Eine Reihe alter und rarer Whiskyflaschen

Old & Rare Flight 003

Ähnlich zum zweiten Teil unserer Ausflüge in die raren Gefilde des Whisky ist auch heute wieder ein wilder Ritt zu erwarten. Speyside, Lowlands, Highlands und Islay. Lost wie auch Operational, “Hype” wie auch Mauerblümchen. Christian und ich waren wie immer gespannt – wohl wissend, das der Flight vom letzten Mal kaum zu toppen sein wird. Aber offener Geist und Sinne: Wir lassen uns überraschen.

Imperial 1976 Signatory Vintage

Wir beginnen mit einer Lost Destillery. Imperial ist bereits einige Zeit nicht mehr aktiv. Dieses Bottling wurde von Signatory abgefüllt mit 43%. Nach 16 Jahren in zwei Oak Casks ergab es so 1200 Flaschen (2400 Samples). Link zur Whiskybase

Nase: Staubig fast muffig weht es einem entgegen. Danach kommt er malzig rüber. Auch frisches Getreide ist zu riechen. Aber es ist doch eher wenig.

Mund: Zuerst ist da Apfel. Leicht säuerlich, aber kein grüner Apfel. Die Konsistenz ist cremig. Nach ein paar Runde im Mund wird er leicht pfeffrig. Das ist schon eher dünn.

Abgang: Wie schon zuvor. Kurz, leicht sauer und bitter. Aber eher belanglos. Da ist einfach wenig bis nix.

Fazit: Muss man nicht. Auch wenn Respekt vor dem Alter sicher gegeben ist. 79/100

Bladnoch Pure Lowland Malt

Eine Abfüllung aus der Zeit vor den Schließungen. Da sie zwischenzeitlich umgebaut wurde könnte man auch sagen: Das hier ist auch Lost. Mit nur 40% wurde diese Abfüllung in 757ml Flaschen abgefüllt. Link zur Whiskybase

Nase: Leckerer Fruchtgummi. Vor allem rote. Und rote Früchte. Er riecht cremig, wenn das möglich ist. Dann kommt Spritzgebäck mit viel Butter. Weiche Butterkekse.

Mund: Beim ersten Kontakt mit den Schleimhäuten ist er etwas floral, hat aber auch einen Zitruseinschlag. Mit Kumquats geht es weiter, bevor es erdig wird und holzige Würze durch kommt.

Abgang: Nach Schlucken geht es fruchtig, würzig und leicht süß weiter. Dann wird er immer trockener. Irgendwann auch schokoladig, mit den Bitterstoffen dann vielleicht sogar Kaffee.

Fazit: Leckeres, altes NAS Bottling. Also nicht das ich NAS gut finden würde, aber: Wenn sowas heute ausgegeben würde, als Standard NAS, dann würde das immer wieder mal in meinem Regal landen. 87/100

Glencadam 1974 Gordon & MacPhail

Ein Abstecher in die Highlands. Eines der berühmten “Brown Label” Bottlings von Gordon & MacPhails Connoisseurs Choice Reihe. Wie alle diese Abfüllungen mit 40% abgefüllt. Link zur Whiskybase

Nase: Es geht los mit Orangen in einem großen Pappkarton. Dann etwas Lösungsmittel und später sehr viel Honig. So richtig viel Honig.

Mund: Er fühlt sich leicht an. Er ist fruchtig. Da ist aber auch ein kleiner Chilicatch. Die Frucht wir eindeutiger: Zitrone. Ein paar Bitterstoffe sind da. Dann geht es über Richtung Toffee. Aber mit etwas Würze. Vielleicht Fudge mit Ricola?

Abgang: Ein Weißwein mit einer deutlichen erkennbarer Bitternote. Chardonnay vielleicht. Relativ süßer Chardonnay. Das ist mal ein ordentlicher Schwenk zu Nase und Mund!

Fazit: Wie wäre denn der in Fassstärke? Auf jeden Fall war er so schon sehr sehr ordentlich, wenn auch vielleicht ein wenig durcheinander zuweilen. 87/100

Glen Garioch 1988 James MacArthur

Wie lange geht noch mal die Veilchen-Zeit bei Glen Garioch? Ich hab ein wenig Sorge. Aber James MacArthur als Abfüller hat schon ein paar Knaller in meiner Erinnerung hinterlassen, vielleicht gleicht es das ja aus? 18 Jahre ist er alt und mit 53,9% wurde er abgefüllt. Zu Fässern und Flaschenanzahl gibt es keine Information. Link zur Whiskybase

Nase: Leicht rauchig? Ja ich bin mir sicher der ist leicht rauchig. Und auch wachsig. Dazu Lampenöl und Apfel. Das geht schon mal gut los finde ich.

Mund: Tee und Gewürze, Gewürztee quasi. Da kommt dann etwas Lakritz durch, Baumsaft und angefaulte Äpfel. Abgeschmeckt wird mit Minze.

Abgang: Ab dem Gaumen wird es trocken. Eine leichte Frucht, eine starke Bitternote und Salzlakritz geben sich mit Minze und Eukalyptus die Klinke in die Hand. Dazu kommt eine faszinierende Süße.

Fazit: Irgendwie nicht mein Fall aber grundsätzlich komplex und interessant das mal zu probieren. Tja Glen Garioch und ich… kein Ahnung. Aber besser als der Veilchen Ausflug war es allemal. 85/100.

Glendullan 1965 Cadenhead

Ein Mini aus der Zeit der schwarzen Labels bei Cadenhead. Alleine das “Baujahr” lässt einen kurz schlucken. 25 Jahre alt ist der Inhalt, 51,1% stark. Link zur Whiskybase

Nase: Diesel, Tankstelle, Lampenöl. Geiler Scheiß. Neben der Tankstelle steht eine Wiese mit hohem Gras. Es hat scheinbar vor kurzem erst geregnet. Da ist auch noch ein nasser Kiesweg.

Mund: Das Lampenöl ist jetzt mit Zitrusaroma versetzt. Ein Weidenkorb mit Feuerholz steht bereit. Das Baumharz quilt aus den Holzscheiten.

Abgang: Tee, feinster Kräutertee. Dazu wird eine Mandarine geschält. Das Baumharz kommt wieder durch. Ganz zum Schluß wird er noch mal salzig und auch wärmend.

Fazit: Jawohl. Mehr davon! Mir ist klar dass dieses Aromenprofil erstmal Fragen aufwirft. Kann man das wirklich gut finden? Ich sage ja! Wenn ihr sowas loswerden wollt meldet euch gerne bei mir 😉 90/100

Laphroaig 1998 Scotch Single Malt Circle

Weil die SMWS keine Depandance in Deutschland haben wollte hat Maggie mit ihrem Mann den SSMC gegründet. Welch Glück, denn sie hat schon so manches tolle Fass gefunden. Hier haben wir eine echte Besonderheit: Ein Laphroaig im Port Charlotte Fass gefinished. Schönes Experiment! Die 270 Flaschen des 54,5%igen Whisky waren insgesamt 15 Jahre im Fass. Link zur Whiskybase

Nase: Es weht ein leicht speckiger Duft entgegen. Ich sitze am Lagerfeuer. Eine süßliche Jodtinktur wird geöffnet. Wenn sich dieser Duft wieder legt kommt etwas Vanille und Orangen.

Mund: Würziger Tee, trockene Bandagen und Kräuter. Dazu kommt wieder eine schöne fruchtige Note. Diesmal Bananen. Die wunderbaren Laphroaigbananen.

Abgang: Pferdemist, dann Salz. Torf, dann wieder Salz. Zum Schluß kommt eine großartige Süße. Die süßesten Orangen der Welt.

Fazit: Irgendwo zwischen “ich hätte gerne eine Flasche” und “ich hätte gerne alle Flaschen”. Trinkt sich beeindruckend entspannt für diese Kombination. 90/100

Nicht jeder Schuß ein Treffer

Wie eingangs schon gesagt: Nach dem 002er Flight wohl auch nicht ganz einfach da noch mal nachzulegen. Dennoch waren wieder viele interessante Sachen dabei und auch zwei absolute top Malts. Das macht auf jeden Fall großen Spaß und erweitert jedes Mal den Horizont. Deshalb machen wir damit natürlich auch weiter.

Bilder: Eigene Anfertigung, Samples: Orginalsamples und privat gekaufte Samples