Alles die gleiche Suppe?

Edradour ist eine kleine Destillerie, deren Eigentümer eigentlich ein unabhängiger Abfüller ist. Signatory Vintage hat demnach natürlich auch relativ einfachen Zugriff auf Fässer und kann damit das Portfolio gut bestücken. Zum Beispiel in der relativ günstigen „un-chillfiltered collection“. Diese stammen immer aus Sherryfässern und sind damit meistens auch schön dunkel. Da es davon eine ganze Menge von diesen Single Casks gibt könnte man ja mal einen Vergleich anstellen.
Durch einen kleinen Ringtausch konnte ich vier davon kriegen und dazu gibt es dann noch einen kleinen Bonus.

Edradour 2008 Signatory Vintage (Cask #166)

10 Jahre in Sherryfass #166, 46%, genaue Zahl an Flaschen unbekannt, mindestens aber 500. Link zur Whiskybase

Nase: Dunkle Schokolade trifft auf Röstbrot. Dazu ein säuerlicher Ton, zerquetschte Trauben. Ein paar Kirschen.

Mund: Gewürze: Pfeffer, Kirsche, Erdbeere, Ingwer, Eichenwürze, Süß

Abgang: Warme Coca Cola, Weihnachtsgewürze, süßlich, säuerlich und mit schönen Sherrynoten.

Fazit: Mehr als solide für diese Preisklasse. Da macht man nichts falsch. Eine Destille hätte ich allerdings blind nie erraten. 86/100

Edradour 2009 Signatory Vintage (Cask #80)

10 Jahre in Sherryfass #80, 46%, genaue Zahl an Flaschen unbekannt. Link zur Whiskybase

Nase: Eine würzige Nase, mit viel Holz. Etwas Orange, dunkle Beeren, Rosinen und auch Vanille. Leicht säuerlich und auch angestaubt. Trockene Brotrinde. Insgesamt leicht dreckig, mit Gumminoten.

Mund: Süßlich mit Pfeffer und Chili. Wieder Brot und Beeren. Ein öliger, malziger Film legt sich um die Zunge.

Abgang: Wärmend in der Speiseröhre. Dunkle Schokolade, die Orange kommt kurz zurück. Ganz klar auch wieder sherrylastig und die Eiche darf auch noch mal ran. Insgesamt eher kurz.

Fazit: Auch nicht schlecht. Insgesamt etwas schwächer als Fass #166. Aber immer noch auf einem sehr soliden Niveau. 85/100

Edradour 2008 Signatory Vintage (Cask #371)

10 Jahre in Sherryfass #371, 46%, genaue Zahl an Flaschen unbekannt. Link zur Whiskybase

Nase: Orange, Schokolade, etwas Zimt, leicht muffig mit der Zeit, etwas Schwefel

Mund: Pricklend, fruchtig mit Pfeffer. Ansonsten “sherryklassisch”.

Abgang: Süßlich, leicht bitter, eher kurz. Kirschen und Marzipan auf der guten Seite, wieder ein Schwung Schwefel auf der schlechten Seite.

Fazit: Der Schwefel ist nicht ok. Ich kann das normalerweise gut vertragen, aber hier geht das gar nicht. Ansonsten ist er auch nicht überragend, aber auch nicht total schlecht. 78/100

Edradour 2008 Signatory Vintage (Cask #131)

10 Jahre alt, aus Sherryfass #131 wurden 381 Flaschen (wahrscheinlich aber mehr) mit 46% abgefüllt. Link zur Whiskybase

Nase: Datteln, leicht metallisch, Tabak, Eiche, Schnapspralinen mit Kirsche

Mund: Tabak, Sherry, Zuckersirup, Nelken, Schwarzkirschen, Pflaumen, Mandarinen

Abgang: Bitter wie zu erwarten, angebranntes Kirschkompott, säuerliche Orangen, trocken, mittellang

Fazit: Nicht verkehrt, eine gute Sherrykomposition mit einem kleinen Twist in der Nase. 85/100

Edradour 2009 Signatory Vintage „The Dark Side of the Gem“

Für den deutschen Händler „Die Whiskybotschaft“ abgefüllt und im Vorweihnachtsgeschäft sehr schnell ausverkauft. Benannt nach dem Spitznamen der Destillerie „Little Gem“. Die Änderung bezieht sich wahrscheinlich auf die Farbe, die tatsächlich sehr dunkel ist und an Cola erinnert. 56,6% hat die fassstarke, 9-jährige Abfüllung. Aus dem Sherry Cask #374 kamen insgesamt 316 Flaschen. Link zur Whiskybase

Nase: Trockene Süße, gefolgt von Kakao und Kaffee. Würzige Eiche kommt hinterher, mit Leder- und Tabaknoten. Dunkle und rote Früchte sind auch dabei. Himbeeren, Brombeeren und ein kleiner Hauch Vanille dazu.

Mund: Pfirsich und Pfeffer, Chili und Schwarzkirschen. Erneut Tabak und sehr viel dunkle Schokolade.

Abgang: Ein kleiner Schwung Holz am Gaumen, aber das ist sehr angenehm. Nicht wie von zu langer Lagerung. Dann ist er süß und fruchtig. Dunkle Früchte mit einer leichten Säure. In der Länge, die sehr ordentlich ist, kommen dann noch satte Bitterstoffe.

Fazit: Zum Glück kein echtes Schwesterfass zu #371. Das hier macht sehr viel Spaß und bocklecker. Ein tolles Fass hat die Botschaft da ausgesucht. Natürlich war diese fassstarke Variante teurer als die verdünnten Verwandten, aber er hat auch deutlich mehr zu bieten. Der beste Edradour, den ich bisher getrunken habe! 89/100

Definitiv nicht alles die gleiche Suppe

Ein wirklich spannender Flight. Die “un-chillfiltered” kosten üblicherweise unter 50€. Bis auf einen Ausreißer sind sie das auf jeden Fall wert. Wenn man ein Sherrymonster zuhause haben will, das nicht gleich die Alkoholstärke von einem Aberlour A’bunadh oder einem Glenfarclas 105 hat: Hier wird man fündig.

Der fassstarke Vertreter hat mir persönlich aber dennoch mehr Spaß gemacht. Der Ausgabepreis lag bei 90€ in der ersten Charge und 100€ in der zweiten. Das ist natürlich eine Ansage, gegenüber den anderen Abfüllungen. Wie immer würde ich aber sagen: Lieber weniger und dafür von so toller Qualität.

Bilder: Eigene Anfertigung, Samples: Eigene Flaschen und privat getauschte Samples