Zwei Generationen Balblair (+Bonus)

Im Jahr 2019 hat Balblair die Standardrange umgestellt. Zuvor hatten sie Vintage Malts, d.h. eine Angabe des Brennjahres. Das war so ziemlich ein Alleinstellungsmerkmal und sicher auch nicht einfach, hier einigermaßen Konstanz herzustellen. Das wird vielleicht auch ein Grund gewesen sein auf Jahresangaben umzustellen. Auch hier haben sie sich aber eine Besonderheit erhalten: Sogar der Einsteiger trägt eine Jahreszahl. Das kriegt bei weitem nicht jede Destillerie hin.

So machen ich heute also einen Ausflug in die Highlands und schaue mir an, was die neuen Bottlings können und was wir in Zukunft vermissen dürfen. Als kleinen Bonus gibt es noch ein unabhängiges Bottling von Cadenhead.

Balblair 12-year-old

Es geht los mit dem neuen Einsteiger. 12 Jahre alt und 46% stark. Viel mehr Infos gibt es nicht. Es ist nicht kühlfiltriert und gefärbt. Das ist vielleicht dann noch eine Besonderheit bei Einsteigern. Der Farbe nach zu urteilen waren da (fast) ausschließlich Bourbonfässer am Werk und so sagt es auch das Label: Bourbon-Casks und double fired American Oak Casks (mehr Feuer *hrhr*) Link zur Whiskybase

Nase: Relativ grasig, mit dezenten Früchten. Äpfel und Ananas sind dabei. Dazu etwas Vanille und Cocos und ein paar dreckigere Noten. Das ist ok, macht aber einen sehr jungen Eindruck. Der Alkohol ist merkbar und nicht integriert.

Mund: Aufrdringlich würzig, mit Pfeffer und Chili geht es los. Dann kommt die Vanille wieder und einiges an relativ frischem Fass. Bitterstoffe sind schon im Mund präsent und auch hier ist, obwohl in Trinkstärke, der Alkohol wieder deutlich erkennbar. Dazu ein wenig Müsli, mit viel Haferflocken. Früchte sind hier nicht so sehr im Programm. Wenn dann als Zitronenschale oder Ingwersaft.

Abgang: Die Bitterstoffe dominieren. Dazu kommen die Äpfel zurück und das Müsli ist auch wieder da. Ein Kleks Honig ist auch noch dabei.

Fazit: Macht einen sehr jungen Eindruck. Grundsätzlich ganz ok. Mehr aber auch nicht. Ich frag mich ob das der richtige Einstieg in die Range ist. Preislich auf jeden Fall fair. 35€ für einen 12jährigen ist nicht am oberen Ende des Marktes. 81/100

Balblair 15-year-old

Drei Jahre älter und nicht mit mehr Feuer sondern mit mehr Spanien versehen. Laut Label Spanish Oak Butts. Ich vermute damit sind Sherryfässer gemeint. Aber sicher sein kann man da nicht. Link zur Whiskybase

Nase: Eine wunderbar süße und leicht würzige Nase. Mit klarem Hinweis auf Sherry-Fässer. Da sind auch viele Früchte, wie z.B. Pflaumen. Aber auch Zitrusfrüchte, Zitrone, Limette, Orange. Die Süße kommt gefühlt weniger aus Richtung der Früchte. Das ist eher Malzsirup oder Honig. Beim zweiten und dritten Nosen hab ich auch noch Birnen und Melone gefunden. Es gibt auch noch einen Touch in Richtung eines Lacks oder so ähnlich. Das konnte ich aber nicht so richtig greifen.

Mund: Pfeffer, Zitronen und Limetten, ein Kalksandsteinboden, Holznoten, Disteltee, Haselnüsse. Ist das ein anderer Whisky? Scheint so. Eine Idee von Menthol und paar Bitterstoffe. Vanille und Kokos kann ich zwischendrin auch mal finden. Leider immer wieder auch Seife. Das ist störend

Abgang: Leichte Tabaknoten, Kaffee und Schokolade. Einige Bitterstoffe, ein Spritzer Zitrone. Leichte Süße verbindet. Das ist schon eher wieder mit dem Anfang vereinbar. Dennoch immer noch deutlich anders. Vor allem die Fruchtnote vermisse ich irgendwie. Auf der anderen Seite ist er so sehr gut alleinstehend. Auch ein positives Merkmal.

Fazit: Spannend. Das ist wirklich interessant einen Malt im Glas zu haben, den man eigentlich zwischen Nase, Mund und Abgang nicht wiedererkennt. Auf allen Ebenen ist er mindestens solide. Mir hat die Nase am besten gefallen. Der Taste ist hingegen etwas besonderes. Schön wenn sowas als Standard abgefüllt wird! Die Seife macht es mir allerdings schwer mehr Punkte zu geben. Hier sind wir dann schon bei 63€. Das ist immer noch nicht wild. 84/100

Balblair 18-year-old

Wieder drei Jahre mehr, ansonsten hat sich nichts geändert. Auch hier wieder die ominöse spanische Eiche und 46%. Zusätzlich wird jetzt die Kiste eine Aufwertung erhalten. Aber die kann hald nicht trinken… Link zur Whiskybase

Nase: Staub auf dem Holzregal, dazu etwas Pappe und eine Erinnerung an die ledergebundenen Bücher, die da vielleicht mal drauf lagen. Ein paar helle und rote Früchte: Saure Pflaumen, vielleicht sogar Pflaumenwein. Auch einige Trockenfrüchte sind dabei. Etwas Vanille ist auch dabei.

Mund: Würzig geht es los, mit Pfeffer und Ingwer. Dann kommt direkt Vanille und Zitrone hinterher. Eine Haselnusscreme und helle Schokolade.

Abgang: Schokoladig geht es am Gaumen vorbei. Leicht nussig mit viel Honig und auch ein wenig Espresso. Eine Praline mit Grand Manier darin und ein paar Rumrosinen dazu. Ein paar erdige Noten hinten raus sind ein kleines Highlight.

Fazit: Wenig von diesem Whisky ist aufregend, einiges ist lecker. Er ist gut ausbalanciert, so wie man das von einem 18-jährigen erwartet. Preislich wird es jetzt etwas steiler, 110€ um genau zu sein. Geht immer noch, mir wäre er es aber wahrscheinlich nicht wert für eine ganze Flasche. 85/100

Balblair 1990 2nd Release

Auch früher schon hat Balblair die Standardrange mit 46% abgefüllt. Dieses Bottling kam 1990 in Bourbon Casks und Sherry Butts und dann 2015 in das sog. 2nd Release. Balblair hatte “damals” die Besonderheit Releases erst dann raufzuzählen, wenn sich aus Sicht des Masterblenders der Charakter signifikant verändert hat. Link zur Whiskybase

Nase: Sherry, Rumrosinen und Schokolade, Kirsche, Kirschschnaps, Papaya, Leder, Eukalyptus, Marzipan, Schuhpolitur. Hier ist schon in der Nase wesentlich mehr los, als beim 18jährigen insgesamt!

Mund: Ein Start mit etwas Würze, dunkle Schokolade, kandierter Ingwer, Bitterstoffe, vor allem Richtung Espresso. Da zu noch mal Rumrosinen.

Abgang: Wärmend, dann Schokolade, Tabak, Zimt, Ingwer, auch ein wenig Zitrus, vielleicht eine Idee von Limoncello, Paprikapulver, Pflaumenkompot, getrocknete Johannisbeeren, Eichenwürze, hinten raus schön trocken.

Fazit: Wunderbar komplex. So wünsche ich mir die Original Bottlings! Leider nicht mehr direkt erhältlich. Dürfte ursprünglich mal bei 130€ gewesen sein. Aber selbst die 200€, die jetzt aufgerufen werden, kann man sich noch überlegen. Wenn einem dieses Profil perfekt zusagt. 89/100

Balblair 1989 3rd Release

Ein Jahr früher ins Fass, hier sind nur Bourbon Barrels am Werk, und 2013 wieder raus. Ansonsten kennen wir ja die Werte schon von den anderen Abfüllungen oben. Link zur Whiskybase

Nase: Vanille, leichtes Hefegebäck, ein ganz milder weicher Cognac, vielleicht auch Eierlikör, ein Craft-Limetten-Sirup, helle Früchte: Banane, Mango, Äpfel. Das ist schon deutlich anders und auch besonders. Das Nosen macht Spaß!

Mund: Ingwer, Vanille, helle Früchte, Milchkaffee, etwas Holz, Zitronen und Äpfel, leicht trocken, eine wachsige Textur, Honig, mit Wasser verdünnt.

Abgang: Zitronengebäck mit Abrieb, trocken, Sirup wird auf das Gebäck getreufelt, Zitronenverbene, Sauerrahmbutter, ganz leichte Eichenwürze

Fazit: Ein recht solides Bourbon-Bottling. Ich hätte mir etwas mehr erwartet. Als ich ihn zum zweiten Mal probiert habe hat er mir wesentlich besser gefallen. Übrigens war der Ausgabepreis unter 120€… für den Preis absolut solide! 87/100

Balblair 2011 Cadenhead

Die berühmte Small Batch reihe von Cadenhead. Wir werden ihr noch soooo sehr hinterherweinen. Mal sehen ob auch dieses Bottling dazu beiträgt. Acht Jahre jung ist es und stammt aus einem Refill Sherry Butt mit einem Finish in zwei fresh Sherry Hogsheads. Das ergibt dann 648 Flaschen mit 57,8%. Link zur Whiskybase

Nase: Honig und auf den Kernen trocknende, süße Trauben. Mazerierender Wein mit Blättern und Kernen darin. Ein Mars Schokoriegel von dem man die Schokolade entfernt hat.

Mund: Deutlich Spürbare Säure trifft die Zunge, dann geht es über in eher süße, eingelegte Früchte. Dazu wieder die Traubenkerne. Der Wein wächst auf Kalkboden. Die Salzerezeptoren schlagen vor dem Schlucken auch noch an.

Abgang: Wärmend mit einer schönen länge. Lebhafte Süße und Säure, aber auch trockene und wachsige Qualitäten. Ein wenig Rosinen und dunkle Schokolade. Walnüsse. Passende Bitterstoffe.

Fazit: Für mich ein tolles Beispiel wie gut junge Destillate sein können. Man merkt zwar stellenweise schon, dass hier nur 8 Jahre Reife am Werk waren. Dennoch ist es mit aussergewöhnlichem Fassmanagement gelungen einen Malt abzufüllen, der dem 1990er ebenbürtig ist. Wenn man fassstarke Abfüllungen stark präferiert, dann ist er ihm wohl sogar vorraus. 89/100

Verständlich, aber schade…

Durch dieses Erlebnis und auch meine Eindrücke anderer Vintage Balblairs muss ich zugeben: Die neuen Abfüllungen können da (noch?) nicht mithalten. Ich kann das Ganze aus Sicht der Brennerei wohl verstehen. Ist wohl einfacher zu managen, der ROI wird höher sein und es passt auch besser zum aktuellen Markt. Mal sehen wie es sich entwickelt. Sie haben ja versprochen auch weiterhin Vintage Malts rauszubringen, nur eben nicht als Standardrange.
Ein Knaller zum Schluß war dann noch der Indie … acht Jahre… unglaublich was da abgeht. Ein kleines Juwel!

Bilder: By K. Schwebke – Own work (transferred from de:File:Balblair.jpeg), CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=6008656 und eigene Anfertigung | Samples: Privat gekauft und eigene Flasche