By Alan Jamieson, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=58584087

Die Lücken schließen (Teil 3) – Scapa

Oft witzeln wir, dass die Secret Orkney Abfüllungen keine Highland Parks sind, sondern ja alle Scapa sein könnten. Ganz unlogisch wäre das zwar nicht, denn man findet eigentlich keine unabhängig abgefüllten Scapa. Aber da Scapa nicht oder nur durch den Quellfluss ganz leicht getorft ist, kann man meistens schon ganz eindeutig sagen was es ist. Nur, wenn man ehrlich ist, dann findet man auch kaum Originalabfüllungen. Stellt sich die Frage was Pernod Ricard mit den 1.000.000 Litern Schnapps macht, die dort jedes Jahr produziert werden. Sehr wahrscheinlich geht einiges davon in Blends wie Chvias oder Ballantine’s.
Insgesamt also nicht ganz einfach einen Eindruck von der Insel-Destillerie im Norden zu kriegen. Ich versuche mich heute daran in dem ich drei unabhängige Bottlings probiere. Ein aktuelles und zwei aus der Wayback-Machine des Whisky.

Scapa 1979 – The Vintage Malt Co.

Ich starte mit einem 14 Jahre alten Malt mit 58,1%, destilliert Ende der 70er. Abgefüllt wurde er durch The Vintage Malt in ihrer Coopers Choice Reihe für den italienischen Markt. Über die Anzahl der Flaschen oder das Fass weiß man nichts. Derr Farbe nach würde ich sagen ein Bourbon Cask. Aufgemacht wurde die Flasche dieses Jahr auf der Messe in Limburg, ist als noch ganz frisch. Link zur Whiskybase

Nase: Ach schön. Orkneyschnapps, wie ich ihn mag. Kiesweg, Heidekraut, ingesamt sehr recht floral angereichert mit einer dezenten Süße (Honig). Zusätzlich kommt noch ein Hauch Fass mit rein.

Mund: Schön salzig. Dazu Zitrone, ziemlich viele Bitterstoffe (Kaffee und Kräuter). Das ist so früh schon eher ungewöhnlich, stört aber auf keinen Fall. Aus den Blumen wird jetzt Gras. Der Honig bleibt und verbindet sich mit den Fassnoten, die langsam in einen old-style abdriften.

Abgang: Die Bitterstoffe dominieren jetzt. Dazu genau die richtige Menge Holz und ganz wenig Vanille. Wärmend geht es dem Ende zu.

Fazit: Highland Park ohne Rauch? Count me in. Das ist sehr lecker! Nicht übermässig komplex aber einfach sehr geradlinig und schön. Christian ergänzt noch: Cremig und es gibt ein Stück Honigkuchen. 90/100

Scapa 1977 – Duncan Taylor

Es geht noch zwei Jahre weiter zurück. Und ingesamt ist der Duncan Taylor Scapa aus einem “Oak Cask” doppelt solang gereift. Nach 28 Jahren sind noch 186 mit fast 60% übrig geblieben. Aufgelegt wurde er in der Rare Auld Reihe. Link zur Whiskybase

Nase: Etwas Vanille, etwas Puderzucker. Einiges an Holz und eine Unmenge an Früchten. Von der Mango über Banane, Maracuja und Mandarine bis hin zu mehligen Äpfeln und Pflaumen mit Zimt bestreut. Ich hab diese Woche viel gebacken. Irgendwas erinnert mich auch daran. Hefeteig mit viel Salz und Wildkräutern.

Mund: Honig, Salz, Kaffee, Nüsse, Pfeffer. Früchte mit saftigem Fruchtfleisch: Kiwi, Apfel, unreife Maracuja. Gerste und bei der Reifezeit nicht weiter verwunderlich: Holz. Damit geht er aber souverän um.

Abgang: Mehr Kaffee. Dazu Kräuterhonig, wärmend und würzig. Die Eiche gibt den Ton an. Vanille, Fruchtschalen, etwas von Pergament. Ein stimmiger Abschluss.

Fazit: Unglaublich lecker. Die Nase ist dabei im Vergleich wirklich herausragend, der Rest ist aber auch gut. Der Orkney-Charakter blitzt hier nur kurz durch. 91/100

Scapa 1990 – Gordon & MacPhail

Fast forward: Ein “frisch” abgefüllter Scapa mit über 30 Jahren im Fass. Ein Refill Sherry Hogshead, abgefüllt von Gordon & MacPhail in der Connoisseurs Choice Reihe. Es enthielt auch 186 Flaschen, diesmal mit ganz knapp über 60%. Link zur Whiskybase

Nase: Erstmal ein kurzer Sherry-Monster-Shock. Dahinter finde ich aber trotzdem Heidekraut. Eine positive Überraschung. Dazu Kirschmarmelade, eine Idee Rauch. Dann Leder, Tabak, rote Früchte.

Mund: Sehr mild zu Anfang. Leichte Süße, rote Früchte. Dann kommt doch noch Alkohol, mit etwas Pfeffer. Später glasierter Apfel. Wenige Bitterstoffe (milder Kaffee).

Abgang: Trocken, mit einem ganz leichten Heidekrauteinschlag. Die Früchte werden jetzt eingekocht. Dazu kommen ein paar Waldnoten.

Fazit: Komplexer Dram, der zum Glück nicht den “Tod durch Sherry” erlitten hat. Der macht sehr viel Spaß, die “nackten” Fässer machten mir aber im direkten Vergleich noch mehr Spaß. Deswegen 89/100.

Chancen muss man nutzen

Keine Sorge, ich fange jetzt nicht an mit Fussballvergleichen, auch wenn die EM kurz vor der Tür steht. Ich meine auch keine sportlichen Chancen. Aber die Chancen Scapa zu probieren, die sollte man als Whiskyfan nutzen. Ich glaube da steckt mehr drin, als die Whiskywelt aktuell widerspiegelt!

Mehr zu: Scapa, Die Lücken schließen (Teil 2)
Bilder: Titel: By Alan Jamieson, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=58584087 | Flaschen: Freundliche Überlassung der Whiskybase und eigene Anfertigung
Samples: Eigene Flasche und privat gekauft