Into the Linkwoods

Wenn man selbst Tastings hält, dann hat man den wunderbaren Vorteil, dass man aussuchen kann was es gibt. Natürlich bedenkt man dabei was schmecken könnte oder was die Diskussion anregt, aber an sich ist man erstmal am Zug. Das gab mir vor kurzem die Gelegenheit ein reines Linkwood Tasting zu gestalten. Und zwar nur unabhängige Abfüllungen, da es von Linkwood auch nur wenig Originalabfüllungen gibt. Schließlich geht der Großteil in Blends wie Dimple oder Haig. Von den Flaschen der Abends ist auch ein wenig übrig geblieben, so dass ich nun Reviews dazu schreiben kann. Wie toll. 🙂

Linkwood 1997 Signatory Vintage

Von Signatory für Feinkost Reifferscheid und Wein Rieger abgefüllt. Die wiederum haben dies im Auftrag der Whisky Embassy Bonn getan, die verschiedene Abfüllungen für ein Jubiläum rausbringen wollte. Ganz schön kompliziert. Der Whisky auf jeden Fall war 21 Jahre im Fass und zuletzt in einem re-fill Sherry Hogshead und hatte dann 56,9%. Link zur Whiskybase

Nase: Das Sherryfass begrüßt mich mit Leder, Rosinen und Tabak. Aber es sind auch Erdbeeren, Brot, Wachs und Schuhcreme am Start. Etwas Sulphur vielleicht, aber alles im Rahmen.

Mund: Ein Prickeln mit viel Pfeffer geht über in Malz und Trockenfrüchte. Ein paar Kräuter sind auch dabei. Säure ist spürbar. Er wird mit der Zeit erstaunlich dick und dicht. Vor dem Schlucken gibt es noch Schwarzbeeren.

Abgang: Wärmend, der Tabak kommt noch mal wieder. Die Textur am Gaumen und im Rachen ist trocken-cremig – falls es so etwas gibt. Ein paar Bitterstoffe und Kräuter scheinen durch, sowie auch Erdnüsse. Er hat eine gute Länge und es bleibt dabei ein Hauch schon Afri Cola mit Zitrone. Kein Witz, ich seh es genau vor mir, wenn ich die Augen zu mache.

Fazit: Schöner Sherry-Linkwood mit einer ausdrucksstarken Nase und einem faszinierenden Mundgefühl. Keiner für jeden Tag und Feinde von Schwefelnoten sollten vorsichtig sein. Für mich ist das aber alles gut und auch ganz schön komplex. 87/100

Linkwood 1996 Signatory Vintage

Für Marco Bonn vom Brühler Whiskyhaus hat Signatory 147 Flaschen aus einem Hogshead abgefüllt. Dort befand sich der Whisky zuvor für 22 Jahre. 51,2% stehen zu Buche. Link zur Whiskybase

Nase: Hier gibt es Mandarine, Rindenmulch und gärende helle Früchte. Dazu Honig und eine kräutrige Note Richtung Verbene. Eigentlich steht man also irgendwo in einem großen Garten .

Mund: Die Textur ist ölig und auch hier prickelt es erstmal mit einigem an Pfeffer. Hinterher kommt süßes Malz, Limetten und Ingwer. Hier ist einiges an Schärfe zu spüren, ich würde aber nicht sagen es fühlt sich alkoholisch an.

Abgang: Eine typische Whisky-Bitternote, paart sich mit Süße, leichter Fruchtigkeit und verbrannter Salbei. Beim dritten Mal tasten hatte er im Abgang extrem viel Nüsse. Auch eine spannende Wandlung.

Fazit: Die Kombination aus Flora und Frucht ergibt ein schönes Gespann. Einer den man wahrscheinlich auch schön zum (richtigen) Essen kombinieren kann. 86/100

Linkwood 1995 Cadenhead

22 Jahre in zwei Bourbon Hogsheads und von Cadenhead mit 48,8% abgefüllt. 456 Flaschen ergab dieser Small Batch. Link zur Whiskybase

Nase: Ein frisch geöffnetes Glas Honig. Dazu Orange und Zitrone, Vanille und Malz. Nach einiger Zeit ist auch ein Sauerteigbrot mit dunkler Rinde und lockerer Krume. Das Frühstück steht also bereit.

Mund: Es gibt scheinbar auch was Süßes. Kuchen mit einem Orangenzuckerguss. Ein Müsli mit viel Haferflocken und hellen Trockenfrüchten.

Abgang: Als Abschluss geht es eher in die Richtung Digestif. Orangenzeste, trockene Textur und Bitterstoffe. Anklänge von Vanille kommen kurz durch aber zum Schluss bleibt dann etwas kühlendes Menthol.

Fazit: Das ist ein sehr leckerer Malt und macht mir sehr viel Spaß! Ist ein wenig her, dass ich einen Whisky so klar in die Kategorie “Frühstück” gesteckt habe. Gleichzeitig hat er aber noch einen schönen Twist im Abgang. Sehr schön! 87/100

Anfang Zwanzig scheint ein gutes Alter zu sein

Zumindest für Linkwoods. Alle drei lecker, keine Fehler und durchaus unterschiedlich. Man kann scheinbar bedenkenlos zugreifen. Wenn ich mich für ein liebstes Kind entscheiden müsste, in diesem Fall wäre es von Cadenhead. Aber das ist für mich so nahe beisammen, das kann an anderen Tagen schon wieder anders sein.

Bilder: Eigene Anfertigung, Samples: Eigene Flaschen