Alle Port Charlotte (Teil 5)
Eine weitere Runde durch das Port Charlotte Universum bringt uns heute in besondere Ecken. Gebrannt wurden die heutigen Kandidaten in den Jahren 2001-2006, jeweils aus jedem Jahr eine Abfüllung. Anfänglich Zufall habe ich irgendwann versucht die Reihe für einen Beitrag vollständig zu machen. Aber das ist nicht die einzige Besonderheit: Es sind auch drei private Casks dabei. Eines davon ist eines der berüchtigten Blood Tubs, die schon nach kurzer Zeit eine wahnsinnig tolle Reife erzeugt haben sollen. Dann gibt es noch eine unabhängige Abfüllung und zum Schluß zwei Valinches, also die Small Batch/Single Cask Originalabfüllungen. Wenn das kein tolles Line-up ist, dann weiß ich es auch nicht.
Port Charlotte 2001 (Private Cask Marcus Fischer)
Wir beginnen im Jahr 2001, dem ersten Jahr in dem Port Charlottes von Bruichladdich überhaupt ins Fass gebracht wurden. Darunter waren einige so genannte Blood Tubs, so wie dieses hier. Als privat gekauftes Fass für Marcus Fischer wurde es abgefüllt und nach 13 Jahren in 26 (!) Flaschen mit 50,3% gebracht. Link zur Whiskybase
Nase: Süßeste Erdbeeren. Dazu ausgekratzte Vanilleschoten. Nur eine Idee von Rauch. Früchtebrot mit einem 90% Anteil an Trockenfrüchten. Ein Zigarrenhumidor wird kurz geöffnet. Ein Hauch Pinie und Erde.
Mund: Eine Kombination aus Salz und Beeren. Trockene Tannennadeln. Torf und Rauch sind kaum merkbar. Das ist eher in einer Liga mit den 1960/70er Laddie. Schöne Sherryholztöne. Bitterstoffe. Leder. Leichter Tabak. Worcester Sauce.
Abgang: Würzig, vor allem mit fruchtigen Tabaknoten und einiges an Bitterstoffen endet dieser Traumstoff. Hier lässt er etwas nach. Was auch ok ist. Immerhin ist er nur 13 Jahre alt.
Fazit: Oh, wow! Ein Privileg das getrunken zu haben. Fantastisch, fordernd, komplex. Die Nase ist aus einer anderen Welt! 1000 Dank an alle, die an dieser Abfüllung und dem Sample beteiligt waren. 91/100
Port Charlotte 2002 – Double Wood (Private Cask Kjell Öberg)
Refill Bourbon und ein „Recask“ in ein Fresh Haut Brion Hogshead für 10 Jahre. Hier kann man also nicht von einem Finish sprechen. Ein Private Cask eines (schwedischen?) Port Charlotte Afficionado Namens Kjell Öberg. Auf der Flasche ist eine Widmung an „Jim“. Damit ist wahrscheinlich Jim McEwan gemeint, der bei Bruichladdich als Master Destiller tätig war (und Kultstatus erlangte). 267 Flaschen der Abfüllung gibt es. 59,4% stark ist sie. Link zur Whiskybase
Nase: Metall, Fleisch und Räucherkammer. Dazu rote Früchte. Auch die wurden geräuchtert. Asche, Torf und Kohlenstaub. Dann kommt noch etwas Vanille und helle Früchte dazu. Birnen vor allem.
Mund: Schöne maritime Noten, gepaart mit einer ordentlichen Süße. Metholig und salzig. Der Rauch und der Torf sind eher begleitend.
Abgang: Süß und salzig geht am Gaumen los, Vanille und Limetten dazu. Dann kommen viele Kräuter bis es dann wieder in den Peat rein geht. Da ist dann auch noch ein wenig Speck am Start. Dazu wieder Früchte, ich würde sagen getrocknete Birnen und Aprikosen.
Fazit: Schöner PC mit einer tollen maritimen Seite. Für mich sind die Highlights aus dem Bourbonfass, die zweite Reifung hätte es für mich nicht gebraucht. 88/100.
Port Charlotte 2003 (Private Cask Passionnés du Malt)
Ein weiteres Private Cask, diesmal abgefüllt für „Passionnés du Malt and Friends“. Ehrlich gesagt weiß ich nicht wer das ist. Meine Vermutung ist ein privater Whiskyclub. Wirklich was rausgefunden habe ich nicht. Er kam auf jeden Fall 2003 in ein Fresh Bourbon Barrel, wurde dann von der Gruppe „zufällig während Feis Ile 2008 ausgewählt“ (steht auf der Flasche). Abgefüllt wurde er dann 2016 mit einer Stärke von 60,4% in 241 Flaschen. Link zur Whiskybase
Nase: Christian: Medizin, Hustensirup, Salzwasser – spannend und macht Lust auf mehr. Tobias: Ich finde auch noch was mineralisches. Kieselstaub oder so. Platt getrettener Erdboden, Torf, auch ein paar grüne Früchte sind am Start.
Mund: Christian: Mehr Medizin, Hustensaft trifft Mineralien und Maggi? Tobias: Auch hier finde ich wieder ein paar helle Früchte und kurz spitzen Bleistiftspäne durch. Die Konsistenz ist unglaublich dicht und stoffig. Fasst wie Olivenöl oder so. Nach einigem Zirkeln finde ich auch eine gewisse Nussigkeit.
Abgang: Christian: Schön lang, ausschleichend. Tobias: Spannend. Ich hatte erstmal das genaue Gegenteil. Zack war er weg. Aber er kommt noch mal. Dann mit Bitterstoffen und dieser würzigen Komponente, die Christian vorher schon beschrieb. Er bleibt dann in der Tat lange, ist aber nicht aufdringlich dabei. Was man ja bei den Aromen nicht direkt vermutet.
Fazit: Christian: Schöner Bourbon Cask, sehr lecker aber auch komplex und nichts für nebenbei 89/90 Tobias: Ich bin froh, dass Christian sein Sample mit mir geteilt hat. Der hat mir gut gefallen! Mir gefallen die Bourbon Casks noch besser, wenn sie noch ein paar Jährchen mehr kriegen. Aber wer will schon jammern, auf dem Niveau? 88/100
Port Charlotte 2004 Dramfool
Aprospos Feis Ile: Diese Abfüllung ist eine inoffizielle Feis Ile 2019 Abfüllung. Und zwar durch den unabhängigen Abfüller Dramfool. Zu Ehren des Islay Festivals hat er diesen 2004er PC nach etwas über 14 Jahren abgefüllt. Zuvor war er einem 1st Fill Sherry Hogshead. Daher wohl auch die ziemlich dunkle Farbe. Der Inhalt der 299 Flaschen war dabei noch 53,4% stark. Link zur Whiskybase
Nase: Einiges an Beeren ist am Start. Dominant ist für mich Erdbeere. Dazu ein wenig Tabak und auch Nüsse. Auch Menthol und etwas Apfel kann ich vernehmen. Ein Hauch Bleistiftspäne
Mund: Beeren, Schokolade auch etwas Torf und Rauch. Dazu einiges an Holz. Es wird immer mehr Holt. Es wird zu viel Holz.
Abgang: Das Holz ist jetzt verkohlt. Es wird besser. Die Beeren sind zurück. Dazu Leder, Bitterstoffe, Gerbsäuren. Dann noch Asche und auch Schokolade. Zartbitter. In der Länge sehr trocken.
Fazit: Schöne Anklänge. Sehr schöne sogar. Das Holz im Mund ist mir aber einfach zu viel. Viel zu viel. 86/100
Port Charlotte 2005 MNC: 01
Ein Valinch Single Cask auf einem 1st Fill Weinfass der Region Costieres de Nîmes im Languedoc. Durch die Abkürzung würde ich vermuten es handelt sich um das Weingut Mas Neuf. Aber das ist nur geraten. Die Abfüllung umfasst auf jeden Fall 429 Flaschen (0,5l) und 60,6% stark. Ordentlich, nach 13 Jahren. Link zur Whiskybase
Nase: Einiges an Vanille und unreife Walnüsse. Spanned. Dazu leichter Rauch und mit der Zeit einen deutlich Einschlag in den Rotwein. Dann wieder Vanillzucker. Anleihen von Portwein finde ich auch.
Mund: Wein und Salz und Rauch und Torf und Süße. Das bindende Element dabei ist interessanterweise das Salz. Die Textur ist eher dünn, obwohl die Alkoholstärke doch deutlich ist.
Abgang: Ein paar Bitterstoffe, auch Salz und etwas brotiges. Eine Marmelade ist auch am Start. Rote oder dunkle Frucht. Nach einiger Zeit gibt es noch Kaffee und dunkle Schokolade. Das ist eine schöne Kombination.
Fazit: Relativ trinkig und trotzdem ausdrucksstark. Hab ich aus Versehen fast ausgetrunken bevor ich angfangen hab Notes zu machen. 88/100
Port Charlotte 2006 SHC: 03
Aus dem Jahr 2006 gibt es dann noch ein weiteres Valinch Bottling. Interessanter ist übrigens: Aus 2006 gibt es wirklich wenige PC Abfüllungen. Woran das wohl liegt? Diese hier kommt aus einem Sherry Cask und ergab 793 Flaschen (0,5l). Hier sind es nach 13 bzw. 14 Jahren sogar 62,3% Link zur Whiskybase
Nase: Eine sofort anfreifende Torfnase mit viel Salz und tiefen kirschigen Sherrynoten. Es wird dann einigermaßen schnell leiser (aber nicht ganz stumm). Dann wird es eher kräutrig und leicht metallisch. Dazu noch etwas, dass würde ich als technischen Speck bezeichnen.
Mund: Speckig rauchig, die alkoholstärke nimmt den ganzen Mundraum in beschlag. Das Sherryfass? Nun, dass darf den Integrator spielen. Eine deutliche Süße bindet die Aromen zusammen und macht es stimmig. Dazu kommt auch wieder das Salz, diesmal als Seetang.
Abgang: Eine prima Kombination an Sherry und Peatnoten. Dazu auch noch eine florale und vegetale Note. Die ist wirklich spannend. Hinten raus wird es dann bitter und mit etwas Kaffeemehl hört es dann auf.
Fazit: Der ist schon für die starken Momente im Leben. Aber ein klasse Valinch, der seinen Platz in dieser Abfüllreihe wirklich verdient hat. Vielen Dank an dieser Stelle für die spontane Teilung, damit die Reihe von 2001-2006 komplett wurde. Schön, dass es dann auch noch ein tollen Bottling ist! 89/100
Eine wunderbare Reise durch die Zeit
Es war wahrscheinlich schon von vorneweg klar, oder zumindest sehr wahrscheinlich, dass ein Bloodtub hier Platz 1 einnimmt. Ich finde allerdings, neben vielen sehr guten Eindrücken, dass der SHC: 03 einen schönen Abschluß darstellt. So beginnt die Reise von 2001-2006 mit einem expressiven Highlight und hört mit einem solchen auf. Gut so!
Bilder: Eigene Anfertigung und freundliche Überlassung von Mitzelingen. | Samples: Privat gekauft und getauscht
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