Ben Nevis bis zum Umfallen
Eine Brennerei nach dem höchsten Gipfel in Schottland zu benennen macht Sinn. Viele Destillerien haben ähnliche Urspünge. Bennant nach Flüssen, Tälern usw. In der heutigen Session geht es eben um Ben Nevis. Im Wesentlichen um solche aus den Jahren 1995 und 1996, was üblicherweise echte Sensationsjahre sind. Die Lagerungen sind dabei vor allem im Bereich Sherry, die Abfüllungen unabhängig. Und gestartet wird mit einem kleinen Experiment.
Ben Nevis 1996 Single Cask Collection
Unsere Freunde aus Österreich machen den Start. Ein Ben Nevis aus dem Fino Sherry Cask, abgefüllt von der Single Cask Collection. Er ist 22 Jahre alt und die 383 Flaschen haben 57,2%. Fino Sherry ist meines Erachtens eher selten. Zumindest als explizite Angabe auf der Flasche. Link zur Whiskybase
Nase: Das sind Kräuter und Waldboden. Da ist auch Vanille und helle Früchte. Eine leichte Nussigkeit oder eher Mandeln sind auch da.
Mund: Holunder, gelbe und grüne Früchte. Der Fino ist zu erkennen durch Säure und Trockenheit. Auch Salz ist dabei. Und immer wieder viel Früchte.
Abgang: Er verabschiedet sich mit Vanille und schönen, reifen hellen Früchten. Puderzucker bestäubte Mandeln mit einem Klecks Schokolade. Er bleibt dabei auch leicht salzig und prickelnd.
Fazit: Sehr lecker. Guter Einsteiger, der aber genug Komplexität hat, um der einzige Malt an einem Abend zu sein. Klasse! Mir persönlich gefällt besonders gut, dass der Fino Sherry hier gut erkennbar scheint. 88/100
Ben Nevis 1996 Munich Spirits #435
Ein Teil des obigen Fasses wurde von Wels nach München gerollt. Nein natürlich nicht, die Abfüllung erfolgte in Schottland, wie es sich gehört. Der Fassinhalt wurde geteilt. Die Rahmendaten sind also gleich, ich fand es trotzdem spannend ob Unterschiede in den beiden Whisky zu erkennen sind. Die verkürzten Notes enthalten dabei nur die Unterschiede die ich wahrnehme. Die Abfüllung von Munich Spirits ist übrigens in 0,5l Flaschen erfolgt. Es gibt insgesamt 100 davon. Der selbe Abfüller hat auch noch mal 60 0,7l Flaschen abgefüllt. Link zur Whiskybase
Nase: Same same but different. Das Halblitter-Variante ist etwas leiser. Die Nase ist alkoholischer.
Mund: Hier ist der Fino im Vergleich etwas weniger präsent. Dennoch erkennbar. Die Früchte sind etwas betonter.
Abgang: Leicht betäubend und wärmend, Bitterstoffe kommen raus
Fazit: Komisch… es ist ein anderer Whisky. Meiner Meinung nach. Und nicht nur meiner: Christian habe ich die beiden blind zum verkosten gegeben. Er wollte mir erst nicht glauben, dass es der selbe Whisky ist. 87/100
Ben Nevis 1996 Elixir Destillers
Wir bleiben im Sherryfass, genauer Butt, aber diesmal kein Fino. Zumindest steht es nicht drauf. Abgefüllt wurde von Elixir Destillers in der Serie The Single Malts of Scotland. 22 Jahre alt war da und hat 580 Flaschen mit 55,3% ergeben. Link zur Whiskybase
Nase: Schokoladig geht es los. Mit Rosinen und ähnlichen. Da sind wir beim Sherry. Ansonsten Pilze, Waldboden, Erde, morsches Holz. Das ist anstrengend, um es nett zu sagen.
Mund: Es wird ein wenig besser. Leicht mineralisch, ein paar Früchte dazu. Eine deutliche Holznote ist zu erkennen. Ich trau mich nicht schlucken… vielleicht kommen die Pilze wieder.
Abgang: Ich wusste es. Die Pilze sind wieder da. Ach… Also mir schmeckt das nicht. Kann gern jemand anders trinken.
Fazit: Zuviele Pilze, ansonsten ein leicht holziger Sherrywhisky. Kann man gut finden. Ich mach das eher nicht. Und dabei würde ich jetzt vielleicht noch nicht mal von einer expliziten Fehlnote sprechen. 80/100
Ben Nevis 1996 Munich Spirits #829
Die zweite Abfüllung von Munich Spirits in diesem Review. 100 Falschen der 0,5l Abfüllungen gibt es und wie oben schon handelt es sich um ein geteiltes Fass. Die Lagerung erfolgte in einem Sherry Butt und das Ergebnis hat 51,2%. Link zur Whiskybase
Nase: Erstmal geht es los mit Vanille. Dann wird es säuerlich. Gummi kommt dazu. Dann Sherry, vor allem mit Rosinen. Es geht über in Pfirsich und damit manifestiert sich ein süßlicher Duft.
Mund: Ein dicker Sirup bedeckt den Mund. Dann kommen würzige Holznoten raus. Es dauert bis dann die Sherry-Aromen zurück sind. Etwas Bleistiftspäne dämpfen die Euphorie bis hier hin. Das passt nicht rein.
Abgang: Trocken geht es denn Rachen hinab. Aber auch fruchtig: Trauben und Brombeeren. Zum Schluß kommt erst noch Schokolade, bevor dann milde Tabaknoten und Gummi den letzten Eindruck hinterlassen.
Fazit: Ziemlich, ziemlich gut. Das wäre ein heißer Kandidat für 90 Punkte gewesen. Im Mund kann er das aber nicht halten. Da ist er aus der Balance. 88/100
Ben Nevis 1995 Whisky Doris
Von der deutschen Abfüller in Whisky Doris in der Serie Art Nouveau kommt dieser Ben Nevis. 23 Jahre als und in einem Sherry Butt gelagert. 300 Flaschen gibt es und 52,4% stark ist er. Link zur Whiskybase
Nase: Im ersten Moment begrüßt mich Tabak, dann dringt der Sherry hindurch. Leicht säuerlich bringt er Beeren und Milchschokolade mit Trockenfrüchten drin.
Mund: Auch im Mund ist wieder Tabak der erste Eindruck. Dann kommt Salz. Dann wieder die Beeren und diesmal auch Kirschen. Das wechselt dann zu Erde und Laub. Danach gibt es Trockenfrüchte
Abgang: Hier muss der Tabak einen Moment warten bis er durch Bitterstoffe und Schokolade durch ist. Dann kommt er mit roten Früchten und Erde. Nach ein paar Schlucken wunderbar trocken.
Fazit: Schöner Sherrywhisky. Wo ist der Ben Nevis hier noch mal? Die Erde vielleicht? Egal. Würde ich auch als Highland Malt oder Blend gut finden. 88/100
Ben Nevis 1995 Sansibar
Vom deutschen Abfüller Sanisbar kommt dieser Ben Nevis. Mit einem schönen Druck einer Marlerei des Destillerie auf dem Label. Abgefüllt wurde er für den schwedischen Whiskyclub “Whiskyklubben Slainte”. 52,3% stark sind die 150 Flaschen und der Farbe nach würde ich sagen auf jeden Fall nicht in einem Bourbon Fass gelagert. Link zur Whiskybase
Nase: Staubige Bücher, altes Leder, rote Beeren und Pfirsiche. Ja, da ist ein Sherryfass am start gewesen und hat gute Arbeit geleistet.
Mund: Eine schöne Kombination aus Sherrynoten. Mit Tabak und Sojasauce. Dunklen Früchten, Blutorangen aber auch Trockenfrüchten wie Datteln.
Abgang: Hinten raus wird er trocken. Mit viel Pfirsich und auch anderen gelben Früchten. Ich finde auch Kaffeepulver und ein wenig Butter.
Fazit: Ähnlich wie der Doris darüber. Der Unterschied: Hier ist wird der Ben Nevis nicht vom Sherry komplett erschlagen. Einige schöne gelbe Früchte dazwischen. Schön trocken hintern raus. 88/100
Ben Nevis 1996 House of McCallum
House of McCallum stellt einen der neueren, unabhängigen, schottische Abfüller dar. Dieser Ben Nevis aus 1996 entstammt ihrer THe Vintage Collection Serie. Er ist 22 Jahre alt, hat fassstarke 46,5% und wurde als Besonderheit in einem (Organic) French Syrah Wine Cask gefinished. 347 Flaschen gibt es. Link zur Whiskybase
Nase: Es gibt säuerliche Beeren. Dazu etwas Butter oder vielleicht Sahne, die zu lange geschlagen wurde. Auch erkennbar ist Tabak. Später wird es Sahne mit Vanillzucker. Holznoten spitzen hervor.
Mund: Die Früchte wurden verarbeitet. Zu Beerenmus und -likör. Realtiv weich, leicht süß und auch sauer. Das ist nett. Mehr aber nicht.
Abgang: Böse, sehr böse Holznoten. Das finde ich schon fasst schwierig. Gemischt oder abgefedert wird es von Erde und sauren Früchten. Trocken ist er dazu. Das ist eher nix für mich.
Fazit: Insgesamt nichts was mich hinterm Ofen vorholt. Geht auch bis in Richtung Fehlnote im Abgang. Was ich mich auch frage: Wieso muss man erwähnen, dass es ein Biowein vorher im Fass war. Wir dadurch der Whisky auch Bio? Ich bezweifle es ja… 83/100
Ben Nevis 1996 Whiskybase
Ein Bottling zur Feier der 60000ten Flaschen in der großen Whiskydatenbank. Einen 1996er Ben Nevis dafür zu nehmen ist sicher keine schlechte Idee. Der Jahrgang ist ja eine Bank und die Wahrscheinlichkeit, dass er geöffnet wird dennoch hoch. Das ist bei diesne Bottlings glaube ich das Ziel. Die Eckdaten: 18 Jahre alt, Sherry Butt, 50,6% Link zur Whiskybase
Nase: Ein schönes Sherryprofil, mit süßlichem Tabak und ein paar sauren Früchten. Dazu gibt es noch etwas hintergründige Boullion und ein paar erdige Anklänge.
Mund: Im ersten Schwung ist er säuerlich. Dann wird er kurz bitter. Ein paar Früchte kommen zurück, mit ihnen kommt auch etwas Nuss.
Abgang: Erdige und süßliche Sherrynoten. Eine Trockenfrüchtemischung mit ein paar gesalzenen Nüssen dazwischen. Die Bitterstoffe werden dann dominanter und damit kommt auch der Tabak zurück. Nach einiger Zeit kommen auch noch Zitrusfrüchte hinterher. Das war unterwartet aber lecker.
Fazit: Zu keinem Zeitpunkt sehr aufdringlich, aber immer lecker. Ich komme damit gut zurecht. Mein Samples kommt glaube ich aus einer fast leeren Flasche. Luft schadet ihm also nicht. Vielleicht hilft es sogar. 87/100
Ben Nevis 1998 The Hebridean Liqueur Co.
Für mich ein gänzlich neuer Abfüller. Es gibt auch erst elf Abfüllungen von THLC laut Whiskybase. Der 19 Jahre alte Ben Nevis hier kommt in der 0,5l Flasche und ist aus der Serie “Ancient Mariner”. Die Lagerung erfolgte in einem Oak Cask. Keine besonders hilfreiche Angabe… 403 Flaschen dieser Abfüllung aus dem Jahr 2018 gibt es. Sie ist 46,1% stark. Link zur Whiskybase
Nase: Rote Früchte, ein wenig Honig und Vanille dazu. Ganz entfernt kommen auch Orangen hervor. Zusammen mit einer Idee von Tabak. Mit der Zeit werden die Früchte noch mehr. Zitronen erkenne ich. Johannisbeeren und auch Grapefruit. Nach einiger Zeit im Glas wird er deutlich leiser und die Früchte sind kaum noch wahrnehmbar.
Mund: Erdige Noten und saure Früchte. Honig-Salz-Fudge. Ein paar Kräuter vielleicht.
Abgang: Hat irgendwie den Abgang eines Bierschnaps oder auch eines untergärigen Vollbier. Dann auch noch die fruchtigen Noten eines IPA hinterher. Das ist faszinierend. Zum Schluß raus bleibt dann Orange, Honig und Bitterstoffe.
Fazit: Gar nicht schlecht. Die Nase ist manchmal ziemlich fantastisch. Der Abgang ist manchmal ziemlich speziell. Finde ich spannend aber nicht überwältigend. 86/100
Hohe Erwartungen…
… kann man bei 1995er und 1996er Ben Nevis haben. Die wurden hier gewissermaßen gleichzeitig enttäuscht und erfüllt. Es ist keine Abfüllung auf dem hohen Treppchen gelandet, dennoch sind alle Abfüllungen mindestens trinkbar, die meisten sogar mehr als das. Mein Interesse bleibt also hoch und ich freue mich auf weitere Sessions. Mal sehen ob Christian wieder dabei ist. Sein Ben Nevis Trauma hat er noch nicht ganz überwunden 😉
Mein spezieller Dank geht dieses mal an den lieben “The Ghost”. Der hat die Session fast alleine möglich gemacht!
Bilder: Eigene Anfertigung und freundliche Überlassung von The Ghost und M51a | Samples: Privat gekauft und von The Ghost überlassen.
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