2+2+2=3
Nach dem Ausflug in die Gefilde älterer Abfüllungen wird es wieder etwas jünger, aber nicht weniger interessant wie ich finde. Die mit 40ppm getorfte Variante von Bruichladdich, genannt Port Charlotte, wird dort seit 2001 in Fässer gebracht. Seither gab es viele spektakuläre Abfüllungen davon. Darunter auch einige unabhängige, so wie die heutigen Vertreter.
Zwei davon waren in einem Bourbonfass. Zwei sind vom Abfüller Maltbarn. Zwei sind 17 Jahre alt. Drei sind es insgesamt. Ich mag ja solche Vergleiche!
Port Charlotte 2007 Maltbarn
In diesem Jahr abgefüllt und vor 13 Jahren ins Fass. Der unabhängige deutsche Abfüller Maltbarn gibt Wein und & Sherry als Fässer an und 112 Flaschen mit 61,6%. Was ich mir vorstellen kann, ist dass hier in Teil eines Fasses abgefüllt wurde und der andere Teil dann in einem weiteren Fass weiter gereift wurde. Aber so ganz genau weiß man es nicht. Link zur Whiskybase
Nase: Ein Acker, es hat zwölf Wochen nicht geregnet. Wir stechen Torf. Eine Packung Erdnüsse wird geöffnet. Wir gehen ins Schwimmbad. Das Leben ist schön.
Mund: Eine süßer Film legt sich mit einer öligen Textur um die Zunge. Etwas Torf und Menthol dazu. Die Nüsse sind jetzt eher bitter. Es fängt an zu regnen. Aber nachdem es schön warm ist bleiben wir trotzdem im Schwimmbad.
Abgang: Erneute eine deutliche Süße. Der Regen hat aufgehört und die Luft ist dämpfig. Es gibt Käsekuchen. Mit eingelegten, flambierten Kirschen. Das erzeugt eine Rauchnote und gibt Säure dazu. Der Abgang ist relativ rund.
Fazit: Ist das ein klassischer PC? Ich weiß es nicht. Die lustigen Fässer sind nicht total dominant und ich das ist irgendwie gut so. Ganz anders als viele Port Charlotte aus Wein- und Sherryfässern. Ich mag den. 88/100
Port Charlotte 2002 Whiskysponge
Angus MacReild ist sowas wie ein Whisky-Influencer. Geschätzter Reviewer und Experte für alte Flaschen genauso wie Satiriker unter dem Namen Whiskysponge Unter diesem Namen hat er auch schon einige wenige Whisky abgefüllt. Nur vier Stück, aber allesamt waren sofort ausverkauft und mit viel positivem Feedback versehen. Ein Port Charlotte in diesem Alter ist bisher selten. Wenn ich richtig recherchiert hab gibt es erst fünf. Zwei davon aus dem Privatbestand des ehemaligen Masterblenders Jimmy McEwan. Dieser hier nicht. Er hat 57,1% und war in einem 1st Fill Bourbon Barrel. 220 Flaschen gibt es. Einige davon wurden für die Coronahilfe versteigert. Link zur Whiskybase
Nase: Dampfender Torf und gekochte Früchte. Vor allem gelbe. Ananas, Banane, Mirabelle, Pfirsich. Seetang und Salzmandeln. Geräucherter Fisch. Ein Glas Vanillezucker wird geöffnet.
Mund: Erdnüsse und Pfeffer, Vanille und Fruchtkompott. Im Mund ist der Torf sehr zurückhaltend. Eine Muschelsuppe wird serviert. Frischer Pfeffer wird darüber gemahlen.
Abgang: Wärmend und fruchtig. Wieder mal etwas Fruchtiges und undefinierbares. Bittere und süße Noten wechseln sich ab. Der Torf ist wieder präsenter aber trotzdem nur noch im Hintergrund. Auch eine leichte Käsenote ist dabei. Würzig und mit einem Hauch Chili. Ganz zum Schluss wird es immer trockener und auch salzig.
Fazit: Irgendwo zwischen hochwertigem Handwerk und sehr sehr geil. Die älteren Port Charlotte, vor allem aus Bourbon-Fass, sind meiner Erfahrung nach eher ruhigere Gesellen. Klar ist das immer noch getorfter Whisky und deshalb per se ausdrucksstark. Aber mit dem hier kann man sich Zeit nehmen. Oder man muss es sogar. Dann ist es ein Spitzenstoff. 90/100
Port Charlotte 2001 Maltbarn
Sagte ich eben 17-Jahre alte PC sind bisher selten? Nun hier ist Nummer 2! Bereits in 2018 abgefüllt von Martin, dem Mann hinter Maltbarn. Auch hier haben wir ein Bourbon-Fass und der Inhalt der 155 Flaschen hat 53,3%. Link zur Whiskybase
Nase: Er begrüßt uns mit einer schwarzwälder Räucherkammer. Aber nicht mit Schinken, sondern mit Fisch. Dazu kommt ein Müsli mit Haferflocken, getrockneter Birne und Vanillemilch.
Mund: Erstaunlich fruchtig und würzig, dabei aber rund und samtig. So ähnlich wie ein Mangochuttney nur mit Pfirsich und Zitrone. Salz, Weißer und roter Pfeffer geben die Balance. Der Torfrauch ist dabei und wirkt als verbindendes Element.
Abgang: Wärmend beginnt er den Rachen hinab zu fließen. Ein wenig Rauch und Torf ist noch da. Wir widmen uns wieder dem Fisch. Eine fruchtig süße Marinade mit ein paar Kräutern wurde angerührt. Oder gibt es doch eine Salzkruste und Zitrone? Insgesamt alles in Balance. Sehr schön.
Fazit: Sehr lecker. Insgesamt ist das viel Zitrone und Rauch und Peat. Generell ist er einfach sehr stark durch das Destillat bestimmt. Somit kam mir der Abgang, trotz toller Länge, beim ersten Mal ein wenig zu eindimensional vor. Wenn man ihm Zeit gibt, dann sieht das anders aus. Das hatten wir doch eben schon mal. Wir sind doch mittlerweile häufig Fassfinishes gewohnt bei PC. Die muss man ausblenden. Ich stelle dann noch fest, das er sich sehr schön kontinuierlich weg trinkt. 90/100
Eine andere Art von Port Charlotte
Wir kennen bisher Schinkenbrett und Kuhstall im Quadrat und andere ähnliche Aromenpakete bei Port Charlotte. Hier haben wir eine etwas andere Art. Ich finde es fantastisch. Auf Whiskybase schreibt jemand, dass es sich ähnlich wie bei Port Ellen verhält, nachdem die PC langsam älter werden. Ich mag diesen Gedanken.
Auch hier noch mal in Lob an Martin, dem Mann hinter Maltbarn. Das ist einfach mehr als Qualität was er hier abliefert.
Bilder: Eigene Anfertigung, Samples: Eigene Flaschen
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