Evolution of… Laphroaig
„The most richly flavoured of all Scotch whiskies“ steht auf so mancher Flasche Laphroaig. Klingt ein wenig hochtrabend, Laphroaig kocht schließlich auch nur mit äh… wash, wie alle anderen. Tatsächlich hat mich von den bisher (zugegebenermaßen recht wenigen) probierten Malts aus diesem Hause noch keiner so recht vom Hocker gehauen. Zeit also, in die Tiefe zu gehen und sich durch die Altersstufen von Laphroaig zu graben:
Laphroaig 10 Years Cask Strength Batch 013
Bourbon Barrels bis 01.2021 / 57,9%Vol. / Link zur Whiskybase
Das erste Batch, bei dem auf dem Etikett der Zusatz von Farbstoff E150a deklariert wird. Werd‘ ich wohl nie verstehen, wozu es den Zuckercouleur braucht, aber vermutlich ist es lukrativ, den Whisky zu strecken. Der derzeitige Eigentümer, der japanisch-US-amerikanische Spirituosenhersteller Beam Suntory, wird es uns sagen können.
Nose: Rauch zeigt sich körnig und grob, auch speckig, kann aber mit Karamell und dieser tollen, kristallinen Süße von Honig aufwarten. Ölige Strukturen können dem außerdem Salz, Tabak und medizinische Facetten wie Pflaster und Iod hinzufügen. Manchmal schaffen es Eiche, Zitrus oder Birne durch den dicken Vorhang. (84)
Taste: Vollmundig und überraschend weich, trotz des heftigen Rauches und der pfeffrigen Gewürze. Pflaster, Mullbinden, Iod – als hätte man einen halben, langvergessenen Verbandskasten im Mund. Mit der Zeit wird er aschiger mit Gerstenmalz und trockenem Eichenholz. (81)
Finish: Das Verbandszeug lässt mich nicht los, schwer legt es sich in den Rachen mit ordentlich Rauch und Ruß als Unterstützung. Unausgeglichenes Eichenholz und erdig-bitteres Kaffeepulver können den Gesamteindruck nicht verbessern. (80)
Fazit: Ab und zu habe ich das Gefühl, den Farbstoff kann man auch schmecken. Ist vielleicht was psychologisches, diese künstliche Bitterkeit. Wirkt jedenfalls jünger als zehn Jahre. Die Eichenfässer haben keinen guten Eindruck hinterlassen, der Alkohol ist nicht gut eingebunden und leider ist er auch kein guter Schwimmer. Von der Qualität der Aromen will ich jetzt erst gar nicht anfangen.
Laphroaig 16 Years
1st Fill Bourbon Barrels bis 2020 / 48,0%Vol. / Link zur Whiskybase
Kam 2020 in die Flasche, wurde also kurz bevor der damalige Besitzer Allied Domecq vom französischen Getränkegroßkonzern Pernod Ricard geschluckt worden ist, gebrannt. Infolgedessen schritt übrigens das Kartellamt ein und Laphroaig wurde an den Konkurrenten Beam verkauft.
Nose: Speckiger, aschiger Rauch mit einer schönen Ausgewogenheit zwischen Süße und Salz. Das Fass hat auch mitzureden, Karamell und Blütenhonig, Apfel und saftige Zitrusfrüchte kommen durch. Später kommt mit Kräutertee und Pflaster noch eine funky Kombi. (86)
Taste: Erdiges, stark verkohltes Eichenholz als Basis für das Wechselspiel von einerseits Vanille und den anderen, süßen Bourbonaromen und andererseits der ölig-würzigen, mit Muscheln versetzten Salzlake. Zwischen der ganzen Asche schwingen noch einige Zitrustöne. (85)
Finish: Medizinische Momente in Form von Pflaster, aber insgesamt dominiert doch die Lagerfeuerseite der Asche. Ölige Schlieren hinterlassen süß-salzige Eindrücke mit erdigen Gewürzen und Gerstenkleie. (83)
Fazit: Deutlich reifer, als der 10er. Der Rauch hat merklich abgebaut, die Prozente sind dennoch nicht zu schwach gewählt, das Ungestüm von Laphroaig ist noch vorhanden. Hintenraus etwas dumpf und abgesehen von der Asche zu schnell im Abschied, aber die 1st Fill Barrels haben allgemein einen passenden Eindruck hinterlassen.
Laphroaig 18 Years
Eichenfass / 48,0%Vol. / Link zur Whiskybase
Das 18-jährige Flaggschiff der Destillerie. Dieses Sample stammt aus einem älteren Bottling, noch mit grüner Dose, welche bis 2012 oder 2013 verwendet worden ist.
Nose: Eine süße Mischung aus Vanille, Honig und Karamell – etwas Asche mit einem Hauch geräuchertem Schinken bildet den Gegenpol. Orangen, Salz und Nüsse feiern eine Party. Gibt es so etwas wie grüne Datteln? (86)
Taste: Zitrusfrüchte, Karamell und Salz konkurrieren um den Platz an der Sonne, aber die leicht rußige Asche macht einen Deckel drauf. Kräftige Gewürze und erdige Zartbitterschokolade werden von medizinischen Noten untermalt. (85)
Finish: Asche und Eichenholz sind eins, schrauben sich schokoladig und herb durch den Mundraum. Sehr erdig, Schwefel und Pflaster betonen diesen Eindruck. Der Honig kommt dagegen nicht an. (81)
Fazit: Schwere prägt diesen Malt. Sicherlich, Power ist da, auch nach 18 Jahren; er wirkt auch reichhaltig, aber auf den zweiten Blick scheint es stets, als fehlte eine entscheidende Dimension.
Laphroaig 21 Years
1st Fill Bourbon Barrels 1993 bis 2015 / 48,4%Vol. / Link zur Whiskybase
In 1994 wurde der Fan-Club ‚Friends of Laphroaig‘ gegründet, die mittlerweile weit über sechshunderttausend Mitglieder haben die Möglichkeit, exklusive Abfüllungen zu erwerben. Dieser 21-Jährige ist eine davon. Das Prinzip hat viele Nachahmer in der Branche, ‚The Ardbeg Committee‘ ist wohl mit am bekanntesten.
Nose: Ein wahrer Nasenschmaus: Die Asche tritt sukzessive in den Hintergrund, was davon bleibt sind Salz und ein Pflaster. Gewürze und Balsamico treffen auf Bananen und zestige Zitrusfrüchte. Aus dem anfänglichen Honig wird mit der Zeit Wachs. (90)
Taste: Ölig, wachsig, würzig. Und natürlich Asche. Diese hat einen rußigen Einschlag nach Kohle und Pflaster. Eine ganze Batterie an gelben Früchten wird entfesselt, darunter viele Zitrusfrüchte, deren Säure gut mit Salz und Eichenholz harmoniert. (90)
Finish: Salzige Asche und verkohltes, leicht schwefeliges Holz. Gelbes Obst erinnert nochmal an das Bourbonerbe, süß-saure Zitrustöne inklusive. Zum Schluss ein Vorhang aus Wachs. (88)
Fazit: Hier greift vieles ineinander, wie bei einem Puzzlespiel. Wahnsinns Antritt, wahnsinnig gute Aromeninteraktionen. Nur die Asche hat für mein Dafürhalten nicht alle Töne richtig getroffen.
Laphroaig 25 Years
Bourbon Casks bis 2018 / 52,0%Vol. / Link zur Whiskybase
Seit über einem Jahrzehnt schafft Laphroaig es nun schon, jährlich eine neue 25-jährige Fassstärke-Edition auf den Markt zu werfen. Die Qualität scheint laut Durchschnittsbewertung auch zu stimmen – oft liest man ja, dass Beam (bzw. seit 2014 Beam Suntory), was Destillat und Fassmanagement betrifft, Effizienz mit Qualität verwechselt.
Nose: Honigsüß und aschig mit salzigem Räucherspeck macht er sich breit, sanft aber nachhaltig. Der rauchigen Anteile zeigen sich facettenreich, das Alter ersichtlich. Spritzige Zitrusaromen koalieren mit würzigem Eichenholz. Kaffee und Tabak fügen sich gut ein. (88)
Taste: Da ist es, das Wachs zum Honig. Bananen und weitere exotische, meist gelbe Früchte und lebendige Zitrusnoten ploppen auf, wie Schneeglöckchen im Frühling. Eiche kommt würzig, aber auch stumpf zur Geltung. Die Asche ist rußig und drängt sich nicht auf, hat aber dennoch einiges Mitzureden. (89)
Finish: Immer noch sehr offensiv mit erdigem Pfeffer und Anklängen von Schwefel, auch das bittere Eichenholz hat Biss. Asche regnet hernieder, wie nach einem Vulkanausbruch. Salz und Zitrus führen den altbekannten Tanz auf. (86)
Fazit: Zeigt nicht dieser Versatilität wie der 21-jährige FOL, vor allem beim eher kurzen Nachklang fehlt mir auch das gewisse Etwas.
Laphroaig 28 Years
Bourbon Barrels & Quarter Casks, 12 Monate Finish in Sherry Butts bis 2018 / 44,4%Vol. / Link zur Whiskybase
2018 kam dann noch eine 28-jährige Limited Edition raus. Gerne würde ich in diesem Zusammenhang erfahren, weshalb nach 27 Jahren Reifezeit noch ein Sherryfinish als notwendig erachtet worden ist.
Nose: Eine gut entwickelte Nase, ein Spiel von Süße, Würze und Wachs. Geräucherter Schinkenspeck und salzige Meeresgischt zeigen, das auch nach 28 Jahren immer noch viele phenolische Elemente übrig sind. Der ölige Körper ist geschwängert mit watteweicher Vanille und wohltuender Frucht nach Zitrusgelee und Banane. (90)
Taste: Verkohltes Eichenholz und viele Gewürze stecken in Bienenwachs. Asche und Salz ringen erst um Aufmerksamkeit, geben dann aber den Weg für dezente tropische Früchte frei. Mit dem Ruß kommt noch eine Spur von Bitterkeit. (89)
Finish: Richtig erdig und dreckig, einige Gewürze und geschwefeltes Holz finden sich in der Lagerfeuerasche. Wachs und Salz können sich durchsetzen, einige Tabakblätter und herbe Zitrusnoten sind mit dabei. (88)
Fazit: Man gerät noch nicht ins Schwärmen, aber man muss anerkennen, dass es sich um einen mehr als ordentlich gereiften Malt handelt. Nichts, was den Preis rechtfertigt, aber es steht nun mal Laphi drauf. Und das Finish? Naja, nimmt ungefähr ein Achtundzwanzigstel des Raumes ein, wenn überhaupt, hat aber m. E. positiven Impact.
Am liebsten würde ich ja das Pflaster abreißen. Die medizinischen Noten taugen mir einfach nicht so. Während den Verkostungen hatte ich zudem oft und unabhängig vom Alter den Eindruck, dass der Rauch nicht so viel Tiefe zulässt, die Aromenvielfalt also zugunsten der überwältigenden Asche zurückstecken musste. Viel hilft nicht immer viel. Tatsächlich steht in den letzten Jahren manchmal auch nur „One of the most richly flavoured of all Scotch whiskies“ auf dem Etikett – ein Eingeständnis? Scherz beiseite, natürlich hat Laphroaig zu Recht seine Fans, aber von keinem der hier probierten Drams, welche ich gerne nochmal im Glas haben möchte, kann ich mir eine ganze Flasche leisten. Trotzdem werde ich mich immer wieder mal mit anderen Samples an diese Brennerei herantasten.
Mehr zu Laphroaig | Samples privat gekauft | Bilder mit freundlicher Genehmigung der Whiskybase
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