Alle Port Charlotte (Teil 7)
Es ist wieder Zeit für eine Runde Port Charlotte. Auf der Reise durch die Welt der getorften Bruichladdich, kuratiert von Christian, habe ich ja schon öfter gedacht „Mehr geht nicht“. Jetzt hat er wieder einmal ein Paar besonderen Abfüllungen rausgeholt. Mal sehen was heute so passiert.
Port Charlotte 2004 Meadowside Blending
Diese Abfüllung wurde von Meadowside Blending, aka Donald Hart, 2015 auf den Markt gebracht. 10 Jahre alt, 53,1% stark und aus einem Oloroso Sherry Cask. Insgesamt gibt es 342 Flaschen. Link zur Whiskybase
Nase: Metallisch, Kupferpfennige, buttrig, ein paar Gewürze und Kräuter, Rauch und Torf, rote Beeren und Gummi.
Mund: Nüsse und Salt. Auch gesalzene Nüsse. Ein wenig Holz. Dann wieder die buttrige Säure. Pflaumenmus und Holz. Gekochter Schinken.
Abgang: Dunkle Früchte, bittere dunkle Schokolade. Aber auch fleischige Noten. Saftiger Schinken aus dem Rauch. Glasiert mit einer Sherryreduktion.
Fazit: Nach einer kurzen Diskussion ob das jetzt roher Schinken ist oder gekochter Schinken aus dem Rauch: „Wie auch immer. Kann man schon trinken.“ Das ist tief angesetzt. 90/100 Mit Wasser wird er übrigens schön trocken. Sollte man nur machen, wenn man das mag.
Port Charlotte 2001 – Blood Tub
Eines der „berühmten“ Blood Tubs. Kleine Fässer, für Privatpersonen abgefüllt bei der Wiedereröffnung der Bruichladdich Destillerie. Die Fässer hatten alle die Eigenschaft sehr schnell zu reifen und dabei ordentlich Flüssigkeit zu verlieren. Ergebnis: Nach acht Jahren sind noch 36 Flaschen übrig gewesen mit 55,5%. Link zur Whiskybase
Nase: Unglaublich alte Sherryfassreifung. Rauchige Kirschen, frisches Leder, Tabak, Kräutersud. Medizinisch ohne Ende. Aber nicht im Jod-Stil. Nach einiger Zeit kommt eine leichte fleischige Note. Vielleicht sowas wie Kalbsfilet vom Grill. Oder mild geräucherter Schinken.
Mund: Salz und Jod. In Butter geschwenkte Kirschen. Metallisch und fruchtig. Dezente Rauch, Leder und Tabaknoten. Mit einigen Umdrehungen im Mund ist frische Säure präsent. Dann kommen auch die Kräuter zurück. Eine leichte erdige Komponente ist auch noch da. Dann wieder der Tabak. Ohhhh
Abgang: Im Chinarestaurant. Fischsauce. Sojasauce. Dazu eine Sherry-Kirschbrandreduktion. Dazu immer wieder leichte Rauchnoten. Alte Hölzer und Leder kommen hervor. Dazu dunkle Schokoladenmus und nasser Tabak.
Fazit: Das einzige was ich hier irgendwie vorwerfen kann: Die Aromen sind so viel und heftig, dass man ewig braucht um das zu sortieren. Das ist verrückt. Der riecht und hat einen Abgang wie etwas das auch gut und gerne 30 Jahre in einem Sherryfass war. Das muss man allerdings auch mögen. Das Holz ist schon echt vorhanden. Egal. Das ist verrückt. Meinen Glückwunsch an „Kai“, den Eigentümer des Fasses. 93/100
Port Charlotte 2001 Malts of Scotland
Eine Abfüllung für das Islay Whisky Dinner von Malts of Scotland. Fast 11 Jahre im Fass, abgefüllt aus einem Sherry Hogshead mit mehr als soliden 63,3%. 303 Flaschen waren ursprünglich verfügbar. Link zur Whiskybase
Nase: Getorfter Aprikosenschnaps zu einem leichtem Schinkenbrot. Das ganze wird draussen verkostet, auf nassem, festgetretenem Erdboden. Gebutterte Aprikosenspalten.
Mund: Relativ mild für einen PC. Mit einer schönen Fruchtnote. Zitronenschale und Aprikosen.
Abgang: Es bleibt konstant. Ein wenig erdige Noten. Schöne Früchte. Dazu kommen jetzt noch ein paar Kräuter. Er ist ehrlich gesagt auch irgendwie betäubend und stark wärmend. Bitternoten werden mit der Zeit auch sehr kräftig.
Fazit: Eher untypischer PC, finde ich. Das ist durchaus lecker aber wenn man jetzt das totale Peat- oder Schinkenmonster erwartet, dann wird man hier eher enttäuscht. 87/100 Mit Wasser wird es Zuckerwasser 😉 Bei der zweiten Verkostung war er relativ sauer und hinten raus ziemlich trocken. Kein Plus in diesem Fall 84/100
Port Charlottte 10-year-old Islay Scotch & more
Der Nürnberger Whiskystammtisch, der in der Stadtmauer stattfindet, ist etwas besonderes. Ein Treffpunkt und Austausch von Genießern und „Verrückten“. Zum 100. Stammtisch im Jahr 2013 musste dann auch etwas besonderes her. Ein Port Charlotte abgefüllt von Christian Drittler, dem Mann hinter dem deutschen Abfüller Islay Scotch & more. 63% stehen zu Buche und 312 Flaschen wurde aus dem frischen Sherry Fass entnommen. Link zur Whiskybase
Nase: Kuhstall. Ich weiß schon das ist so eine sinnlose Beschreibung eines Whisky. Allerdings haben wir einen Hof in der Familie. Ich weiß schon so ungefähr wovon ich rede. Dazu noch ein Früchtetee mit hauptsächlich roten Früchten. Peat und medizinische Noten sind auch dabei.
Mund: Süß und salzig. ein paar Früchte. Der Tee wird rauher, ist jetzt echter Tee. Grüner Tee und Schwarztee würde ich sagen.
Abgang: Orangen und second Flush Grüntee. Salz. Nur ein Hauch Bitterstoffe. Auch eine gekochter Schinken könnte da irgendwo sein. Mit ein paar gelben Früchten dazu.
Fazit: Das hätte eine Octomore werden können. So vom Profil her passt das für mich gut in die Richtung. Während Christian hier keine große Freude empfindet kann ich nur sagen: Schön. Das ist sehr lecker. 88/100
Port Charlotte 2001 SMWS 127.3
Das BBQ am Strand für ältere Pfadfinder. So der Untertitel dieser SMWS (Scotch Malt Whisky Society) Abfüllung. Bis zu welchem Alter kann man Pfadfinder sein? Darf man da schon Alkohol trinken? Acht Jahre ist er auf jeden Fall alt und kommt aus einem Refill Bourbon Barrel. 67% hat er (sic!). Die 235 Flaschen wurden für den australischen Markt abgefüllt. Link zur Whiskybase
Nase: Rauch und Torf, viel davon. Teerstraße, süße Jodtinktur. Etwas Metall und Vanille. Selbstverständlich haben wir bei dem Alkoholgehalt ein wenig mit Wasser gespielt, das drängt sich ja quasi auf. Mit Wasser wird er deutlich mineralisch.
Mund: Relativ verschlossen und betäubend. Mit Pfeffer und Zitrone. Jod und Torf. Etwas Salz. Mit Wasser wird er weicher und süßer. Das ist deutlich angenehmer, er kann aber dann auch nicht mit Ausdruckstärke punkten. Man kann nicht beides haben wie mir scheint.
Abgang: Relativ trocken, mit Bitterstoffen, Zitrusöle und etwas „grünem“ Pflanzlichen. Mit Wasser wird er noch trockener… das ist fast schon unangenehm.
Fazit: Ein ziemlich heftiger Geselle. Wunder nicht. Und mehr muss man schon fast nicht mehr sagen. 86/100
Port Charlotte 2001 Private Cask The Night’s Watch
Ein 13 Jahre alter PC aus dem Bourbon Cask. Private Bottling unter dem Namen „Night’s Watch“. Mehr wissen wir über diese Abfüllung nicht. Und einen Link zur Whiskybase gibts damit natürlich auch nicht. Wie wir, bzw. Christian da dran kommt? Nun unter Whiskynerds läuft das in etwas so.
Nase: Eine deutliche Erinnerung an einen Bauernhof. Diesmal nicht nur Viehwirtschaft sondern auch Obst. Apfelmost. Dazu der typische Gummi und natürlich Torf und Rauch.
Mund: Das geht dann über in Asche und Kohle, danach kommt etwas Suppe. Der Gummi wird zum Gummibaum und es brennt ein Lagerfeuer.
Abgang: Ein weiterer kleiner Schwenk bringt uns ans Meer. Gischt und Seetang. Die Kohle ist mittlerweile feiner Staub. Gummi wurde durch Melasse ersetzt und das Obst zu leicht süßlich mit Zitruseinschlägen.
Fazit: Klasse Ding. Und ein kleines Einhorn. Nicht so schlecht sowas im Glas gehabt zu haben. 88/100
Ok, jetzt hab ich alles gesehen…
… bzw. getrunken. Ich meine was will noch kommen? Eine Abfüllung von der nichtmal ein einziges Bild im Internet existiert und wo der Sampleverkäufer selbst auch sagt da wird nie wieder was von auftauchen. Aber Christian wird mich wieder überraschen, ich bin mir sicher. Sachdienliche Hinweise zu dieser Abfüllung werden gerne unter info(at)keinehalbendrinks.de entgegen genommen 🙂
Auf jeden Fall habe ich jetzt das Licht gesehen und verstanden. Um genauer zu sein mein Licht. Die Blood Tubs sind das Ziel der Reise. Ich denke allerdings nicht für jeden Menschen, auch wenn man Whisky mag. Und wahrscheinlich auch nicht jedes Blood Tub für jeden. Das von Kai aber auf jeden Fall für mich. Wer noch Blood Tubs hat darf sich gerne bei uns melden 🙂
Bilder: Freundliche Überlassung der Whiskybase und eigene Anfertigung | Samples: Privat gekauft und eigene Flaschen
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