Altes Zeugs (V)
Über die Feiertage hat sich mir die Gelegenheit ergeben, querbeet ein paar alte Sachen zu schnabulieren und zusammenhanglos zu verbloggen:
Inchgower 1976 FC – Cask 9886
18 Jahre im Eichenfass seit dem 24.09.1976 / 46%Vol. / Link zur Whiskybase
Hinter den unscheinbaren First Cask-Labels steckt ein großer britischer Weinhändler, Direct Wines, der von 1992 bis 2015 zahlreiche Single Casks abfüllte, stets mit 46% Vol.. Die Fässer erhielt Direct Wines aus dem gut sortierten Lager von Signatory Vintage.
Nose: Vanille und Eichenholz entfalten sich mit einem leicht säuerlichen Unterton. Dieser wächst sich zu einem fruchtigen Teppich aus kandierter Ananas, Banane und Limette aus. Mandeln und Zartbitterschokolade fühlen sich hier wohl. (85)
Taste: Der kommt eher wie 35% rüber. Abgesehen von trockenem Eichenholz und Gerstenmalz halten sich hier viele gelbe und weiße Früchte auf, feine Säure und Exotik inklusive. In Ansätzen auch nussig und schokoladig. (85)
Finish: Jetzt bringt die Eiche auch einige erdige Gewürze mit. Die Frucht tritt zugunsten einer intensiven Mandelnote zurück. Dazu gibt’s Malz. (84)
Fazit: Hat seine guten Momente, agiert als 18-jähriger Malt aber insgesamt unterwältigend. Trotz kleinerer Finessen bleiben Profil und Aromendichte überschaubar.
Bunnahabhain 1976 HB – Finest Collection
Eichenfass 11.1976 bis 12.2012 / 45,5%Vol. / Link zur Whiskybase
Gleicher Jahrgang wie der Inchgower, mit 36 Jahren aber doppelt so alt: Ein Bunna von den Hart Brothers. Ob es sich um ein Einzelfass handelt, konnte ich nicht herausfinden.
Nose: Im Fahrwasser von Eichenholz bewegen sich Vanille und Shortbread. Noch eindrucksvoller sind jedoch die mit Bienenwachs verbundenen Früchte; Banane, Apfel, Pomelo und einige andere mehr. Gesalzene Nüsse mit klitzekleinen Andeutungen von Rauch und Süßholz bereichern den Mix. (89)
Taste: Kräftiger als in der Nase, dafür sorgt wie zu erwarten das Eichenholz. Doch auch das Obst weiß zu glänzen, denn Mango-Maracuja-Salat macht sich breit. Bienenwachs, Salzlake und Shortbread legen auch richtig los, die Nüsse lassen sich von der allgemeinen Begeisterung mitreißen. Trotz der würzigen Hölzer ein cremiger Malt mit sanften Tanninen. (90)
Finish: Die gemahlenen Gewürze mit der dezenten Räucherstäbchennote scheinen dem Eichenholz den Rang abzulaufen. Hinter Vanille und Nüssen blitzen die gelben Früchte nochmal hervor, ein vielseitiges Schauspiel. Und ehe man sich versieht, konserviert Bienenwachs alle Eindrücke. (90)
Fazit: Ein klassischer Bunna. Nach 36 Jahren ist das Fassholz natürlich stark involviert, dennoch nehme ich diesen Tropfen als sehr ausgewogen wahr. Weil sich auch das Destillat nicht versteckt und so eine schöne Synthese entsteht. Zurück bleibt und das Gefühl diesen Bunna vielleicht doch ein bisschen zu niedrig bewertet zu haben.
Probably Speyside’s Finest 1965 DL – Cask 4816
Sherry Butt 10.1965 bis 12.2008 / 50%Vol. / Link zur Whiskybase
Dass hinter Douglas (und auch Hunter) Laings Probably Speyside’s Finest die Brennerei Glenfarclas steckt, ist ein offenes Geheimnis. Über einen 43-jährigen Malt freue ich mich aber jederzeit, egal von welcher Brennerei. 583 Flaschen konnten einem einzelnen Fass entlockt werden.
Nose: Zuerst wird eine Schokotorte mit Kirschmarmelade, Nüssen und einer verspielten Limette kredenzt. Das Eichenholz wirkt verstaubt und wird von samtigen Gewürzen und Möbelpolitur begleitet. Schimmernder Honig trieft direkt aus der Bienenwabe und beträufelt Mangospalten, Bananenscheibchen und Quittengelee. Anklänge von fleischigem Rauch und ein Hauch Steinpilz finden auch Platz in dem öligen Malt. (92)
Taste: Ausgesprochen ölig, zur Politur kommt Leder dazu. Die Eiche ist leicht trocken, würzig und fantastisch eingebunden und kann darüber hinaus mit tollen Nüssen punkten. Ein Rest von der saftigen Schokotorte ist übrig, umso mehr noch von der Mango und dem Honig. Eine angenehme Säuerlichkeit verleiht Frische und weiße Frucht. Einige Kupferpfennige und alte Pergamentrollen schwirren umher. (92)
Finish: Die metallische Note bleibt, als ob Blut am Eichenholz klebt. Die vielen Nüsse und fleischiges Schießpulver passen da gut ins Bild. Schokolade, Mango und Gewürze folgen, mal sanft, mal pfeffrig. Schön erdig. (91)
Fazit: 43 Jahre im Sherryfass, trotzdem keine Sherrybombe und auch kein Holzbrett – hier hat das Destillat von Glenfarclas zum Glück ein geeignetes Fass erwischt, um nach so einer langen Reifung ein so gelungenes Ergebnis zu erzielen! Muss man eigentlich nicht mehr viel dazu sagen. Außer vielleicht: Chapeau!
Port Ellen 1976 SV – Cask 4755
Oak Cask 28.09.1976 bis 02.10.1998 / 55,4%Vol. / Link zur Whiskybase
Der Form nach werden diese Flaschen ‚Dumpy Bottles‘ genannt, diese Abfüllungen von Signatory Vintage sind heutzutage sehr gefragt. 268 Stück wurden vom Fass Nummer 4755, von dem es auch einige Schwesterfässer gibt, abgefüllt.
Nose: Ruß, Zitrone und Salz versetzen einen instantan ins Port Ellen-Universum. Der Rauch ist relativ subtil am Werke. Ein wenig Mango stößt hinzu, gefolgt von Bienenwachs. Ganze Haselnüsse bilden eine prägnante Einheit, nur unterbrochen von einem gelegentlichen Apfel. (88)
Taste: Ein verrußter Eichenholzbleistift macht einen würzigen Anfang. Das Salz ist gut integriert und hat die kristallklare Zitrone im Schlepptau, immer wieder ein großartiges Schauspiel. Es wird öliger, Kohlestaub, Wachs und Schweröl geben ihre Visitenkarte ab. Muscheln und Nüsse haben sich in getrockneten Algen verfangen. (89)
Finish: Das trockene Eichenholz wird jetzt förmlich mit Kohle, Ruß und Graphit beworfen. Die Haselnüsse haben das Wachs für sich entdeckt und verschmelzen. Schweröl mäandert durch den Wald. (88)
Fazit: Sich nach der fast schon zahmen Nase noch in so ein öliges Schmutzschwein zu verwandeln, hätt‘ ich ihm nicht zugetraut. Schön, dass Signatory diese Einzelfässer damals in Fassstärke rausgebracht hat. Ordentliche PE-DNA mit einem ordentlichen Drumrum.
Glen Garioch 1978 – Casks 4768, 10601-10605, 10950-10954
18 Jahre im Eichenfass bis 1997 / 59,4%Vol. / Link zur Whiskybase
Dieses Bottling ist ein Vatting aus elf Fässern, welche am 26.10.78, 16.11.78 & 20.12.78 destilliert worden sind. Nach 18 Jahren waren noch ordentlich Umdrehungen übrig.
Nose: Gegrillte Banane mit Honig, und das nicht zu wenig, bauen sich zu intensivem Met auf. Mangofleisch, direkt vom Kern geschnitten. Birne, Dattel und Kirsche sind etwas unterschwelliger, der Kaffee ebenso. Bienenwachs rückt langsam immer mehr in den Fokus. (88)
Taste: Das Bienenwachsthema bleibt uns erhalten, Honig in allen Formen und Ausführungen. Sorgfältig darin eingepflegt sind Eichenholz, Walnüsse, Mangos und Erdbeeren. Dazu ein Ticken Malz und Espresso, nicht zu vergessen die erdigen Gewürze. (87)
Finish: Schön holzig, an der Grenze zu Schießpulveraroma, welches ich wirklich schätze, hat was von einer erdigen Espressomischung. Ziemlich viele Nüsse lauern in der Trockenheit, und Wachs. (89)
Fazit: Glen Garioch hat also damals schon viele fleißige Bienen beschäftigt, anders kann ich mir diese ausgeprägten Honigvariationen gar nicht erklären. Das Gesamtprofil ist äußerst schmackhaft, wenn auch nicht übermäßig komplex, aber am Ende des Tages ein toller 18 Jahre alter Whisky. Bei Wasserzugabe ändert er sich im Übrigen nicht sonderlich, ist mein Eindruck, außer dass der erste Antritt entschärft wird.
Das Ferkelchen ist ein echtes Highlight, doch auch alle anderen Drams hab ich mir gerne eingeschenkt. So eine bunte Mischung eignet sich immer gut, um die Tiefen des Maltiversums auszuloten.
Mehr zu: Bunnahabhain, Glen Garioch, Inchgower, Port Ellen, Undisclosed Speysiders
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Samples privat gekauft | Bilder eigenangefertigt bzw. mit freundlicher Genehmigung der Whiskybase
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