Mini-Brownies
Es geht mal wieder zurück in die 1980er Jahre, als Gordon & MacPhail seinen Abfüllungen ganz gerne diese wahnsinnig ansehnlichen braunen Etiketten verpasste. Auch vor den zahlreichen 5cl-Versionen machte man damals nicht Halt. Und von denen werden jetzt ein paar Exemplare geleert:
Craigellachie 1971 – matured and bottled by GM
Eichenfässer / 40%Vol. / Link zur Whiskybase
Den Start machen zwei 1971er Craigellachie, deren Etiketten sich nur in kleinen Details, wie die Schriftart, unterscheiden. Bei den großen Bottlings gibt es hier verschiedene Altersstufen von 12 bis 16 Jahren, eindeutig zuordnen kann ich die Minis allerdings nicht. Den Start macht die Mini links im Bild.
Nose: Fresh und dusty zugleich. Einerseits knackige Früchte wie Aprikose und grüne Melonenwürfel, andererseits OBF-getunte Nüsse und Bienenwachs. Eine Mischung aus Pflaumenlikör und Lakritz ist mit hineingeraten. Zimt und Nougat-Cookies halten sich an der Basis auf. (85)
Taste: Ein druckvolles Eichenholzbrett trifft auf Tee. Würzig, nussig und ledrig. Der Honig ist verstaubt und mit Kalk berieselt. Im Hintergrund lassen sich erneut Aprikosen und Pflaumenlikör ausmachen, die grüne Frische aus der Nase ist ebenfalls vorhanden. (84)
Finish: Die trockene Eiche wird mit grünen Früchten und grasigen Noten bombardiert. Lebendige Gewürze setzen sich gegen Bienenwachs und Karamell durch. Die alten Nüsse haben einen mineralischen Touch verpasst bekommen. Hinweise auf Tabak und Sherry begleiten hinaus. (85)
Fazit: Das wildeste braune Etikett, das ich bislang hatte, normalerweise sind die ausgewogener. Ein abenteuerliches Profil, welches durch seine ungewöhnliche Art unterhaltsam wird. Würde ich eher bei 48% verorten, nicht bei vierzig.
Craigellachie 1971 – bottled by GM
Eichenfässer / 40%Vol. / Link zur Whiskybase
Und der zweite Craigellachie im direkten Vergleich, ebenfalls mit miserablem Füllstand.
Nose: Erstmal alles voller Kokosnuss – die aromatische Milch, das fetthaltige Fruchtfleisch, die fasrige Schale. Weiter geht es mit Karamell-Cookies und einem Dattel-Milchshake. Eine schwer näher definierbare Fruchtigkeit (man munkelt Ananas) wird von Honig gestützt. Fleischbrühe fügt eine Facette hinzu. (84)
Taste: Angenehm würzig und malzig, vor allem Zimt und Sandelholz tun sich hervor, doch auch die Kokosnuss trägt einen wesentlichen Teil bei. Im Hintergrund wabern Walnüsse, Bienenwachs und Trockenfrüchte; sie lassen sich nicht richtig einfangen, fördern jedoch die charakteristische Brown-Label-Dynamik. Banane und Melone entführen ins leicht tropische. (85)
Finish: Trockene Gewürze sowie ein Milchschokolade-Eichenholz-Gemisch gestalten einen sanften, jedoch tanninhaltigen Ausklang. Abgesehen von Haselnüssen, Metall und Honig bleibt es weitestgehend ruhig (und kokosnussig). (84)
Fazit: Gibt es sowas wie ein Kokosholzfass? Erinnert jedenfalls streckenweise an ein geschältes Bounty. Im Grunde ein solider Auftritt, mitreißend ist er aber bei weitem nicht. Ein überraschend anderes Profil als bei der Vergleichs-Mini, eventuell war hier kein Sherryfass beteiligt. Dafür minimal runder, gesetzter und mit mehr Eicheneinfluss.
Royal Brackla 1969 GM
Eichenfässer / 40%Vol. / Link zur Whiskybase
Einen Brackla aus den 60er Jahren bekommt man auch nicht alle Tage, auch der Füllstand dieser Mini ist top. Der Inhalt müsste entweder 12 oder 14 Jahre alt sein, wenn man den vergleichbaren Output von G&M betrachtet.
Nose: Geilste Bienenwachs-Wabenhonig-Kombi, sehr aromatisch und hell und verstaubt, außerdem ölig und an der Grenze zu edlem Sherry. Bananen-Pfirsich-Shake mit grüner Melone und Orangen-Mango-Salat. Mittendrin Hasel- und Walnüsse. Und Limette. Ein bisschen Eiche und Keks untermalen das Obst. (90)
Taste: Staub in rauen Mengen und Gerstenmalz legen sich auf die Bienenwachskerzen. Aus dem Staub wäre beinahe Asche geworden, dazu ein metallischer Touch. Eichenholz und Gras verstehen sich gut miteinander. Kokos und andere Nüsse werden mit ein wenig Zartbitterschokolade gereicht. Der Sherry hält sich eher am Rand des Geschehens, steuert aber hier und da Trockenfrucht bei. (87)
Finish: Der OBF pendelt sich auf ein angenehmes Maß ein, Bienenwachs und Malz wirken dadurch natürlich immer noch sehr staubig. Alte Nüsse und Mandeln motzen das leicht würzig-verrottete Eichenholz auf. Von den ganzen Früchten sind lediglich getrocknete Mango- und Bananenchips übrig geblieben. Honig und Metall verweilen lange. (88)
Fazit: Jau, ist der fruchtig! Zwar hauptsächlich in der Nase, aber immerhin. Der OBF ist nur beim ersten Schluck recht dominant, im späteren Verlauf fügt er sich jedoch harmonischer ein in die Kaskaden aus Nüssen und Wachs. Die Miniatur ist gut gealtert, das Volumen und die Kraft des Malts sind auf einem tollen Niveau erhalten geblieben.
Royal Lochnagar 1969 GM
Eichenfässer / 40%Vol. / Link zur Whiskybase
Es bleibt royal, aber vom Nairnshire gehen wir jetzt in die Cairngorms, zu Lochnagar. Hier können wir mit Sicherheit sagen, dass der Malt 14 Jahre alt ist, es gibt nämlich nur eine einzige Abfüllung von 1969.
Nose: Süße Gewürze gemixt mit aromatischen Bienenwaben und getrockneten Kirschen – allein daran könnt ich mich satt riechen. Ergänzt durch staubiges Leder, dezenten Grapefruit- und Aprikosennoten mit gezimtetem Pflaumenmus wächst sich das zu einem richtig stimmigen Profil aus. Und dann noch Bratapfel vom feinsten! (91)
Taste: Immer noch staubig, jedoch zusätzlich mit Anklängen von Rauch. Überaus nussiger Sherry und Trockenfrüchte prallen auf würziges Eichenholz. Die Kirsche ist sehr aktiv, während ein wenig Malz und Schokolade eine weitere Geschmacksebene ins Spiel bringen. Möbelpolitur rundet ab. (90)
Finish: Trockener als erwartet, das würzige Eichenholz verbündet sich jetzt mit dem Gerstenmalz. Die cremige Politur zieht die Schokolade und den fruchtigen Sherry mehr ins Rampenlicht. Zwischendrin und gut integriert befinden sich zart rauchige Nüsse. (89)
Fazit: Ein toller Sherrywhisky, von Anfang an sehr ansprechend. Findet eine gute Balance zwischen ausdrucksstark bis feinsinnig. Obwohl ich mir nicht sicher bin, wie viel Brennereicharakter der Sherry noch zulässt, habe ich nie das Gefühl, dass es einseitig oder überfrachtet ist.
Glen Albyn 1963 GM
Eichenfässer / 40%Vol. / Link zur Whiskybase
Den 63er Albyn hat G&M in mehreren Altersstufen herausgebracht, bei dieser Mini tippe ich auf die 23-jährige Variante.
Nose: Hardcore Nusslikor. Extremst haselnussig und cremig trüffelschokoladig. Alte Trockenfrüchte vom Sherry kommen auch durch: Feige, Banane und Apfelringe. Im Auftreten sirupartig und dick, aber stets lebendig. Dann wird’s gelb: Mango, Pfirsich und Maracuja. Möbelpolitur, Gewürzstaub, Umamifacetten… das ist schon alles sehr edel. (88)
Taste: Edel geht es auch weiter. Viele gesetzte und zugleich selbstbewusste Aromen. Der Bananensirup fällt sofort auf. Auch der alte Sherry mit Haselnüssen, Lederpolitur und Schokolade im Gepäck macht eine gute Figur. Die Eiche hält sich im Hintergrund, steuert aber eine Portion angenehme Tannine bei. Speziell der samtige Dreiklang aus Tabak, Maracuja und zartem Rauch bleibt mir im Gedächtnis. (88)
Finish: Mega ölig, die Stimmung. Sherry, Politur, Leder, Trüffelschokolade… alles schmiegt sich eng an das fleischige Eichenholz, die feinen Gewürze und die Nüsse. Die gelbe Frucht ist auch hier präsent und auflockernd am Werk. Nuancen von Malz und Mandeln nehmen an diesem äußerst harmonischen Reigen ebenfalls teil. (88)
Fazit: Old School und nicht ganz alltäglich. Der Charakter des Destillats ist ziemlich eigen, was unter Umständen durch die lange Flaschenlagerung nochmal verstärkt worden ist. Hat in jedem Fall ein qualitativ hochwertiges Sherryfass abbekommen, davon können die meisten Sherrywhiskys heutzutage nur träumen. Nur mit Luft kann er nicht so gut umgehen, dann wird er noch einmal ein bisschen komischer.
North Port 1970 GM
Eichenfässer / 40%Vol. / Link zur Whiskybase
North Port fand ich bisher immer spannend, schade dass es die nicht durch die 80er geschafft haben. Vom 1970er gibt es nur einen Brown Label und die ist 17 Jahre alt, wird also auch bei dieser Mini der Fall sein.
Nose: Die animierende Säure von Sternfrucht und Himbeeren führen sofort in North Port-Gefilde. Bienenwachs, Erdbeerkompott und öliger Sherry gestalten den Malt ebenfalls fruchtig und süß. Nüsse, poliertes Holz und staubiger Zimt runden die harmonische Nase ab. Uuuh, Mango! (88)
Taste: Gelbe und grüne Früchte in Kreidestaub und Bienenwachs. Tropik breitet sich aus, und feine Säure. Pulverisiertes Eichenholz und viele gemahlene Gewürze sind in Touch mit Gerstenmalz und Zartbitterschokolade. Liegt wahnsinnig ölig auf der Zunge, wie eine Mischung aus Möbelpolitur und altem Sherry. (89)
Finish: Das würzige Eichenholz und der alte Sherry verstehen sich ausgesprochen gut miteinander, es wird extrem süffig, ölig, nussig und kupferhaft. Kakaopulver lässt einen Hauch von verstaubtem Bienenwachs und Sternfrucht zu. (88)
Fazit: Hat sich wirklich gut gehalten, diese Mini. Nur Luft bekommt diesem North Port nicht so, dann wird er fast schon zu würzig. Vom Profil her aber ein sehr typischer Vertreter dieser leider nicht mehr existenten Brennerei.
Bei Miniaturen, die vor 35 Jahren und mehr abgefüllt worden sind, ist es immer so eine Sache, wie sie die Zeit überstanden haben, da kann man durchaus auch mal einen Griff ins Klo machen. Ein Blick auf den Füllstand und die Vergilbtheit des Etiketts können zumindest einen ersten Hinweis auf den Zustand geben. Bei dieser Runde bin ich jedoch durchwegs zufrieden mit den Performances, da war viel Kraft und Komplexität dahinter.
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