Tobermory auf der Insel Mull

Ein Beutel voll Tobermory (Teil 2)

Es wird Zeit mal wieder einen Abstecher auf die Insel Mull zu machen. Heute mit getorften und ungetorften Tobermory und allem dazwischen. Ein schöner Flight steht an.

Tobermory 1995 – Casks and Bottles Andreas Rossnagel

Eine Flasche Tobermory 1995 von Casks and Bottles Andreas Rossnagel

Ein 1995er Tobermory, abgefüllt vom kleinen (das ist sein einziges Bottling in der Base) deutschen Abfüller Andreas Rossnagel für den kostenpflichtigen deutschen Whiskyclub Eyes for Spirit. Abgefüllt wurden aus dem Bourbon Hogshead nach 25 Jahren 272 Flaschen mit 53,9%. Link zur Whiskybase

Nase: Fruchtig, vor allem Gartenfrüchte mit einem kleinen Mix an Südfrüchten. Dazu eine salzige Brise. Danach kommt ein leichter Muff, etwas Laub und Waldboden. Ein Wechsel als leicht brotigen, malzigen Noten und die Früchte werden langsam zu Gummibärchen.

Mund: Extrem salzig. Huiui. Da schluckt man lieber schnell. Wenn er genug Luft hatte, dann passt es wieder. Dann kann er auch ein wenig der Früchte transportieren.

Abgang: Auch hier ist er erstmal beissend salzig. Später kommt dann Käsekuchen, etwas Malz, das Salz geht dann eher in den Hintergrund. Dann kommen noch etwas Äpfel und mittelstarke Bitternoten.

Fazit: This one is not for me. Er hat schöne Seiten, aber ich glaube der ist mir zu unrund, zu salzig. Den Käsekuchen und die Früchte mochte ich aber. 84/100

Ledaig 1995 – Phil & Simon Thompson

Eine Flasche Ledaig 1995 von Phil & Simon Thompson

Wenn man sich auf die Whiskyreise begibt, dann erkundet man Schicht für Schicht. Man wir erstmal vielleicht feststellen: Da gibt es Tobermory auf der Isle of Mull. Als zweite Schicht entdeckt man da Ledaig. Den getorften Tobermory. Und noch später, vielleicht nie, wird man erfahren: Für Ledaig verwendet man nicht nur getorftes Malz, das ist auch ein eigener Brennstil. Und es gibt ein paar wenige Fässer ungetorften Ledaig. Sowas haben wir hier. 26 Jahre alt, aus einem Refill Hogshead mit 44,7% in 256 Flaschen. Link zur Whiskybase

Nase: Über Trester gepresster Traubensaft als Marinade über einem gedünsteten weißen Fisch. Ein Hefebett auf gärenden Früchten. Ein metallener Löffel voll mit feinem mineralischem Sediment.

Mund: Wunderschöne Fruchtnoten mit einer Wachsschicht auf der Schale. Die Textur ist auch großartig. Leinöl über Melone und schöne Zitrusnoten.

Abgang: Malz und Hefen dominieren den Abgang. Einige Röstaromen kommen dazu. Außerdem Äpfel oder vielleicht eher ein Calvados.

Fazit: Mehr als solide und teilweise auch ein wenig speziell. Schön sowas probieren zu können, allerdings pocht das Gefühl in meinem Hinterkopf: Braucht es das wirklich? In diesem Fall sage ich: Ja! Diese maritime Fruchtigkeit gibt es sonst nirgends oder zumindest nicht oft. 88/100.

Ledaig 1995 – Phil & Simon Thompson

Eine Flasche Ledaig 1995 von Phil & Simon Thompson

Wo es einen gibt, da gibt es auch noch mehr, oder? Genau wieder ein ungetorfter Ledaig von P&S. Diesmal 27 Jahre alt und 2022 abgefüllt. Das refill Hogshead ergab nur magere 124 Flaschen mit 47,4%. Link zur Whiskybase

Nase: Grasige und florale Noten. Dazu helle und gelbe Früchte. Intensiviert durch etwas Vanille und eine ganz leich maritime Seite. Das ist wunderschön, man kann quasi zwischen der Wildblumenwiese und dem Obsthain am Meer hin und her wandern. Ganz leicht kalkige und staubige Töne kommen auch noch dazu.

Mund: Die Früchte sind jetzt geerntet und werden immer süßer. Sie liegen in einer Holzkiste. Dazu kommen Bitterstoffe vom Grad Milchkaffe. Eine leichte salzige Note und jede Menge Wachs. Wahrscheinlich bereit für die Früchte. Die florale Seite ist jetzt nicht mehr zu bemerken.

Abgang: Milchcreme und Milchkaffee sind der erste Eindruck. Dann geht es schnell etwas stärker in die bittere Richtung. Aber nicht zu viel. Leicht metallisch, unterlegt mit den vielen Schichten an Früchten, geht es dann zu Ende. Das dauert aber und man kann alles nochmal genießen.

Fazit: Eine klasse Abfüllung. Nochmal eine ganze Ecke besser als der 26-jährige. Ich finde ihn komplexer und noch stimmiger. In meinem Whiskyherz hat ungetorfter Ledaig mittlerweile einen Platz! Wenn man sehr malzige Malts mag, dann empfehle ich diesen hier lange atmen zu lassen. 90/100

Ledaig 1995 – The Whisky Agency for Shinanoya

Eine Flasche Ledaig 1995 von The Whisky Agency für Shinanoya

Ein Kollege fragte mich letztens “du suchst schon nach den speziellsten der speziellen Abfüllungen, oder”. Ich mag ein wenig verdutzt gekuckt haben, aber an dieser Stelle muss ich ihm vielleicht recht geben. Dieses Bottling ist der dritte ungetorfte Ledaig am Stück. Und dann noch eine Whisky Agency Abfüllung für Japan, genauer für Shinanoya. Ok, zugegeben, das ist speziell. Wie komme ich dazu: Vielen Dank an Mentaldrams, der sich für mich ins Messegetümmel gestürzt hat und mir ein Sample besorgt hat. Fantastisch! 120 Flaschen gibt es davon, abgefüllt aus dem Bourbons Hogshead mit 44,7%. Link zur Whiskybase

Nase: Apfel und Apfelmost, auch Apfelmus. Dazu nasser Kalk, eine hohe Mineralität. Dahinter etwas Salz, zusammen mit hellen Trockenfrüchten.

Mund: Cremig und salzig geht die Textur an den Start. Zerdrückte Traubenkerne bringen gewisse Bitterstoffe, dazu etwas Salz und Pfeffer. Ein Hauch Vanillejogurt bringt dann die Früchte zurück. Birnen, Aprikosen und Äpfel.

Abgang: Das ganz bisherige in einem Gebäckstück verpackt. Dazu ein Milchkaffee. Mit der Zeit nimmt die Mineralität überhand. Das ist nah an der Grenze – aber zum Glück nicht drüber. Sehr spannend.

Fazit: Wunderschön. Die Tiefe und Komplexität ist auch wieder wunderbar. Ich glaube er wurde genau zum richtigen Zeitpunkt aus dem Fass genommen, der hätte nicht mehr lange ausgehalten. Alles richtig gemacht! 90/100

Ledaig 2007 – Whiskysponge

Eine Flasche Ledaig 2007 von Whiskysponge

Spongezilla!!!! Auf dem Label erbricht sich der Whiskysponge in Riesenechsenform auf eine Stadt. In der Hand ein Döner und eine Flasche Chateau Musar 1985. Was uns das sagen will? Keine Ahnung. In der Flasche ist auf jeden Fall getorfter Tobermory mit 53%. 13 Jahre gereift und aus einem refill Sherry Butt abgefüllt. Link zur Whiskybase

Nase: Metall, Speck, Rauch. Rote Beeren. Die gehen aber auch schnell wieder weg und werden durch eine leicht zitronige Note mit etwas Pappkarton ersetzt. Auf dem liegt eine Mischung aus Fish & Chips und marinierten Muscheln.

Mund: Getorfte Honey Puffs mit einem Spritzer Zitrone. In einer Muschelsuppe. Etwas das ich sicher nicht essen möchte, aber als Whisky lässt sich das gut an.

Abgang: Wieder viel Rauch und Torf, gemischt mit etwas Asche und Kettenfett. Darüber hinaus leicht salzig aber auch süß. Die Bitterstoffe sind ziemlich im Zaum, blitzen immer wieder mal als Zitronenzeste durch.

Fazit: Stabiles “in your face” Bottling. Man muss das nicht verkopfen, wenn man Bock auf Peat hat kann man einfach Spaß haben damit. Ich glaube das ist ein Bottling mit dem man Islayfans ein wenig foppen kann. 87/100

Ledaig 1998 – Wilson & Morgan

Eine Flasche Ledaig 1998 von Wilson & Morgan

Nach dem Schwenk auf den jungen Peater nun ein volljähriges Bottling aus Italien. 445 Flaschen kamen aus dem Sherry Butt mit 62,7%. Link zur Whiskybase

Nase: Kohlenrauch und Torf. Ein großen Brocken Fleisch auf dem Feuer, dick in süßer Marinade und Kräutern eingehüllt. Salzig mineralisch weht es vom Meer her. Dünengras, Zitronenscheiben, Muschelkalk.

Mund: Es geht süßlich und fast mild los. Bei 62,7%! Aber man muss nicht lange warten, dann kommt eine leicht Schärfe. Dann wird es metallisch. Der Grill ist noch heiß und wird intensiv mit der Metallbürste bearbeitet. Damit drücken dann intensive Kräuteraromen durch. Thymian ist dabei dominant. Nach ein paar Schwüngen kommt der Kohlenrauch zurück.

Abgang: Die Intensität ist weiterhin hoch, vielleicht ein halbes Level geringer. Jetzt kommen noch Bitterstoffe dazu. Schön langsam wird es trockener und trockener. Die Marinade ist jetzt auch eher etwas schärfer. Die Kräuter sind jetzt leicht seifig. Das ist nicht vorteilhaft und damit schade.

Fazit: Ganz am Ende verliert er auf den letzten Metern die notwendigen Punkte für die magischen 90. D.h. aber auf keinen Fall, dass es sich nicht lohnt den zu probieren wenn man die Chance hat. Ein Intensitätsmonster! 88/100

Ledaig 1998 – Douglas Laing

Eine Flasche Ledaig 1998 von Douglas Laing

Zum Abschluss nochmal ein 1998er Ledaig. Diesmal 21 Jahre im Fass und 2019 aus dem Sherry Butt abgefüllt. Abfüller ist Douglas Laing im Rahmen der Ord Particular Reihe. die 206 Flaschen sind 51,5% stark. Link zur Whiskybase

Nase: Es beginnt mit roten Beeren, etwas Schwefel und ranziger Butter. Dann steigt ein gewisser Alkoholdunst auf. Legt sich dieser bleibt die Fruchtigkeit. Trockenfrüchte kommen zu den frischen dazu. Außerdem ist da Leder und milder Tabak.

Mund: Kurz ist er weich und mild, um dann mit einer intensiven Würzigkeit zurück zu kommen. Die Süße ist deutlich angestiegen, genauso wie die Tabaknoten und eine gewisse erdige Note. Auch hier habe ich wieder die Butternoten, das ist aber nicht schlecht.

Abgang: Hintenraus wird es intensiv bitter. Es mengen sich Kaffee- und Schokoladennoten unter den Tabak und die Erde. Die Beeren dürfen auch noch mitspielen. Das ist vielleicht schon bißchen viel am langen Ende.

Fazit: Ein lebendiges Bottling. Hohe Intesität, wenig Zeit zum Verweilen. Keine Chance nach dem noch etwas Leichtgewichtiges zu trinken. Dabei sind Torf und Rauch gar nicht arg der Treiber dieser Intensität. Spannend. 88/100

Ein Hoch auf 1995er Ledaig

Ich hab es ja oben schon mal gesagt. Mich interessieren scheinbar die Nischen in den Nischen. Auch hier ist das so. Diese nun aufgetauchten Fässer geben mir was. Leider zu einem ziemlich hohen Preis. Die “echten” getorften Ledaig können auch einen schönen Beitrag leisten, wie ich irgendwo schrieb Islayfans begeistern oder ärgern. Dieses mal liegt mein Herz und Spaß aber bei den erstgenannten Abfüllungen.

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Bilder: Eigene Anfertigung und freundliche Überlassung von @Mentaldrams und der Whiskybase
Samples: Eigene Flaschen, privat gekauft und von Mentaldrams besorgt.