Special? Releases

Der Wow-Faktor dieser Serie hat in den letzten Jahren enorm abgenommen. Die Bilanz aus 2022: Die Malts – keiner davon älter als 16 Jahre, im Durchschitt 12,7 Jahre – sollen ihren Geschmack durch Finishes erhalten (Rum, Wein, verschiedene „Sherry“-Sorten), der Talisker wird als ‘lightly peated’ beworben, der Lagavulin als sehr rauchig und auch ein 26-jähriger Grain ist alles andere als „Special“. Ein Blick in die Datenbank auf die früheren Jahre erzeugt ein bisschen Wehmut und Sehnsucht in mir und so hab ich das folgende Line-up zusammengekratzt:

Der Karton des 89er Pittyvaich.
Eine Flasche Pittyvaich 1989, abgefüllt in 2015.

Pittyvaich 1989 SR 2015

25 Jahre in Refill Bourbon Hogsheads / 49,9%Vol. / Link zur Whiskybase

Eine Abfüllung, die zu meinem Erstaunen nach sieben Jahren immer noch zu einem vergleichsweise moderaten Preis zu haben ist. Mit 5.922 Flaschen ist die Auflage für eine Lost Distillery gar nicht mal so klein. Pittyvaich hat aber nicht den Ruf von Port Ellen beispielsweise.

Nose: Anfänglich eine sehr typische Refill-Nase; angenehm und unaufgeregt, rund und smooth wie Honig. Sanfte Gewürze lassen aufhorchen, bevor Marillenknödel an der Seite vieler gelber Früchte ins Tropische entführen. Dass das Ganze von einer zarten Wachsschicht überzogen ist, kommt meinem Geschmack doch sehr entgegen. (89)

Taste: Es bleibt weich, Vanille und die samtige Eichenholzwürze leiten langsam über zu leichten Noten von Gerstenmalz und Bienenwachs. Banane, Passionsfrucht und Nektarine verbreiten fruchtigen Flair. Fichtenharz und eine Kleinigkeit Torfrauch verleihen dem Malt eine zusätzliche Ebene. (89)

Finish: Nelke, harzige Nadelhölzer, Piment und blanchierte Mandeln – die Eiche macht richtig Stimmung! Cremige Zartbitterschokolade und Vanillesauce lassen einem das Wasser im Mund zusammenlaufen. Und dann wieder diese feinen Wachsnoten… (89)

Fazit: Sehr delikat, aber Refill Bourbon war genau die richtige Wahl für dieses Destillat, wundervolle Fruchtaromen wurden kreiert. Der kratzt ziemlich stark an der Neunzigpunktemarke.

Eine Flasche aus dem ersten Jahr des Special Releases: ein 25 Jahre alter Talisker.

Talisker 1975 SR 2001

25 Jahre in Eichenfässern / 59,9%Vol. / Link zur Whiskybase

Die Eckdaten auf dem Etikett lesen sich phänomenal, sehr vielversprechend… 6.000 Flaschen gesamt.

Nose: Volumen und Wärme pur. Das süße Bienenwachs dient als Träger für eine Vielzahl an Schauplätzen: Auf der fruchtigen Bühne tollen Kirschen und Pflaumen umher, auf der würzigen sind es Eichen- und Sandelholz, während Salz und Smoke ein sanftes Lied anstimmen… alles ausgesprochen harmonisch. (91)

Taste: Salzig, würzig und eichig – alles genau in der richtigen Dosis. Die knapp 60% sind präsent und sorgen für den pfeffrigen Chilicatch, ohne dabei zu überwältigen. Der Rauch ist kräftiger und gut eingebunden, es geht deutlich in Richtung Tabak. Wachsiger Honig und dunkelrote Marmelade entführen mich ins Paradies. (91)

Finish: Oh, diese Würze! Sowas kann nur durch lange Reife in hochwertigen Fässern entstehen. Edel, vielschichtig und mega lecker. Hinter der samtigen Asche lauern süße Nüsse, knackiges Gras und harziges Wachs. Schöne Länge. (92)

Fazit: Bedenkenlos unverdünnt genießbar. Einer von der Sorte, die man nicht herunterschlucken mag, weil ständig eine neue Facette auftaucht. Glückseligkeit mach sich breit…

Eine Flasche 35 Jahre alten Caol Ilas.

Caol Ila 1982 SR 2018

35 Jahre in Refill American Hogsheads & European Butts / 58,1%Vol. / Link zur Whiskybase

Hier kamen Fässer sowohl aus amerikanischem, als auch europäischem Eichenholz zum Einsatz – also vermutlich ehemalige Bourbon- & Sherryfässer. Lediglich 3.276 Flaschen waren das Ergebnis.

Nose: Genau das, was man sich nach 35 Jahren im Eichenfass erhofft: Sanfte, aber nach- & eindrückliche Holznoten werden von salzig-speckigen Rauchresten umspielt. Warmer Pflaumensirup und reife Zitrusfrüchte nehmen ein Bad in Wabenhonig. Ehrlich gesagt, warten sind Unmengen an Obstsorten auf einen. Allesamt delikat und ausbalanciert, mit einem Spritzer Diesel. (90)

Taste: Kräftiger Antritt, der Alkohol schiebt spritzige Zitrustöne und salzigen Rauch nach vorne, dicht gefolgt von Eichenholz und gemahlenen Weihnachtsgewürzen. Öliger Diesel ist auch hier in Spuren vorhanden, von der kalten Asche gibt’s eine größere Dosis. Honig und Frucht sind irgendwo hinter Tabak und Kakao versteckt. (88)

Finish: Erst einmal reichlich Asche und ein wenig Ruß. Das griffige Eichenholz bringt Kakaomasse und Salz mit. Wachs und Harz stoßen hinzu. Sternfrucht sorgt für fruchtige Anklänge. (88)

Fazit: Verlangt in der Nase nach Aufmerksamkeit, es ist viel los, aber auf einem ruhigen Level. Im Mund legt er dann los, einem alten Islay-Malt gebührend. Der Alkohol ist andererseits nicht so gut integriert, da hat mich der Talisker zuvor ziemlich verwöhnt.

Eine Flasche 1979er Port Ellen mit Kartonverpackung.

Port Ellen 1979 SR 2012

32 Jahre in American & European Oak Casks / 52,5%Vol. / Link zur Whiskybase

Eine ähnliche Fasskonstellation wie beim Caol Ila. 2.964 Flaschen waren es beim 12th Release von Port Ellen.

Nose: Die Bienenwaben allein sind den Dram schon wert! Kombiniert mit mineralischem Rauch und salzigen Ruß, zart und samtig natürlich, wird ein fabelhaftes Erlebnis daraus. Zögerlich treten Zitronen und andere säuerliche Früchte auf den Plan. (90)

Taste: Wie ein Natursteinkamin am Meer: Verrußt, aschig und salzig. Strandkiesel rollen über die Zunge. Muscheln verströmen ihren charakteristischen Duft. Zitrus passt da gut dazu. (88)

Finish: Zum ersten Mal nehme ich Eichenholz wahr, leicht trocken und leicht würzig. Asche, Salz und Muscheln halten mich am Strand und der Kamin warm. (87)

Fazit: So Port Ellen, wie ein Port Ellen überhaupt sein kann. Aufgrund seines hohen Alters hatte ich allerdings mehr Virtuosität erwartet, aber in seiner Geradlinigkeit ist er immerhin lecker.

Das 2016er Release des 12-jährigen Lagavulin samt Umverpackung.

Lagavulin 12 Jahre SR 2016

Eichenfässer / 57,7%Vol. / Link zur Whiskybase

Ein 12-jähriger Lagavulin war bisher bei jedem Release dabei, in diesem Sinne die einzige Konstante. Von daher fügt er sich auch hier gut ein. In 2016 feierte Lagavulin im übrigen sein 200-jähriges Bestehen.

Nose: Süßer Holundersirup trifft auf maritimen Rauch, brauner Rohrzucker auf kandierte Zitrone. Eine Salzkruste an würzigem Eichenholz fördert die Speichelproduktion. Ein Korb mit Äpfel sowie einem Glas Honig lassen den Dram sehr warm und reif wirken. (87)

Taste: Ähnliche Struktur, von der Fassstärke gepeitscht: Süße von Rohrzucker und Holunder gepaart mit würzigem, rußigem Rauch. Neben einigen Salzkristallen finden sich blumige Zitrustöne, während verkohltes Eichenholz die Restwärme eines Lagerfeuers andeutet. (85)

Finish: Hui, der glüht ganz schön nach. Zusammen mit reichlich Rauch, Salz und Asche ein standesgemäßer Islay-Malt. Das Eichenholz ist leider angeschwefelt… aber ansonsten mit ansprechenden, erdigen Kakao- und Gewürznoten. (84)

Fazit: In diesem Alter haben Lagas noch einiges von ihrer Wildheit bewahrt, aber auch schon einen fortgeschrittenen Reifegrad entwickelt; die Fassstärke tut ihr übriges und diese Kombination hat mich richtig aufgewärmt. Der Punch ist zwar kompromisslos, aber auf Dauer nur mäßig spannend.

In früheren Jahren war die Dichte an besonderen Abfüllungen in dieser Reihe deutlich höher. Heutzutage werden diese edlen Fässer wohl eher in der Prima & Ultima Collection untergebracht. Die Preise des 2022er Special Releases werden von mir wahrscheinlich mit einem müden Lächeln quittiert werden, da gibt es wesentlich attraktivere Abfüllungen auf dem Markt.

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Samples privat gekauft | Bilder mit freundlicher Genehmigung der Whiskybase