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In den 1980ern gab es bei weitem nicht so viele unabhängige Abfüller, wie heutzutage. Und kaum einer, ach was sag ich, keiner davon hatte damals wahrscheinlich ein so ergiebiges und vor allem vielseitiges Fasslager wie Gordon & MacPhail. Dementsprechend konnten sie sich austoben mit ihren Bottlings, welche in den 80ern oft innerhalb der Connoisseurs Choice-Range mit dem charakteristisch braunem Label daherkamen. Einige dieser Leckerbissen hatte ich hier bereits vorgestellt (Link zum Beitrag), Zeit für einige mehr:

Tomatin 18 Jahre ist ein schöner Standard. Doch dieser 18-jährige Tomatin von Gordon & MacPhail ist was spezielles. In 1964 gebrannt und in den 80ern abgefüllt.

Tomatin 1964 GM

18 Jahre im Eichenfass / 40%Vol. / Link zur Whiskybase

1964er Tomatin gibt es einige von G&M. In dem Jahr haben sie vielleicht zum ersten Mal groß eingekauft bei Tomatin.

Nose: Mein erster Gedanke ist Honig. In allen Facetten von hell und blumig bis hin zu wachsig und leicht angegoren. Zitrisches Pale Ale aus dem Holzkrug. Dann Datteln, Lageräpfel und Walnussplätzchen, das geht schon in Richtung Advent. Zartbitterkuvertüre unterstreicht dies. (86)

Taste: Gerstenmalz und Bienenwaben teilen sich die Bühne. In den Nebenrollen ein wenig würziges Holz, aromatische Äpfel, intensive Nüsse und dunkle Schokolade, es bleibt also der Nase sehr ähnlich. (85)

Finish: Cremige Konsistenz, die Zartbitterschokolade wird da mit schaumigem Karamell angereichert. Eichenholz, Walnüsse und polierte Mandeln sorgen für ein trockenes, erstaunlich unwürziges Klima. Ein kleiner Kupferbarren legt sich auf die Zunge. (85)

Fazit: Ein gesetzter, alter Malt, der sich im Wohlfühlbereich bewegt, mehr aber auch nicht. Ziemlich sicher hat die lange Lagerung in der Glasflasche ihre Spuren hinterlassen, sonderlich stabil wirkt er nämlich nicht.

Der Farbe des Trinkstoffes nach waren hier auch Sherryfässer beteiligt. Ein 1968er Caperdonich von Gordon & MacPhail.

Caperdonich 1968 GM

17 Jahre im Eichenfass / 40%Vol. / Link zur Whiskybase

Dieser Caperdonich war für einen italienischen Weinhändler, Meregalli in Monza, bestimmt.

Nose: Eine richtig verführerische Mischung aus Bienenwachs, Old School-Sherry und Karamell begrüßt einen da. Die fruchtigen Rosinen gehen fast schon in Kupfer über, dazu erlesene Nüsse und weiche Lederstreifen – einfach herrlich! Mango, Maracuja und verstaubte Anklänge von Zigarre setzen da noch einen obendrauf. (90)

Taste: Trotz des alten Sherry und der gelben Tropenfrüchte schon recht trocken und leicht würzig, jedoch immer im Gleichgewicht. Das Mundgefühl ist extrem ölig und leicht metallisch. Der Pflaumenlikör hat definitiv was für sich. Das Schokoosterei mit Vanillecremefüllung ist ein Träumchen. Nüsse und Tabak rufen zarte Rauchnoten auf den Plan. (91)

Finish: Ein Hauch mehr Eiche vielleicht, aber der bisherige Stil wird konsequent weitergeführt. Kupfermünzen in öligem Sherry, Nussschokolade in Blut. Und wieder dieser feine, zimtige Zigarrenrauch… (90)

Fazit: An den Tanninen lässt sich ganz gut ableiten, dass dieser Caper zum perfekten Zeitpunkt aus seinen Fässern heraus durfte. Nirgendwo ist irgendwas too much, alles wird perfekt in Szene gesetzt. Auch die metallischen Einflüsse passen super rein. Very classic!

Noch ein braunes Etikett von G&M. "Glen Albyn" steht drauf, 18 Jahre alt und 1963 gebrannt.

Glen Albyn 1963 GM

18 Jahre im Eichenfass / 40%Vol. / Link zur Whiskybase

Auch dieser alte Glen Albyn war für den italienischen Markt bestimmt. Ein Importeur aus Pinerolo bei Turin steckte dahinter.

Nose: Die Honigwaben sind sehr eng verwoben mit den eher subtilen Noten von Aprikose und Birne. Dreckiges Steinsalz und gemahlener Zimt mischt sich mit Eichenholzstaub. Ein Schuss Zabaione mit cremiger Vanille. (85)

Taste: Eine schaumige Mischung aus Honig, Karamell und würziger Eiche, alles sehr schmackhaft, aber irgendwie recht dünn und basic. Gerstenmalz, Mandeln und nasses Kopfsteinpflaster bringen da etwas Schwung in die Bude. Aprikosen aus dem Smoker klopfen an der Tür. (86)

Finish: Vollmilchschokolade mit Nelke, Karamell mit Eichenholz und Honig mit Mandeln. Abgesehen von dieser würzig-süßen Kombi trifft man auf ein firmes Profil aus malzigen, grasigen und metallischen Akzenten. (85)

Fazit: Dieser Malt leidet ein wenig unter Alkoholschwäche, die Aromen sind allesamt wirklich delikat bis leise. Dennoch ein unterhaltsamer Dram, wenn man denn genau hinhört.

Sieht man auch nicht alle Tage: ein 1965er Ardbeg von G&M. Danke an Islay007 aka Matthias für das Bild.

Ardbeg 1965 GM

17 Jahre im Eichenfass / 40%Vol. / Link zur Whiskybase

Zum Schluss noch zwei Vertreter von der Insel Islay. Den Anfang macht ein Ardbeg aus den 60ern.

Nose: Ein Quartett aus Motoröl und Karamell, sowie Asche und Nussnougat heißen Willkommen. Zestiges Zitrusöl und exotische Gewürze haben ein dezentes Quäntchen verstaubtes Bienenwachs abbekommen. Salzkristalle kleben in rauen Mengen an Lindtschokolade. (89)

Taste: Walnusscreme und Karamelllikör – so viel Süße erwartet man nicht von einem Ardbeg. Asche, Salz und würzige Holzkohle schon eher. Aber alles sehr milde und würdevoll gereift. Er kann auch mit einigen Ansätzen von Wachs und Limette aufwarten. (87)

Finish: Ein würziges Lagerfeuer aus Asche, Rauch und Holzkohle verglüht. Leicht salzig, leicht metallisch und ausgesprochen kurz, aber das sind die 40%, die ihren Tribut zollen. (85)

Fazit: 40% und 40 Jahre in der Flasche sind keine Kombi, die gut für Whisky ist. Das hat auch dieser Ardbeg zu spüren bekommen, wobei er trotz allem stets harmonisch bleibt. Ein schöner, schmutziger Charakter aus einer Zeit, als Rauch bei Ardbeg noch nicht die Hauptrolle spielte.

Eine Flasche mit 15 Jahre altem Laphroaig, welcher in 1970 gebrannt worden ist. Aus der Brown Label-Reieh von Gordon & Macphail.

Laphroaig 1970 GM

15 Jahre im Eichenfass / 40%Vol. / Link zur Whiskybase

…und dann noch ein Laphroaig mit einer schönen, dunklen Farbe und öligen Schlieren, die einen superben Sherryeinfluss vermuten lassen.

Nose: Grünes Obst in Bienenwaben und rauchiges Maschinenöl unter der Salzkruste sind die ersten Bilder, die sich vor dem inneren Auge formen. Dann Zuckerreif an Mandeln auf einem Vanillespiegel. Ein Triplett aus Banane, Mango und Maracuja kommt und geht in Wellen. (91)

Taste: Gelbe und grüne Tropenfrüchte, der wohl erfrischendste Antritt eines Laphroaig ever. Moderater Rauch, Salz und würziges Eichenholz holen zurück auf den Boden der Tatsachen. Dann wird es ölig, aschig und leicht nussig. (89)

Finish: Asche regnet sanft auf Karamell. Das Eichenholz versprüht trockenen, nussigen und sogar grasigen Charakter. Gerstenmalz ist mit Kupfer durchwirkt. Ein Schatten von exotischem Obst. (87)

Fazit: Ein bemerkenswert abgerundeter, zahmer Laphroaig und das meine ich positiv. Dieser Malt baut sich behutsam auf, die Schichten sind sorgfältig ineinander verschachtelt. Keine lieblos zusammengewürfelten Einzelteile, wie man sie heutzutage oft bekommt.

Die Crux bei so alten Abfüllungen ist, dass die niedrige Trinkstärke ein Glücksspiel daraus macht, ob der Inhalt so viele Jahrzehnte der Flaschenlagerung einigermaßen unbeschadet überstanden hat. Unabhängig vom Füllstand der jeweiligen Flasche merkt man manchmal mehr davon, manchmal weniger. Final kann man es wirklich erst durch’s Probieren herausfinden. Also: Fleißig alte Flaschen öffnen und Probieren.

Mehr zu: Ardbeg, Caperdonich, Glen Albyn, Laphroaig, Tomatin

Samples privat gekauft | Bilder mit freundlicher Genehmigung von Islay007 sowie der Whiskybase

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