Old & Rare Flight 004
Es ist Zeit für eine neue Runde Altes und Rares. Wenn schon sonst keiner fliegen kann und darf, dann mache ich das eben stellvertretend. Ist auch besser fürs Klima. 😉
Heute wir es eine ganz besondere Runde. Jeder einzelne Dram ist auf seine Art und Weise „Lost“. Entweder die Brennerei als Ganzes oder die damaligen Brennblasen. Ich bin sehr gespannt!
Caperdonich 1968 Gordon & MacPhail
Wir starten mit einer Abfüllung aus der Connoisseurs Choice Reihe von Gordon & MacPhail. Genauer gesagt aus der Zeit „Old Map Label“. D.h. in Trinkstärke mit 40% als Mini abgefüllt. Mehr weiß man hier nicht. Außer natürlich, dass Caperdonich, auch genannt Glen Grant 2, heute mehr existiert. Link zur Whiskybase
Nase: Als erstes begrüssen Sherrynoten. Dann kommt viel Frucht. Leder und Möbelpolitur. Honig und Aprikosen. Dörrfrüchte. Zitrus und wieder sehr reife Früchte. Vanille ist auch da.
Mund: Salz und Ingwer, Zitrus, leichte Holzwürze, leichte Süße Richtung Puderzucker. Früchte werden weniger.
Abgang: Weinige Bitterstoffe, viel Fass, etwas Metall, immernoch ganz leicht salzig.
Fazit: Schöner alter Caperdonich. Im Abgang verliert er ein wenig. Aber für die Trinkstärke unglaublich lecker. 89/100
Mosstowie 1970 Gordon & MacPhail
Auch hier haben wie eine geschlossene Destillerie. Gleicher Abfüller, gleiches Label, allerdings ist hier fälschlicherweise das Highland Label verwendet worden. Die Abfüllung hat auch 40%. Wobei, da gibt es mehr zu wissen. Eigentlich ist das gar keine geschlossene Destillerie. Miltonduff gibt es weiterhin. Was es aber nicht mehr dort gibt sind die Lomond Stills, mit denen der Stil „Mosstowie“ gebrannt wurde. In diesem Sinn ist auch das hier ein „Lost“. Link zur Whiskybase
Nase: Recht trocken, Orangenschalen oder Mandarinenschalen, Papier, Gras und Hopfen. Desto mehr Luft er hat desto mehr geht er Richtung Zitrus. Malz. Dunkle Schokolade. Irgendwas Richtung Hustensaft.
Mund: Sehr weich und rund. Nur noch wenig Zitrus. Pfeffer. Birne und andere reife Früchte. Auch wieder Malz.
Abgang: Wird Zitrustrocken, astringent. Das ist zweitweise brutal. Salzzitronen? Dunkle Schokolade mit Meersalz. Die herbale medizinische Note ist zurück.
Fazit: Spannend. Schön sowas mal getrunken zu haben. Muss aber auch nicht viel mehr davon sein. Was zum Vergleichen vielleicht. 85/100
Dallas Dhu 1971 Gordon & MacPhail
Es geht gleich weiter mit der selben Serie. Diesmal mit einem Dallas Dhu, dem hässlichen Entlein unter den geschlossenen Destillerien. Oder wie Christian zu sagen pflegt: Lost for a reason. Mal sehen was dieser hier kann. Link zur Whiskybase (wobei es mehrere gleiche dort gibt. Bottlecode bei meinem Sample war IB/BOG). Auch hier zeigt das Label die Highlands. Es handelt sich aber nicht um einen Single Highland Malt sondern einen aus der Speyside.
Nase: Fassbutter, Butterkekse, Cracker, Baumsaft, Blumen, ganz wenig Rauch, Rosinen und Kräuterfrischkäse
Mund: Wieder buttrig, leicht süßlich ein paar Bitterstoffe, auch trocken mit Zitronenabrieb. Das ist nicht verkehrt.
Abgang: Salzig, beim Einatmen Richtung Butterkäse, auch wieder getrocknete Kräuter, etwas Tabaknoten und Rosinen. Irgendwann wirds dann bitter.
Fazit: Nicht verkehrt. Da könnte man noch mehr von versuchen. Etwas speziell ist er vielleicht, aber kann man schon machen. Auf jeden Fall nicht so vollkommen daneben, wie der Ruf von Dallas Dhu zuweilen ist. 87/100
Banff 1974 Gordon & MacPhail
Wir bleiben im Reigen der Lost Destilleries. Diesmal ist es ein Banff. Auch wieder Gordon & MacPhail CC, aber das neue Map Label. Diesmal sind die Highlands die richtige Region. Auch hier sind es übrigens 40%. Link zur Whiskybase
Nase: Rote Früchte, Bleistiftspäne, Senf und Kohle. Eine florale Komponente kommt dazu. Ok das ist irgendwie crazy. Und spannend.
Mund: Sehr rund und weich. Ganz leichter Getreidekaffee, süßlicher Rauch, Trockefrüchte. Beim Schlucken wird er kurz sehr süß.
Abgang: Milchkaffee (Tobias) und Suppe (Stefan). Süßlich mit ein paar Trockenfrüchten. Trockener mit der Zeit.
Fazit: Nase und Abgang sind nichts für schwache Nerven. Spannend zu trinken aber irgendwie kein Banff. 86/100
Banff 1976 Signatory Vintage
Wir wechseln den Abfüller, bleiben aber dafür der Destillerie treu. Ein Banff von Signatory Vintage. Abgefüllt in der Reihe „Silent Stills“ im Jahr 2000. Der 23 jährige Malt hat 54,5%. Es gab 245 Flaschen. In diesem Fall für den US Markt und damit mit 75cl Inhalt. Link zur Whiskybase
Nase: Süß mit vielen Noten aus dem Candy Store. Popcorn, Zuckersticks und Sirup. Grüne Äpfel, Orangenschalen und Grapefruit kommen dazu. Blütenduft ist auch in der Luft.
Mund: Erst wärmend und dann irgendwo zwischen sehr würzig und sehr fruchtig. Der Verbinder ist die schöne Süße, die schon in der Nase da war. Im Details sind da sowohl Säure, als auch eine gewisse asiatische Würze und auch Pfeffer. Die Früchte reichen von Grapefruit über Limette bis hin zu Guave und Melone. Ein ganz leichter Rauch ist auch zu vermerken.
Abgang: Die bisherigen Noten sind im Abgang reflektiert. Aber sie werden zurückgedrängt. Eine gewisse Nussigkeit und die für den Abgang typische Bitternote sind dominanter. Dazu kommt noch ein deutlicher Schwung Salz. In der Länge kommt noch ein Zitronen Bonbon dazu.
Fazit: Ich mag ja Banff. Den hier auch. Das ist ein geniales Profil. Die Früchte sind fast überwältigend und werden aber von den anderen Noten wunderbar gekonntert. Mehr davon bitte! 90/100
Glenglassaugh 1983
Ein 28 Jahre alter Glenglassaugh aus dem Re-Fill Sherry Butt, gefinished in einem Sauternefass. 298 Flaschen gibt es von diesem 49,6% starken Highlander. Der Whisky stammt noch aus dem Bestand vor der letzten Schließung und das macht ihn natürlich zur Rarität und in gewisser Weise auch Lost. Link zur Whiskybase
Nase: Ein schöner Sherrydram begrüsst mich gepaart mit dem Gefühl von Wald. Sowohl Waldhonig als auch trockenes Gehölz und Tannennadeln. Dazu Rosinen, Rohzucker, dunkle Schokolade und Espresso.
Mund: Süß und würzig, aber auch fruchtig. Mit Pfeffer bestreute Aprikosen, darüber ein Kleks Honig. Etwas Menthol und Kirschcola.
Abgang: Das Menthol bringt uns auch rüber zum Abgang. Zusammen mit etwas Tabak. Dann wird er trocken mit einigen Taninen. Immernoch süß aber auch leicht bitter.
Fazit: Ein schöner Malt. Es ist auch gut zu trinken. Er lockt mich aber nicht mit einem „da will ich unbedingt mehr davon“. Zumindest mit dem Wissen um die Preisklasse. 89/100
(Not) All is Lost
Ich bin sehr froh, dass ich diese Chance mal wieder nutzen konnte. Diesmal vor allem auch, da ich vier der Drams zusammen mit Stefan via Videochat genießen konnte. Das war sehr schön. Auch in diesen Zeiten des „Social Distancing“ ist nicht alles verloren.
Was die Drams angeht: Absolutes Highlight war der 76er Banff. Gefolgt vom Glenglassaugh und dem Caperdonich, knapp dahinter. Allesamt aber hatten mindestens etwas spannedes zu erforschen. Klasse Flight!
Bilder: Eigene Anfertigung und freundliche Überlassung von SanctTom | Samples: Eigene Flasche und Originalsamples, sowie ein märchenhaftes Sample
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