18-jährige Standards aus der zweiten Reihe

So manch eine Standardabfüllung erklimmt derzeit in pekuniärer Hinsicht neue Sphären, da kann sich eine Expedition abseits der Publikumslieblinge durchaus lohnen.

Eine Flasche Speyburn 18 Jahre, Sonderabfüllung im Namen des Distillery Managers Bobby Anderson.

Speyburn 18 Jahre

Spanische Sherryfässer & amerikanische Bourbonfässer bis 2018 / 46,0%Vol. / Link zur Whiskybase

Um die 18 Dienstjahre von Bobby Anderson als Service Distillery Manager bei Speyburn zu würdigen, wurde diese 9.000 Flaschen starke Edition herausgebracht. Eine Vermählung von Ex-Sherry- und Ex-Bourbon-Fässern.

Nose: Der Sherry ist gleich vorne dran und bringt unter anderem eine spritzige, süße Ladung Orangen mit, fast schon wie Geleebonbons. Doch er ist nicht nur reich an Früchten, auch Gewürze und etwas Eichenholz spielen eine Hauptrolle. Schokolade mit Zuckerreif, Sojasauce… tatsächlich eine funky Mischung. (85)

Taste: Die Früchte des Sherrys und die Gewürze der Eiche sind eng verwoben. Es ist ein schöner schokoladiger Schmelz vorhanden, auch mit einigen Tanninen vom Fassholz. Die süße Frucht ist, wie bei der Nase, nicht nur von Trockenobst geprägt, sondern auch von Marmelade und Zitrusfrüchten. Der Alkohol schiebt etwas an. (84)

Finish: Wieder diese Weihnachtsgewürze und Schokolade. Das hat schon was sehr wärmendes. Nüsse kommen auch zum Vorschein, Zitrus- und Trockenfrüchte sind gekonnt integriert. Das Eichenholz transportiert einzwei Spuren zu viel Bitterstoffe für meinen Geschmack. (84)

Fazit: Der Reifegrad ist angemessen für 18 Jahre Lagerzeit, da ist schon viel Gutes dabei. Vor allem die Gewürzpalette gefällt mir. Qualitativ ist er grundsolide, aber so ganz kommt der Malt nicht aus sich heraus.

Eine Flasche An Cnoc 18 Jahre.

An Cnoc 18 Jahre

Europäische Sherryfässer & amerikanische Bourbonfässer / 46,0%Vol. / Link zur Whiskybase

Wenn von ‘An Cnoc’ die Rede ist, meint man Single Malt aus der in der Speyside gelegenen Brennerei Knockdhu. Eine 18-jährige Version gibt es standardmäßig seit 2014, hier habe ich einen aktuelleren Jahrgang im Glas.

Nose: Blumiger Sherry, neben fruchtigen Orangen werden auch getrocknete Aprikosen und Pflaumen präsentiert. Zimt und Nelken betonen die würzige Seite des Malts, Biskuit und Hefezopf die malzige. Mit Bienenwaben wird’s wachsig, es finden sich aber auch salzige Komponenten. (87)

Taste: Saftige Orangen und Zartbitterschokolade werden von ausgereiften Eichenholzgewürzen untermalt. Der Sherry ist nicht so vielseitig, aber klasse dosiert, die Relationen zwischen den Aromen stimmen. Ölig-wachsige Textur, Nüsse und erdiger Mokka sind darin gut aufgehoben. (85)

Finish: Ah, da ist sie, diese wachsige Altherrenmischung aus Zartbitterschokolade, Nüssen, politurbehandeltem Leder, feinen Gewürzen und Sherry. Wirkt alt. Und leicht salzig. (86)

Fazit: Ein Klassiker für den Ledersessel am Kamin. Hat was von Old school.

Eine Flasche Deanston 18 Jahre, neue Version mit weißem Label.

Deanston 18 Jahre

1st Fill Bourbon Casks / 46,3%Vol. / Link zur Whiskybase

Ab geht’s in die südlichen Highlands. Dieser Deanston reifte in erstbefüllten ehemaligen Bourbonfässern. Bei der früheren Version (die mit dem braunen Label) wurde die Reifung noch als ‘1st Fill Bourbon Finish’ angegeben, es ist also gut möglich, dass hier ebenfalls ein Finish vorliegt.

Nose: Honig mit viel Wachs, der Bourbon macht den Malt sehr ‘gelb’. Die Frucht tummelt sich irgendwo zwischen kandierter Zitrone, Banane, Apfel und Orange. Dazu gibt’s die charakteristische, feine Würze des amerikanischen Eichenholzes. Vanille und Hefeteig runden das Ganze ab. (86)

Taste: Immer noch gelb und wachsig-süß, aber auch deutlich malziger und würziger. Ein salziges, mineralisches Momentum schleicht sich ein, welches mit Zartbitterschokolade und herben Zitrusfrüchten ordentlich Platz in Anspruch nimmt. Eine Union aus Tabak, Kaffeepulver, Ingwer und Vanille halten dagegen. (84)

Finish: Süßes Gerstenmalz und wachsiger Honig versuchen eine bittere Zündholznote zu überdecken, was offensichtlich nicht ganz gelingt. Das schaffen erst die vereinten Kräfte von Nelke, Zimt und Mandel. Vanille und Hefeteig kommen in mehreren Wellen. (84)

Fazit: Die alte Version hab’ ich wesentlich fruchtiger in Erinnerung, diese hier ist immerhin nicht so alkoholgetrieben. Insgesamt noch ein anständiger 18-jähriger Standard, ein Sample reicht allerdings, für mehr fehlt mir das gewisse Etwas.

Eine Flasche Glen Scotia 18 Jahre.

Glen Scotia 18 Jahre

American Oak, Finished in Oloroso Sherry Casks / 46,0%Vol. / Link zur Whiskybase

Der 18-jährige Glen Scotia ist seit 2017 im Kernsortiment. Bin gespannt, welche Spuren das Finish in Oloroso Sherryfässern hinterlassen hat.

Nose: Ein Schlagabtausch von mineralischer Würze und der Süße von cremigem Karamell mit Honig. Der Oloroso kommt ein wenig durch, nussig mit Orange und Rosine. Sanfte Anklänge von Salzlake und Rauch, bevor noch leckerer Zwetschgen-Kirsch-Datschi hinzustößt. (87)

Taste: Heu und geröstetes Gerstenmalz werden ausgebreitet. Salzige Gewürze und herbe Orangen sind von einer dezenten Rauchnoten umhüllt. Recht trocken und kaum süß, dafür sorgen auch das Eichenholz, Ingwer und Tabak. Kaffee löst erdige und dreckige Assoziationen aus. (84)

Finish: Der Fokus liegt auf dem Eichenholz: Pfeffrige Würze und schokoladige Bitterkeit vereinen sich mit grasigen Elementen und Nüssen. Gerstenmalz und Schießpulver folgen, mit Karamell und Orange ist auch eine Kleinigkeit Süße vertreten. (84)

Fazit: Dieser Hauch von Rauch hat was, eine bereichernde Facette. Wie 18 Jahre wirkt dieser Campbeltowner jetzt nicht und die dreckigen Offbeats sind etwas gewöhnungsbedürftig. Auf keinen Fall ein alltägliches Aromenprofil, dem man aber durchaus was abgewinnen kann.

Eine Flasche Old Pulteney 18 Jahre. Die Flaschenform erinnert an eine Pot Still.

Old Pulteney 18 Jahre

2nd Fill Bourbon Casks, Finished in 1st Fill Oloroso Sherry Butts / 46,0%Vol. / Link zur Whiskybase

Von Campbeltown hoch in die nördlichen Highlands, auch der 18 Jahre alte Pulteney hat ein Finish im Olorosofass abbekommen. Diese Version ist seit 2018 auf dem Markt.

Nose: Der Oloroso ist tatsächlich als solcher identifizierbar; nussig mit gesalzenen Backpflaumen und Orangen. Nach einer Weile macht sich gediegene Eichenholzwürze bemerkbar. Karamell und Mokka… der Malt bleibt auch mit etwas Wartezeit tendenziell kompakt und geradlinig. (85)

Taste: Beginnt mit prägnanter Orange in Salz und Karamell, geht dann über in schokoladige Gerste. Ölig ist er, mit Zimt und Nelke, auch ein wenig Mandelmus hat Platz. Sehr ausgewogen zwischen Süße, Säure und Würze. (87)

Finish: Zartbitterschokolade mit sanften Gewürzen und Gerstenmalz haben ein einnehmendes Wesen. Der Sherry hat auch Anteil, viel Salz und Karamell dazu. Mit Anklängen von Tabak und Honig geht es dann langsam dem Ende zu. (86)

Fazit: Nach dem schüchternen Anfang legt er eindrucksvoll los. Stellenweise ist er schon ein bisschen konstruiert, aber das hält sich zum Glück in Grenzen. Das Finish dominiert die Bourbonfässer definitiv.

Ein Überflieger war da nicht dabei, aber auch keinesfalls ein Ausreißer nach unten. Aber darum geht es ja auch bei Standards, für alles andere gibt es Single Casks und Sonderabfüllungen.

Samples privat gekauft | Bilder mit freundlicher Genehmigung der Whiskybase