Into the Linkwoods (Teil 2)

Nun das Tasting von dem ich letztes Mal sprach hatte ja schon eine solide Basis. Tatsächlich war mit diesen drei grob zwanzigjährigen Abfüllungen aber noch nicht alles gesagt.

Hier nun drei weitere Kandidaten. Wieder unabhängig abgefüllt. Wieder in kleiner Auflage. Wieder in Fassstärke.

Linkwood 1991 Hart Brothers

24 Jahre alt und in einem Sherry Butt gereift. 2015 durch den schottischen Abfüller Hart Brothers mit 51.4% abgefüllt. Normalerweise sag ich ja nichts zur Farbe, aber der leuchtet schon wirklich krass. Vielleicht in der Realität nicht ganz so sehr wie auf dem Bild in der Base, aber schon mehr als viele andere! Link zur Whiskybase

Nase: Die Nase spielt direkt die Sherry-Klaviatur. Rosinen, Zedernholz, Tabak, Orangenmarmelade. Dazu kommt etwas Herbstlaub. Noch nichts modriges, eher trockenes Laub. Ein Hauch Schwarzpulver und Feuerstein, aber nicht arg.

Mund: Leichte Säure, ölig und dickflüssig. Orangene und rote Gummibärchen. Pfirsichlikör über Vanilleeis.

Abgang: Süße Trockenfrüchte, vor allem Beeren. Himbeere und Brombeere vor allem. Etwas Vanillecreme oben drauf. In der Länge dann etwas Cassis und ein paar Bitterstoffe. Mit der Zeit wird er trockener. Die Länge ist fantastisch.

Fazit: Für einen typischen Linkwood fehlen wohl in paar Kräuter. Das Fass hat ganze Arbeit geleistet. Macht ihn aber nicht weniger lecker, er könnte nur eine Schicht mehr haben. Aber das ist Meckern auf sehr sehr hohem Niveau! 88/100

Linkwood 1984 Rudolf Futterer

Von 1984 bis 2017 in Fass 1628. Mit 54,5% in 0,5l Flaschen abgefüllt. Der Rest ist leider unbekannt. Abfüller ist die Rudolf Futterer OHG in Schwetzigen, auch genannt Wappen Futterer. Der kleine deutsche Abfüller hat keinen großen Output, genießt aber keinen schlechten Ruf. In den letzten Jahren sind allerdings auch keine neuen dazu gekommen. Link zur Whiskybase

Nase: Ein süßlicher Duft aus dem sich Rosinen erheben. Eine kross gebackene Waffel mit Rübensirup. Getrockneter Rosmarin vom letzten Jahr. Getrocknete Weinbergpfirsiche.

Mund: Ein leichtes Prikeln, eine wachsige, stoffige Konsistenz. Dann ein riesiger Schwung Kräutersirup. Rosmarin, Eukalyptus, Thymian und Zitronenmelisse. Auch noch ein paar Nüsse.

Abgang: Bittere, eher verbrannte Kräuter. Ein Zitruserfrischungstuch und Ingwer. Auch der Sirup klingt noch nach. Ein kühlender Hauch Menthol bleibt.

Fazit: Den Abgang fand ich eher gewöhnungsbedürftig aber dennoch aufregend. Der Rest war fantastisch. Muss man nicht mögen, aber ich mag ihn sehr. 89/100

Linkwood 1984 Gordon & MacPhail

Anlässlich des Jubiläums der Connaisseurs Choice Reihe füllte Gordon & MacPhail einige sehr exklusive fassstarke Whiskies ab. So auch dieser 34 Jahre alte Linkwood aus dem 1st Fill Sherry Butt 18/064. Heraus kamen 481 Flaschen mit 58,1%. Link zur Whiskybase

Nase: Aber hallo! Kirschen, Marzipan, Pflaumenkompott mit einer Vanilleschote und Rosinen. Das alles in einer Intensität, dass es einem fast die Schuhe auszieht. Wenn ich die Augen zu mache, dann stehe ich in einem Weinkeller mit alten Fässern und esse Pumpernickel mit Pflaumenmus.

Mund: Mit einer seidige Textur spült es süße und überreife dunkle Früchte in den Mund. Dazu Kakao, Kaffee und einen Hauch Banane. Ein wenig Chili und Pfeffer zwicken Zwischendrin in die Zunge. Dabei ist aber nichts alkoholisches, er ist ganz im Gegenteil total weich und rund. Man kann ihn ewig kreisen lassen, er wird nicht dünner. Die Aromen sind so kraftvoll. Irgendwann man muss man dann aber nachgeben…

Abgang: Und es lohnt sich! Zuerst ist er nach dem Schlucken wärmend, dann süß aber auch würzige und ledrige Noten sind dabei. Bitterstoffe, fast schon Tannine. Dann nach einiger Zeit Bitterschokolade und Menthol. Er nimmt noch mal Schwung auf. Orangenstäbchen. Oh ich hoffe diese Fahrt hört nie auf.

Fazit: Ja was soll ich noch sagen. Wahnsinn. Punkt. 93/100

Wahre Größe muss man anerkennen!

Leider geil und leider leer!

Es ist immer wieder eine Freude und ein Fluch, wenn man feststellt, dass eine teure Abfüllung auch sehr lecker ist. Insgesamt war das ein sehr toller Flight mit einem klaren Ausreißer nach oben. Preislich wie geschmacklich ist der Gordon & MacPhail eine Klasse für sich. Der Rest war “nur” gut bis sehr gut, nicht herausragend. Linkwood bleibt auf meiner Liste der Geheimfavoriten!

Im Übrigen war ein Sieger der Herzen an diesem Abend der Laudale Batch 2 von Adelphi. Der war so trinkig und beliebt, von dem konnte ich kein Reviewsample retten. Auch mal was Schönes. 😉

Bilder: eigene Anfertigung, Samples: Eigene Flaschen