Weihnachtstasting im Turm

Der Nürnberger Whiskystammtisch (Link zur Homepage) veranstaltet regelmässig Tastings und eben auch Stammtische. Rundum die Weihnachtszeit gibt es immer ein Tasting mit exklusiveren Abfüllungen. Dort waren wir dieses Jahr und hatten viel Spaß. Das Tasting beschränkt sich dabei auf ein paar erklärenden Worten zu den Abfüllungen, dafür aber in netter Runde und urigem Ambiente. Die Abfüllungen selbst war dann auch eine Schau, was da ins Glas kam haben nicht viele im Keller. Ein würdiger Start in das neue Whiskyjahr, knüpft es doch direkt an das vergangene an.

Glenglassaugh 1973 „The Family Silver“

5000 Flaschen der Highland Destillerie Genglassaugh wurden 1998 abgefüllt. Da hatten diese schon einige Jahre in Fässern hinter sich, mindestens seit 1973. Die Abfüllung erfolgte mit 40% unter dem Label „The Family Silver“. Link zur Whiskybase

Nase: Zu Beginn empfängt mich eine süßliche Sherrynase. Dazu einiges an Schokolade und Orange. Er wirkt nicht sehr komplex. Das was er bietet riecht aber lecker. Mit der Zeit kommt dann einiges an Holz, an Eiche dazu.

Mund: im Mund ist er relativ dünn. Da ist wieder die Eiche, Säure kommt dazu und eine grasige, trockene Note

Abgang: Säuerliche Sherrynoten, wie zu erwarten leicht bitter. Dazu Tabak auch wieder Eiche und auch Schokolade. Bleibt eher kurz

Fazit: Schade, dass er verdünnt wurde. Ich bin mir sicher fassstark wäre den ein Brett. So kommt er durch die tollen Ansätze immerhin noch auf stolze 87/100

Tomintoul 1976

Eine weitere Originalabfüllung, wieder mit 40%. Diesmal Tomintoul aus der Speyside. 36 Jahre in „Oak Casks“ gereift wurde er 2013 abgefüllt. Über die Anzahl der Flaschen ist nichts bekannt. Link zur Whiskybase

Nase: Süße Zitrusfrüchte zum Start Orangen, auch Orangenblüten und Mandarine. Danach gut vergorener Most. Dadurch leicht muffig. Später kommen dann Malz und recht frische Vanille.

Mund: Im ersten Moment Zitruszesten, die dann wieder in Apfel übergehen. Diesmal nicht ganz so drüber. Dazu Holzschnitzel, Eichenchips und trockene Sägespäne.

Abgang: Erstmal ist er für ein paar Sekunden direkt verschwunden. Doch er kommt dann nach einiger Zeit fruchtig zurück. Danach wird wieder das Holz sehr dominant.

Fazit: Geht so. Alt und ehrwürdig vielleicht, aber zu dünn und zu viel Holz. Der hätte vielleicht schon früher aus dem Fass gemusst. 83/100

Banff 1975 Malts of Scotland

Nach fasst 40 Jahren in Bourbon Barrel #13023 hat der unabhängige Abfüller Malts of Scotland diesen Banff abgefüllt. Die Destillerie ist seit 1983 geschlossen, d.h. Abfüllungen sind selten. Auch bei diesem Fass ist es nicht ergiebig gewesen. Nur 101 Flaschen mit 42,9% konnten abgefüllt werden. Link zur Whiskybase

Nase: Oh, da kommt direkt Frucht aus dem Glas. Pflaumenwein und tropische Früchte. Dazu säuerliches Noten, wieder etwas asiatisches. Ich meine Teriyaki-Sauce zu riechen. Auch ein paar Eichenspäne sind da. Später kommen noch angetrocknete, helle Backwaren mit Blaubeeren hervor.

Mund: Eine leichte Süße, gepaart mit einer cremigen Schokolade. Dazu ein wenig Apfel und ein Vanillegebäck mit Salzkruste. Sehr appetitanregend irgendwie.

Abgang: Ein wenig bitter, die Frucht ist immer noch präsent. Das Fass pack noch mal zu. Der Abgang fordert, aber ist in der Länge sehr belohnend.

Fazit: Hoch komplex, aber dennoch (gefährlich) trinkig. Ich fand den megalecker und es ist sehr schade, dass Banff nicht mehr produziert. Wenn man die Chance hat sollte man den probieren, denn das ist was besonderes! 90/100

Benriach 1978 Single Cask Batch 11

Nach dem kurzen Ausflug zu einem unabhängigen Abfüller sind wir jetzt wieder direkt bei der Destillerie. Aus dem Batch 11 der Single Cask Abfüllungen von BenRiach stammt dieser 36 Jahre alte Whisky mit 41,7%. 1978 wurde das Fass abgefüllt und laut Angaben erst mal in ein Sherry Cask (#5469). Erst danach kam er in ein Bourbon Barrel. Eine eher ungewöhnliche Reihenfolge. Insgesamt gibt es davon 215 Flaschen. Link zur Whiskybase

Nase: Boah der schreit einen an. Das ist dreckiger Sherry mit Autoreifen und Hering. Wenn er sich in wenig beruhigt hat, dann kommt dazu noch Vanille und Äpfel. Da muss man ein wenig Mut aufbringen um den zu trinken.

Mund: Im Mund geht es dann etwas ruhiger zu. Nüsse, und Nussnougat. Dazu eine würzige Holznote und Kirschen. Das ist ein sehr stimmiges Bild und

Abgang: Nach dem Schlucken bleibt auch erstmal das Holz. Dann wird er immer trockener und bringt ein paar Erdnüsse mit. Dazu auch noch Speck bzw. Rauchfleisch. Die Länge ist auch ganz ordentlich.

Fazit: Der ist schon spannend, streckenweise auch sehr gut. Aber insgesamt hat er auch einen ziemlich experimentellen Charakter für mich und man macht auch eine kleine Achterbahnfahrt mit. Ob das von der Fassreihenfolge kommt weiß ich nicht, aber für die höchsten Weihen reicht es so einfach nicht. 86/100

Glendronach 1992 Single Cask Batch 16

Auch hier bildet sich wieder ein Paar. Auch Glendronach füllt Batches von Single Casks ab. Fass #127 stammt aus dem Batch 16. Es handelt sich um ein Sherry Butt, das nach 25 Jahren mit 50,9% abgefüllt wurde. 626 Flaschen des Destillats aus 1992 wurden abgefüllt. Link zur Whiskybase

Nase: Das ist unerwartet. Kohl und gekochter Wirsing steigen mir beißend entgegen. Mit etwas Geduld und Überwindung kann ich auch noch Orange, Pflaumenmus und Zedernrauch erkennen. Aber gehört auch guter Wille dazu, der Kohl ist wirklich fies.

Mund: Wie schon beim BenRiach wird es im Mund deutlich runder. Er hat zwar ordentlich Dampf, aber der wird von einer schönen Süße aufgefangen. Dazu eine schöne Sherrymelange mit einem Highlight auf überreifen Pflaumen. Auch die Textur ist sehr angenehm ölig.

Abgang: Das Sherryprofil wird jetzt eher bitter und trocken. Einige Ledernoten geben sich mit dunkler Schokolade die Klinke in die Hand. Auch die Länge ist wieder wunderbar.

Fazit: Ich hab gewisse Schwierigkeiten mit der Nase. Also das ist noch untertrieben um ehrlich zu sein. Wer Kohl und Sherry mag sollte den hier mal probieren, den ansonsten ist das sehr, sehr leckerer Sherrywhisky. 86/100

Caol Ila 1990 Murray McDavid

In der Abfüllreihe „The Syndicate’s“ hat Murray McDavid diesen 26 Jahren alten Caol Ila abgefüllt. Aus Sherry Butt #8730 kamen dabei 166 Flaschen mit 50,4%. Auf der Fasche steht auch noch eine eher unübliche Information: Die Flaschen wurden in der Bruichladdich Destillerie abgefüllt. Aber auch das dient der Transparenz und Transparenz mögen wir ja 😉 Link zur Whiskybase

Nase: Der erste Eindruck ist süßlich, mit etwas Zitrone. Danach eine hohe Mineralität und er ist auch metallisch. Kalter Rauch, von einem Feuer da gerade aus ging. Eine dezente Specknote. Oh das ist eine wunderbare Kombination. Erinnert an Port Ellen.

Mund: Die Süße setzt sich fort. Dazu ein Prickeln und auch eine Fruchtigkeit. Grüne und gelbe Früchte, Apfel kommt am klarsten heraus. Abgerundet wird das Ganze mit einer Prise Salz.

Abgang: Der Abgang ist extrem mineralisch, und ansonsten sehr clean. Das ungewöhnlich, habe ich so nicht erlebt. Erst wenn man viel Geduld hat und nicht den nächsten Schluck nimmt, kommen noch Bitterstoffe nach ein Hauch Gewürze.

Fazit: Not too bad. Eigentlich sogar sehr gut. An den meisten Stellen wunderbar clean und vom Destillat bestimmt. Mich wundert ein wenig, dass der Sherryeinfluss komplett keine Rolle zu spielen scheint. 89/100

Lagavulin 21-year-old Jazz Festival 2019

Lagavulin hat dieses Jahr zum Jazz Festival einen Kracher abgefüllt. eine 21-jährige Abfüllung aus der Islay-Destillerie ist selten und die bisherigen waren immer Kracher. Kein Wunder also, dass viele davon direkt nach der Veröffentlichung für den doppelten Preis im Sekundärmarkt zu finden waren. Getrunken werden davon wohl nicht so viele, obwohl es wohl ein paar Flaschen gibt, wie viele ist nicht genau bekannt. Was wir aber wissen ist das er 50,9% hat und aus „Re-charred American Oak“ stammt. Link zur Whiskybase

Nase: Eine medizinisch Note dazu trockene Erde. Erst dann wird er süßlich und torfig. Die dritte Schicht ist salzig und bringt Vanille mit.

Mund: Süß und erstaunlich fruchtig zeigen sich Quitte und Mirabelle. Dazu gibt es ein Lagerfeuer und Seetang mit einer Salzkruste.

Abgang: Nach dem Schlucken wird es sehr süß. Die hellen Früchte sind wieder da, zusammen mit dem Torf. Neu ist etwas Lakritze. Das Lagerfeuer ist mittlerweile aus und verabschiedet den Dram nach mittlerer Länge.

Fazit: Ja. Aber nicht für den Preis. Ich bin schon sehr dankbar, dass ich ihn probieren durfte. Und wäre das meine Flasche, vielleicht gäbe es noch einen Punkt mehr. Aber das ist nicht was man von einem Lagavulin dieses Kalibers erwartet, selbst wenn das Aromenspektrum stimmt. Der packt mich einfach nicht und das müsste er bei dem Preis. Dann lieber zehn Stück vom Standard 8er oder 16er. 87/100

Vielen Dank

An den Stammtisch für einen tollen Abend. Allen voran Dirk, der diese tollen Flaschen aus seiner Sammlung dafür aufgemacht hat. Erfüllt einen mit gewisser Demut, wenn nacheinander vier Flaschen aus den 1970ern geöffnet werden und zum Schluß eine der größten Hypeflaschen des ablaufenden Jahres.

Mein persönliches Highlight war der Banff. Ich mag dieses Profil und hoffe es in Zukunft auch in einer anderen Destillerie wiederzufinden. Denn auf Dauer wird das ganz schön teuer immer wieder einen Banff probieren zu wollen.