‚Auf den Spuren des namenlosen Highlanders‘ oder: Waxattack!
Immer wieder erscheinen Single Malts ohne Nennung einer Brennerei, bei welchen sich die Genießer nicht recht einig werden, wer denn nun wirklich der Erzeuger ist. Ein 36-jähriger Highlander vom Abfüller Mancarella gehört wohl dazu (Link zur Whiskybase). Wenn man mal die Destillerien, von denen es keine 1983er Abfüllung in der Whiskybase gibt, außen vor lässt, stehen immer noch ausreichend Brennereien zur Verfügung; jedoch scheint ‚Clynelish‘ ein heißer Tipp zu sein. Meine Neugier ist geweckt und somit wird das Sample-Sammelsurium nach passenden Vergleichsproben durchsucht:
Clynelish 1996 Sb
Bourbon Cask 24yrs bis 2020 / 54,9%Vol. / Link zur Whiskybase
1996er Clynelishs sind in letzter Zeit einige herausgekommen, alle mit sportlichen Preisen. Dieser hier ist von Sansibar, 283 Flaschen wurden für DeinWhisky.de abgefüllt. Zum Warmwerden.
Nose: Eine frisch geröstete Scheibe Brot wird mit Honigwaben bestrichen, die kristalline Süße des Honigs steigt auf und verbindet sich mit den Gewürzen des Eichenholzes. Mit ein wenig Wasser oder Geduld lassen sich noch gelbe Früchte und Harz herauskitzeln. (87)
Taste: Ein samtiges Konglomerat aus Gerstenmalz, Eichenholz und Bienenwachs, leicht ölig und salzig wandert er umher. Die Gewürze sind vielschichtig und haben einiges mitzureden. Ingwer gesellt sich hinzu, unterlegt wird das Ganze von einer leichten Bitterkeit und herben Noten, ich denke da an Heidekraut und Zitrusfrüchte. (86)
Finish: Erneut herb, dazu ausgesprochen grasig und sehr wachsig mit rohen Eichenholzbrettern. Zimt, Nelke, Ingwer – das alles verschwindet nur sehr zögerlich. (85)
Fazit: Ein ansprechendes Bourbonprofil, welches das Destillat maßvoll beeinflusst hat. Trotzdem kommt mir das Gesamtpaket zu unentschlossen und unausgewogen rüber. Mit Blick auf den Geldbeutel halte ich mich da lieber an die 14-jährige Originalabfüllung.
Clynelish 1995 SV Cask 11232
Refill Sherry Butt 21.11.1995 bis 12.04.2019 / 51,8%Vol. / Link zur Whiskybase
Da am Ende der Verkostung ein Refill Sherry Hogshead steht, muss definitiv auch ein Clynelish mit Sherryreifung her. Dieser Signatory Vintage lungert schon viel zu lange im Regal herum, jetzt darf er ins Glas. 566 Flaschen ergab’s nach 23 Jahren.
Nose: Trotz Refill sehr viele Rosinen. Vereinzelt auch getrocknete Aprikosen und Datteln. Im Hintergrund macht sich das Eichenholz mit samtigen Gewürzen bemerkbar, aber man muss sich durch eher eindimensionalen Sherry, süßes Karamell und malzigen Biskuit durchkämpfen. Wachsiger, salziger Propolis repräsentiert den Brennereicharakter, hin und wieder blitzen Marzipan und feuchte Felsen auf. (89)
Taste: Bienenwachs und Sherry ringen um die Vorherrschaft, werden aber vom Eichenholz überrollt, welches zwar einige ansehnliche Gewürze im Gepäck hat, jedoch auch eine eher weniger angenehme Bitterkeit. Geht ein wenig Richtung verbranntes Karamell. Salzige Trockenpflaumen sorgen für willkommene Abwechslung. (86)
Finish: Die volle Wachsladung, aber auch sehr holzig, was wiederum viele Gewürze verspricht, aber auch grasig-bittere Momente mit sich bringt. Das ölig-salzige Mundgefühl bleibt lange und das ist auch gut so. Erst mit ein wenig Abstand kommen auch der fruchtige Sherry und das Marzipan. (87)
Fazit: Während man in der Nase noch das Gefühl hat, dass das Refill Butt das Destillat unterstützt, wird auf der Zunge klar, dass speziell das Fassholz auch destruktiven Einfluss hat, vor allem bei Zugabe von Wasser.
Blended Malt Scotch Whisky 1988 SpSp
Vier 1st-Fill Bourbon Barrels 31yrs bis 2020 / 43,1%Vol. / Link zur Whiskybase
Dann machen wir doch mal die Probe auf’s Exempel und schauen, ob wir diesem Blend von Spheric Spirits zutrauen, zumindest teilweise Clynelish zu beinhalten. Man sagt ihm nämlich nach, ein sogenannter ‚teaspooned‘ Clynelish zu sein, es wurde also eine kleine Menge Whisky einer anderen Brennerei hinzugefügt.
Nose: Sehr viel Vanille und Vanille-Karamell-Gebäck – das wird das Erbe der Bourbon Barrels sein – und dazwischen drin: Honig. Dick, aromatisch und wachsig. Die Eiche ist auch mit an Bord, allerdings recht dezent, nach so langer Zeit. Dill!? (85)
Taste: Definitiv ein 1st-Fill, der Vanille-Bourbon hat viel Anteil, erst danach bekommen der süße Honig und die würzige Eiche ihren Platz. Durch die niedrige Fassstärke sehr sanft, Zartbitterschokolade zieht sich durch’s Fundament. Kokos und andere Nüsse türmen sich auf, dazu Gerstenmalz. (84)
Finish: Mit Wachs überzogenes Eichenholz. Sehr würzig, da kommt endlich das Alter zur Geltung. Die Vanille-Kokos-Noten sind gut eingebunden und vertragen sich mit dem Honig. Leicht salzig und ledrig wirkt er auch. (85)
Fazit: Nicht sonderlich komplex. Als 31-jähriger Malt überzeugt er nicht so recht, dafür aber als Quasi-Clynelish. Da gibt es einige Parallelen zum ebenfalls bourbonfassgelagerten Sansibar, das Wachsige, das Salzige, das malzige Shortbread. Von Fettercairn und Glen Garioch habe ich bereits ähnliche Profile erlebt, aber Clynelish kommt am nächsten ran.
Clynelish 1982 MoS Cask 5895
Bourbon Hogshead 15.12.1982 bis 01.2010 / 51,5%Vol. / Link zur Whiskybase
Um die Geschmacksnerven kurz vor Schluss nicht noch auf die falsche Fährte zu führen, schiebe ich zur Kalibrierung diese Miniatur von Malts of Scotland ein. Garantiert ein Clynelish und immerhin aus den frühen 80ern.
Nose: Zwischen all dem Wachs finden sich auch Trockenfrüchte, Vanille und würzig-schokoladiges Eichenholz. Die Trockenpflaumen und Datteln wurden gesalzen und in Honig eingebettet, dann kommen Aprikosen und ein exotischer Flair, welcher fast schon zu einem Tropensturm auswächst. Nüsse und Mineralien tummeln sich herum. (91)
Taste: Unglaublich reif, es trieft nur so von Honig, die Frucht ist wahnsinnig verwoben und von Wachs verhüllt, intensiv würziges Eichenholz umgibt die Szenerie. Extrem salzig mit Walnüssen und Mandeln, schön ausbalanciert ist er noch dazu. Ein Hauch von Schokolade und Sandelholz. (93)
Finish: Eher trocken, das Eichenholz ist nach wie vor sehr würzig und nussig. Ein Touch Gerstenmalz wird von einer Welle aus feiner Zartbitterschokolade überrollt. Erst dann ist Raum für Sole und dezente Öligkeit, noch nach Minuten hat man das Gefühl, der ganze Mundraum wird mit salzigem Wachs tapeziert. (90)
Fazit: Mal kurz Jammern auf hohem Niveau: Am Gaumen ist mir ein Ticken zu viel Bourbon im Spiel, im Nachhall wird eine kurze Erinnerung an Schwefel wach. Insgesamt aber großes Kino, eine wuchtige Erfahrung. Genau so erhoffe ich mir das auch vom folgenden Highlander:
Highland Single Malt 1983 Ma Cask 50
Refill Sherry Hogshead 36yrs bis 2019 / 47,3%Vol. / Link zur Whiskybase
Da ist er endlich; und schon die ersten Momente im Glas verraten: Das ist kein Tomatin, Glenmorangie oder Glengoyne.
Nose: Sehr verwoben und gesetzt. Es sind viele wachsige Elemente vorhanden, sowie ein Dreiklang aus Eichenholz, Haselnüssen und malzigem Biskuit. Dieser wird aber bald von Honigaromen verdrängt, die sich ölig und mit einer salzig-mineralischen Frische ihren Weg in die Nase bahnen. Der Sherry tut sich nur zögerlich hervor, steuert aber sehr gut integrierte Trockenfrüchte wie Aprikosen und Pflaumen bei. Mit süßen, gedünsteten Äpfeln und Zimt, seidigen Zitrusnoten und gelben, fast tropischen Früchten möchte ich abschließen, ansonsten werde ich heute nicht mehr fertig. (91)
Taste: Die Würze kommt sanft, aber nachhaltig, Eichenholz ist im Spiel und hat eine schokoladig-nussige Bitterkeit mitgebracht. Die Textur ist sowohl wachsig, honigartig, als auch dreckig und prickelnd mit etwas Gerstenmalz versehen. Gelbe (Zitrus-)Früchte vermengen sich mit Tabak und Salz. Hier ist er ebenfalls nicht so kräftig wie der 82er MoS. (89)
Finish: Trockenes Eichenholz gibt sich zum Abschluss die Ehre. Viele Eindrücke wechseln sich rasant ab und gehen ineinander über: würzig, nussig, wachsig, harzig, salzig, mineralisch, dreckig und ledrig. Erneut die gelbe Frucht. (88)
Fazit: Single Malts mit Honig und Wachs gibt es zuhauf, gerade in dieser Altersklasse. Aber bei keiner zieht sich das Wachs wie ein roter Faden derartig von vorne bis hinten durch. Und: Die Kombination mit Salz, gelben Früchten und Apfel spricht Bände: Clynelish. Zu salzig für Glen Ord, zu wachsig für Old Pulteney und zu wenig fruchtig für Glenglassaugh. Irgendwie so.
Zugegeben: Sonderlich schwierig habe ich es mir mit der Wahl meines „Blindsamples“ nicht gemacht. Zum einen fehlt mir aber die Erfahrung, was diese Art von „Spielerei“ betrifft, zum anderen hatte ich das Ziel, die übliche Dynamik eines Tastings ein wenig aufzubrechen. Und die Hauptsache ist ja immer, dass es schmeckt.
Samples: Privat gekauft | Bilder: Titel Andrew Wood / Clynelish Distillery / CC BY-SA 2.0 Flaschen:; Eigenanfertigung bzw. mit freundlicher Genehmigung der Flaschenteiler und Dino Mancarella
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