Holzvariationen aus St. Kilian

Disclaimer: Die für diesen Beitrag verwendeten Samples wurden mir kostenfrei von der Brennerei St. Kilian zugeschickt. Selbstverständlich hat dies keinerlei Einfluss auf meine hier präsentierte persönliche Meinung und Benotung.

Seit 2016 wird auch im unterfränkischen Rüdenau Whisky gebrannt. Die St. Kilian-Destillerie bezieht ihr Gerstenmalz aus Schottland, die Brennblasen sind in Forsyths hergestellt worden. Der Fokus bei dem zugesandten Verkostungsset liegt auf der limitierten Edition „Thirteen“, ein Single Malt, der aus Destillaten zusammengestellt wurde, welche in fünf verschiedenen Holzarten – Kastanie, Kirsche, Pfälzer Eiche, Robinie, ungarische Eiche – reifen durfte. Der Clou ist, dass das Set jeweils ein „sortenreines“ Sample aus jeder Holzfassart enthält. Da ich bislang noch nie einen St. Kilian im Glas hatte, bin ich froh, dass auch zwei andere Abfüllungen mit dabei waren, mit denen ich mich an das Brennereiprofil herantasten konnte.

Eine Flasche St. Kilian Classic. Wie alle Whiskyflaschen von St. Kilian, glaube ich, hat auch diese die Form einer Brennblase.

St. Kilian Classic – Mild & Fruity

70% Bourbonfässer, 30% Oloroso & PX Sherryfässer bis 2022 / 46%Vol. / Link zur Whiskybase

Ein Malt ohne Altersangabe, produziert mit ungeräuchertem Gerstenmalz.

Nose: Wirklich extrem mild und weich, kein Alkohol. Das Destillat hat schon ein wenig Eiche abbekommen, das merkt man auch an der Vanille und dem Karamell. Darüber hinaus winken einige saftige Früchte, allen voran Birne und Aprikose. (80)

Taste: Und jetzt merkt man doch, dass der Alkohol aufgrund der geringen Reifezeit noch nicht ganz eingebunden ist. Metallisches Gerstenmalz und schokoladige Eichenwürze werden von Früchten, hauptsächlich Kernobst, begleitet. Leider fühlen sich Textur und Apfelkerne wie Obstler an. (77)

Finish: So bleibt es dann auch: Metallischer Obstler, schokoladig-nussiges Malz und würziges Eichenholz. Schade, dass die angenehme Frucht aus der Nase nur in leisen Ansätzen wiederkehrt. (78)

Fazit: Zu jung, aber immerhin auf einem richtigen Weg. Trotz diverser kapitaler Ausrutscher bin ich nicht völlig abgeneigt, die anderen Samples auch unter die Lupe zu nehmen.

Eine Flasche St. Kilian Peated

St. Kilian Peated – Rich & Smoky

70% Bourbonfässer, 30% Oloroso & PX Sherryfässer bis 2022 / 46%Vol. / Link zur Whiskybase

Der gleiche Fassmix wie beim Classic, mit dem Unterschied, dass das Gerstenmalz einen Phenolgehalt von 54ppm hatte. Die fehlende Reife könnte also hinter dem Rauch ganz gut versteckt sein.

Nose: Dem ‚Mild & Fruity‘ wirklich sehr ähnlich, nur eben mit einer angenehm dichten, in Ansätzen auch salzige Portion Rauch. Vanille, Eiche und Karamell sind ja bereits bekannt, hingegen hat der fruchtige Part neben Birne und Aprikose auch rote Beeren und Zitronenvariationen zu bieten. Dunkle Schokolade, aber die wirkt leider arg künstlich. (83)

Taste: Hat wohl ein dem ‚Mild & Fruity‘ vergleichbares Alter, nur merkt man es aufgrund des Rauches nicht ganz so. Salzige Asche hat sich metallisches Gerstenmalz als Sparringspartner ausgesucht, die Früchte – von Sherry und Bourbon geprägt – spielen tendenziell eine untergeordnete Rolle. (81)

Finish: Asche und Eichenholz verschmelzen zu verkohlten Lagerfeuerscheiten. Leise Hinweise auf Salz und Schinken liegen im Gras. Frucht ist quasi nicht existent, höchstens ein Fitzelchen Süße vom Sherry. (81)

Fazit: Der Rauch hilft. Durch ihn wirkt der Malt nicht komplett langweilig, sondern entpuppt sich nach meinen Maßstäben für deutschen Whisky sogar als okay bis trinkbar.

Die acht Samples aus dem Degustationsset nebeneinander

Nun also zur Signature Edition „Thirteen“: Hierfür wurden Destillate aus 2016, 2018 und 2019 in fünf verschiedene Fassarten befüllt. Für die Fässer stellte dies die Erstbefüllung dar, es handelte sich somit um Virgin Casks. In 2022 wurden dann alle Fässer miteinander vermählt, wobei sogar angegeben wird, welchen prozentualen Anteil am Mix die einzelnen Holzarten ausmachen:

St. Kilian – Kastanie

Kastanienfässer 2019 bis 2022 / 53,4%Vol.

Während in Schottland nur bestimmte Eichenholzarten für die Whiskyfässer verwendet werden dürfen, ist in der EU mehr erlaubt. Die Kastanienholzfässer hatten ein Fassungsvolumen von 225 Litern. Der Anteil dieser Fässer am Endprodukt beträgt 27%.

Nose: Eine etwas andere Art von Rauch, ist mir aus Schottland noch nicht in der Form begegnet: ausgesprochen trocken mit geräuchertem Holz, Speck sowie Nuancen von salzigem Iod. Dahinter wird es honigsüß und beerenfruchtig. Gelegentlich blitzen Birne, Kirsche oder Vanille auf. Die harzigen Holznoten lenken die Gedanken zum sommerlichen Waldspaziergang. Kein Alkohol bislang… (83)

Taste: …aber hier schlägt er zu. Unnachgiebig. Der Rauch rekonstruiert seine einzelnen Aromenbestandteile aus der Nase, sehr holzig und iodig. Neu sind dagegen diese intensiven Kräuternoten, welche den Blick auf die süßen Komponenten des Malts versperren. (81)

Finish: Gips, Heftpflaster, Iod und rostige Nägel – wo bin ich denn hier hingeraten? Trockener Rauch und Holzasche sind überall, die Kräuter im Gepäck. Diese Eindrücke sind erstaunlicherweise angenehmer, als sie klingen. (82)

Fazit: Für einen Laphroaig ganz ok, fast schon harmonisch. Im Ernst: Da steckt Potential drin. In jungen Jahren schon relativ vielseitig und solide ausbalanciert, das hatte ich nicht unbedingt erwartet. Eine überzeugende Kastanie.

St. Kilian – Kirsche

Kirschfässer 2018 bis 2022 / 61,7%Vol.

Die Größe der Kirschfässer beträgt 95 Liter. Das steht im Gegensatz zu den anderen Holzarten, welches allesamt 225l-Fässer sind. Der Kirschanteil liegt bei lediglich 3%.

Nose: Wow, ganz anders als die Kastanie! Säuerliches, grünes Holz, welches frisch aufgebrochen worden ist. Als wäre jemand mit der Machete auf ein Rosenbeet losgegangen. Vogelbeeren und zarter Rauch, außerdem Anklänge von Schokolade und Marzipan können die Stimmung ausgeglichener gestalten. (83)

Taste: Adstringent, nicht wegen des Alkohols, der gut aushaltbar ist, sondern wegen der grünen Hölzer. Rosenbeet all over again. Der trockene Rauch ist vordergründiger und versucht, das ganze zu harmonisieren. Metall, Vogelbeeren und Marzipan sind gut dosiert und bereichernd. Die Textur ist dick und stabil. (83)

Finish: Dichter Ascheregen bedeckt die grünen Stängel. Auch hier nehme ich das Metall positiv wahr. Spuren von Mandeln mischen sich unter thermisch getrocknetes Holz. (83)

Fazit: Jau, das gibt’s in Schottland nicht. Es funktioniert, wenn man dafür offen ist, aber ich kann total verstehen, dass diese Kirschfässer nur einen sehr kleinen Teil vom Ganzen ausmachen.

St. Kilian – Pfälzer Eiche

Fässer aus Pfälzer Eiche 2018 bis 2022 / 60,6%Vol.

11% vom „Thirteen“ entfallen auf die Fässer aus Pfälzer Eiche.

Nose: Frisch gesägtes Holz, die Sägespäne fliegen noch in der Luft und verbreiten ein außergewöhnlich feines Holzraucherlebnis. Vanillepudding mit zähem Karamell lässt aufhorchen, wirken ganz anders, als ich das aus Schottland kenne. Hinweise auf Rosinen und honigmarinierten Schinken. Bisher der rundeste aus der Runde. (83)

Taste: Den Alkohol muss man erst einmal verdauen, aber einige Schichten Karamell und Honig warten bereits. Speck wird über einem Holzfeuer geräuchert, weitere Holzscheite liegen bereit, um das Feuer am Laufen zu halten. Die Vanille macht erneut eine ungewohnte, jedoch interessante Figur. (82)

Finish: Wärmend und würzig, an dieser Stelle erinnert mich das Holz am meisten an schottländische Vertreter. Die feine Asche klebt sich an der Restsüße fest und auch am Restsalz. (82)

Fazit: Straigth forward. Ein solider Raucher, aus dem einmal was werden könnte, wenn mit der Reifezeit die Tiefe kommt.

St. Kilian – Wilde Robinie

Fässer aus Wilder Robinie 2019 bis 2022 / 61,8%Vol.

Kennt man auch unter dem Namen Scheinakazie. Steckt zu 27% im Mix drin.

Nose: Hinter buttriger Vanille und körnigem Rauch meine ich Ananas zu entdecken. Keine Ahnung, was der Grillardin mit dem salzigen Räucherspeck/-fisch und dem Honig anstellt, aber mir läuft das Wasser im Mund zusammen. Der Holzeinfluss ist dezent, aber mit feingemahlenen Gewürzen angereichert. (84)

Taste: Langsam gewöhnt man sich an den Alkohol, die schönen Aromen außenrum helfen dabei. Die wilde Robinie ist gar nicht so wild, sondern samtig und aromatisch. Der moderate Rauch steuert etwas Asche und Salz bei, bevor es wieder in Richtung Grillgut geht. Fruchtige Honigmarinade inklusive. (84)

Finish: Zum ersten Mal wird es rußig, aber in der Asche lauern auch wundervolle Vanille und gelbe Früchte. Salz und Honig sind fast schon obligatorisch. Die Robine verabschiedet sich gebührend mit würzigen Akzenten. (84)

Fazit: Jetzt wird es gemütlich auf der Couch. Die Scheinakazie bringt so richtig ihren individuellen Charakter rein, und der passt auch noch richtig gut zum Rauch. Hoffe, in Rüdenau liegen noch einige von diesen Fässern rum, die einige weitere Jahre reifen dürfen.

St. Kilian – Ungarische Eiche

Fässer aus ungarischer Eiche 2016 bis 2022 / 61,3%Vol.

Macht mit 32% den größten Anteil aus.

Nose: Es wird wieder eichig. Das frische Holz kann mit (teilweise zu cremiger) Vanille und vielseitigen Gewürzen aufwarten. Der trockene Lagerfeuerrauch und das Salz sind natürlich mit an Bord, ebenso die Basis aus Honig. Birne, gelber Apfel und Banane sollen stellvertretend für die reiche Fruchtigkeit genannt werden. (84)

Taste: Mit ein bisschen Disziplin schafft man auch diesen 61,3%igen Antritt. Dicke Vanille und sämiger Honig untermalen den kräftigen Rauch. Die Früchte lassen ein wenig auf sich warten. Nicht ganz so speckig wie die Pfälzer Eiche, aber immer noch herausschmeckbar. Solide, aber leider nicht so virtuos wie in der Nase. (82)

Finish: Überaus aschig und rauchig, Salz erobert die Aufmerksamkeit. Das Finish ist naturgemäß ziemlich lang, aber das Eichenfass wirkt im Vergleich mit den anderen Holzarten fast schon langweilig. (83)

Fazit: Kommt stimmiger rüber als die Fässer aus Pfälzer Eiche. Diese hatten allerdings auch zwei Jahre weniger Zeit, das Destillat zu formen. Aber manchmal frage ich mich, was es hinter diesen Unmengen an Rauch wohl zu entdecken gibt.

Die dreizehnte Ausgabe der Signature Edition von St. Kilian.

St. Kilian Signature Edition Thirteen

2016/2018/2019 in Fässern aus verschiedenen Holzarten bis 2022 / 53,9%Vol. / Link zur Whiskybase

Endlich das Endprodukt. Nach dem Vermählen wurde der Whisky noch ein wenig herunterverdünnt und dann auf 8.680 Halbliterflaschen gezogen.

Nose: Der Rauch fällt als erstes auf, interessanterweise direkt danach die grünen Töne vom Kirschholz, die im Anschluss in Vanille münden. Im Nachgang vermischen sich Karamell, Honig sowie rote Früchte (abermals die Handschrift der Kirsche). Minimal salzig, aber die schönen BBQ-Noten aus den Brennereinotizen finde ich beim besten Willen nicht. (83)

Taste: Samtige Gewürze und sanfte Hölzer verbinden sich mit leicht salzigem Rauch. Rote Kirschen brechen durch. Ebenso die Kräuter, das Pflaster und das Iod der Kastanienfässer. Honig tropft in die Lagerfeuerasche. (82)

Finish: Die Asche werd‘ ich heute nicht mehr los. Wenigstens ist sie in Begleitung von Honig, Holzkohle und Salz. Nach einer Minute legen auch die Gewürze und Hölzer wieder los, schön samtig aber nachhaltig. Kirsche und Kastanie zucken im Hintergrund. (82)

Fazit: Nachdem jede der einzelnen Holzarten die Gelegenheit hatte, sich selbst und unverfälscht zu präsentieren, wirkt der 5-Hölzer-Mix fast schon ein bisschen weichgewaschen. Ein Durchschnitt aus allem, aber es gelingt nur ansatzweise, die unterschiedlichen Schichten herauszuheben.

Erst einmal ein Dankeschön an St. Kilian für das „Dekonstruktionsset“. Unterschiedliche Holzarten in Aktion zu erleben war definitiv eine interessante Erfahrung. Beim nächsten Mal gerne mehr Kirsche wagen. Einzwei zusätzliche Fässer für den fruchtigen Frischekick, einfach weil’s geil ist. Außerdem hoffe ich, dass der Rauch mit zusätzlichen Jahren Reifezeit noch deutlich abbaut. Ich bin sicher, dann hat das Destillat mehr Facetten zu bieten, sodass ein Drüberbügeln mit der Rauchkeule nicht unbedingt so hart ausfallen muss.

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Samples von St. Kilian kostenfrei zur Verfügung gestellt | Bilder eigenangefertigt bzw. mit freundlicher Genehmigung der Whiskybase