Stranger Laddie 3 – Die Lochindaal Schwestern
Es ist wieder Zeit für einen Ausflug zu den „etwas anderen“ Bruichladdich Abfüllungen. Heute in unserem Feature Film: Drei Schwesterfässer die als private Bottlings abgefüllt wurden. Dazu noch ein Bonus Lochindaal und zwei Rhinns. Klingt nach einem Plan, oder?
Lochindaal 2010 – Private Cask #4387
Ich beginne mit den Lochindaal vom 02.10.2010. Allesamt wurden in Bourbon Casks gereift und nach 11 Jahren abgefüllt. Fass #4387 hatte dabei 59,3%. Link zur Whiskybase
Nase: Hallo Kuhstall! Außerdem ein Fleckchen Erdboden mit einer schönen Salzkruste. So als ob man eine Wieso hat auf die ständig die Brandung bricht. Dazu gibt es noch schöne Zitrusnoten und auch etwas Vanille.
Mund: Zuerst sehr rauchig, dann ganz plötzlich extrem pfeffrig. Das kann man durch kurzes Kreisen im Mund wieder eindämmen. Dann wird es süßlich und bitter. Honig, reife Zitrusfrüchte und frittierter Seetang. Dazwischen ein grüner Apfel und Espressopulver.
Abgang: Der Abgang ist nicht mehr zu aufregend. Die Würze klebt zwar noch an der Zunge, aber es passiert nicht viel Neues. Bitterstoffe werden etwas mehr betont, das Salz ist nochmal vernehmbar. Ein wenig Rauch. Die Länge ist eher mittel bis kurz.
Fazit: Intensives und schönes Bottling. Macht nichts verkehrt, ist aber auch nicht überragend. 86/100
Lochindaal 2010 – Private Cask #4998
Fass 4998 hatte „nur“ noch 58,8% bei der Abfüllung. Der Rest der Daten ist gleich. Link zur Whiskybase
Nase: Sehr viel Vanille und Rauch. Dazu nasse und sehr mineralische Erde. Außerdem eine säuerliche Fruchtnote. Diese wird dann durch Haselnuss abgelöst, welche wiederum durch noch mehr Früchte ersetzt wird. Das ist nett.
Mund: Weich aber gleichzeitig würzig. Wie ein samtiges Tuch aus dem feine Nadeln in die Zunge stechen. Zitrussäure, Pfeffer, ein Touch Ingwer. Vanille kommt wieder. Auch Rauch und ein klein wenig metallisch ist er auch.
Abgang: Wieder kurz nussig. Dann Zitronensaft in Getreidekaffee. Leicht betäubend. Etwas Kräuter. Ganz am Ende bleibt die Süße, ein Hauch Vanille und die Zitrone und die Idee von einem Seafood Chowder.
Fazit: Das ist eine ganze Ecke komplexer und mach mit persönlich auch entsprechend mehr Spaß als der erste. Vor allem die Zitrusnote ist ziemlich geil. Das kenne ich ehr von Caol Ilas, macht aber auch hier viel Freude. 89/100
Lochindaal 2010 – Private Cask #4399
Der dritte im Bunde, diesmal wirklich ein Schwesterfass, da nur eine Nummer rauf. Der hat 59,1% und liegt damit in der Mitte der beiden anderen. Link zur Whiskybase
Nase: Trockener Rauch, Apfel und Honig. Außerdem Seetang und Bleistiftspäne. Wenn man ihm etwas Luft gibt, dann ist er sehr „dämpfig“, wie man bei uns sagt. Hohe Luftfeuchtigkeit, Meeresluft und die typischen Aromen von der Farm.
Mund: Wieder die ausgrepägte Würze auf der Zunge. Der hier ist deutlich Süßer als die beiden anderen. Die Früchte sind dadurch auch ein wenig anders. Pfirsich und reife weiche Birnen. Seetang und Menthol kommen dazu.
Abgang: Gute Kombination aus Vanille, etwas Metall und Zitrone. Seetang und Gerste. Salz, Malz und auch wieder etwas Fisch. Mit der Zeit ziemlich trocken. Aber nicht auf die Art wie Wein trocken ist. Das ist eher ungewohnt.
Fazit: Auch schön. Bietet viele Möglichkeiten drüber zu sinnieren. Oder aber einfach nur genießen. Geht auch. 88/100
Bruichladdich 2007 – Cadeanhead
Ok, da steht erstmal Bruichladdich drauf. Was Cadenhead da für das Campbeltown Malts Festival aus einem Chateau Climens Fass abgefüllt hat ist aber in Wahrheit ein Lochindaal. Sieht man am Bild der Ausgabeflasche beim offiziellen Tasting. 1015 20cl Flaschen mit 53,2% gab es. Link zur Whiskybase
Nase: Süßlicher Rauch mit Zitronen, Honig und Kräutern. Dazu auch Vanille und ein wenig „Farmyard“. Bei längerem Nosen kommt manchmal ein leichter Stich und danach folgt jedem Menge Zimt. Das ist ein ziemlich cooler Effekt.
Mund: Sehr würzig. Pfeffer, Zitronensaft, „scharfe“ Kräuter. Dazu ein sehr gefälliges Mundgefühl. Rauch und Meeresaromen sind auch präsent, aber nicht übermässig dominant.
Abgang: Würzig und süß. Stark wärmend. Tabaknoten kommen dazu. Auch ein wenig Muschelsuppe. Nach langer Zeit nur noch ein Hauch Metall und einige Bitterstoffe.
Fazit: Spannende Geschichte. Ich hatte ein wenig Sorge wegen dem Weißweinfass. Das geht nicht immer gut. Hier ist es ganz klar ein Gewinn. 88/100 Vielen Dank Daniel fürs Mitbringen!
Rhinns 2011 – Whiskybroker
Ok, wir wechseln den Destillationsstil. Rhinns, die seltenste Variante von Bruichladdich. Eine Abfüllung durch den Whiskybroker. Das Fass war allerdings ein private Cask von Gerold Vincon. 60,7% und 11 Jahre Reifezeit. Das sind die offiziell verfügbaren Infos. Link zur Whiskybase
Nase: Süßlicher Vanilleduft, dazu dezenter Rauch. Frisch gemahlener Pfeffer. Außerdem, und haltet mich gerne für verrückt: Erbsensuppe. Dann die gewohnten Kuhstallnoten und auch dezente Fruchtnoten.
Mund: Pfeffrig und süß. Dezente Vanille und schöne helle und gelbe Fruchtnoten. Unaufgeregt rauchig. Eine tolle weiche Textur. Die über 60% merkt man kaum.
Abgang: Fruchtschalen geben den Ton an. Auch ein paar gekochte Früchte sind da. Außerdem Salz, vielleicht etwas Fischsuppe. Er ist auch wärmend. Rauch oder dergleichen sind nicht mehr zu finden.
Fazit: Wirklich eine gute Abfüllung. Stimmig, mit gut eingebundenen Alkohol und auch Rauch. Die Fruchtigkeit kommt zeitweise überraschend deutlich durch. Das ist ähnlich den länger gereiften Port Charlotte aus Bourbon Casks. Und ich mag das! 89/100
Rhinns 2011 – Private Cask
Noch ein Rhinns. Diesmal ein private Cask abgefüllt direkt von der Destille. Abgefüllt wurde er nach 10 Jahren mit 58,9% aus einem Wine Hogshead. Link zur Whiskybase
Nase: Eine süßliche Melange aus verschiedenen, sehr intensiven Aromen. Kuhstall, ein Moor, eine Kellerei. Außerdem eine leicht ranzige Butternote darunter. Darin wurden rote Trauben angeschwitzt. Die Alkoholstärke ist merklich, die Nasenschleimhäute werden gefordert.
Mund: Süß, salzig, Honig, Trauben, Chili, Pfeffer. Der Alkohol stresst auch hier die Schleimhäute. Dazu sehr torfige, leicht bittere Noten. Das ist schon ziemlich geil und gleichzeitig sehr intensiv und vielleicht sogar ein wenig überfordernd.
Abgang: Intensive bittere Noten. Die Butternote, die Früchte, der Rauch. All das wird überzogen von Bitterstoffen. Außerdem gibt es noch diverse vergorene Aromen und auch Asche, Pfeffer und Menthol. Das ist wirklich gut in diesem Fall. Der Alkohol hilft jetzt eine ordentliche Länge zu erzeugen.
Fazit: Das ist wirklich haarscharf an den 90 Punkten. Einzig der Alkohol ist nicht ganz so gut integriert, wie man es vielleicht hofft. Alles andere ist einfach nur ein großer Spaß. 89/100
Die Qual der Wahl
Wenn man aus so viel Schönem wählen darf, wer mag sich da beschweren? Zugegeben der Überfluss kann auch überfordern. Das war mal wieder eine Session die ich zerteilen musste. Nach den drei Schwesterfässern sah ich mich nicht mehr im Stande noch offen an weitere Drams ranzugehen. Zum Glück ist das hier alles mein persönlicher Spaß in meiner persönlichen Pace 😉
An dieser Stelle ein großes Dankeschön an die glücklichen Fassbesitzer, die es uns überhaupt erst ermöglicht haben an so tolle Dinge zu gelangen. Außerdem an den lieben Daniel, der mir das Cadenhead Bottling gesichert hat. Dieses teilbare Hobby ist einfach großartig!
Mehr zu: Bruichladdich, Stranger Laddie Teil 1 und Teil 2
Bilder: Eigene Anfertigung und freundliche Überlassung von Daniel L.
Samples: Eigene Flaschen
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