Alte Blends und ganz alte Blends

Mit seinem letzten Beitrag hat Tobias mich daran erinnert, dass es die schöne weite Welt der Blends auch noch gibt. Zwar könnte ich damit leben, immer nur Single Malts zu verkosten, aber eine ausgiebige Expedition durch’s Sampleregal hat dann doch einige interessante Blends ans Tageslicht befördert. Um zwar lauter Blends, die schon viel zu lange auf ihre eigentliche Bestimmung warten mussten.

Ein Whisky - hundert Brennereien: Eine Flasche Century of Malts.

Chivas Brothers Century of Malts

Hundert Eichenfässer bis 1995 / 43%Vol. / Link zur Whiskybase

Zum Aufwärmen gibt’s einen Blend aus hundert Fässern, jedes enthielt einen anderen Whisky. Im Prinzip ist fast alles drin, wovon man in 1995 Fässer auftreiben konnte. Es ist also einfacher, aufzuzählen, was nicht drin ist: Ardmore, Ben Wyvis, Bladnoch, Brora, Bruichladdich, Cardhu, Coleburn, Edradour, Glendronach, Glendullan, Glen Flagler, Glenmorangie, Knockdhu, Lochside, Millburn, Royal Lochnagar, Oban, Port Ellen, Rosebank, St. Magdalene, Speyside, Talisker. Im Umkehrschluss sind unter anderem einige Seltenheiten enthalten: Convalmore, Glenugie, Glenury Royal, Kinclaith, Ladyburn.

Nose: Honig in verschiedenen Farben und Konsistenzen. Die Früchte sind grün bis gelb, vor allem Apfel, Banane und Pfirsich stechen heraus. Anklänge von Eiche und Rauch. Es könnten einige Sherryfässer im Mix enthalten sein. Walnüsse runden das Gesamtbild ab. (84)

Taste: Sehr „blendartig“, also rund bis leicht würzig ohne große Charakteristiken. Trotzdem sehr lecker und stimmig. Von Früchten bis Eichenholz, Honig bis Karamell sowie Gerstenhalme und Nüssen ist alles vorhanden. Er wirkt auch überhaupt nicht jung, die Fässer scheinen ein gutes Alter gehabt zu haben. Ein Hauch von Trüffelschokolade. (85)

Finish: Überraschend nussig und grasig. Diese frische Stimmung wird von wachsigem Honig umhüllt. Ingwer und Apfel finden sich in schokoladiger Umgebung wieder. Nuancen von Mango und rauchige Eiche wecken die Lust auf mehr. (84)

Fazit: Einer zum Wegschlabbern. Einerseits einfach zu Trinken, andererseits dennoch mit Tiefe und Komplexität versehen. Aus meiner Sicht ist dieses Experiment gelungen.

Die Flaschenform ähnelt einem fränkischen Bocksbeutel stark. Doch der Inhalt ist ein anderer, nämlich ein 21-jähriger Blend von Whyte & Mackay.

Whyte & Mackay 21 Jahre

Eichenfässer bis 1978 / Gradi 43° / Link zur Whiskybase

Zum 20sten Jubiläum der Whiskiteca von Edward Giaccone wurden einige Abfüllungen herausgebracht. Unter anderem 600 Flaschen von diesem Blend. Das Jubiläum war 1978, die verwendeten Fässer also aus den 50ern.

Nose: Ausgewogen und lebendig mit lieblichem Honig und rauchigen Gewürzen (Nelken und Sandelholz). Nicht zuletzt die Nussschokolade mit Vanillecremefüllung machen diese Nase sehr smooth. Getrocknete Feigen, Orangeat und Walnüsse umschmeicheln die Sinne. Ein Anflug von Apfel und Ruß. (89)

Taste: Recht ähnlich, recht lecker. Am Anfang der weiche Honig mit Nüssen und Gewürzen. Man spürt förmlich, wie alt und ehrwürdig das Eichenholz ist. Dann wird es schokoladiger und fruchtig. Erneut die Orange und dezente Anklänge von Rauch. (88)

Finish: Das Eichenholz wird nochmals schön in Szene gesetzt. Nüsse und Gewürze baden in Honig und Schokolade. Immer wieder vermeine ich, Trockenfrüchte wie Datteln und Pflaumen zu schmecken. Dazu ein wenig Kakao. (88)

Fazit: Am eindrucksvollsten war die Gewürzpalette, welche sich in diesem marginal rauchigen Milieu wie zuhause fühlt. Für einen Blend ziemlich komplex. Aber wie zu erwarten auch ziemlich rund und aufeinander abgestimmt. Manchmal vermisse ich ein wenig Volumen und die Aromen laufen Gefahr, im Einheitsbrei unterzugehen. Trotzdem, der geht runter wie Öl.

Eine Flasche Highland Fusilier 21 Jahre, der dunkle Inhalt deutet auf rege Sherrybeteiligung hin.

Highland Fusilier 21 Jahre GM

Eichenfässer bis 1978 / 40%Vol. / Link zur Whiskybase

Noch ein 21-jähriger Blend, noch eine Edition aus 1978, noch ein Jubiläum – diesmal ein Dreihundertstes. Die Royal Highland Fusiliers sind ein schottisches Infanterieregiment.

Nose: Der Sherry ist delikat und gut eingebunden, aber deutlicher als beim W&M vorhin. Trockenfrüchte, Nüsse, Bienenwachs… alle sind versammelt. Eichenholz und Gewürze sind mal da, mal nicht… ein virtuoses Schauspiel. Banane, Orange und Schuhpolitur geben einen erfrischenden Kick. Reste von Salz und Rauch kitzeln die Sinne. (89)

Taste: Sanft und geschmeidig, poliertes Leder und öliger Sherry nehmen auf eine Reise mit. Ein wenig Eiche und Salz sorgen für Abwechslung auf der Zunge. Karamell und Tabak drängen vor und mit ihnen eine Schar an reifen Zitrusfrüchten. (88)

Finish: Cremig, seeehr cremig. Und wärmend. Hinter Schuhcreme und Karamell lugt das Eichenholz hervor. Leder und Salz legen sich watteweich auf die Geschmacksknospen. Ebenso die Haselnuss und der Honig. (88)

Fazit: Der Begriff ‘Old school’ passt hier wie die Faust auf’s Auge. Antik von vorne bis hinten. Da zwickt nix. Kaminfeuerstimmung. Im Vergleich zum Whyte und Mackay eben noch ein bisschen mehr Sherry und Frucht, ein bisschen weniger Schokolade und Honig.

Eine Flasche Crown Vat aus den frühen 70ern.

Crown Vat 20 Jahre

Eichenfässer / 40%Vol. / Link zur Whiskybase

Am 27.05.1966 wurden einige Fässer vermischt: Ardbeg, Cameronbridge, Glen Grant, Glenlivet, Highland Park, North British und Tomatin, wobei der Grainanteil 39% betrug. Zu diesem Zeitpunkt reiften diese Whiskys bereits fast 15 Jahre. Aufgrund des Mindestalters von 20 Jahren, ist also davon auszugehen, dass Fässer aus der ersten Hälfte der 50er in diesen Blend flossen und in der ersten Hälfte der 70er abgefüllt wurden.

Nose: Wachs und Honig versuchen sich an einem Crescendo, welches sich im weiteren zugunsten Haselnüssen und Zimt weitestgehend verläuft. Banane und Orange schälen sich langsam heraus. Zum Dessert einen Aprikosenknödel – fruchtig, teigig, buttrig, süß. Der HP macht sich tatsächlich durch Heidekraut bemerkbar. (88)

Taste: Von den Grains kommt mehr, als erwartet. Insgesamt erstmal sehr auf der getreidigen Seite. Einige Gewürze und ölige Lederpolitur laufen in meinen Radar, bevor sich viele Nüsse und einige gelbe Früchte zeigen. Banane natürlich. (85)

Finish: Asche und angekohltes Eichenholz, jetzt spricht Ardbeg ein paar Wörtchen mit. Gewürze, Walnüsse und Kakao unterstreichen den leicht trockenen Charakter. Im Gegenzug süßes Gerstenmalz, Mango-Maracuja und grünes Gras. (85)

Fazit: Faszinierend, dass man den einen oder anderen Eindruck einer konkreten Brennerei zuordnen kann. Die Fruchtpalette liefert tolle Momente ab. Der Blend wirkt jedoch nicht so rund und lebendig wie der Fusilier bzw. der W&M. Ich vermute, 50 Jahre Flaschenreifung haben ihren Tribut verlangt.

Eine originalverschlossene Miniatur, darin enthalten ein Blend mit dem Namen Spey-Royal.

Gilbey’s Spey-Royal Scotch Whisky

Eichenfässer / 86,8 Proof / Link zur Whiskybase

Zeitlich ist diese Miniatur nicht einfach einzuordnen. W&A Gilbey wurde 1916 gegründet und ging 1962 in einer anderen Firma auf. Ziemlich sicher ist ein ordentlicher Schuss Glen Spey in dem Blend enthalten, vielleicht auch Strathmill und Knockando, welche sich auch im Besitz der Blending Company befanden.

Nose: Recht wenig Old Bottle Flavour, dafür einen Hauch von Rauch. Das Destillat scheint längst über seinen Zenit zu sein. Lediglich ein wenig Honig und später auch nasser Kork gelangen an die Rezeptoren. Doch da! Gelbe Früchte! Mango, Maracuja, Papaya & Bienenwachs. Sogar Haselnüsse und Rosinen. Geht doch. (82)

Taste: Hier ist die gelbe Frucht sofort präsent, sie zeigt sich ähnlich tropisch bis säuerlich wie in der Nase. Gerstenmalz verteilt ein wenig samtige Würze, das Karamell ein wenig Cremigkeit. Weiches Eichenholz kommt auch durch. (82)

Finish: Würzig bis malzig, wobei sich wieder diese muffige, feuchte Korknote mit einmischt. Kreide und Eichenholzstaub sind auf dem Honig gelandet. Maracuja, Asche und Haselnuss bestimmen den Abschluss. (82)

Fazit: Nach 20 Minuten an der frischen Luft legt er los und auch wenn er altersbedingt verblasst ist, kann man erahnen, wie gut der vor wer weiß wie vielen Jahren geschmeckt haben könnte: Nicht übermäßig komplex, aber mit Kraft und schönem, vollem Aroma.

Vorder- und Rückseite eines kleinen Fläschchens mit Blend von Black & White.

Black & White – Blended Scotch Whisky

Eichenfässer / 86,8 Proof / Link zur Whiskybase

Die Geschichte der Marke ‘Black & White’ geht bis ins 19. Jahrhundert zurück. Auf dieser Miniatur befindet sich eine Steuermarke von North Dakota. Gleichzeitig wird die ‘Fleischmann Distilling Corporation’ als Distributor genannt und ich konnte herausfinden, dass sie diese Funktion seit 1938 für Black & White hatten (Link zur externen Quelle: Brand History Fleischmann). Eine weiter Info vom Etikett lautet, dass dieser Scotch ‘by appointment to H.M. The King’ abgefüllt wurde, also spätestens 1952. Der Füllstand dieser Miniatur war hervorragend.

Nose: Muffig und leicht rauchig, wie beim Gilbey’s nur etwas intensiver. Dann fruchtige, erdige Noten, die sich immer mehr als Sherry mit Schwarzbrot entpuppen. Darüberhinaus wird es wachsig und aschig mit warmen Fruchtaromen, die zwischen Banane und Pfirsich rangieren. (83)

Taste: Auf der Zunge wirkt er wesentlich älter als das vorgeschriebene Mindestalter. Gerstenmalz findet sich inmitten von wachsigem Sherry wieder, angekohltes Eichenholz in Asche. Brotige Würze und erdiger Zimt begleiten ihn. (83)

Finish: Erneut das Schwarzbrot; zusammen mit Asche und Wabenhonig wird eine runde Sache daraus. Kupfer und – in Ansätzen – Zitrusfrüchte sowie Nüsse. (81)

Fazit: Eine passabel erhaltene Miniatur, kaum OBF, die lange Lagerzeit merkt man höchstens durch die stellenweise auftretenden metallischen Noten und an einem gesetzten „in sich Ruhen“. Ein gewisses Volumen und würzige Kraft sind dennoch erhalten geblieben.

Nochmal Vorder- und Rückseite einer alten Black & White-Miniatur.

Black & White – Blended Scotch Whisky

Eichenfässer / 86,8 Proof / Link zur Whiskybase

Fast exakt die gleiche Miniatur. Lediglich stammt die tax stamp von New Mexico. 86,8 Proof bedeuten 43,4% Vol.. Der Füllstand bei dieser Mini war bei gerade noch ein paar Millimeter im Hals. Es gibt im Übrigen eine große Version dieser Edition, müsste diese hier sein.

Nose: Noch ein bisschen muffiger, dazu leicht rauchig bis staubig. Etwas Alkohol ist da, aber nicht stechend, sondern schwer und likörartig. Und auch hier steigen nach wenigen Minuten Aromen von Sherry, Trockenpflaumen und Nüssen (Spielart ‘Marzipan’) auf. Zeit bringt Karamell und wachsigen Honig, außerdem immer mehr Apfel mit Zimt. (83)

Taste: Weich, fast schon geschmeidig wie Honig. Bis sich dann das würzige Malz bemerkbar macht. Asche und verstaubter Mief, kommt geringfügig abgestandener rüber als die andere B&W. Erdig und metallisch, allerdings ohne Tiefe. Verrußtes Holz und Wachs ragen positiv heraus. (82)

Finish: Der wärmt einen richtig auf, liegt vielleicht an der heißen Lagerfeuerasche, welche den Hauch von verkohlter Eiche verbreitet. Haselnüsse und erdiges Schwarzbrot sind ein willkommener Snack. Der metallische Kupferton erinnert an Blut. Trocken bis wachsig am Gaumen. (83)

Fazit: Die durch die Flaschenreifung bedingten Fehlaromen fallen etwas mehr ins Gewicht, gelegentlich wirkt er „leer“. Als Ausgleich ist er an anderer Stelle wiederum freigiebiger was die Aromenvielfalt betrifft. Schwierig zu bewerten, solide Trinkbarkeit mit hohem Nostalgiewert. Vor achtzig Jahren hätte ich eventuell mehr Punkte vergeben 😉

Eine Miniatur von anno dazumal.

Black & White – Fine Old Blended Scotch Whisky

Über 8 Jahre in Eichenfässern / 86,8 Proof / kein Link

Aller guten Dinge sind drei? Die Steuermarke stammt aus Wisconsin. Diesmal fehlt Fleischmann und das Appointment wurde ergänzt um ‘… & H.R.H. The Prince of Wales’. Wann gab es vor 2022 gleichzeitig einen König auf dem britischen Thron und einen Prince of Wales? Januar 1936! In den USA endete die Prohibition 1933, das Destillat müsste demnach aus den 1920ern sein. Allerdings sind die Etiketten dieser Miniatur arg sonnengebräunt, ich ahne einen schlimmen Lagerschaden…

Nose: … und in der Tat warten Unmengen an leicht verkohltem Backpapier. Gelegentlich verbrannter Karamellpudding. Lediglich Anflüge von fruchtiger Süße und Wachs lassen einen flüchtigen Blick auf den ursprünglichen Malt erhaschen.

Taste: Flach und tot. Eine verbrannte Einöde. Leicht alkoholisch.

Finish: Hinterlässt keine Freude, nur Ernüchterung.

Fazit: Bedauerlich. Hätte ich zu lassen sollen, aber die Neugier hat gesiegt und doch verloren.

Kann man machen, muss man aber nicht. Mein Apell an euch: Hebt euren Whisky nicht länger als 70 Jahre auf und achtet dabei auf eine sachgerechte Lagerung der Flaschen.

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Samples & Miniaturen privat gekauft | Bilder eigenangefertigt bzw. mit freundlicher Genehmigung der Whiskybase