Scottish Highland Cow in the Snow by David Alexander Elder on Flickr https://www.flickr.com/photos/davidalexanderelder/15953093420

Eine Hand voll Highlands (Teil 10)

Bereits zum zehnten mal gibt es heute einen Ausflug in meine Notes zu Highland Single Malts. Heute sind wieder echte Highlight dabei, ein paar sehr junge Malts und gut gereifte „Senioren“.

Dornoch 2017 bottled for Caora

Eine Flasche Dornoch 2017 bottled for Caora

Was ist klein kommt aus der Schweiz und heißt kleines Schaf auf Gälisch? Der unabhängige Abfüller Caora. Sie haben uns schon einen großartigen 1996er Ben Nevis beschert und haben eine überschaubare aber illustre Reihe an weiteren Abfüllungen auf den Markt gebracht. Jetzt ist es ihnen gelungen einen Dornoch abfüllen zu lassen. Gerade mal 90 Flaschen aus einem 50l Bourbon Octave gibt es davon. Abgefüllt wurde nach 5 Jahren mit 59,2%. Link zur Whiskybase

Nase: Wunderschön fruchtig und malzig. Zwischendrin kommt mal etwas Lösungsmittel auf. Das wird aber schnell von einer grasigen und einer nussigen Note ersetzt. Nach einiger Zeit kommt dann das für mich typische an Dornochs: Dill und Gurke. Ich weiß, wahrscheinlich bin ich da komisch unterwegs aber besser kann ich das mit meiner Sensorik nicht beschreiben.

Mund: Mineralisch bis salzig geht es los. Dann kurz etwas Pfeffer vom Alkohol. Kurz darauf eine intensive Süße. Nach ein paar Runden im Mund sind intensive Getreidenoten und Vanille präsent. Zitrusschalen, angetrocknete Früchte, Nüsse und etwas Popcorn.

Abgang: Toastbrot, Getreidekaffee, ein Mon Chérri ohne den Schnaps drin. Hinterlässt ein leicht trocknes und gleichzeitig cremiges Mundgefühl. Desto schneller man ihn trinkt und schluckt, desto intensiver sind Frucht, Malz und Gurke dann auch bin in den Abgang. Wenn man lange nosed, lange im Mund kreisen lässt, dann wird der Abgang davon immer weniger.

Fazit: Ein wunderschönes Bottling. Ich lieb ja die Dornochs. An dem hier gibt es nichts auszusetzen. Der Alkohol ist teilweise sehr fordernd, aber damit kann man gut spielen und ich sowieso gut leben. 89/100
Danke an David, Michi, Roman und Ruedi von Caora, dass ihr dieses Bottling möglich gemacht habt. Vor allem mit dem Deal nur die geöffnete Flasche zum Normalpreis erstehen zu können, um die Flipperei einzudämmen, habt ihr meinen Respekt noch mal mehr verdient. Danke auch an meine Schweiz-Connection Stefan, der mir den Import ermöglicht hat.

Ardnamurchan 2016 – Cadenhead’s

Eine Flasche Ardnamurchan 2016 von Cadenhead's

Ein sechs Jahre alter Ardnamurchan von Cadenhead’s. Abgefüllt im Winter 22, als man in Deutschland noch sinnvoll an die Abfüllungen ran kam. Aus der Sherry Cask Serie stammend stammt er natürlich auch aus einem. Ein Oloroso Cask, dem man 324 Flaschen mit 56% entnahm. Link zur Whiskybase

Nase: Intensive fruchtige Noten. In allen Farben und Formen. Hell, grün, rot, dunkel. Gekocht, frisch, getrocknet. Das ist ganz fantastisch. Dahinter liegt noch eine leichte Rauchnote. Typischer Highland Peated Whisky würde ich sagen. Dazu kommt noch Leder und fruchtige Tabaknoten. Außerdem noch etwas Schokolade mit Hagelsalz.

Mund: Sehr ähnlich zu den Eindrücken beim Nosing. Allerdings verschiebt sich das Gewicht deutlich in Richtung Tabak und Schokolade. Außerdem ist eine würzige Komponente dazu gekommen. Die Textur ist sehr cremig. Mit der Zeit sind auch noch dunkle Kaffeenoten dabei.

Abgang: Nochmal verschiebt sich das Gewicht. Die würzigen Noten sind jetzt dominant. Das geht stark in Richtung Fleisch- und Gemüsebrühe. Generell jetzt mehr gekochtes Gemüse als gekochte Früchte. Ein schöner Schwall an schokoladigen Bitterstoffen rundet das ganze dann ab.

Fazit: Eine junge Schönheit. Vielleicht ingesamt ein wenig viel Fass, auf der anderen Seite ist immer noch klar der getorfte Malt erkennbar. Insofern: Für mich alles richtig gemacht. 89/100 Mit Wasser nimmt die Würze deutlich überhand und es kommt noch eine intensiv kräutrige Note dazu. Wer keine Kräuterbitter mag, dem rate ich vom Gebraucht von Wasser ab!

Royal Brackla 2013 – The Whisky Cellar

Eine Flasche Royal Brackla von The Whisky Cellar

Noch ein wirklich junger Whisky. Diesmal aber von einer wirklich alten Destillerie. Allerdings nicht gerade eine aus der ersten Reihe. Sogar so weit hinten dran, dass dies mein erstes Review dieser wird. Der Brackla ist sieben Jahre als und wurde in einem 1st Fill Oloroso Quarter Cask turbogereift. Das erklärt natürlich auch die Farbe. 160 Flaschen mit 56,8% wurden 2020 von The Whisky Cellar abgefüllt. Link zur Whiskybase

Nase: Ich stehe vor einem Herd. Nebeneinander kochen Früchte ein, Kuvertüre wird geschmolzen und Rinderbrühe gekocht. Irgendwo im Hintergrund hat jemand was mit Holz und Farbe gemacht.

Mund: Prickelnde Früchte und intensive aber dennoch weiche Bitternoten. Da sieht man wirklich wie gut dieses Fass war. Es bringt intensive würzige Noten an den Start, genauso wie die Früchte und die dunklen Sherrynoten. Den kann man quasi für immer durch den Mund schwingen. Der Alkohol ist extrem gut eingebunden, die Intensität nimmt nicht ab.

Abgang: Die drei Töpfe wurden mittlerweile zusammengemischt. Die Melange aus Gewürzen, Früchten und Schokolade geht vollständig ineinander über. Trockener und immer trockener wird es. Endet mit einem Touch Tabak und Salz.

Fazit: Ganz ehrlich: Hier spricht nur das Fass. Aber es ist eben ein geiles Fass. Absolut gelungen, was The Whisky Cellar hier abgefüllt hat. 88/100

Balblair 1990 2nd Release (2016)

Eine Flasche Balblair 1990 2nd Release (2016)

Genug junges Gemüse. Ein 26 Jahre alter Balblair aus Ex-Bourbon Casks und Ex-Oloroso Butts abgefüllt mit 46%. Eine Anzahl Flaschen gibt man nicht an. Link zur Whiskybase

Nase: Melasse, Zuckersirup, Demerarazucker. Wenn der Angriff des Süßkrams vorüber ist, dann kommen wachsige Noten, alte Hölzer, auch etwas angestaubte Bücher. Dazu einige Früchte, vor allem Trockenfrüchte, und ein Gebäckstück mit Vanille.

Mund: Sehr viele Bitterstoffe, einiges an Eichenwürze. Ingesamt dabei weich, aber vielleicht ein wenig dünn. Das macht die Bitterstoffe sehr dominant. Wachs und Früchte können nur noch Nuancen an Tiefe vermitteln. Beim zweiten und dritten Versuch kriege ich noch etwas Minteralität dazu. Das hilft.

Abgang: Etwas Zitrus, etwas Schokolade, Rosinen, Tee. Natürlich auch wieder die Holznoten. Allerdings weit weniger intensiv. Wachs kommt nochmal dazu. Er wird langsam trocken und kriegt noch einen nussigen und erdigen Touch.

Fazit: Keine Offenbarung, aber ein gut gereifter Sherry Whisky. Im Mund hatte ich beim ersten Versuch das Gefühl die Fässer hätten etwas zu viel mitgegeben. Das legt sich allerdings wieder. Schönes Ding. 88/100
2nd Release heißt er deshalb, weil ab einem gewissen Punkt die Releases der 1990er nicht mehr den selben Charakter hatten. Immer wenn das passiert ist hat man bei Balblair ein neues Release verkündet. Über ein konkretes Batch sagt das nichts aus. Diese kann man wiederum nur über die Bottlecodes ermitteln. Mein Bottling hier ist damit ein anderes als jenes das ich hier (Link) reviewed hat. Obwohl beides 2nd Releases sind.

Clynelish 1995 – Signatory Vintage

Eine Flasche Clynelish 1995 von Signatory Vintage

Ein Casksplit von Signatory. Aus einem Refill Sherry Butt. 4th Fill, wenn man der Farbe nach urteilt. Abgefüllt wurde er nach 23 Jahren mit 54,4% in 266 Flaschen. Link zur Whiskybase

Nase: Heftiger Stich in der Nase. Dahinter deutliche Wachsnoten, vor allem warmes, fast flüssiges Wachs. Nach kurzer Zeit legt sich dann der Alkohol. Dann kommen schöne Fruchtnoten. Auch Schalen mit Wachsschicht natürlich. Dahinter auch Leder. Einige grasige Noten, Pergament und ein staubiges Buchregal.

Mund: Cremiges Mundgefühl, dennoch packt der Alkohol gut an. Dann kommen Früchte, frisch und gärend. Wieder mit viel Wachs. Jetzt auch mit leichter Mineralität, ein wenig Vanille und einigen Bitterstoffen dunkler Schokolade. Die leichten Ledernoten sind auch noch da. Parfümierte Lederpolitur „Zimt“.

Abgang: Eine schöne Süße kommt dazu. Geht in Richtung Honig. Dann Süßholz, Grapefruit, Schokolade und Salz. Auch erdige und angenehm holzige Noten sind da. Das brennt sich angenehm lange in die Sensorik ein. Dabei wärmt er nebenher auch noch schön den Rachen.

Fazit: Bis auf den anfänglichen alkoholischen Touch ist das ein ganz fantastisches Bottling. Um diesen komplett loszuwerden empfehle ich keine Copitta als Glas zu verwenden, sondern etwas mit einer weiteren Öffnung. Ansonsten habe ich hier nichts auszusetzen. Tiefe und Aromen. Alles da, alles Clynelish. Sherry Butt gibt nur noch einen Touch mit. So darf das sein. 90/100
Lustigerweise kann man den hier noch heute für 600,- im Sekundärmarkt kaufen. Lustig ist das deshalb, weil die neuen Releases (u.a. auch von Signatory) aus 2022 und 2023 schon direkt beim Händler 700+ gekostet haben. Wer soll das denn bezahlen und vor allem für den Preis trinken?

Keine Enttäuschungen

Oder vielleicht doch. Der Balblair… den hätte ich gerne noch besser gesehen. Ich mag die alten Abfüllungen und da hatte ich schon noch ein paar Nuancen mehr erhofft. Wenn die Enttäuschungen auf 88 Punkten landen, dann kann man sich sicher sein, dass es eigentlich keine gab. Im Gegenteil, die jungen Abfüllungen machen was sie können und sollen und schicken den Dornoch vor, der sich nicht hinter einem Fass verstecken muss. Die gereiften Abfüllungen tun auch was sie sollen, mit einem Clynelish als Star of the Show.

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Bilder: Titel: Scottish Highland Cow in the Snow by David Alexander Elder on Flickr https://www.flickr.com/photos/davidalexanderelder/15953093420 | Eigene Anfertigung und freundliche Überlassung der Whiskybase
Samples: Eigene Flaschen und privat gekauft