz zieht etwas an. Leder, Tabak und Kaffee unterstützen die Frucht und verbreiten Tannine und Tiefe. (87)
Finish: Die Töne werden rauer, grobes Eichenholz geht Hand in Hand mit einigen Streichhölzern. Die Rosinen sind etwas schüchterner und entfalten sich langsam, aber nachhaltig. Tabak, Haselnüsse und Honig versuchen, den Abschied etwas harmonischer zu gestalten. (84)
Fazit: Ein druckvoller Cognac, der sicher nicht mit Eindrücken geizt, aber es noch nicht ganz versteht, diese als rundes Bild zu präsentieren. Trotzdem ist er sehr lecker und gut zu trinken, er verlangt nicht nach viel Aufmerksamkeit.
Wie verhältnismäßig es ist, einen so alten Cognac für diese Verkostungsreihe auszuwählen, sei mal dahingestellt, in jedem Fall war er eine willkommene Abwechslung. Andererseits werden von den Whiskybrennereien aber auch keine Angaben über die Natur der verwendeten Cognacfässer gemacht, sodass hier von Seasoning mit zweijährigem Cognac bis hin zu ausrangierten Uraltfässern alles möglich zu sein scheint. Falls hier jemand über mehr Hintergrundwissen bezüglich des Fassmanagements und der Verknüpfungen zwischen der Whisky- und der Cognacindustrie verfügt, so freue ich mich jederzeit über Infos.
Insgesamt ist mein Eindruck, dass es für Master Blender sehr schwierig ist, Scotch und Cognac zu vereinen. Die Vollreifung des Glen Moray ist ein Erlebnis für sich. Die beiden Finishes waren von Ungleichgewichten geprägt, wobei diese beim Glendullan, womöglich aufgrund dessen höheren Alters und dem dadurch verbundenen höheren Gewicht des Malts, sanfter ausfallen. Beim Fettercairn wiederum erscheint mir die Balance am gelungensten, vielleicht konnte man hier durch eine geeignete Komposition von Bourbon- und Cognacfässer das Endergebnis vergleichsweise besser steuern. Zudem wird der Faktor Zeit ebenfalls eine entscheidende Rolle gespielt haben. Alles in Allem werden Cognac-beeinflusste Schotten, mit gewissen Abstrichen, weiterhin auf meinem Radar bleiben.
Samples privat gekauft | Bilder mit freundlicher Genehmigung von Mike und der Whiskybase
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