Lowlands: Jung und alt
Nach meinem Ausflug in die Old & Rare Abfüllungen der Lowlands habe ich heute einen etwas normaleren Flight im Review. Dabei ergibt sich ein schöner Mix aus drei Originalabfüllungen neuerer Destillerien und drei unabhängig abgefüllten “Platzhirschen”. Was können die Youngster schon im Vergleich?
The Clydeside Distillery Stobcross Batch 2
Der zweite Batch des Whisky, der nach der Straße benannt ist in der die Destillerie in Glasgow steht. Ich vermute der wird in der Core Range aufgehen. Wie groß das Batch ist wird nicht klar, aber es stammt aus Bourbon und Sherry Casks und wurde mit 46% abgefüllt. Link zur Whiskybase
Nase: Helle Früchte, Pfirsich, schmelzender Zucker, Honigmelone, Pfeffer, Veilchen, etwas Schokolade. Das könnte spannend werden, ich bin allerdings bereits skeptisch. Veilchen…
Mund: Trocken, Veilchen, Pfeffer. Das ist sowohl eindimensional als auch anstrengend. Mir persönlich zu anstrengend.
Abgang: Bleibt nur sehr kurz. Und ist dabei auch gar nicht mal so arg lecker. Insofern ist das ja gut, dass er nicht lange bleibt. Aber das kann nicht das Ziel sein, oder?
Fazit: Ist jung und ich kann wenig damit Anfangen. Die Veilchennote ist für mich selten etwas das mich kickt. Hier auch nicht. Die Nase ist das Highlight und dabei hätte ich es bewenden lassen sollen. 73/100
Lochlea Our Barley
Vor ein paar Wochen schrieb Astrid bereits über die Farmdestillerie in den Lowlands und deren erstes Release. Der “Our Barley” ist das erste Core Release. Den soll es also bis auf weiteres immer geben. Die Zusammensetzung besteht aus 1st fill Bourbon, STR Barriques und Oloroso Casks. Infos zu Batches oder Flaschenanzahlen gibt es nicht, das wird wahrscheinlich auch so bleiben. Link zur Whiskybase
Nase: Vanille, Malz, Puderzucker, Apfel, Pfirsich, ein wenig Handlotion oder Seife, mit der kommt auch Honig.
Mund: Die Seife wird jetzt etwas aufdringlicher, gleichzeitig kommt eine würzige Seite dazu. Diese ist mit der Vanille gepaart dann auch fähig die Seife wieder zu verdrängen. Der Puderzucker ist wieder am Start. und ein paar schöne Zitrusnoten kommen dazu.
Abgang: Ein wenig Vanille noch, eine leichte Trockenheit im Mund. Und dann ist er aber auch schnell weg. Ein wenig Apfel und auch Kerngehäuse kommen dann später nochmal. Wie von einem trockenen Cidre.
Fazit: Jung, aber absolut ok. Das ist ein schöner Einsteiger mit einer guten Fruchtnote. Kein Highlight und mit dem Preis in einem schwierigen Marktsegment. Bei anderen, älteren Destillerien stehen hier 10-12 Jährige im Angebot und die haben natürlich ein wenig mehr Tiefe. Aber ich hoffe auf gutes Durchhaltevermögen und tolle Releases in der Zukunft. 81/100
Daftmill 2008 Winter Batch Release
Daftmill ist mittlerweile eigentlich kein Neuling mehr. Der Run auf die Abfüllungen gibt einem aber schon immer noch das Gefühl man würde hier Inaugral Releases sehen. Das liegt wohl daran, dass die Qualität immer sehr gut ist. Die Farmdistillerie bringt regelmässig Einzelfässer und auch Batches raus. Letzteres habe ich hier im Glas. Das Winter 2008 Release, abgefüllt in 2020, aus 23 ex-Bourbon Barrels. Ergab 6000 Flaschen mit 46%. Link zur Whiskybase
Nase: Wunderschön fruchtig. Viel Ananas und Pfirsich, auch Honigmelone. Dazu Getreide und Honig. Auch eine leichte Mineralität.
Mund: Schön weich und rund. Auch wieder sehr viel und reife Frucht. Die Süße ist sehr präsent aber nicht drüber. Das lasse ich mir gefallen. Ich würde das mal als “süffig” bezeichnen.
Abgang: Nicht zu lang. Leider. Das wäre auch in länger schön. Mit Kokos, die Früchte geben langsam nach. Etwas Fasswürze gesellt sich dazu.
Fazit: Ein feiner Stoff. 100% in Balance und schön zu trinken. Über den Preis können wir vielleicht sprechen. Ansonsten kann ich für einen 46% Small Batch nur sagen: So wünsche ich mir das. 87/100
Genug vom jungen Gemüse. Mal sehen was die “alten” Lowlander so können.
Auchentoshan 1998 – Phil & Simon Thompson
Ein Bourbon Auchentoshan. Wann kriegt man das schon mal. Bei den Thompson Brüdern. Ein 24 Jahre alter Small Batch aus zwei Refill Bourbon Barrels mit 52,6.%. Ergibt nur 321 Flaschen. Klingt erstmal komisch. Vermutlich waren es Split Casks die zur Hälfte ein Finish erhalten haben. Link zur Whiskybase
Nase: Eine schöne fruchtige Note kombiniert mit Sägemehl. Trockene Kräuter, Reifenabrieb und Möbelpolitur. Angebranntes Curry mit Vanilleschote.
Mund: Ein helles Curry, daneben Tabakblätter. Nasse Blätter am Waldboden. Ein Bierbrand. Ein Gebäck wird getränkt mit Limoncello. Damit kommt auch ganz leicht Seife.
Abgang: Honig auf Brot, ohne Butter. Schwarzbrot. Danach ein Brot mit Orangenmarmelade, wieder ohne Butter. dann wird es trocken. Eichenwürze und Mochi.
Fazit: Unerwartet und zuweilen auch etwas wild. Nachdem es ja zwei Fässer sind würde mich an dieser Stelle interessieren ob das erst durch die Heirat kam oder das eine Fass das andere ausgleichen sollte. Egal wie, das ist spannend und die meiste Zeit gleichen sich Dinge gut aus. 88/100
Bladnoch 1989 – Cadenhead
Ein 30 Jahre alter Bladnoch. D.h. noch vor der Schließung gebrannt. Abgefüllt wurde er von Cadenhead aus einem Sherry Hogshead Finish im Rahmen der Wood Range. Spannend ist noch weitere Zahlen: 40,8% und 144 Flaschen. Musste der etwas raus aus dem Fass? Link zur Whiskybase
Nase: Farbe, Lack, Käse, Gebäck, Hefeteig, Apfel-Vanille-Streuselkuchen, paar Rosinen, ggf. tropische Früchte, Buchladen-Ledersessel-Style
Mund: Helle, eher asiatische Früchte, ganz leichte Würze, leicht süß, schöne Kombination aus Wachs und Sherry. Lack und Käse geben eine eher spezielle Note.
Abgang: Sherry, alter Sherry, Wachswaben, sehr trocken, würzig, Kirschcola, alte Hölzer, trocken aber auch schön weich. Ein paar Paraffine.
Fazit: I liked it a lot. Beeindruckende Tiefe. Man muss allerdings auch einiges aushalten können. Das sind schon mitunter sehr spezielle Aromen neben der Sherryklaviatur. 89/100
Girvan 1990 – Phil & Simon Thompson
Nochmal eine Abfüllung der Thompsons. Diesmal ein Grain. Über 30 Jahre alt, das ist schon mal eine Hausnummer. Abgefüllt in 2022 aus einem Refill Hogshead. Die 278 Flaschen haben 50,6%. Link zur Whiskybase
Nase: Popcorn und Mais. Gekochte Kartoffeln. Honig, Vanille, ein paar Kräuter. Pfeffer. Spannend, teilweise typisch Grain, teilweise aber auch eher ungewöhnlich.
Mund: Würzig, mit Ingwer und Pfeffer. Orange, Popcorn, Äpfel, Getreide. Fühlt sich viel jünger an als er ist. Zwickt auch ein wenig in der Zunge.
Abgang: Butter, Gewürze, wärmend, mit etwas Menthol das dagegen wieder kühlt. Ein schönes Wechselspiel. Ganz zum Schluß wird es dann wieder leicht fruchtig,
Fazit: Ein solides Bottling. Bei 30 Jahren hätte ich mir vielleicht etwas mehr erhofft. Die Komplexität und Tiefe ist trotzdem ganz ordentlich. 85/100
How low can you go?
Nein, das wäre jetzt falsch. Das war nicht am unteren Ende der Skala. Bei besten Willen nicht. Der Bladnoch ist ein absolutes Highlight, ohne jede Frage. Der Mythos Daftmill hat sich für mich ein Stück weit bestätigt. Und ich habe wiedermal einige vielversprechende Ansätze gesehen. Allerdings gibt es auch noch ein paar Stellen mit Luft nach oben.
Mehr zu: Auchentoshan, Bladnoch, Daftmill, Girvan, Lochlea, The Clydeside
Bilder: Titel: “Lowland Farm 17th Century” John Slezer, Public domain, via Wikimedia Commons | Flaschen: Freundliche Überlassung der Whiskybase und eigene Anfertigung
Samples: Privat gekauft, offiziell gekauft und von whic.de kostenlos zur Verfügung gestellt
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