Zwischen unbekannt und unterschätzt? Zwei Balblair

Viele gute Worte sind schon über die Highland Destille Balblair gefallen. Von nicht ganz unbedeutenden Whiskybloggern. Von Ehrlichkeit und Bodenhaftung wird viel gesprochen und geschrieben. Sehr lecker sollen die Malts sein. Dennoch fliegt die Destille irgendwie gerne unter dem Radar durch. Für mich musste sich das ändern und ich habe deshalb zwei Originalabfüllungen etwas näher betrachtet.

Balblair 1999 Travel Retail

1st Release aus Ex-Bourbon-Barrels und Spanish Oak Butts mit 46% abgefüllt.

Nase: Sehr würzig im Antritt, mit deutlichem Rosinenaroma und gelagertem Sherry. Da muss man etwas arbeiten, bis man ihn erfasst hat. Ich hatte zuerst den Fehler gemacht ihn nebenher zu probieren.

Mund: Das befreiende und kühlende Gefühl von Eukalyptus, dann ganz viel Tabak und auch Leder. Ich glaube das wäre eine toller Malt für Zigarrenliebhaber.

Abgang: Erst wieder der Tabak und eine deutliche Bitternote. Dann wird er trocken, die Rosinen kommen zurück. Er bleibt mittellang.

Fazit: Eine sehr würzige Angelegenheit und dadurch auch eine sehr hohe Komplexität. Ungewöhnlich für einen Malt in dieser Preiskategorie (65€ für einen Liter). Er macht sehr viel Spaß und man kann sich mit einem Glas wirklich den ganzen Abend beschäftigen. 87/100

Balblair 1996 Single Cask for La Maison du Whisky

Balblair 1996: Kommt im Kabinettschränkchen

Aus einem 1st Fill Spanish Oak Butt (Nummer 022) wurden 2018 669 Flaschen mit 54,4% exklusiv für La Maison du Whisky abgefüllt.

Nase: Der Knaller. Schwarzkirsche, Eukalyptus, Marzipan, nasser Waldboden. Ein wahres Feuerwerk und eine unglaubliche Intensität.

Mund: Beim ersten Schluck kommt mir der Gedanke an eine Frucht. Ich kann es nicht klar zuordnen. Pfirsich vielleicht. Das ist aber auch schnell weg, denn er ist stürmisch, bringt Pfeffer mit.

Abgang: Im Abgang ist er eher trocken. Fast staubig. Er hat eine deutliche Holznote, aber die ist nicht negativ. Er ist nicht holzig. Irgendwann kommt noch dezent Sherry hinterher. Dann ist er aber auch bald weg.

Fazit: Die Nase ist fantastisch. Wenn er das durchhalten könnte wäre er ganz obere Liga. Leider ist da nicht so. Etwas Wasser nimmt ihm den Sturm und Drang, macht ihn etwas flacher und gibt Menthol im Abgang dazu. Auch lecker. Den Mehrpreis (180€) verdient er sich aber sicher nicht. 87/100

Zusammenfassung

Das war ein wunderbarer Ausflug. Sollte man unbedingt mal probieren. Preislich ist das meistens auch angemessen.
Die Releasepolitik ist nicht ganze einfach zu verstehen, aber immerhin steht immer eine Jahreszahl drauf. Das schafft nicht jede Destille. Immer wenn sich auch noch das Geschmacksprofil deutlich ändert, dann wird auch das Release hochgezählt (also 1st, 2nd, etc.).
Auch die Verpackung finde ich schwierig. Sie ist zwar nicht unscheinbar, mindestens aber unpraktisch. Aber auf den Inhalt kommt es ja an, nicht wahr?
Was mich begeistert hat ist die Tiefe und Komplexität. Das macht sie dann sicher auch nicht zum every day Whisky. Aber wer will sowas auch wirklich? Am besten für jeden Tag genau das richtige raussuchen 😉

Edit 27.01.2019: Das letzte Glas des 96er hat mir deutlich gezeigt das dieser Sauerstoff brauchte. Die Flasche hatte ich in einem Forum geteilt, d.h. es waren für einen Monat nur ca. 10cl darin. Das hat ihm sehr gut getan. Nicht nur legt er insgesamt zu, vor allem der Abgang ist noch mal für sich deutlich besser. 90/100!

Ein Kommentar

Kommentar hinterlassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.