Alle Port Charlotte (Teil 10)
Es sind schon wieder zwei Monate vergangen, seit dem letzten „Besuch“ bei Bruichladdich und seinen getorften Port Charlottes. Somit ist es Zeit für ein weiteres Abtauchen. Diesmal habe ich die Destillationsjahre 2002, 2003 und 2004 im Fokus.
Port Charlotte 2002 – SMWS 127.28
„Modoc and failed BBQ“… ich weiß nicht ob das einladen soll dieses Bottling zu öffnen. Die Untertitel der SMWS Abfüllungen sind manchmal einfach echte Stilblüten. Zu den Fakten: Neun Jahre alt und aus dem Bourbon Barrel. 217 Flaschen mit brutalen 65,1% kamen dabei raus. Link zur Whiskybase
Nase: Sehr viel trockener Torf, der nach und nach ins Feuer geschaufelt wird. Gestampfter Lehmboden mit Grasnabe darin. Der Weg wird langsam geteert. Nach einiger Zeit kommt ein wenig Pfirsich und Menthol dazu.
Mund: Eine Chili-Ingwer-Torf-Marinade wird langsam auf Rippchen an einem Metallhaken gestrichen. Dazu ein honigsüßer Wein. Das Torffeuer lodert. Die Konsistenz im Mund ist sehr stoffig.
Abgang: Der Wein wird durch Grüntee getauscht. Leicht mineralisch und nur noch wenig torfig und rauchig. Die Pfirsiche sind zurück. Auf einem Metalllöffel serviert.
Fazit: Für Torfheads echt trinkbarer Stoff. Das Feuer im Mund passt auch gut dazu. In der Kategorie Port Charlotte schafft er es nicht aufs Podest. Auch weil das Metall zeitweise leicht anstrengend ist. 87/100
Port Charlotte 2002 – Private Cask
Ein private Cask aus dem Jahr 2002. Es hat einen gewissen Ruf das ihm vorauseilt. Ich kenn es unter „die drei Italiener“, denn das Bottling gibt es ingesamt drei mal. Drei Herren aus Italien teilten sich dieses Fass und lassen jeweils das Label mit einem eigenen Bild bekleben. Inhalt ist allerdings gleich. 5 Jahre alt ist der Inhalt und mit 46% aus dem First Fill Sherry Cask. Mit diesem Label gibt es 134 Flaschen. Link zur Whiskybase
Nase: Unaufgeregt Sherrynase, mit etwas Gummiabrieb. Ganz leicht Klebstoff ist auch dabei. Das ist sehr feinsinnig. Ganz untypisch im Vergleich zu anderen so jungen Sherry PC.
Mund: Zuerst fällt mir wieder der Gummiabrieb auf. Dann kommt dreckiger Sherry, allerdings sensorisch eher zahm. Da fehlt ein wenig der Wumms.
Abgang: Trocken und kurz. Zu den Sherryaromen gesellt sich grüner Apfel. Dann kommt nochmal sehr viel Kaffeemehl und anderes trockenes Zeug.
Fazit: Schöner Sherrywhisky. Die Erwartung in Richtung eines jungen Sherry PC erfüllt er leider nicht. Das liegt meiner Meinung nach vor allem an der Trinkstärke, in der dieses Bottling abgefüllt wurde. 87/100 – Anmerkung Christian: Den müssen wir nochmal trinken, ich habe über den soviel gutes gehört, da müssen wir etwas übersehen haben 🙂
Port Charlotte 2002 – Whiskybroker
Aus dem gleichen Brennjahr aber weit länger im Fass war diese Abfüllung vom Whiskybroker. Erst 2018 wurde er aus dem Refill Sherry Hogshead befreit und damit mit 15 Jahren und 60,2% in 254 Flaschen gebracht. Abgefüllt wurde für „Spirit of Islay“ als private Abfüllung.. Link zur Whiskybase
Nase: Erstmal finde ich viele Nüsse. Dazu helle Früchte mit einem Schwerpunkt bei Zitrone. Dann kommen die intensiven Aromen: Aschenbecher, Kuhstall und Eukalyptus. Das ist gut ausgewogen.
Mund: Limoncello und Grüntee über gesmokten Muscheln die dann in einem Fishermans Friend Sud gekocht wurden. Irgendwann probiere ich meine Fantasiegerichte mal noch alle aus und schreib ein Kochbuch. 😉
Abgang: Smokey-fruity, mit viel Zitrone, etwas Seetang und Muscheln. Dazwischen ein paar wenige rote Früchte reingepresst. Pfeifentabak liegt auf dem Tisch.
Fazit: Sehr schön. Intensiv aber mit großer Balance. So wünscht man sich reifere Abfüllungen. Ich hätte vielleicht das Finish im Sherry nicht gebraucht (falls es eine Vollreifung war, dann war das Fass ausgelutscht). Aber das ist dann nur noch eine Nuance auf sehr hohem Niveau. 90/100
Port Charlotte 2003 – Whiskybroker
Es geht gleich weiter mit der nächsten Abfüllung vom Broker. Diesmal aber aus dem Jahr 2003. Abgefüllt 2015 und damit 12 Jahre in einem „Hogshead“. 317 Flaschen mit 56% kamen dann wieder raus. Auch hier handelt es sich laut Label um ein privates Fass. Link zur Whiskybase
Nase: Torf, Seetang, Salz, Pfeffer und Zitrus. Das ist erstmal ein stimmiges und schönes Bild. Es geht dann leider über in Putzmittel. Schade.
Mund: Sehr würzig und eher sogar schon scharf tritt er an. Das schöne Bild aus der Nase kann er nicht mehr nachziehen. Ein wenig Putzmittel kommt aber leider wieder durch, ergänzt um Asche.
Abgang: Süß und mitteltorfig. Auch etwas salzig. Mit der Zeit extrem wärmend. Mit etwas Zitrone und Bitterstoffen. Das Putzmittel bleibt jetzt zum Glück aus.
Fazit: Fühlt sich jünger an als er ist und das ist hier kein Vorteil. Manchmal ist er sogar leicht bis mittel „off“. Sehr schade, da sind ein paar schöne Momente, die dadurch deutlich eingetrübt werden. 81/100
Port Charlotte 2003 – Rest & Be Thankful
Ich wechsle den Abfüller aber bleibe im Jahr. 2016 vom Abfüller Rest & Be Thankful aus dem Sherry Cask abgefüllt. 298 Flaschen mit 61,7%. Wieder ein sehr alkoholmächtiges Bottling! Link zur Whiskybase
Nase: Sehr… vorwärts. Eine rostige Klinge zerteilt eine Blutorange. Kirschsaft löscht ein Torffeuer. Zuvor wurde darin ein Gummibaum verbrannt.
Mund: Süßliche Noten umspülen die Rezeptoren im Mund. Dazu gibt es verbrannten Gummi. Jemand kocht benutzte Öllappen aus. Alle Synapsen schlagen Alarm. Das ist rohe Gewalt.
Abgang: Trocken. Dann noch trockener. Und dann noch mehr. Gummi, rote Früchte, Russ und Rauch bilden den dazu den Rahmen dafür. Das bleibt auch einfach für immer.
Fazit: Wenn der mich am richtigen Tag erwischt, dann sind das klar 90 Punkte. Zum Glück sind die Tage rar, an denen ich gerne von einem Truck überfahren werden möchte. Das ist für Fortgeschrittene! 88/100 Und es dürfte offensichtlich sein aber ich betone es mal: Einen leisetretenden Malt braucht man danach nicht mehr trinken.
Port Charlotte 2004 – Private Cask
Ein letztes mal wechseln wir das Destiallationsjahr. Aus 2004 stammt dieses private Sherry Cask. Für die
„Friends of Arms, Luleå“ abgefüllt in 2016 mit 56,3%. Die Anzahl der Flaschen ist unbekannt. Link zur Whiskybase
Nase: Dunkle Schokolade wird über einen Fahrradschlauch gebröselt. Der Schlauch hat ein Loch, da muss doch eher Flickzeug her. Dazu kommt Rauch, Sherry und Tabak.
Mund: Gummiabrieb gemischt mit dunklen Trockenfrüchten. Dazu Möbelpolitur. Eine würzige Schärfe kommt auf. Pfeffer und Chili. Mit genug Speichel dominieren Leder und Antiquariat.
Abgang: Cassissirup und staubige Bücher. Espresso und Bouillon. Das ist eine herbe, leicht dreckige und würzige Sherryabfüllung. So richtig torfig oder rauchig ist er dabei nicht.
Fazit: Sehr spannend. Es fehlt ein wenig, außer beim Gummi, die PC DNA. Dennoch wirklich spannend und charaktervoll. 89/100
Wenn ich vorher gewettet hätte…
…was mir hier am besten gefällt, das Whiskybroker Bottling hätte ich nicht gewählt. Wahrscheinlich am ehesten das Nadi Fiori Bottling, dessen Ruf ich vorher schon kannte. Nach dem Tasting ist man immer schlauer und ich kann jetzt auch sagen warum das Broker-Bottling mich am meisten begeistert hat: Das Sherryfass war entweder total ausgelutscht oder es war ein sehr kurzes Finish. Damit weißt es vor allem das Profil von 13-16 Jahre alten Bourbon PC-Reifgungen auf. Und diese liebe ich einfach!
Wie immer bei PC gilt mein spezieller Dank dem Christian, für seine unermüdliche Ausgrabung immer weiterer Abfüllungen!
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Bilder: Titel: Eigene Anfertigung | Flaschen: Freundliche Überlassung der Whiskybase und eigene Anfertigung
Samples: Privat gekauft
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