Iod, Blut und Tränen

Für alle Freunde des intensiven Geschmacks hält Laphroaig die Fassstärkeversion ihres 10-jährigen Standards bereit. Eigentlich echt cool, dass es Brennereien gibt, die in regelmäßigen Abständen ein erschwingliches, unverdünntes Batch mit Altersangabe herausbringen. Machen längst nicht alle, aber einige sehr erfolgreich. Und während der 12-jährige Springbank chronisch ausverkauft, also nur völlig überteuert auf dem Sekundärmarkt verfügbar ist, sind vom Lagavulin aus den Special Releases sowie vom Laphroaig zumindest noch die letzten drei Ausgaben ohne großen Aufpreis erhältlich. Liegt wahrscheinlich an Unterschieden hinsichtlich Hype, Batchgröße und Qualität. Zur den Batchgrößen bei Laphroaig konnte ich keine Infos finden, aber den Qualitätsfaktor kann ich subjektiv ganz einfach testen:

Eine Flasche Laphroaig mit 10 Jahre altem Inhalt, die Fassstärkeversion Nummer 12 aus 2020.

Laphroaig Cask Strength Batch 012

10 Jahre in Seasoned Oak Casks bis 07.02.2020 / 60,1%Vol. / Link zur Whiskybase

Das 2020er Batch war das letzte, bei dem auf dem Etikett kein Hinweis auf die Verwendung von Farbstoff zu finden ist. Er ist trotzdem schön anzusehen im Glas.

Nose: Salzig-maritimer Rauch und ein öliger Dieselhauch verkünden die pure Kraft von Islay. Einige helle Zitrustöne, Iod und Bandagen verstärken diesen Eindruck. Mit der Zeit treten die rauchigen Elemente zurück, es entsteht Raum für Wachs, Honig und reifere Zitrusfrüchte. (87)

Taste: Ein vielseitiger Antritt aus würziger Asche, fruchtiger Süße und Holzkohle haut einen aus den Socken. Kurzzeitig ist er klebrig bis künstlich süß. Dann schlagen die starken Iod- & Pflasteraromen zu, mit denen hab ich immer so meine Probleme. Es bleibt hart an der Grenze und abgesehen vom Pflaster finde ich nix mehr. (82)

Finish: Erdiges Eichenholz, dazu eine Menge Iod, Pflaster und Asche – Friends of Laphroaig kommen hier bestimmt auf ihre Kosten, ich hingegen hab ein wenig zu kämpfen. Doch auch das geht vorbei, Salz und Wachs erleben ein Comeback. (82)

Fazit: Bei der tollen Nase hatte ich schon die Hoffnung, dass ich mit Laphroaig doch noch warm werden könnte. Aber es bleibt bei der schwierigen Beziehung. Die 60% sind beim Trinken im Übrigen noch gut aushaltbar, sorgen aber für ordentlich Feuer.

Batch Nummer 11 - Flaschenetikett und Umverpackung sind sehr aufeinander abgestimmt.

Laphroaig Cask Strength Batch 011

10 Jahre in Seasoned Oak Casks bis 03.2019 / 58,6%Vol. / Link zur Whiskybase

Auf den Tuben von Batch 008 bis 012 wird angegeben, dass der Whisky zuvor in „seasoned oak casks“ gelagert wurde. Seasoning wird ja eigentlich dann praktiziert, wenn ein für die Whiskyreifung bestimmtes Fass im Vorfeld mit PX Sherry oder einem anderen Zuckerwasser vorbehandelt wird. Dabei ist nicht die Reifung des Sherrys der Zweck, sondern die spätere Geschmacks- und Farbbeeinflussung des Whiskys.

Nose: Gegrillte Banane; das Karamell und Honig sind da nicht weit! Der Rauch ist gut dosiert mit salzigen und rußigen Ausprägungen. Aprikose und Zitrustöne bringen etwas Frische und Spritzigkeit ins Spiel. Dann ein leicht abenteuerliches Duo aus Espresso und Pflaster. (86)

Taste: Auch hier ringen die bananige Süße und der salzige Rauch miteinander. Obenauf bleibt am Ende trockenes, verkohltes Eichenholz. Dann wird es medizinisch, das Iod schlägt wild um sich. (83)

Finish: Das Holz bekommt jetzt eine faulige Note, dazu bitterer Rauch und trockene Mullbinden – da krieg ich Kopfweh. Eine Spur zu herb und erdig, das ist nicht harmonisch. Salz bemüht sich um einen versöhnlichen Abschluss. (79)

Fazit: Die medizinische Palette ist deutlich weniger aktiv als beim 12er Batch, das ist schonmal positiv. Jedoch: Im Mund fehlt mir die Tiefe und als dann hintenraus die Fehlnoten kommen, ist es für mich leider vorbei.

Hier das 10te Batch. Bis hierhin war der senkrechte Streifen auf dem Etikett rot, ab Batch 11 dann in grün.

Laphroaig Cask Strength Batch 010

10 Jahre in Seasoned Oak Casks bis 01.2018 / 58,0%Vol. / Link zur Whiskybase

Laphroaig hat mit Beam Suntory einen der größten Bourbon-Produzenten der Welt im Rücken – an vernünftige Bourbonfässer zu kommen, dürfte daher keine Herausforderung darstellen. In vielen Shops werden die Abfüllungen aus dieser Serie als Bourbonfassreifungen deklariert. Weshalb also die schwammige Bezeichnung „seasoned casks“?

Nose: Hauptsächlich salzig und nur leicht karamellig süß. Der Rauch strotzt nur so vor Holzkohle und Pfeffer. Von Iod über Gips, sowie Pflaster und Bandagen erinnert einiges dezent an Krankenhaus; sogar die bunten Aufmunterungsluftballons. Bis hierher wenig spannendes, doch dann steht urplötzlich eine alte Bienenwachskerze im Glas – Hammer! Zitrisch wird es auch. (87)

Taste: Auch an dieser Stelle sind die Pflaster und anderen Verbandsmittel nicht so ausgeprägt, was meinem Geschmack entgegen kommt. Kräftig ist er aber allemal, der würzige Rauch haut ziemlich rein. Salz und Bienenwachs versuchen, in eine andere Richtung zu lenken, das funktioniert nur bedingt. (84)

Finish: Macht seinem Namen nochmal alle Ehre mit einer „angenehmen“ Mischung aus Diesel, Salz und Iod. Auch Gips staubt durch die Mundhöhle, bevor er nochmal leicht süßlich wird; Karamell und Nüsse zeichnen sich dafür verantwortlich. (84)

Fazit: Ui, mal einer aus der Reihe, der zum Ausgabepreis vielleicht interessant gewesen wäre. Gefällt mir sowohl mit, als auch ohne Wassertropfen. Der wachsige Twist hat mich fast vom Sofa rutschen lassen.

Eine Flasche aus dem 9ten Batch. Grünes Glas, weiße Kappe und weißes Etikett mit rotem, waagerechten Streifen.

Laphroaig Cask Strength Batch 009

10 Jahre in Seasoned Oak Casks bis 02.02.2017 / 58,1%Vol. / Link zur Whiskybase

Eine weitere Info, die Laphroaig auf die Umverpackungen drucken lässt, ist, dass die verwendeten Fässer „charred“ sind. Hinter diesem Begriff steckt die Praktik, die Fässer an der Innenseite thermisch zu behandeln, sodass die Fassdauben an der Oberfläche verkohlen. Dadurch wird der Effekt erzielt, dass die Bestandteile des Holzes, wie Zellulose und Lignin, in andere Verbindungen umgewandelt werden. Ein Prozess, der durch das vorhergehende und wesentlich schonendere „Toasten“ bereits begonnen wurde und nun noch weiter verstärkt wird. Nur durch diesen Herstellungsschritt kann die Eiche Aromen wie Vanille, Karamell, Zimt usw. an die Flüssigkeit abgeben. Charring ist für alle Bourbonfässer eigentlich obligatorisch.

Nose: Intensive Birne wird um metallisches Blut und mariniertes Grillfleisch ergänzt. Verhältnismäßig wenig Rauch, als Ausgleich sind alte Bandagen und Teer präsenter. Mit dem Salz kommt auch das Wachs. (87)

Taste: Da wird erst mal die Zunge mit verprügelt, um zwar mit Pfeffer und Alkohol. Rauch und Pflaster sind gleichauf und verbreiten unerbittlich ihre Medizin. Salz und cremiges Karamell sind da schon deutlich gefälliger, Honig und Tabak ebenso. Verbrannte Kräuter trüben das Gesamtbild. (83)

Finish: Da sind einige Bitterstoffe vom Fassholz hineingeraten. Pflaster, Rauch und Salz setzten auch hier ihren Eroberungszug unaufhaltsam fort. Wärmen tut er definitiv, Honig und Glut sorgen dafür. (84)

Fazit: In der Nase variantenreich bis inkonsistent, schwankt zwischen vielen mehr oder weniger überzeugenden Eindrücken. Mit Wasser wird er speckig und die Frucht wird estriger, ohne gefällt er mir einen Ticken besser.

Mittlerweile bekannt: Optisch fast genauso wie die anderen Batches, hier eine Flasche aus dem 8ten.

Laphroaig Cask Strength Batch 008

10 Jahre in Seasoned Oak Casks bis 03.2016 / 59,2%Vol. / Link zur Whiskybase

Charring hat auch zur Folge, dass die Oberfläche des Holzes aufgebrochen wird, dem im Fass reifenden Spirit also mehr Oberfläche zur Verfügung steht, um zu interagieren, um Aromen aufzunehmen. Außerdem wirkt die entstandene Kohleschicht als natürlicher Filter, der unerwünschte Bestandteile wie Schwefelverbindungen aus der Flüssigkeit entfernt und diese somit weicher macht.

Nose: Diese Edition tritt mit eher dichtem, speckig-rußigem Rauch auf. Salz und Wachs führen einen betörenden Tanz auf. Die Frucht ist tropisch angehaucht und leider nur in Nuancen vorhanden. Ein Tropfen Wasser kann da beim Herauskitzeln helfen. Fisch und Bier, mal was neues. (88)

Taste: Wuchtig, aber nicht betäubend. Die Eiche hat entwickelte Gewürze zu bieten, welche zusammen mit Asche und Rauch tonangebend sind. Salzkörner turnen mal wieder auf gelbem Bienenwachs herum. Karamalz rundet diesen stimmigen Auftritt ab. (85)

Finish: Nach einem wachsigen Moment übernimmt das Zündholz und es wird trocken und würzig am Gaumen. Salz und Rauch kommen da noch ganz gut durch, sonst recht wenig. Zum Ende hin wird es süßer. (83)

Fazit: Mal einer, der mehr nach meinem Gusto gerät, quasi ohne Pflaster & Co.. In der Hinsicht also erfrischend anders als Batch 9 bis 13. Verträgt Wasser, muss aber nicht. Wäre da nur nicht die verbrannte Zäsur am Schluss… aua

Hier sieht die Flasche jetzt geringfügig anders aus, irgendwie mehr Vintage: Eine Abfüllung aus 2004.

Laphroaig Cask Strength Red Stripe

10 Jahre in Eichenfässern / 57,3%Vol. / Link zur Whiskybase

Aus der Zeit, bevor die Batches zur Unterscheidung so schön durchnummeriert waren. Destilliert in 1994, abgefüllt in 2004. Aus der Ära vor Beam also.

Nose: Eine Mischung aus schwarzgeräuchertem Schinken und Salzkristallen, der Rauch ist sehr zart. Der wachsige Grundton trägt Karamell und Vanille vor sich her, die Süße wird immer deutlicher und mündet in roten Beeren, Äpfeln und Honigäpfeln. (89)

Taste: Im Wesentlichen ein Duplikat der Nase, nur rußig und deutlich würziger. Der Rauch ist ein paar Nuancen kräftiger und hat eine mineralische Note hinzugewonnen. Kräftige Holznoten, aber immer noch rund, bis auf die Bitterkeit alle Aromen sind aufeinander abgestimmt. (86)

Finish: Unglaublich wärmend, hier ist noch viel Glut vorhanden. Abgesehen von dem aschig bis rußigem Eichenholz hat auch das Salz einiges mitzureden. Auch, wenn die Süße ein Comeback erlebt. Erdiger Tabak verbindet sich mit metallischen Tönen. (85)

Fazit: Der dezenteste aus dem Line-Up. Zwar immer noch als Fassstärke erkennbar, aber nicht so brachial und ungestüm wie seine Kollegen aus der neueren Generation. Auch die strengen medizinischen Aspekte fehlen. Immer mehr habe ich den Eindruck, dass die erst nach der Übernahme durch Beam so prägnant geworden sind…

Unterm Strich sind diese Whiskys eben alle nur 10 Jahre alt. Auch ohne die ganzen medizinischen Hilfsmittel würde ich mich hier schwer tun, aber dieses Profil hat auch ohne mich genügend Liebhaber. Gerade, wenn ich den Vergleich zu anderen stark rauchigen Single Malts ziehe, fallen mir ausreichend preiswertere Lagavulin, Port Charlotte und auch Ardbeg ein, die mir beim Trinken nicht die Tränen in die Augen treiben.

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Samples privat gekauft | Bilder mit freundlicher Genehmigung der Whiskybase