Drei von einer Destille: Unabhängige Benrinnes
Zugegeben: Der Zusatz „unabhängige“ im Titel war eigentlich unnötig. Die Benrinnes Destillerie bringt außer dem Beitrag zur Flora & Faune Serie keine eigenen Abfüllungen auf den Markt. Eigentümer Diageo verkauft also die Fässer an unabhängige Abfüller oder bringt sie in Blends ein.
Dabei wäre es bestimmt spannend hier eine Storyline und eine eigene Range aufzubauen, denn die Speyside Destillerie hat ein Alleinstellungsmerkmal: Dreifache Destillation. Zum Glück aber gibt es ja die Indie Bottlers, und so kann ich heute ein schönes Trio ins Review bringen.
Benrinnes 2009 A.D. Rattray
Der unabhängige Abfüller A.D. Rattray hat diesen Benrinnes exklusiv für den schweizer Markt abgefüllt. 570 Flaschen mit 56,4% gibt es von diesem 10 jährigen Whisky aus dem Sherryfass. Link zur Whiskybase
Nase: Patschnasser Tabak und frisch gegerbtes Leder. Ein richtig guter Radiergummi. So einer mit einer blauen und einer roten Seite. Saure Sherrynoten. Beeren und Pfirsiche. Dunkle Schokolade und Kakao.
Mund: Gekochte Früchte, vor allem Beeren. Erneut Tabak, Leder und dunkle Schokolade. Zitrone und Zitronenzeste. Ein paar würzige Eichenaromen.
Abgang: Erst süß und beerig, dann leicht bitter. Die Fantastische Aromenkomposition bleibt bestehen. Wieder Sherry und Beeren, Tabak und Leder. Auch der Gummi ist wieder da. Die Länge ist sehr brauchbar.
Fazit: Fantastisch. Ein 10 Jahre alter Whisky in dieser Qualität ist eine Freude. Klar ist es hier vor allem das Fass welches dominiert, aber das ist einfach nur gut! 90/100
Benrinnes 2000 Cadenhead
Die „Small Batch“-Reihe vom unabhängigen Abfüller Cadenhead gehört bald der Geschichte an. Das finde ich persönlich sehr schade, denn die hatte viele tolle Vertreter. Hier haben wir einen Benrinnes aus vier Bourbon Barrels. Ergibt 546 Flaschen, deren Inhalt 18 Jahre reifte und mit 57,5% abgefüllt wurde. Link zur Whiskybase
Nase: Malzig und wachsig. Gleichzeitig süße, reife Früchte. Pfirsich, Birne, Mirabelle, Apfel, Feigen. Das ganze bestreut mit Vanillezucker. Dann macht er einen Schwenk. Die Nase wird von einer angenehmen Alkohol- oder Lösungsmittelfahne gelenkt hin zu einem gekochten, würzigen Schinken. Der kommt gerade heiß aus dem Ofen und wird mit einer Buttersauce übergossen. Ich habe tatsächlich ein Glas über eine Stunde stehen lassen, da ich Besuch bekommen habe. Danach sind in der Nase auch noch brotige Noten zu erkennen. Ein Bonus, wenn man es schafft so lange zu warten. 😉
Mund: Süß und gleichzeitig scharf-würzig. Pfeffer, Ingwer und Chili sind da. Sie ergänzen die Fruchtnoten. Da sind jetzt auch Fruchtsäfte mit dabei. Wenn man ihn lang genug Kreisen lässt kommt noch eine nussige Komponente dazu.
Abgang: Im ersten Moment transportiert er die Nüsse. Bitterstoffe kommen dazu. Die fleischigen Komponenten sind auch wieder dabei. Ein dezente Gumminote on top. Hinten raus kommt die Frucht noch mal. Diesmal Ananas und auch der Ingwer ist wieder da. Der bleibt auch ganz lange noch. Zusammen mit etwas Malz
Fazit: Ganz großartig. Ein Beweis dafür, dass Single Casks einen ebenbürtigen Partner haben. Small Batch ist eine tolle Option Schwächen von Einzelfässern auszugleichen und Prägnanz zu unterstreichen. Warum nur wird diese Serie eingestellt? Dieser Malt hier hat sicher ein paar Ecken und Kanten, die nicht jeder mag. Ich bin ein Fan. 90/100
Benrinnes 1973 Gordon & MacPhail
Aus der klassischen Connoisseurs Choice Reihe stammt dieser Benrinnes des Abfüllers Gordon & MacPhail. Im „Zeitalter“ der Map-Labels, hatten diese 40%. Von 1973-1998 befand er sich in unbekannten Fässern und über die Flaschenzahl weiß man leider auch nichts. Link zur Whiskybase
Nase: Süß und malzig, mit einer schönen klaren Honignote. Dazu etwas getoastetes Holz. Ein paar Apfelspalten und ein Hauch Zitronen. Toffees und Karamellfudge. Schwarzbrot mit heller Krume.
Mund: Würzige und pfeffrige Noten. Cremiges gesüßtes Jogurth mit einem Hauch Vanille. Das Toffee und Rosenwassergeschmack? Gibts sowas? Sauerteig klingt auch noch durch.
Abgang: Auch hier wieder Pfeffer und süße Honigsauce. Ein paar Sherrynoten sind da glaube ich. Erstaunlich wärmend für die 40%. Ein paar bittere Eichennoten kommen langsam hervorgekrochen. Leider ist er ziemlich fragil. Er trotzdem immer trockener und die Zitrusnoten kommen wieder. Vielleicht auch ein wenig Ingwer.
Fazit: Wie so oft. Was wäre, wenn der fassstärke hätte? Auch so ist er schon wirklich gut. Aber mehr Volumen, mehr Robustheit. Das wünsche ich mir. 84/100
Welch Glück…
… so ein Set aus Zufall zu kombinieren. Das war wahrscheinlich nicht abzusehen. Selbst der scheinbar schwächere G&M hat seine Schönheit und erinnert an eine vergangene Zeit in deren Bottlingrange. Die beiden fassstarken Vertreter stellen quasi eine Leistungsschau dar. Einmal für ein dominantes Sherryfass und zum anderen für eine Bourbonfassreifung und Small Batches. So wünscht man sich das!
Bilder: Titel: Screenshot aus Video (Willie Phelim on youtube youtu.be/u8f3NefYxek), freundliche Bereitstellung von „aspa“ (danke!) und eigene Anfertigung
Samples: Offizielles Sample, privat gekauft und eigene Flasche
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