Die Lücken schließen (Teil 2)
Ich hab beschloßen hieraus eine Serie zu machen und auch gleich weiter zu machen. Das Thema wird sein: Destillerien mit fünf oder weniger Reviews hier bei Keine halben Drinks. Ziel ist es damit ein besseres Bild zu kriegen, auch von den Neuen, den Verlorenen und auch den Hinterbänklern. Heute geht es quer durch die Regionen mit all diesen drei Kategorien.
Brora 1981 – Douglas Laing (Juni 1999)
Die Destillerie aus den Highlands, direkt gegenüber von Clynelish, wurde erst kürzlich wieder eröffnet. Neuen Whisky gibt es noch nicht. Dafür muss also aus dem alten Bestand etwas herhalten. So wie dieser 18 Jahre alte, von Douglas Laing in der Old Malt Cask Reihe abgefüllte. Wie meistens in dieser Serie wurde er mit 50% abgefüllt. Insgesamt gab es 263 Flaschen, über das Fass gibt es aber keine weiteren Infos. Link zur Whiskybase
Nase: Oh wow. Unmengen an Honig und Bienenwachs aber auch anderes Wachs und Paraffine. Dezente Rauch und Vanille Noten. So wie buttrige, helle Früchte, bereit um in Blätterteig gebacken und mit Zuckerguss ertränkt zu werden.
Mund: Am Anfang gut anpackend mit fordernder Säure. Auch wieder Wachs und andere Bienenprodukte. Genauso wie Pflanzenwachs. Tolle Mineralität, dazu die Bitterstoffe aus Apfelschalen. Darüber Sprinkler von Vanille, Salz und Zucker.
Abgang: Das Gebäck ist jetzt fertig. Die Früchte sind irgendwie verschwunden. Beziehungsweise das was noch da ist ist geht jetzt in Richtung Zitrone. Dazu wieder Wachs, eine leicht erdige Torfnote. Am Ende kommt noch Apfel-Karamell-Nuss.
Fazit: Fantastisch. Leicht getorfter Clynelish und das in super lecker. Die Komplexität könnte wahrscheinlich höher sein, aber alles andere: Fantastisch! 91/100
Oban 19-year-old The Manager’s Dram
Wir bleiben in den Highland’s. Oban Bottlings sind neben der Standards sehr selten. Dieses Bottling aus der The Managers Dram Serie ist eine dieser tollen Ausnahmen. Aus einem (?) Refill Cask und nach 19 Jahren mit knapp 60% abgefüllt. Link zur Whiskybase
Nase: Sizilianischen Pistaziengebäck in Wachspapier, in einer metallenen Box. Dazu Seifenspäne – und das ist hier nichts Schlechtes. Etwas Eiche, Vanille und Honig. Alles gut eingebunden. Danach kommt noch eine schöne, leicht tropische, Fruchtigkeit. Und um alles herum liegt eine hauchdünne Salzkruste.
Mund: „Lemon Zing“ – zitronig frisch beißen die 60% kurz in die Zunge. Oder irgendwas mit Ingwer, das würde für mich auch gehen. Dann kommt eine herbale Note und außerdem old bourbon cask feeling und Salz. Sehr schön. Wenn man ihn ein paar Runde im Mund drehen lässt, dann kommt ein Vanilleplunder, eine leichte Räucherstäbchennote.
Abgang: Die Kräuter bringen einige Bitterstoffe. Gleichzeitig ist die frische Note, die insgesamt ein Thema ist, immer noch da. Dazu noch Eichenwürze und diese Torfnote, die typische für die Küstendestillen ist. Die Früchte sind bleiben auch schön lange. Ja, das ist ein tollen Bottling.
Fazit: Ein tolles Bottling. Das zum Ausgabepreis? Mach mir den Keller voll. Wenn man die Gelegenheit hat – und das wird selten genug sein – ich empfehle den zu probieren! 90/100
Braes of Glenlivet 1994 – Meadowside Blending for Tiger Taiwan
Das letzte der älteren Bottlings für heute. Eigentlich ein private Bottling, denn hinter „Tiger“ steckt eine einzelne Person. Allerdings hat er schon so viele Fässer für sich abfüllen lassen, ich glaube man kann eher von einem unabhängigen „Sub-Abfüller“ sprechen oder so. Für alle der Flaschen gilt: Es eigenes Artwork darauf. Entweder Tiger oder Frauen. Dieser konkrete Braeval ist ein 23 Jahre alt, war in einem Oloroso Sherry Cask und wurde von Meadowside Blending mit 55,1% in 412 Flaschen gefüllt. Link zur Whiskybase
Nase: Saure Sherry Noten. Mit roten Fürchten, Tabak und Leder. Dazu noch Vanille, Karamellpopcorn und Kokosspäne. Moment mal, ist das ein Grain? Tief vergraben sind auch noch Zitrusfrüchte, Orange und Mandarine.
Mund: Wow die Saure Note mit dem Tabak ist fast überbordend. Das macht dann schon fast einen Eindruck als ob er getorft wäre (gibt es getorfte Braeval?). Mit der Zeit wird es deutlich sanfter. Geht über in Gebäck mit Trockenfrüchten. Auch frische Früchte kommen durch. Vanille und milde Tee und Tabaknoten.
Abgang: Es kommt nichts mehr Neues dazu. Aber er hat eine schöne Länge, die er wirklich gut ausnutzt.
Fazit: Ich glaube ich hatte noch keine Dram der so sehr über den Eindruck von Säure gesteuert wird. Und das funktioniert so gut hier für mich. Auch wenn es ein modernes Sherrybottling ist. Das hier wirklich schön! 90/100
An dieser Stelle habe ich im Flight einen Tag Pause gemacht. Es wäre sonst wohl etwas unfair den folgenden Whisky gewesen und ich wollte meine subjektive Neutralität wiederherstellen.
Tullibardine 500
Tullibardine in den Highlands bringt als Standard oder wie sie es nennen in ihrer Signature Range, den 500 auf den Markt. Dieser stammt aus einem Finish in 500 Liter Oloroso Sherry Butts vorher war in Ex-Bourbon. Wie lange er gelagert wird, wie groß die Batches sind usw., dazu schweigt man sich aus. Abgefüllt wird mit 43%. Link zur Whiskybase
Nase: Etwas Alkoholdunst und Pfeffer. Eher ungewöhnlich bei nur 43%. Dahinter kommen künstlich süße Noten. Mein erster Gedanke war rosa Zuckerwatte. Dann geht es langsam in Richtung Oloroso Sherry, aber in einer wirklich milden Variante.
Mund: Ganz kurz ein roter Apfel, dann wieder diese erstaunliche Schärfe. Danach klebrige Süße und dann wieder verhaltene Sherrynoten.
Abgang: Leicht säuerlich, einige Bitterstoffe. Rosinen, wenn ich was konkret benennen müsste. In der Länge eher trocken.
Fazit: Ein Massenmarktprodukt würde ich sagen. Zwar nicht unbedingt was ich suchen würde, aber absolut mit eigener Berechtigung. Die (für 43%)ungewöhnlich scharfen Aspekte lassen die Punkte ein wenig runter kippen. 79/100
Annandale 2015 – A.D. Rattray for Shinanoya Tokio
Es geht weiter mit jungem Stoff. Diesmal wieder ein Single Cask. Der Annandale wurde nach drei Jahren im 1st Fill Bourbon Barrel mit 61,1% in 264 Flaschen gefüllt. Abgefüllt wurde für Shinanoya – was eigentlich direkt ein Qualitätssiegel sein könnte. Falls sich jemand fragt, warum ich den Bourbon nach dem Sherry probiere: Wegen der Alkoholstärke. Gibt eine gute Wahrscheinlichkeit dass es andersrum schwieriger gewesen wären den Tulli noch wahrzunehmen. Link zur Whiskybase
Nase: Leicht süßlich. Vanille und Kokos. Banane und Birne. Dann drückt eine deutliche Malznote hindurch. Und auch ungemalztes Getreide. Wenn der Alkohol präsenter wird, dann kommen Pfeffer und etwas Kräuter mit dazu.
Mund: Bäm! Da ist erstmal ziemlich viel Alkohol. Pfeffer und Zitrone. Nach ein paar Schwüngen im Mund kommen Birnen und Früchte aus der Dose. Malz und Vanille sind auch noch da. Die Kräuter kriegen jetzt eine deutliche Bitternote.
Abgang: Süßlich und wärmend mit Vanille und Birne. Hinterlässt ein leicht taubes Gefühl im Mund.
Fazit: Die Jugend wieder. Zack ins Gesicht. Spaß beiseite: Ein sehr solider Malt. Gute Anlagen, keine Fehlnoten. Und wie bei den meisten jungen Whisky ist dann im Abgang nur noch wenig los. 83/100 Wasser macht ihn zugänglicher aber ehrlich gesagt ist das hier eigentlich ein anderen Wort für flacher. Ich hab da keinen Vorteil drin gefunden.
Daftmill 2006 #021/2006
Single Cask Daftmill sind vielleicht nicht der heilige Gral, aber irgendwo in der Nähe dessen stehen sie beim Whisky schon. Großer Hype um die junge Farm Distillery, die sich vor allem auf ihr Handwerk beruft. Dieses Bottling für den Markt in UK stammt aus einem 1st Fill Bourbon Barrel und wurde nach grob 13 Jahren mit 57,1% in 234 Flaschen gebracht. Link zur Whiskybase
Nase: Hefe, Malz und Malzbonbons. Campino Jogurt Erdbeer Bonbons und Ed-Van-Schleck Eis oder was auch immer ihr so als Kinder hattet und euch dann hiermit daran erinnert ;-). Allerdings muss ich zugeben, dass der Alkohol sehr präsent ist und das trübt die Nostalgie. Wasser hilft hier leider nichts, da wird der Stich sogar stärker.
Mund: Er packt ordentlich an, der Alkohol nimmt den Mund gefangen. Das bringt erstmal kühlende Kräuternoten wie Menthol hervor. Dann sind wir wieder bei Malz und Getreide und es kommt eine schöne ölige Konsistenz und einige Bitterstoffe. Fruchtig mit Limetten und Zitronen.
Abgang: Der Abgang macht eher den Eindruck eines Starken Schnapps. Da ist wenig Tiefe. Mit Wasser wird der Abgang sehr viel schöner. Dann kriegt man die Kindheitserinnerungen auch dort.
Fazit: Das ist ein leckerer Malt. 86/100 Den Hype… ich weiß es nicht, ob ich den verstehe. Wenn ihr eure Kindheitserinnerungen in einem Whisky zurückholen wollt empfehle ich sowas hier. Nur nicht die verrückten Zweitmarktpreise dafür bezahlen.
Sprüche wie…
…früher war alles besser sind natürlich nicht generell zutreffend. Hier allerdings trifft es zu 100%. Drei ganz fantastische alte Bottlings und ein mehr als solider Daftmill. Und alle kriegen noch diverse Chancen sich zu beweisen. Ich mag diese neue Reihe an Blogposts. 🙂
Mehr zu: Annandale, Braeval, Brora, Daftmill, Oban, Tullibardine, Die Lücken schließen
Bilder: Titel: Andrew Wood / Brora Distillery CC BY-SA 2.0 upscaled with Waifu2x | Flaschen: Eigene Anfertigung und freundliche Überlassung der Whiskybase
Samples: Privat, im Handel und auf Messen gekauft
Pingback: Die Lücken schließen (Teil 3) – Scapa – Keine halben Drinks