"Loch Muick in Winter" by Kenny Muir, CC BY 2.0 , via Wikimedia Commons

Immer mehr Speyside im Glas (Teil 10)

Bevor das Jahr rum ist gehen wir noch mal in die Speyside. Ich hab noch ein paar Review im Backlog. Aus aktuellen Teilungen und den Tastings dieses Jahres. Eine gute Gelegenheit um damit auch abzuschließen.

Speyside Single Malt Scotch Whisky 2009 – Phil & Simon Thompson

Eine Flasche Speyside Single Malt Scotch Whisky 2009 von Phil & Simon Thompson

In einem unbekannten Land… äh nein das stimmt natürlich nicht. Land und Region sind bekannt. Aber welche schottische Malt Whisky Distillery hinter dem Fass, dass die Thompson Brüder hier in 47 Flaschen gefüllt haben, steckt, dass ist nicht bekannt. 50,6% hat der 8-jährige Speysider und er stammt aus der Error 502 Bad Gateway Reihe, bei der Fässer mit geringem Outturn verarbeitet werden. Link zur Whiskybase

Nase: Intensiv malzig, ein Sack mit Getreide und eine leicht herbe Honig- oder Sirupnote. Dann kommen Früchte. Vor allem vergorene oder bereits zu Alkohol verarbeitete gelbe Früchte. Dahinter helle Schokolade und eine dezente Eukalyptusrauchnote. Im Sinne eines dampfenden Tees, der einen Raum weiter steht.

Mund: Würzige Tee- und Kräuternoten. Kräutertee? Daneben liegt eine schokolierte Frucht. Das Getreide ist jetzt zu einem Kaffee aufgebrüht und ein Schuß Milch wurde hinein gekippt.

Abgang: Knackige Zitrusnoten und wunderbare Bitterstoffe nehmen das auf. Apfelschale, Zitronenzeste und wieder die Teenoten. Das ergibt ein entzückend stimmiges Bild.

Fazit: Ich sag es frei raus: 8 Jahre? Meine Güte, diese Tiefe und Komposition kriegt man mit den Rahmendaten wirklich nicht oft. Hier leider auch nicht, weil es ja nur so wenige Flaschen sind. Was ich im Glas hatte, das hat mir wirklich gut gefallen. Elf Punkte für jedes Jahr im Fass. 88/100

Glenallachie 10-year-old Cask Strength Batch 10

Eine Flasche Glenallachie 10-year-old Cask Strength Batch 10

Bereits das 10te Batch des CS10 von Glenallachie. Batchgröße ist unbekannt. Die Reifung erfolgte in einem Mix aus PX, Oloroso, Red Wine und American Virgin Oak. Abgefüllt wurde mit 58,6% Link zur Whiskybase

Nase: Braucht einen Moment an der frischen Luft. Vorher ist er beißend scharf in der Nase. Würzige und nussige Olorosonoten und eine intensive Süße steigen danach aus dem Glas. Dann auch noch Kakao und Vanille. Der Alkohol ist für mein Gefühl nicht gut eingebunden.

Mund: Blutorange, Metal, Vanille. Dann wieder Nüsse und intensive Würze. Der Alkohol ist weiterhin too much. Etwas Milchschokolade. Mit Wasser kommen etwas Kirschen raus.

Abgang: Intensive Würze und viele Bitterstoffe. Ein metallischer Unterton. Kaffeemehl. Mit Wasser wird er etwas trinkbarer aber auch nur etwas. Er wird auf jeden Fall sehr… fleischig.

Fazit: Der Alkohol macht das Ding für mich wirklich schwierig. Ich kann mir das nicht schönreden. Und wenn man genug Wasser reingibt, dass diese Problem weggeht, dann wird er etwas Stumpf und besteht fast nur noch aus den Bitterstoffen und der Würze. Ich predige ja sonst immer für Fassstärke. Das hier ist für mich die Antithese. Ist vielleicht aber auch einfach Tagesform. Wer weiß. 80/100

Linkwood 2010 – Phil & Simon Thompson

Eine Flasche Linkwood 2010 von Phil & Simon Thompson

Ein Linkwood von den Thompson Brüdern und ganz ehrlich nicht direkt in meiner Komfortzone. Ein ex-Rotweinfass, das könnte kritisch werden. Immerhin wurde es abgezogen und neu ausgekohlt. Das könnte helfen. 13 Jahre, 260 Flaschen, 54% sind ansonsten die Werte. Link zur Whiskybase

Nase: Ok, das Weinfass ist einfach direkt da. Beschwipste Früchte, leicht drüber schon. Oder doch vielleicht eher eine fruchtige Bowle. Dahinter etwas Marzipan, Rosenwasser und der künstliche Geruch billiger Fruchtkaugummis. Und komischerweise klingt das jetzt insgesamt viel negativer als es ist.

Mund: Die Süße schlägt sofort ein, wir aber dann von einer leicht scharfen Würze direkt gekontert. Mit Puderzucker bestäubte Kräuter. Etwas Zitrus, eine leichte Holznote.

Abgang: Er ist ganz kurz verschwunden, kommt dann aber mit der breite der Süße und der Tiefe von einige Bitterstoffen zurück. Salz, helle Früchte, nochmal etwas Bowle. Dazu wieder Pfefferschärfe eine Art fruchtiger Amaro. Ich würde sagen hier wurden vor allem Fruchtschalen mazeriert.

Fazit: Ich hatte etwas Sorge, die war aber unbegründet. Das psychodelische Nilpferd kann schon was. Der Brennereicharakter ist allerdings weitestgehend verborgen geblieben. Für mehr als einen Dram am Abend wäre er mir allerdings zu anstrengend. 85/100

Aultmore 10-year-old – Whiskybroker for Whiskyfacile

Eine Flasche Aultmore 10-year-old Whiskybroker für Whiskyfacile

Eines der Tasting, die ich dieses Jahr gehalten habe, drehte sich rund um die Odysseus-Serie von Whiskyfacile. Nicht nur dass diese tollen Whisky eine große Freude zum trinken sind, mit der Story dahinter kann man natürlich auch einiges anfangen. Alle sieben hab ich noch nicht verblogt, Zeit das noch nachzuholen. Z.B. mit diesem Aultmore aus dem Sherry Butt und PX-Barrel. 159 Flaschen mit 51,2% kamen dabei raus. Link zur Whiskybase

Nase: Erdige Noten, Röstaromen dahinter etwas Honig und Zitrusschale. Aber auch Hafer und Kekse getränkt in Kirschwasser. Und diese Schokoladenstäbchen gefüllt mit billigem Schnapps. Ahhh, wunderbare Erinnerungen 😉

Mund: Es geht weiter mit Kirschwasser, dazu auch Schokolade und ein trockenes Mundgefühl. Ledrige Noten und Tabak kommen dazu.

Abgang: Sehr trocken mit ein nuancierten Wechsel zwischen den unterschiedlichen aufgespritteten Weinen. Madeira, Portwein, Sherry – da finde ich mich grundsätzlich überall irgendwie wieder. Auch weißer, trockener Wermut ist mit dabei.

Fazit: Eine wunderbare Tiefe, die man vielleicht von einem 10 Jahre alten Whisky nicht erwartet. Zusätzlich ist auch der PX im Sinne der Süße nicht dominant. Das gefällt mir in dieser Kombination wirklich gut. Keiner für die Ewigkeit, aber ein wirklich schönes Bottling. 86/100

Glen Elgin 12-year-old – Whiskybroker for Whiskyfacile

Eine Flasche Glen Elgin 12-year-old Whiskybroker für Whiskyfacile

Und noch eines der Facile-Bottlings. Ein Glen Elgin aus dem refill Bourbon Hogshead. 180 Flaschen mit 56,5% wurden abgefüllt. Mal sehen ob er mich verführen kann, so wie Circe es mit Odysseus versucht hat. Link zur Whiskybase

Nase: Malzig und süß. Die frisch aufgebrochene Gerste, warmes, hefiges Wasser darüber. Ich fühle mich voll in den Brennprozess versetzt.

Mund: Cremiges Mundgefühl mit ein paar Pfefferspikes dazwischen. Dann eine intensive Süße, mit Puderzucker und Kräuterwürze. Helle Früchte kommen dazu.

Abgang: Erstaunlich deutliche Holzwürze für das Alter. Bis hin zu Sägespänen. Außerdem eine leichte weinige, helle Fruchtigkeit und wieder die malzige Süße. Bitterstoffe in Richtung Kaffeemehl kommen noch dazu und ein angebrannter Kuchenboden. Am Ende noch ein Schub Vanille.

Fazit: Schönes, relativ cleanes Bourbonbottling. Mag ich gerne und das liefert auch hier ganz ordentlich ab. Vielleicht noch etwas mehr Tiefe wäre schön gewesen. 86/100

Benromach 1982 – Gordon & MacPhail

Eine Flasche Benromach 1982 von Gordon & MacPhail

Zum Schluß noch ein persönliches Highlight für mich. Die fassstarken Small Batch/Single Cask G&M abgefüllt in den späten 90ern haben es mir angetan. Absolut kompromisslos nach 17 Jahren aus einem Oak Cask in die Flasche gebracht. mit 60,7%. Da kann ja nix schief gehen, oder? Link zur Whiskybase

Nase: Leder und Kirschen, kandierte Orangen. Honig, Malz, dezenter Rauch. Tabak und Möbelpolitur. Der steckt ganz tief in reichhaltigem und klassischem Sherry. Toll.

Mund: Es geht so weiter. Der hohe Alkoholgehalt bringt zu Begin noch eine gewisse Schärfe mit. Das legt sich aber mit der Zeit. Die Sherryaromen sind jetzt noch stärker auf der würzigen Seite.

Abgang: Marmelade und Tabak. Auch wenn das erstmal nicht zusammenpassen mag: Das ist eine geile Kombination. Dazu kommt auch noch etwas Pfeffer.

Fazit: Ein wirklich sehr gutes, klassisches Sherrybottling. Ich wüsste nicht, was ich da nicht mögen sollte. Mit Bottlebias gehe ich auf 90/100 ohne vielleicht auch, je nach Vorliebe 😉 Wasser verträgt der übrigens sehr gut. Je nach Vorliebe.

Danke für 2023!

Natürlich auch für die tollen Drams dieser Session, egal auf welchem weg sie mich erreicht haben. Aber noch viel mehr an die Menschen im Whisky. Von der Produktion, über den Handel bis hin zu euch, die ihr hier treu lest, mit mir auf Tastings fachsimpelt und gerne mit mir genießt. Danke.

Mehr zu: Aultmore, Benromach, Glen Elgin, Glenallachie, Linkwood, Undisclosed Speyside
Bilder: Titel: „Loch Muick in Winter“ by Kenny Muir, CC BY 2.0 , via Wikimedia Commons | Flaschen: Eigene Anfertigung und freundliche Überlassung der Whiskybase
Samples: Eigene Flaschen und kostenlose Überlassung von whic.de (Glenallachie)