Drei (oder vier) von einer Destillerie: Ardnamurchan

Erst seit 2014 brennt man in der neuen Ardnamurchan Destillerie in Glanbeg im Distrikt Argyll. Genauer gesagt auf der Ardnamurchan Peninsula, die man auch im Titelbild sieht.
Mit der Brennerei hat sich Jamie Walker, bekannt durch seinen unabhängigen Abfüller Adelphi, einen Traum erfüllt. Damit ist der Name Adelphi erneut mit einer Brennerei verbunden, denn bereits im 19ten Jahrhundert gab es die Loch Katrine Adelphi Distillery. Zwischenzeitlich befand sich diese auch im Besitz der Walker Familie. Allerdings wurde sie 1968 abgerissen. Nun ist man also wieder selbst Brenner (und weiterhin unabhängiger Abfüller).

Ich habe durch eigene Teilungen und ein Sample das ich erstanden habe eine kleine aber feine Session zusammenstellen können. Von der Trinkstärke, über fassstarken quasi New Make, ein Einzelfass bis hin zu einer unabhängigen Abfüllung.. Das ergibt doch sicher ein rundes Bild!

Ardnamurchan AD/07.21:05

Eine Flasche Ardnamurchan AD/07.21:05 und ein gefülltes Glencairn Glas

Wir beginnen mit der trinkstarken Abfüllung. Fasst 20000 Flaschen wurden 2021 mit 46,8% abgefüllt. Eine detaillierte Altersangabe hab ich nicht gefunden, ich vermute einen Mix aus 3-5 Jahren. Als Fässer wurden 65% Ex Bourbon Casks und 35% Sherry Casks verwendet. Link zur Whiskybase

Nase: Frucht, zuerst vor allem Äpfel, Birne. Später dann auch Südfrüchte, Banane, Ananas und Orange. Dazu Malz und etwas Hefe. Das ganze wird verbunden durch Olivenöl und im Hintergrund etwas Bleistiftspäne.

Mund: Würzig und fruchtig. Mit etwas Pfeffer, Vanille, Maische und Malz. Auch die Früchte dürfen wieder mitspielen. Ein wenig Schokolade, Kräuter und Leder kommen dazu. Gerade wenig genug dass ich es akzeptieren kann. Die 35% Sherry Cask muss man hier nicht merken.

Abgang: Immer noch ein wenig Pfeffer und natürlich auch die Früchte. Die Zitrusnoten dominieren. Am Ende etwas Salz und noch später deutliche Bitterstoffe. Die Länge ist erwartbar kurz.

Fazit: Ohne Frage jung. Aber ich finde ihn sehr sauber. Man kann den Ursprung aus der Maische über das junge Destillat erkennen und stolpert dabei nicht über die Unreife. Ist dabei aber keinesfalls delikat oder zu schwach durch die Trinkstärke. Hat mir gut gefallen, für das was er ist. 84/100

Ardnamurchan 2018 – Adelphi

Eine Flasche Ardnamurchan 2018 von Adelphi

Keine offizielle Abfüllung sondern über den eigenen Indie. Warum weiß ich nicht. Das Release hat fasst 5000 Flaschen, ist 55,3% stark und aus 1st Fill Sherry. Das erstaunliche daran: Er ist offiziell nur ein Jahr alt! Link zur Whiskybase

Nase: Alkoholisch geht es los. Etwas Rosinen und Nüsse, dazu ein dezenter Rauch, vielleicht auch Schwefel. Dann Beeren und Kirschen. Holz das gerade frisch zum Trocknen gestapelt wurde. Aber auch eine gewachste Tischplatte. Mit der Zeit dann erstmal Pfirsich, Honig und dann deckt der Alkohol wieder alles zu.

Mund: Etwas sauer, etwas torfig. Dazwischen viel Bitterstoffe und Holz. Die Früchte aus dem Sherryfass tun sich deutlich schwerer als in der Nase.

Abgang: Schokolade, Salz und Bitterstoffe. Saure Früchte und wieder der unreife Torf. Ziemlich trocken. Auch ein wenig Trockenfrüchte sind noch da.

Fazit: Wo ich bei der Nase noch einigermaßen mitgehen konnte ist es ab dem Mund nicht mehr die ganz große Freude. Allerdings muss ich auch sagen: Blind hätte ich ihn sicher jung, aber nicht so jung vermutet. 80/100

Ardnamurchan 2016 AD/12:16 CK.1308

Eine Flasche Ardnamurchan 2016 AD/12:16 CK.1308 für Nickolls & Perks und ein gefülltes Glencairn Glas

Zu einem Jubiläum gönnt man sich was, oder? Bei Nickolls & Perks, dem britischen Weinhändler, waren das gleich mehrere Fässer. Unter anderem ein Ardnamurchan. 5 Jahre alt, 58,8% und aus einem 1st Fill Oloroso Sherry Hogshead. Insgesamt 340 Flaschen gab es. Link zur Whiskybase

Nase: Zuerst mal superreife Pfirsiche. Die Frucht verfliegt nach ein paar Minuten und wird von Sojasauce, Brühe und Tabak übertüncht. Dann kommt ein Früchtetee, vielleicht mit den Pfirsichen drin.

Mund: Eine deutliche Süße, die kommt wieder von den Pfirsichen würde ich sagen. Vanille dazu. Auch die Würze ist auch wieder da, diesmal aber deutlich zahmer. Eine Gewisse Menge an Säure ist auch da. Das geht über in Pflaumensaft und auch wieder etwas Sojasauce.

Abgang: Nach dem Schlucken dreht es sich wieder. Die Würze kommt zuerst. Erstmals mit etwas Salz und auch Holz, aber nicht so das es störend wäre. Etwas trockener und gleichzeitig wärmend geht es dem Ende zu, dann kommen auch die Früchte wieder. Jetzt eher als Eistee, durch die betonten Bitterstoffe.

Fazit: Das ist ein sehr gelungenes Bottling. Die Aromen sind kräftig und präsent, das Olorosofass hat ganze Arbeit geleistet. Ich glaube da hat man eine gute Entscheidung getroffen bei Nickolls & Perks. 88/100

Ardnamurchan 2015 – Phil & Simon Thompson

Eine Flasche Ardnamurchan 2015 von Phil & Simon Thompson und ein gefülltes Glencairn Glas

Bereits sechs Jahre war die letzte Abfüllung im Bourbon Barrel. Das dürfte zum Abfüllungszeitpunkt im März 2022 eine der ältesten Abfüllungen gewesen sein. Die Thompson Brüder brachten da 253 Flaschen mit 59,7% auf den Markt. Link zur Whiskybase

Nase: Zitrusfrüchte und Gischt. Etwas Apfel und Honig. Ein Torffeuer mit Fischsud darauf. Zwischendurch auch immer wieder Vanille.

Mund: Es geht genauso weiter. Wir stehen am Meer, löffeln eine würzige Fischsuppe und knabbern dazu ein paar Früchte. Das wärmt ganz gut. Ist aber auch notwendig, die Brise ist steif.

Abgang: Der Fisch ist mittlerweile vom Tisch. Wobei die salzigen Noten schon bleiben. Dazu kommen jetzt Bitterstoffe, der Kaffee danach vielleicht. Auch etwas Kräuter oder etwas „grünes“ sind am Start. Süßlich junge Torfnoten dazwischen.

Fazit: Der schmeckt jünger als die beiden Originalabfüllungen. Das kann so schon mal Spaß machen, mit ist die junge Torfnote hier aber zeitweise wirklich zu anstrengend. Es ist aber spannend zu wissen das Ardnamurchan durchaus auch „maritim“ sein kann. 83/100.

We have a winner

Also nach Punkten zumindest in aller Deutlichkeit. Das Single Cask für N&P sticht hier wirklich raus. Das Experiment mit nur einem Jahr hätte ich nicht gebraucht. Der trinkstarke Vertreter für den Massenmarkt hingegen hat für mich voll und ganz seine Berechtigung. Und vielleicht hab ich auch mal einen Tag an dem Indie-Bottling tanzen möchte. Mal sehen.
Was ich aber jetzt schon weiß: Ardnamurchan schau ich mir noch öfter an. Es wird wohl dauern, bis sich das Ganze in eine klare Richtung gesetzt hat, aber die Ansätze sind sehr schön!

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Bilder: Titel: PaulT (Gunther Tschuch), CC BY-SA 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons | Flaschen: Eigene Anfertigung und freundliche Überlassung der Whiskybase
Samples: Eigene Flaschen und privat gekauft