Caol Ila – Jung und alt
Bevor unser neuer Autor Daniel dann demnächst die Kategorie Caol Ila wahrscheinlich zum Glühen bringen wird nutze ich die Gelgenheit nochmal und „arbeite“ ein paar Samples und Bottlings ab. Es geht sowohl weit zurück in der Zeit, als auch an lange gereift Caol Ila und auch an sehr aktuelle Bottlings ran. Ein schöner Mix!
Glen Ila 05-year-old – Bulloch Lade & Co. Ltd
Wir starten mit einem Blended Malt, der mit seinem Namen deutlich auf den Hauptbestandteil hinweist. Das es eine 75cl Flasche ist wissen wir: Vor 1980 abgefüllt. Ansonsten hat er 40% und wurde mit keinen weiteren Infos abgefüllt. Link zur Whiskybase
Nase: Er weckt sofort Erinnerungen an die Küste und das Meer. Die Nase ist geprägt von Kohlenstaub und einem Hauch old style Rauch. Zum maritimen Element, das an eine salzige Brise erinnert, kommt ein leichter Hauch von Tankstelle.
Mund: Am Gaumen entfaltet sich eine Kombination aus salzigen Zitronen, Seetang und Honig, die für ein ausgewogenes Geschmackserlebnis sorgt. Der Rauchgeschmack ist präsent, aber nicht überwältigend und harmoniert gut mit den anderen Aromen.
Der Abgang ist geprägt von einem Hauch Honig und leichtem Rauch, der von Seetang und helle Früchten abgerundet wird. Ein zarter Hauch Salz bleibt noch eine Weile auf der Zunge zurück.
Fazit: Insgesamt vielfältige Aromen und für 40% wirklich lecker. 85/100 Der old style Rauchgeschmack ist das besondere Highlight dieses „Caol Ila“.
Caol Ila 1969 – Gordon & MacPhail (Connoisseurs Choice Brown Label)
Die Abfüllreihe Connoisseurs Choice hat viel Beachtung erhalten über die Jahrzehnte. Am berühmtesten ist sicherlich die Zeit der sogenannten Brown Labels. Dieser CI ist eine solche Abfüllung. Gebrannt 1969 und nach 15 Jahren mit 40% abgefüllt. Link zur Whiskybase
Nase: Zunächst heftiger Rauch, der an eine Tankstelle erinnert. Dieser wird jedoch schnell von einem angenehmen Honigduft und einem Hauch Wachs abgelöst.
Mund: Zunächst trocken und erinnert an den Duft eines alten Buchladens. Die Textur ist cremig und der Geschmack wird von einer beträchtlichen Menge an Bitterstoffen dominiert, die jedoch gut mit dem Torfgeschmack und dem fruchtigen Aroma von Grapefruit harmonieren. Ein Hauch von Kakaopulver rundet ab.
Abgang: Relativ bitter. Er erinnert an Radicchio. Der Honigduft und das Wachs sind jedoch auch hier präsent und sorgen für einen angenehmen Ausklang.
Fazit: Insgesamt „ausreichend“ komplex und mit vielschichtigen Aromen. Einziger Kritikpunkt ist das etwas niedrige Alkoholvolumen. Ein paar Prozentpunkte mehr würden dem Whisky noch mehr Tiefe verleihen. Wer old style Whiskys mag, sollte den hier probieren. 88/100
Caol Ila 1991 – Cadenhead
Es geht etwas näher in die Gegenwart. Wieder 15 Jahre alt, aber abgefüllt von Cadenhead im Rahmen der Authentic Collection. Er war von 1991 bis 2006 in einem Bourbon Hogshead. Abgefüllt wurde mit 56,3% in 318 Flaschen. Link zur Whiskybase
Nase: Es dominieren Vanillegebäck und Rauch, die von einer leichten Zitrusnote und einem Hauch Seetang begleitet werden. Das macht Lust auf den ersten Schluck.
Mund: Weiterhin sehr harmonisch. Salzige Zitronen und Rauch sind unverkennbar, während eine Aschenote und ein Hauch von Honig dem Whisky zusätzliche Tiefe verleihen. Ein interessanter, aber angenehmer Twist ist die Aromen von Fischsuppe, die sich im Hintergrund bemerkbar machen.
Abgang: Leicht würzig gut eingefügt in den Rest des Geschmacksprofils. Er ist ansonsten eher „in line“, aber keinesfalls langweilig oder uninspiriert.
Fazit: Ein äußerst leckerer und trinkiger Caol Ila, der ein hervorragendes Beispiel für die Brennerei ist. Die perfekt ausbalancierten Aromen und die harmonische Komposition machen ihn zu einem wahren Genuss. 88/100
Caol Ila 1976 – Gordon & MacPhail
Ok, es geht wieder zurück in der Zeit. 43 Jahre alt und aus dem Refill American Hogshead. 84 Flaschen mit 42,4% waren alles was dabei rauskam. Link zur Whiskybase
Nase: Interessante und vielfältige. Sowohl süße als auch frische und rauchige Noten werden miteinander verbunden. Etwas Lack, der dann süßliche Aromen von Vanille und Honig abgelöst wird. Süd- und Zitrusfrüchten wie Limette, Mango, Papaya, Banane und Grapefruit, aber auch grüner Apfel Dazu Meeresbrise, Pfefferminz und Menthol. Der Rauch ist ganz stark im Hintergrund, was bei dem Alter kein Wunder ist.
Mund: Deutlich weniger komplex als in der Nase. Die Aromen von Vanille und Südfrüchten sind noch vorhanden, aber der Rauch ist gar nicht mehr präsent. Stattdessen sind Holznoten zu spüren, die dem Whisky eine gewisse Tiefe verleihen. Der Geschmack ist auf hohem Niveau, aber er wirkt dünn im Vergleich zur Nase.
Abgang: Solide, aber nicht beeindruckend. Mittlerer Länge und ohne weitere herausragenden Arome.
Fazit: Insgesamt ist dieser Whisky ein exzellentes Beispiel für die Komplexität, die durch die Kombination von Brennerei-DNA und Fassreifung entstehen kann. Trotzdem ist er für mich ausschließlich in der Nase auf dem Niveau, dass man bei so einem Bottling erwarten würde. 89/100
Caol Ila 24-year-old 175th Anniversary
Ok, eine „große“ Abfüllung darf noch sein. 2022 war das 175te Jubiläum der Caol Ila Distillery. Zu diesem Anlass gab es 3000 Flaschen eines 24 Jahre alten Whisky mit 52,1%. Weitere Infos gabs leider nicht. Link zur Whiskybase
Nase: Ungewöhnliche Noten von Earl Grey, Vanille, Sesam, frittiertem Seetang, Kohle und Apfelspalten. Ein interessantes Potpourri, das in einem rauchigen Whisky wie diesem überraschend harmonisch wirkt. Die Kohle und der Seetang vermitteln eine klare maritime Note, während die Apfelspalten eine fruchtige Süße hinzufügen.
Mund: Es wird noch intensiver. Meerwasser, Seetang, Zitronensaft und Asche. Diese Aromen sind typisch für den Caol Ila und erinnern an einen Spaziergang am Strand bei stürmischem Wetter. Die Aschenote ist sehr prägnant und verstärkt die Intensität.
Abgang: Relativ bitter, aber dennoch fruchtig und süß und auch salzig. Diese Mischung verleiht dem Whisky eine ungewöhnliche und interessante Komplexität. Der salzige Geschmack bleibt lange im Mund erhalten und erinnert an eine frische Meeresbrise.
Fazit: lEinzigartig und mit seiner ungewöhnlichen Kombination aus Aromen. Er ist ein must-try für Whiskyliebhaber, die auf der Suche nach einem außergewöhnlichen Geschmackserlebnis sind. Für die Sterne reicht es bei mir aber nicht. 89/100
Caol Ila 1984 – The Whisky Fair
Ach Messebottlings. Auch ein spannendes Kapitel der Whiskywelt. Hier haben wir eine Abfüllung aus 2007, 22 Jahre alt und aus dem Sherry Hogshead. Abgefüllt wurden 287 Flaschen mit 55,9% Link zur Whiskybase
Nase: Eine große Portion Sherry, die in die würzige Richtung geht und auf ein Olorosofass schließen lässt. Dazwischen mischen sich Sojasauce, Bouillon und Ledernoten, abgerundet durch Gewürze. Trotz des Sherrys bleibt auch der Torf präsent und vereint sich mit einer leichten Zitrusnote.
Mund: Beerenaromen, die von Asche und Sojasauce begleitet werden. Eine Zitronenspalte und ein Hauch von Metall geben dem Geschmack eine zusätzliche Dimension. Der Heidelbeersirup wird von einer salzigen Meerwassernote abgerundet.
Abgang: Im Abgang wird es etwas flacher. Aber nur um eine Nuance. Der Beerensirup kriegt ein wenig Gummi dazu, es wird trockener. Dann geht es etwas in Richtung BBQ oder Grillrost. Fisch vom Grill.
Fazit: Sehr lecker. Eine gelungene Kombination aus Caol Ila und Sherry. Nicht Caol Ila ersetzt durch Sherry. Gefällt mir gut, sehr gelungen! 90/100
Caol Ila 2014 – Wilson & Morgan Milano Whisky Festival 2022
Wilson & Morgan ist ein italienischer, unabhängiger Abfüller. Würde man vom Namen her wahrscheinlich nicht vermuten. Wenn man das weiß, dann ist natürich die Verbindung zum Whisky Festival in Mailand offensichtlich. Die Caol Ila haben dort schon Tradition. Dieser hier ist aus 2022 und sieben Jahre alt. Er wurde mit 50% in 347 Flaschen abgefüllt – nach einem Finish in einem 1st Fill Bourbon Hogshead. Link zur Whiskybase
Nase: Süßlich und kräutrig steigt er langsam aus dem Glas auf. Dabei ist er recht verhalten, fast zögerlich. Dann kommt Rauch dazu und damit auch eine maritime Note. Ein Reisigfeuer brennt irgendwo. Es wird mit Zitronenwasser gelöscht.
Mund: Zitrone und Honig wird als Marinade über Muscheln getreufelt. Dann kommt es auf einen Holzofen und fängt an zu garen. Ein wenig Salz und Kräuter dazu.
Abgang: Wieder die Zitronen. Jetzt als absolute Dominante. Dazu kommt als kleine Beigabe ein metallener Löffel mit Sirup und Salz. Mit der Zeit wird es dann auch trocken. Ein Touch Birne erinnert an das junge Alter.
Fazit: Sehr lecker und trinkig. Sehr klar und getrieben vom Destillat. Welche Rolle das Finish dabei gespielt hat weiß ich nicht. Wäre interessant den Vergleich ohne Finish zu kennen. Tja, leider wohl nicht möglich. 87/100
Caol Ila 2008 – Wilson & Morgan Milano Whisky Festival 2020
Wo oben gesagt: Die Verbindung gibt es schon länger. 2020 war die Reifezeit etwas länger und das Finish erfolgte in einem Bourbon Barrel. Das ergab dann einen Outturn von 298 Flaschen mit 50%. Link zur Whiskybase
Nase: Intensive Torf- und Kräuteraromen mit einigem an nasser und auch trockener Erde. Dazu etwas Asche, trockener Rauch und auch eine gewisse Bitternote.
Mund: Honig- oder sirupsüß beginnt er. Dann kommen Zitronen, weißer Pfeffer, erfrischende Kräuter und Salz. Maritimer Raucher und glühende Kohlen bringen langsam das von mir so geliebte Bild von der Fischsuppe am Strand.
Abgang: Erneut schön salzig und zitronig. Auch der Sud für die Muscheln ist immer noch da. Dazu kommt eine weitere Ebene mit etwas Bitterstoffen und Lakritze.
Fazit: Hmmmm. Der macht schon sehr viel Spaß. Sehr torfig in der Nase, das ist fast schon erstaunlich für einen Caol Ila. Dann geht es aber in der absolut typischen Art weiter. Sehr gelungenes und dabei preislich absolut attraktives Messebottling. 88/100
Überraschungen und ein Experiment
Einmal, dass die alten Bottlings nicht besser abgeschnitten haben. Und auch, dass das junge Gemüse so gut mithalten konnte. Nicht überraschend war hingegen, dass insgesamt die Qualität sehr hoch ist. Ich mag Caol Ila und da kommt meiner Meinung nach schon immer gute Qualität in hoher Menge raus. Der „Sieger“ schafft es aufs Podest, obwohl er im Sherry Cask war. Auch das ist vielleicht eine Überraschung. Normalerweise fixen mich ja gerade die destillatgetriebenen Bourbon Cask Bottlings von Caol Ila. Das beste aus beiden Welten ergab dann heute den Gesamtsieg.
Was ich außerdem heute wieder mal gemacht habe ist mit der künstlichen Intelligenz von ChatGTP zu spielen. Ich habe meine stakkatoartigen Notes eingegeben und dann um einen Fließtext gebeten. Das funktioniert relativ gut, allerdings konnte ich die Texte nicht ohne Nacharbeit übernehmen. Manche Formulierung war dann doch sehr weit von dem weg was ich schreiben würde oder gar unpassend. Arbeit nimmt es mir also nicht ab, aber das Experimentieren damit macht Spaß. Wer gerne raten möchte bei welchen der heutigen Notes ChatGTP unterstützt hat oder mir eine Meinung zum Experiment schreiben möchte: Wie immer gerne unter tobias@keinehalbendrinks.de
Mehr zu: Blend und Blended Malt, Caol Ila
Bilder: Eigene Anfertigung und freundliche Überlassung der Whiskybase
Samples: Eigene Flaschen und privat gekauft
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