Ein Kilkerran-Doppel

Die Glengyle Destillerie schaut eigentlich auf eine lange Geschichte zurück. Bereits 1872 wurde sie gegründet. Aber im Verlauf der Jahre auch wieder geschlossen. Ende 2000 wurde allerdings bekannt, dass die sie erneut eröffnet werden soll. Mittlerweile produziert man wieder, allerdings nur kleine Mengen. 60.000 Liter erscheinen verschwindend gering im Vergleich zu den teilweise mehreren Millionen die andere ausstoßen.

Das muss nun nichts heißen, die Qualität kann ja trotzdem sehr gut sein. Außerdem bedarf es vielleicht keiner riesigen Marketingmaschinerie um die Unmengen an Schnaps unter die Leute zu bringen. Gespartes Geld für den Kunden. Der Whisky wird übrigens unter dem Namen Kilkerran vertrieben, weil die Markenrechte für „Glengyle“ bei einem Vatted Malt liegen. Also auch der Whisky ist nicht vor Marken- und Lizenzstreit gefeit.

Heute im Review sind zwei fassstarke Originalabfüllungen. Den Aufschlag macht der 8-jährige der dauerhaft im Programm ist. Als zweites eine limitierte Abfüllung vom Anfang diesen Jahres. Der erste offizielle getorfte Abfüllung. Los gehts!

Kilkerran 08-year-old (2017)

Im Standardrepertoire bei Glengyle ist immer ein fassstarker acht Jahre alter Kilkerran. In 2017 wurden davon 9000 Flaschen mit 55,7% abgefüllt. Link zur Whiskybase

Nase: Vor allem zu Anfang kann er den Alkohol nicht verstecken. Das verfliegt aber mit der Zeit. Er hat zwei präsente Seiten. Die fruchtige Seite: Leicht gärende Heidelbeeren, Birne und Pfirsichpüree. Die „Kaffeehaus“-Seite: Malznoten, Fudge, angebranntes Karamell, helles Nougat und Kaffeebohnen.

Mund: Die Textur ist sehr cremig, am Anfang zwickt er aber erstmal in die Zunge. Die Alkoholstärke und das junge Alter lassen grüßen. Geschmacklich sind wir jetzt voll in der Nussrange. Haselnuss, Paranuss, Macadamia und Cashews. Dazu Bitterstoffe und eine dezente Süße. Früchte sind weniger vorhanden. Ein süßer Zitruseinschlag vielleicht. Die genaue Frucht kann ich aber irgendwie nicht festhalten.

Abgang: Wärmend und mit viel Dampf. Die Haselnüsse sind jetzt auch wieder geröstet. Das bringt die Bitterstoffe noch mal nach vorne. Eine öliges Mundgefühl bleibt. Hintenraus ist er mineralisch und leicht salzig.

Fazit: Ich bin ein wenig beeindruckt. So macht man das. Acht Jahre alt, fassstark, ehrlich. Punkt. Und der Preis ist absolut fair. Jedes Batch lag bisher unter 50€. Ich hoffe das bleibt so, da würde ich wohl über die Jahre immer wieder mal zuschlagen. 88/100

Kilkerran Heavily Peated Batch 1

Anfang 2019 kam der erste Kilkerran heraus der auch offiziell stark getorft ist. In der Vergangenheit wurden verschiedene schon als torfig eingeschätzt. Dieser ist es nun offiziell. 55% Bourbonfässer, 45% Sherry-Fässer, 59,3 Vol-% Alkohol. Anzahl der Flaschen und Jahre in den Fässern wissen wir nicht. Aber so wie man liest sind es nur drei Jahre gewesen und das passt dann auch zum Label „Peat in Progress“. Der ist also noch nicht fertig. Link zur Whiskybase

Nase: Direkt ein kleiner Stich in der Nase. Dann ein fetter Klumpen nasser Kohle, getoastetes Holz, Rauch und Torf. Ein paar zermatschte Beeren und Trauben auf einem Bett von Kräutern. Ein paar kramamellige Anklänge sind auch wieder da, aber die werden schon ziemlich stark überdeckt.

Mund: Auch hier macht sich der Alkoholgehalt erstmal Platz im Mund. Dann kommt ein Gemisch aus Torf und unglaublicher Süße. Dazu eine Birne. Nach einiger Zeit im Mund kommen die Kräuter auch wieder raus. Ich hab gerade ein Desert vor mir. Birnenspalten, die getorftem Sirup beträufelt wurden und ein paar hübsche Kräuter zur Dekoration. Könnte man mal machen.

Abgang: Eine gewisse Bitternote kommt zum Tragen. Er ist weiterhin recht süß aber die dominante Torfnote nimmt langsam ab. Ein klein wenig Nuss und Salz gibt es später noch. Ein angenehmer Ausklang, auch wenn er nicht gerade für die Ewigkeit ist.

Fazit: Glengyle hat schon von Anfang an die Work in Progress Produkte in den Markt gebracht. Das hat sicher mehrere Gründe. Man kann z.B. zu einem frühen Zeitpunkt bereits in die Monetarisierung gehen, bleibt im Gespräch und kann Kundenfeedback aufnehmen. Ich finde das hier ein mutiges Produkt. Das ist fast noch New Make und man schmeckt das. Der Torf ist irgendwo zwischen dominant und brutal. Dennoch ist die Qualität wieder sehr hoch. Ich bin sehr gespannt, was hier noch kommt! 84/100

Glengyle I’m watching you!

Ein acht jähriger Whisky in fassstärke als Standard und das ganze ohne Pseudolimitierung und Marketingbohei. Und er schmeckt auch noch. Dazu ein offen kommuniziertes Experiment. Na wo gibt es denn sowas? Das war eine schöne Mini-Session. Weiter so. Beim nächsten Mal schreibt ihr einfach auf den Peated noch drauf wie alt er ist und wieviel Flaschen es gibt, ok? Gut 🙂

Ganz klar ich bin überzeugt, von dem was in der Destillerie produziert wird. Das sind ehrliche Produkte von hoher Qualität. Bringt mich definitiv dazu weiterhin ihre Whisky zu probieren und die Aktivitäten zu beobachten. Ich hoffe sie können das über lange Jahre halten und bleiben bei der kundenorientierten Produkt- und Preispolitik.

Bilder: Eigene Anfertigung, Samples: Eigene Flaschen