Old & Rare Flight 007 – The Kinship 2020

Ein Tastingflight, den ich unbedingt machen wollte, als ich das Set im Shop entdeckte. Die Kinship Bottlings sind eine Reihe von Hunter Laing. Jedes Jahr released, rund um die Zeit von Feis Ile und vollgepackt mit Abfüllungen von Einzelfässern höchster Qualität und auch langer Reifezeit. Ein einzelnes solches Bottling zu releasen ist sicher für die meisten Abfüller schon eine Besonderheit. Ein ganzes Set umso mehr.

Zu meinem Glück hat man sich entschlossen dieses auch als Sampleset herauszubringen. Da konnte ich nicht anders und hab zugeschlagen. Die Wirrungen des Brexit und der Versandunternehmen hätten es beinahe verhindert. Aber vor ein paar Wochen sind die Samples dann gelandet. Vollkommen klar: Das wird ein eigener Old&Rare Flight.

Insgesamt sechs Abfüllungen sind enthalten. Fast alle natürlich aus Islay Destillerien, schließlich geht es darum ja bei Feis Ile. Außerdem steht die eigene Destillerie von Hunter Laing Ardnahoe auch auf Islay. Zusätzlich gibt es dieses Jahr noch einen Highland Park. Ich freu mich schon!

Highland Park 1989 Hunter Laing

Die Abfüllungen sind nummeriert und wir sind in der entsprechenden Reihenfolge vergangen. D.h. wir starten mit einem Highland Park, ja ich weiß entgegen meiner Aussage oben keine Islay Destillerie. Allerdings passt es ganz gut ins Profil und ist mit durch den wahrscheinlich eher leichten Peatanteil wohl auch ein guter Einstieg. Stolze 30 Jahre war er im Fass. 439 Flaschen mit 43,1% wurden abgefüllt. Link zur Whiskybase

Nase: Initial ein wachsiger Duft. Dann wird es erdig. Die typischen Heidekräuter kommen dazu. Dann kommt Regen dazu und die Heidewiese wird dampfend nass. Dann wechselt es zu süßem Honig und einem wunderbaren Stück Zitronenkuchen. Kurz bevor ich das Glas ansetze gibt es noch ein paar Phenole und die kleinste Ahnung von Rauch.

Mund: Was mir als erstes Auffällt: Eine sehr stoffige Qualität, kann man fast kauen. Dann kommen gleich wieder die Phenole. Auch Lampenöl. Vielleicht ein Campingkocher auf dem eine Muschelsuppe steht. Etwas Zitrusabrieb steht schon bereit. Der Wind kommt vom Meer in Richtung Heidewiese.

Abgang: Zitronenzeste mit Salzkruste… vielleicht gibt es Cocktails zum Essen? Es ist auch keine Muschelsuppe, sondern süß mariniertes Seafood mit frisch gemahlenem Pfeffer. Herrlich. En paar Kräuter darüber und ein sehr dezenter Rauch steigt auf.

Fazit: Wow, was für ein Start. Der steht für sich, relativ rund, dennoch komplex. Sehr gut gealtert, ein unglaubliches Single Cask. Ich sag jetzt mal ganz mutig und ohne nachzuschauen: Einer der besten Highland Park die ich je getrunken habe und mit Sicherheit der beste der in den letzten Jahren abgefüllt wurde. 91/100

Ardbeg 1992 Hunter Laing

Nun sind wir auf Islay angekommen. Nummer 2 ist dann gleich ein Ardbeg. Mal sehen ob die Reihenfolge wirklich passt. Auf jeden Fall ist dieser 28 Jahre im Fass gewesen und das ergab dann 251 Flaschen mit 50,1% Link zur Whiskybase

Nase: Viel Meer und deutliche Peat- und Medizinnoten. Dazu auch einiges an Gebäck. Ich bin gedanklich bei Shortbread und hellen Muffins. Vielleicht mit einer gegrillten Ananas mit Honigmarinade.

Mund: Packt ein wenig an, kurz sind da Ingwer und Pfeffer, vielleicht sogar kurz Menthol. Geht dann über in Limettensaft. Dann wieder in medizinische Noten, mit Zitruszesten, prägnanten Gewürzen und Salz.

Abgang: Zitrone und Peat, mit einer wärmenden Lagerfeuernote. Könnte man wieder ins Schwelgen kommen. Leider finde ich etwas seifiges ganz zum Schluß. Da ist eher unpassend.

Fazit: Fängt gut an, hinten raus wird es dann eher schwieriger. Bleibt aber sehr gutes Zeug, kann man Spaß mit haben. Ist für mich aber nicht „over the top“. 88/100

Bowmore 1989 Hunter Laing

Von der Südküste zurück ins Herz von Islay: Bowmore ist an der Reihe. Wie der HP 30 Jahre im Fass und mit einer Ausbeute von 256 Flaschen und 58,0% abgefüllt. Link zur Whiskybase

Nase: Ganz leichter Torf und Rauch kombiniert mit Zitrus- und Südfrüchten. Das Ganze wird dann tief und fest in einem fruchtigen Sherry verpackt. Trockenfrüchte, süße rote und dunkle Früchte etc.

Mund: Eine deutliche Tabaknote. Dazu Veilchen und Nelken. Dagegen stehen Orangen, etwas Nuss und auch Leder. Eine sehr weiche Torfnote ist auch dabei.

Abgang: Starke Bitterstoffe, Tabak, kaum noch Torf und Rauch. Honigsüß mit den Resten des Sherryfasses. Trockenheit zum Schluß ist nett

Fazit: Wasser macht ihn zugänglicher, wenn auch wärmender. Ansonsten wahrscheinlich der beste Veilchen/Nelken Bowmore, den ich bisher hatte. Das Sherryfass hilft hier wirklich weiter. Allein… das ist nicht mein Profil. 87/100

Bunnahabhain 1989 Hunter Laing

Ich erkenne ein Muster: Auch der Bunnahabhain in Flasche Nummer 4 ist 30 Jahre im Fass gewesen. 451 Flaschen mit 45,5% kamen dabei raus. Link zur Whiskybase

Nase: Süße Apfel- und Gebäcknoten, auch Apfelwein und Apfelweintorte. Ich hab da ganz konkret eine im Kopf… hmmm.

Mund: Salzkaramell, Zitronenkuchen, Milchcreme, Milchkaffee, Milchschokolade, Apfel mit Zimt. Das sind alles sehr feine, fast filigrane Aromen. Aber sehr gut ausdefiniert und lecker!

Abgang: Leichte Bitternoten, etwas Kräuterlimo, ganz wenig Tabak und ein wenig Ingwer und Vanille. Die Palette ändert sich etwas, im Vergleich zum Mund, aber die Qualität bleibt sehr hoch.

Fazit: Komplex, gut gealtert. Geiler S****, genau im Profil. Also zumindest bilde ich mir das für 30 Jahre alte Bunna so ein. Mein Erfahrungsraum ist da noch nicht groß genug für ein finales Urteil. Egal wie: Das ist wirklich gutes Zeug. 90/100

Caol Ila 1989 Hunter Laing

Wir bleiben an der Ostküste und gehen zu den Nachbarn von Caol Ila. Auch hier 30 Jahre und es sind nochmal mehr Flaschen rausgesprungen: 532 mit 42,4%. Link zur Whiskybase

Nase: Melone und Schinken. Der italienische Klassiker. Dazu Rauch, Torf, Marzipan. Salz und Seetang. Großartigste Nase.

Mund: Orangen und Zitronen. Ganz wenig Asche, wieder etwas Seetang. Bonbons für Erwachsene kommen mir in den Sinn. Auch eine schöne Wachsigkeit ist dabei. Oder vielleicht Zitrosöle in einer Öllampe.

Abgang: Immer noch stark in den Zitrusnoten. Ein paar Bitterstoffe dazu. Eine Ahnung von Vanille. Die Länge ist fantastisch, auch wenn der Abgang im Vergleich zum Rest abstinkt. Klingt komisch, ist aber so.

Fazit: Wahrscheinlich einer der fruchtigsten Caol Ila die ich bisher hatte. Und ich mochte ihn sehr! 91/100 !!! Christian fand da übrigens keinen ganz so großen Gefallen daran und gibt „nur“ 89. Ich glaube hier sieht man dann genau den Unterschied von „ist in meinem persönlichen Profil“ oder eben nicht.

Laphroaig 1990 Hunter Laing

Ein letzter Dram. Jetzt wieder Südküste. Und, na wer errät es? Genau 30 Jahre im Fass. Aber diesmal erst 1990 ins Fass gebracht. 4 der 5 anderen waren schon 1989 gebrannt worden. 344 Flaschen mit 53,6% wurden dann 2020 abgefüllt. Link zur Whiskybase

Nase: Direkt beim Ansetzen ein Meer an Früchten. Von hell bis dunkel von lokal bis exotisch. Nach ein paar Minuten wird es dann Laphi-typisch medizinisch und torfig.

Mund: Torf, Bärendreck (Lakritze), Leder, trockene Bandagen und Medizin. Meine bildliche Assoziation: Staubige Gänge eines zombieapokalyptischen Klinikums.

Abgang: Deutlich bitter mit medizinischen Noten, Honig, Orange, viel Rauch. Ein würziges Gericht, abgespritzt mit Zitrone. Zwischendrin dann mal wieder sehr „weinig“.

Fazit: Für das Alter zum Teil mit einer deutlichen Unwucht. Stürmisch, aufwühlend und damit sehr fordernd. Was ich für einen Whisky in dem Alter irgendwie spannend bis ungewöhnlich finde. Da hatte ich mir vielleicht trotzdem etwas mehr oder anderes erhofft. Jammern auf hohem Niveau und wahrscheinlich auch beeinflusst vom Umfeld in dem er sich tasten lassen durfte. Die Konkurrenz ist zu stark. 89/100

So geht Single Cask

Hab ich nicht vergangene Woche noch darüber philosophiert, dass es leichter scheint eine Komposition zu schaffen, als genau eine überwältigende Single Cask zu finden? Nun hier sind sechs davon. Ok, ich war vielleicht nicht der Zielkunde von allen sechs, aber die stehen alle für sich und sind mindestens sehr gut. Wenn man den jeweiligen Stil mag, dann sind sie alle in den Sternen. Mein persönliches Highlight ist mit Sicherheit der Highland Park. Besser haben mir bisher nur sehr wenige HP gefallen.
Gerne wieder. Solche Samples und Sets darf es gerne öfter geben.

Big shout out and thank you to Tristan and Paul for making this possible by defeating the monsters of delivery. Thank you for your effort and dedication!

Bilder: Mit freundlicher Genehmigung des Ardnahoe Destillerie Shop/Hunter Laing sowie eigene Anfertigung |
Samples: Offiziell gekauft