Sieben Super St. Magdalene

Das Jahr mit einem Knall zu starten, nun das ist Tradition. Dieses Jahr blieb dieser, zumindest was die Pyrotechnik angeht, eher aus. Ein guter Grund (oder eine gute Ausrede?) dafür das Tastingjahr mit einem umso größeren ersten Highlight zu beginnen.

Eine meiner Lieblingsdestillerien ist leider für immer verloren. Die Lowland Destillerie St. Magdalene (Linlithgow) ist im Wesentlichen abgerissen und in Wonungen umgewandelt. Ein Dram davon ist also schon etwas Besonderes. Ein ganzer Flight wird wohl mehr als selten genossen werden. Es war mir eine Freude diesen zusammen zu sammeln, es wird mir jetzt eine noch größere Freude sein diese sieben St. Magdalene zu verkosten. Auf ein dramtastisches 2021!

Linlithgow 1982 Duncan Taylor Rarest of the Rare

Im Oktober des letzten Jahres der Destillerie gebrannt und im Juli 2004 abgefüllt. 633 Flaschen (75cl) kamen aus dem Fass und wurden mit 63,5% abgefüllt. Die Abfüllung erfolgte durch den schottischen Abfüller Duncan Taylor im Rahmen seiner “Rarest of the Rare” Reihe. Link zur Whiskybase

Nase: Realtiv verschlossen was die Aromen angeht. Der Alkohol ist aber physisch merkbar. Vanille ist merkbar. Zitrone. Auch Gras. ABER: Der Alkohol ist erstmal dominant. Den muss man erst mal stehen lassen und warten. Dann kommen Hölzer und Parafine. Nochmal einige zeit später ist eine Wiese mit Wildblumen am Start.

Mund: Reiche Gartenfrüchte gepaart mit Wachs und mineralischen Noten. Geröstete Saaten. Mit Wasser Ananas und Pfirsich und ein riesen Schwung Salz.

Abgang: Bitter, süß und salzig. Leichte Vanillenoten. Nach einiger Zeit kommt ein schönes Honigbrot. Zum Essen gehe ich raus und setze mich in die Wiese. Mit Wasser kommt eine prickelnde Säure mit dazu und die Früchte dringen auch bis in den Abgang durch.

Fazit: Das ist ein fantastischer St. Magdalene. Prägnant, ausdrucksstark und komplex. Sowas ist eine große Freude und ich bin froh, dass ich diese Flasche teilen konnte! 90/00

Linlithgow 1982 Silver Seal

Ein Single Barrel (ich vermute mal Bourbon) trug seit 1982 601 Flaschen dieses St. Magdalene. Im August 2007 wurde er dann von Silver Seal, einem der berühmten italienischen Abfüller, in die Flasche gebracht. Die Reihe heißt “Pure Lowland Malt”. Stolze 63,4% hatte die Abfüllung da noch. Link zur Whiskybase

Nase: Eine Fahrt zwischen Zitrusnoten, Frucht und Schale. Auch mineralischen Komponenten, z.B. Kalk und Quarzsand. Dazu noch etwas staubiges, altes und auch ein paar Kräuter. Feine Vanille kommt auch immer wieder durch.

Mund: Und wumms! Das ist mal ein Antritt. Mit deutlichen Bitternoten, stark wärmend. Ein wenig Eichenwürze und vor allem auch wieder Zitrusnoten. Eine ordentliche Süße durchzieht ihn. Nach eine weile denke ich dann eher an zermatschte Äpfel.

Abgang: Auch hier wieder ein großes “Hallo”. Erstmal kommt viel Wärme und einem Zwicken in der Zunge. Nur um dann einer extremen Mineralität platz zu machen. Steine auf denen getrocknetes Meerwasser klebt. Dann kommt die Zitrone wieder, umgeben von etwas Tinktur und Diesel! Eine wunderbare Süße paart sich ganz zum Schluss mit einer ordentlichen Bitterkeit. Wie wenn man eine tolle Frucht isst und dann die Kerne zerbeisst. Das alles, wie es ich für einen Lowlander gehört, während man auf einer Wiese in vollem Saft steht.

Fazit: Ich hoffe meine Notizen und Bilder transportieren zwei Dinge: Absolutely lovely und das echte “Wee Bestie”. Keiner für die Massen und gerne mehr davon für mich. 90/100

Linlithgow 1982 Signatory Vintage

Wir bleiben im finalen Jahr. Knapp 26 Jahre lang war dieser hier in einem Wine Treated Butt. Abgefüllt hat Sigantory Vintage es in der “Cask Strength Collection” im Auftrag des franzsösischen Whiskyhändlers La Maison du Whisky. Die 388 Flaschen haben eine Stärke von 59,2%. Link zur Whiskybase

Nase: Es beginnt mit viel Frucht. Das sind Äpfel und auch Zitronen. Auch Bananen und Ananas kann ich ausmachen. Auch das typische Gras kann man ausmachen. Ein paar ganz leichte Wein- und Fassnoten mischen sich auch darunter.

Mund: Einige Schokoladennoten bringen, zusammenn mit dem Fass Bitterstoffe nach vorne. Das verdeckt eine Zeit lang die fruchtigen Komponenten. Wieder mit Ananas und Banane.

Abgang: Es wird schnell immer trockener gepaart mit einer leichten Säure und Bitterstoffen. Ein Hauch Zitrus und Limette sind noch von den Früchten übrig. Die Äpfel kommen wieder. Schokosplitter dürfen auch noch mitspielen. Und dann ist dann auch das Weinfass plötzlich wieder merkbar.

Fazit: Was in der Nase für mich fantastisch anfängt wird hinten raus zuerst mal anstrengend. Gibt man ihm Zeit. Viel Zeit. Dann gibt er auch viel zurück. Ich bin ein wenig froh, dass das Weinfass nur eine untergeordnete Rolle spielt. 88/100

St. Magdalene 1982 Berry Bros & Rudd

Der älteste der 1982er stammt von BBR, dem ältesten britischen Spirituosenhändler. Diesmal keine fassstarke Abfüllung. In “Berrys’ Own Selection” wurde der Whisky mit 46% abgefüllt. Die Anzahl der Flaschen ist allerdings unbekannt. Link zur Whiskybase

Nase: Kräuterlimonade und Honig in einer süßlichen Melange. Ein paar Zitrusnoten und Vanille. Er braucht aber lange um diese Noten zu entfallten. Und auch Lampenöl.

Mund: Würzig und kräutrig. Relativ mild. Ein paar Orangennoten. Klingt jetzt vielleicht fast langweilig. Es ist aber eine gewollte runde Sache, würde ich sagen. Unter anderem deshalb ist er wohl auf 46% verdünnt worden.

Abgang: Süß und mild. Ein paar kräutrige Noten und Bitterstoffe. Schöne ausgewogen und bleibt auch relativ lange für den geringen Alkohol.

Fazit: Sehr guter Trinkwhisky. Zu seiner Zeit wohl genau passend im Segment. Heute natürlich verrückt teuer für einen “Trinkwhisky”. Dennoch schön ihn mal probiert zu haben! 87/100

St. Magdalene 1981 Gordon & MacPhail

Von Gordon & MacPhail in der “Connoisseurs Choice” Reihe aus der Phase “Map Label” stammt dieser St. Magdalene. Gebrannt im Jahr 1981 und abgefüllt 1997. Sie ist in trinkstärle mit 40% abgefüllt. Fässer und Anzahl der Flaschen sind unbekannt. Link zur Whiskybase

Nase: Typisch grasige und zitronige Noten erwarten uns. Herbale Teenoten kommen hinterher. Zusammen mit einigen Honignoten und dann auch noch etwas Lampenöl oder Petroleum. Aber sehr dezent. Gebunden wird das ganze durch Malztee oder Getreidesuppe.

Mund: Weich, cremig und rund. Etwas salzig. Auch wieder Gras, diesmal eher frisch gemäht.

Abgang: Es bleibt vor allem das Salz. Ein paar grasige Noten sind auch noch da und eine Ahnung von Lampe und Zitrone. Aber er fadet schnell weg. Dann kommen irgendwann noch etwas Bitternoten hinterher und auch noch mal Honig.

Fazit: Die Nase finde ich toll. Das ist für mich fast archetypisch St. Magdalene. In Mund und Abgang wird es dann dünner. Die leidigen 40% sind merkbar. Dennoch für mich ein klasse Malt, den ich gerne trinke! 86/100

St. Magdalene 1981 Gordon & MacPhail

Eine zweite Abfüllung der Gordon & MacPhail CC. Die Rahmendaten sind fast identisch. Aber nur fast: Diesmal wurde er erst 1999 abgefüllt. Mal sehen was zwei Jahre mehr bewirken. Natürlich sind es auch nicht die selben Fässer 😉 Link zur Whiskybase

Nase: Sehr viel Tee vielleicht ein paar Gräser. Auch ein wenig Rauch und Vanille. Eine kleine Spur “Benzin”. Insgesamt deutlich verhaltenere Nase als der 1997er.

Mund: Salzig und zirtonig. Auch wachsig und mineralisch. Da bin ich spontan an Clynelish erinnert. Nach ein paar Umdrehungen werden es Orangen und ein wenig Schokolade.

Abgang: Ganz wenige Bitterstoffe kommen zu Wachs und Zitronen dazu. Ein paar wenige florale Noten, vor allem Richtung frisch abgebrochener Äste. Zum Schluß gibt es noch mal Salz.

Fazit: Hier gefällt mir Geschmack und Abgang sehr gut. Spannend find ich, dass er mich hier zeitweise ganz arg an Clynelish erinnert. Die Nase ist fast ein wenig flach. Ist natürlich auch kaum zu erwarten bei 40%, dass er einen umhaut. Wenn ich aber den jüngeren “Bruder” oben anschaue… Die Kombination aus den beiden G&M wär es für mich. 86/100

Linlithgow 1975 Signatory Vintage

Eine zweite Abfüllung von Signatory Vintage. Diesmal noch älter und damit aus der Zeit der Dumpy Bottlings. Juni 1975 bis Januar 2004 lag der Whisky in einem Oak Cask. Die 308 Flaschen wurden mit 48,1% abgefüllt. Link zur Whiskybase

Nase: Viele Kräuter und Gräser. Gewürze, auch mit zerstossenem Pfeffer. Geht über zu Zitronenpfeffer. Etwas Vanille kommt immer wieder durch. Dazwischen, bei jedem zweiten Mal nosen, kommen Parafine und Öle.

Mund: Süß und salzig. Etwas Gebäck. Vanilleplunder mit Hagelsalz. Kräuter dazwischen. Die Würze geht stark in Richtung altes Holz.

Abgang: Einiges an Bitterstoffen und auch wieder gealtertes Holz. Das Salz ist auch stark präsent. Dazu grasige und vanillige Noten. Vielleicht ein wenig Seife… aber das ist nicht unangenehm.

Fazit: Wundbar. Alt und würdig. Sehr lecker. Wenn man ihn im Mund so richtig kaut, dann macht er geil auf. Die Seife ist an der Grenze und das bremst ihn auch auf dem Weg zu noch mehr Punkten. 89/100

2021 kann so weiter gehen…

Das ist natürlich utopisch zu glauben, dass ich das durchhalten kann. Es war mir dennoch eine ganz besonders große Freude dieses Tasting gemacht zu haben! Es hatte viele Highlights, und damit meine nicht “nur” die Bottlings auf den 90 Punkten. Der eine G&M CC mit der archetypischen Nase. Genial sowas probieren zu können. Eine Signatory Dumpy überhaupt probieren zu dürfen. Wahnsinn! Lecker war er auch noch dazu. Und natürlich der bleibende Eindruck der Duncan Taylor und der Silver Seal Abfüllung. Fantastisch.

Zum Schluß noch ein Dankeschön. An die vielen Menschen, die sich an meinen Teilungen dieser Flaschen beteiligt haben. So war es überhaupt möglich für mich diese zu öffnen. Genauso an die Teilgeber mehrer Flaschen und allen voran SanctTom. Ruhe in Frieden, du wirst sehr vermisst. Natürlich auch an Christian, der mit Freude meine Leidenschaft verfolgt und sich mit mir durch die Bottlings quält 😉 (diesmal übrigens natürlich online). And last but not least thank you again Tomas. The greatest fan and collector of St. Magdalene in the world. For being an inspiration and a well of knowledge for my own fandom!

Bilder: Eigene Anfertigung und freundliche Überlassung von Tobias S., Tomas Karlsson und SanctTom | Samples: Eigene Flaschen und privat gekauft