Kräuterlimo, festlicher Rauch und Schokokirschkuchen – Bericht von der Village 2018
Am vergangenen Wochenende war wieder die Whiskymesse „The Village“ im Messezentrum Nürnberg. Parallel zur „Freizeit und Garten“ konnte man in nettem Ambiente wieder jede Menge flüssiges Gold verkosten. Dieses Jahr will ich nur meine Top 3 zusammen fassen und zum Schluss vielleicht noch ein paar kritische Gedanken finden. Aber beginnen wir mit dem Positiven.
St. Magdalene 1982, Gordon & MacPhail, 33 Jahre, 46%
Eine geschlossene Destille, über 30 Jahre alt. Die Erwartungen sind automatisch sehr hoch. Der nette junge Mann am Stand empfiehlt ich soll 30 Minuten warten bevor ich ihn trinke, er entwickelt sich erst im Glas. Wir werden sehen. Einen ersten kleinen Schluck nehme ich gleich:
Nase: verhalte, etwas Kräuterlimo
Mund: Rauch ist bemerkbar, aber insgesamt verschlossen.
Abgang: Prickelnd, rauchig, etwas bitter
Na da hoffe ich mal auf die Offenbarung nach 30 Minuten:
Nase: Der Rauch ist angekommen. Dazu Zitrus und kandierter Ingwer
Mund: Ordentlich Süße und Kräuter. Ich sag mal Ricola Gletscherminze.
Abgang: Trocken, wieder Zitrus und Rauch. Hat eine schöne Länge.
Fazit: Spannend. Wenn ich den Tipp nicht bekommen hätte, dann wäre das Urteil hart ausgefallen. So ist es ein wunderbarer Malt mit einigem Potential für Entdecker. Warum er allerdings mit 46% abgefüllt wurde… naja kriegt man mehr Flaschen raus. 89/100
Caol Ila 1982, Signatory Vintage, 34 Jahre, Bourbon Hogshead, 50,6%
Von für Velier, einem unabhängigen Abfüller aus Italien, zum 70 Jubiläum abgefüllt. Es gibt insgesamt vier unterschiedliche Einzelfassabfüllungen, eine für jede der vier Töchter von Inhaber Luca Gargano. Diese Abfüllung ist Benedetta gewidmet.
Nase: Asche, Staub, trockener Sherry (hab extra noch mal gelesen: ja es ist ein Bourbon Fass), schön eingebundener Torf und Rauch
Mund: Zitusaromen, vor allem auch Zeste. Torf und Rauch bleiben dezent und spielen gut mit.
Abgang: Süße Träuble und gleichzeitig trocken. Geht das überhaupt? 😀 Er bleibt wunderbar lang, geht aber leider irgendwann dann doch.
Fazit: Ein unglaublicher Malt. Selten so eine gute Balance und Trinkigkeit bei gleichzeitig hoher Tiefe und Komplexität getrunken. Der Preis ist natürlich auch hier hoch (700+€), aber wer einen Dram davon kriegen kann sollte zuschlagen (auch der wird einiges kosten, ich hab 30€ bezahlt für 3-4cl). 93/100
Speyside Region Malt 1973, Antique Lions of Spirit, 44 Jahre, Sherry Cask, 51,6%
Nase: Marzipan, Schwarzkirsche, Sandelholz, frisches Quellwasser
Mund: Getrocknete Orange kommen dazu
Abgang: Schokokirschkuchen, alte Hölzer, reife Dörrpflaume, leicht Bittere für Tiefe, im Hintergrund Vanille
Fazit: Der absolute Wahnsinn. Superleckerer Stoff, der nochmal besser ist als der 43 Jahre alte aus der Birds Serie. Den konnte ich letztes Jahr in Limburg verkosten. Allerdings ist der Flaschenpreis mit 530€ leider auch entsprechend. 94/100
Ja kann man mal machen. Drei Whisky mit 92 Punkten im Durchschnitt. Allerdings eben auch mit einem Durchschnittspreis von 500€ pro Flasche.
Zum Schluss noch ein paar kritische Worte: Was ist denn mit den Preisen los? Das alter, besonderer und vor allem seltener Whisky teuer ist, das ist nichts Neues. Aktuelle Abfüllungen aber gehen preislich langsam auch gar nicht mehr. Ein, zwar alter aber geschmacklich durchschnittlicher, Linkwood für über 300€? Ein 25 jähriger Bunnahabhain, der langweiliger kaum sein könnte, für 250,-. Ich weiß nicht wo das noch hinführen soll, aber ich würde sagen der Markt ist stark überhitzt. Dennoch, die Messe hat wieder viel Spaß gemacht und ich konnte viele tolle neue Eindrücke gewinnen. Ich komme wieder.