Kilchoman Distillery

Eine Kilchoman Session

Als die zwölfte Ausgabe des 100% Islay Kilchoman in den Handel ging war das eine gute Gelegenheit auch mal wieder in die Samplekiste zu greifen und ein paar Standards abzuklappern. Zum Schluß habe ich noch zwei stärker limitierte Abfüllungen dazu genommen. Ob das ein rundes Bild abgibt?

Kilchoman 100% Islay 12th Edition

Bereits zum 12ten mal wird nun der 100% Islay aufgelegt. Alle Rohstoffe stammen hier von der kleinen Insel im Westen Schottlands. Abgefüllt wird mit 50% und die 8-jährige Reifung erfolgte in 29 Bourbon Barrels & 6 Oloroso Sherry Butts. Das ergab ein Batch von 12500 Flaschen. Link zur Whiskybase

Nase: Eine schöne, staubtrockene Torfnote, gepaart mit starker Mineralität. Zwischen den milden Kuhstallnoten schleicht sich auch noch der Apfelgarten und das Kräuterbeet rein.

Mund: Helle Fruchtnoten spielen mit dem Torf. Trauben, Quitten, Birnen, grüne Äpfel. Dazwischen ein Gebäck mit Salz, Vanille und Rosinen. Eine Trinkschokolade mit ganz wenig Kakako.

Abgang: Gekochtes Fleisch, milder Rauch, kaum noch Torf. Eingelegte Früchte, vor dem Servieren gesalzen. Bitterstoffe und Röstaromen. Macht durstig.

Fazit: Die 100% Islay sind aus meiner Sicht mittlerweile eine Bank. Da macht man nichts falsch. Die diesjährige Variante hat mir eine Nuance weniger gut gefallen als die 11te Edition. Die Sherryfässer haben diesmal noch weniger mitgespielt und das macht glaube ich den Unterschied. Aber auf sehr zufriedenstellendem Niveau. 87/100 (Batch 1-11 der 100% Islay hatte ich übrigens hier im Review: Link 1, Link 2, Link 3)

Kilchoman Loch Gorm (2022)

Eine weitere Standardabfüllung die jährlich ein neues Batch erhält: Loch Gorm. 17250 Flaschen aus 20 frischen und zwei refill ex-Oloroso Butts. Alles acht Jahre gereift und mit 46% abgefüllt. Link zur Whiskybase

Nase: Milder und dezenter Rauch, etwas Kuhstall. Dazu kommen Früchte. Vor allem Erdbeeren, Pflaumen. Das ist aus meiner Sicht eine gute Nase für Einsteiger in der Thema Torf. Sehr zugänglich und nicht gleich “ins Gesicht”.

Mund: Rauch, Schinken, Honig, Kräuter, Erdbeeren. Danach kommt Säure ins Spiel und damit etwas Tabak. Ok, das ging schnell vorwärts mit der Intensität. Das hätte die Nase nicht vermuten lassen.

Abgang: Thymian und andere Kräuter auf einem glimmenden Kohlenbett. Leichte Säure, etwas Rauch. Honig und saftiger, salziger Schinken. Getrocknete Aprikosen.

Fazit: Stabiles Standardbottling. So wie es wohl sein soll. Was mich am meisten überzeugt ist die intensive Säure-Würze-Kombination, die es zum Glück keine Fehlnote wird. 84/100

Kilchoman Coull Point (2013)

Und noch ein Standardbottling. Der erste Coull Point aus dem Jahr 2013 ist vier Jahre alt, aus Bourbon Barrels mit einem Oloroso Sherry Butts Finish. Abgefüllt mit 46% für den World of Whiskies Duty Free Shops. Link zur Whiskybase

Nase: Relativ flach, mit einem dezenten Rauch. Dazu etwas süße Birne, Zitrone, Asche, nasses Holz und Vanille.

Mund: Sahne-Muh-Muh Toffees, Vanille und Limette. Kalter Rauch, Salz, Pfeffer, Kaffee und Asche. Dabei ist er weich und rund.

Abgang: Vanille, Rauch und Erde. Mit der Zeit ziemlich trocken. Dazu noch Schokolade. Am Ende bleibt er erstaunlich lang mit Zitrone und Mineralität.

Fazit: Man merkt: der ist jung. Aber für nur vier Jahre ist das schon mehr als ordentlich. Ziemlich rund und ausgewogen mit, ich möchte sagen zum Glück, nur wenig Sherryfasseinfluss. 84/100

Kilchoman 2016

Ein Batch von 17000 Flaschen mit 50%, allesamt gereift in Madeira Fässern. Auch das könnte man als Serie bezeichnen, denn die Madeira Cask Matured Bottlings gab es auch vorher schon. Reifezeit ist zwischen vier und fünf Jahren. Link zur Whiskybase

Nase: Würziger und süßlicher Rauch steigt aus dem Glas. Dazwischen Kräuter, eingelegte Ananas, dunkle Beeren. Wein und Salz kann man auch noch erahnen.

Mund: Süßliches Cassis. Dabei ist er würzig und trocken rauchig. Schokolade, Nougat und Kaffee. Das bringt auch ein paar Bitterstoffe. Nach ein paar Schwüngen im Mund wird es leicht metallisch.

Abgang: Das transportiert er auch in den Abgang. Dazu ein paar Tabaknoten und wieder Cassis. Diesmal nicht ganz so süß und mit etwas Säure. Ein paar Bleistiftspäne sind da auch noch irgendwo.

Fazit: Den kann man wunderbar vor sich hin schlürfen. Muss man nicht verkopfen, kann man einfach genießen. Ich mag den. 85/100

Kilchoman 2013 – Milano Whisky Festival 2022

Eine Flasche Kilchoman 2013 für das Milano Whisky Festival 2022

Ein acht Jahr altes Bottling mit einem 19 Monate STR Finish. D.h. ein neu ausgekohltes Weinfass wurde zur Turboreifung verwendet. Abgefüllt wurde für das Milano Whisky Festival mit 54,5% in 243 Flaschen. als kleine Besonderheit kann man vermerken: Die Konterfeis der Organisatoren sind auf der Flasche abgedruckt. Normalerweise kriegen Kilchoman Flaschen keine Sonderbehandlung. Flaschenform und Label werden auch bei unabhängigen Abfüllungen oder Auftragsabfüllungen nicht verändert. Link zur Whiskybase

Nase: Kuhstall und Kräuterbeet. Außerdem Kohlen und sehr viel Asche. Eine leichte Pfefferschärfe und ein wenig Honigglasur. Da hat jemand am Grill nicht aufgeräumt würde ich sagen. Da sind auch noch verbrannte Kräuter und Räucherware. Mit der Zeit kommt auch noch Vanille über diese Schiene.

Mund: Die Pfefferschärfe überträgt sich als erstes. Nicht unangenehm aber sehr präsent. Dazu etwas Zimt, Zitrone und etwas mineralische Noten. Bittersüß geht es weiter. Mit den verbrannten Kräutern – das hat fast schon was von Armaro – und Karamell. Nach ein paar Schwüngen kommen schokolierte Espressobohnen. Die Textur ist ölig und weich.

Abgang: Kühlendes Menthol, Minzschokolade, Zigarrenasche. Torfboden, Grapefruitsaft. Die Süße nimmt ab. Es wird ein wenig trocken und eine Spur salzig.

Fazit: Die Kräuternote und die damit einhergehenden Bitterstoffe sind sehr fordernd. Das ist nahe an der Grenze, für mich aber noch auf der guten Seite. Der Alkohol ist prima integriert, die pfeffrigen Noten sind auch nicht drüber. Etwas mehr Frucht hätte ich mir vielleicht manchmal zur Balance gewünscht. Insgesamt eine gute Wahl und ein gelungenes Bottling. Wenn einem das ganze zu forsch ist: Wasser hilft. Ich finde aber, da verpasst man was. Das nimmt ihm die spannenden Ecken und Kanten. 87/100

Kilchoman 2013/2014 – The Kilchoman Club 11th Edition

Eine Flasche Kilchoman 2013/2014
 The Kilchoman Club 11th Edition

Die 2022er Abfüllung für den Hauseigenen Fanclub. Zwei Fässer aus 2013, eines aus 2014 und einem 15 monatigen Finish in frischen sizilianischen Marsala Casks. Und zwar als Vatting, d.h. die drei Fässer wurden zuvor vermählt. Im Ergebnis sind es dann 771 Flaschen mit 53%. Link zur Whiskybase

Nase: Das erste Nosing ist leicht stechend, mit trockenem Rauch. Der Alkohol muss sich erstmal legen. Dennoch ist im Hintergrund schon eine tief strukturierte Fruchtnote zu erkennen. Gibt man ihm Zeit und Luft kommt eine leichtfüssige Kräuternote und dann die bereits erahnte helle und gelbe Frucht. Mirabellen über die sich bereits die Wespen hermachen und die typische Kilchoman Zitrone. Ein paar Schwünge später geht es dann in Richtung Mandeln, die immer gegen den Rauch ankämpfen. Dazwischen versucht Vanille auszuhelfen, nur um auch wieder niedergerungen zu werden. Es quetschen sich auch noch ein wenig Trockenfrüchte rein.

Mund: Leicht salzig geht es los. Die Früchte sind nur noch verhalten, spielen aber eine wichtige Rolle. Denn es wird trocken. Eine Mandellatte von Starbucks, aus der man sämtlichen Zucker entfernt hat. Dann setzt der Rauch ein. Wieder trocken und nun auch mit Asche. Dabei kommt auch etwas Minze mit vorbei.

Abgang: Diese ist auch im Abgang präsent. Das ist schön. Kühlend, sogar leicht metallisch. Auch hier wieder etwas Mandel, außerdem Haselnussmehl. Hubba Bubba grüner Apfel, aber auch hier: Ohne Zucker oder Zuckerersatzstoffe. Es ist schon eine leichte Süße da, aber wenn man als grundlegende Assoziation ein Süßwein oder Likörwein hat, nun dann könnte es zu Überraschungen kommen. Am langen Ende bleibt eine schöne Kombination aus der Minze und etwas Asche.

Fazit: Ein tolles Clubbottling. Durchaus mutig und dieser Mut wird belohnt. Für das junge alter, das man ihm kaum anmerkt, ist er relativ komplex und gleichzeitig in guter Balance. 89/100

Portfoliomanagement

So nennt man die Disziplin in der mir Kilchoman aktuell sehr versiert scheint. Für die Fans ein mutiges Bottling mit einem schönen Twist. Für “die Massen” solide Standards in hoher Qualität, durchaus mit der Möglichkeit im Level zu variieren. Auch der emotionalere Markt der Whisky-Nerds auf Messen wird bedient. Der Wiedererkennungswert der Flaschen darf auch nicht unterschätzt werden. Hier weiß schon jemand was er tut.
Auch ich hab mich mittlerweile gut mit Kilchoman angefreundet und freue mich immer neue Bottlings im Glas zu haben. Dass die Standards nicht ganz so gut abschneiden ist denke ich normal, für die bin ich vielleicht auch nicht allererste Zielgruppe.

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Bilder: Eigene Anfertigung und freundliche Überlassung der Whiskybase
Samples: Eigene Flaschen und privat gekauft